Würdest du gern selbst einen Film drehen?
Vom „Awake!“-Korrespondenten in der Bundesrepublik Deutschland
KÜRZLICH waren wir für einen Abend bei Müllers eingeladen. Töchterchen Tina empfing uns mit ihrem kindlichen Charme. „Heute abend sehen wir einen Film“, sagte sie. „Da bin ich auch drauf. Das hat alles Vati selbst gemacht.“
Wir waren auf den Film wirklich gespannt. Dann war es schließlich soweit, und wir sahen es in Farbe — ja, es war sogar ziemlich bunt. Anfangs hielten wir es für moderne Kunst: Eine Unzahl bunter Flecken huschte über die Leinwand. „Das war unser Kongreß vor 14 Tagen“, erklärte Heinz Müller. Ohne diese Erklärung hätten wir es nicht gewußt.
Als nächstes wurde es auf der Leinwand ziemlich finster; niemand wußte, was vor sich ging. „Schade“, sagte Heinz, „es war schon spät am Abend, als ich diese Aufnahme von unserer Oma machte.“ Niemand erkannte sie.
Doch dann erschien auf der Leinwand Tinas charmantes Lächeln; sie war klar und in voller Lebensgröße sichtbar. „Das bin ich“, rief sie. Die Erklärung war überflüssig, denn es war Tina, wie sie leibt und lebt — ein gutes Bild. Als nächstes sah man einige Personen im Garten. Bevor man sie allerdings erkennen konnte, folgte bereits die nächste Szene. Es wogte auf der Leinwand hin und her, auf und ab. Man konnte fast seekrank werden. Dazwischen sah man immer wieder einen Hund. Aha, das war ein Spiel im Garten — eine wilde Jagd! So ging es drei Minuten und siebzehn Sekunden. Die erste Spule war zu Ende. Alle spendeten Beifall, und man war sich darin einig, daß aller Anfang schwer ist.
Klingt dir diese Schilderung vertraut? So mancher hat schon solche Filmvorführungen miterlebt oder gar selbst gemacht. Jemand sagte einmal dazu: „Ich bewundere nicht seine Fähigkeiten, sondern seinen Mut, so einen Film vorzuführen.“
Freilich sollte man das nicht so ernst nehmen. Man muß ständig dazulernen, um Fehler zu vermeiden. Es ist nicht nötig, den ersten Film wegzuwerfen. Er ist ein schönes Andenken und ein Maßstab, an dem man die späteren Fortschritte messen kann.
Was ist nötig, um gute Aufnahmen zu machen? Einer, der Erfahrung hat, kann mit einer preiswerten Kamera, die ein gutes Objektiv und eine gute Mechanik hat, bessere Filme drehen als ein Anfänger mit der besten und teuersten Ausrüstung. Um gute Filme zu machen, muß man seine Fähigkeiten verbessern. Es ist nutzlos, mangelndes Können durch eine bessere Ausrüstung ersetzen zu wollen.
Wie man verschwommene Bilder vermeidet
Etwas, was man auf jeden Fall vermeiden sollte, sind verschwommene Bilder. Wie dir zweifellos bekannt ist, erhält man verwackelte und verschwommene Aufnahmen, wenn man während des Fotografierens den Fotoapparat bewegt. Auch beim Filmen sind verwackelte Bilder das Ergebnis, wenn man die Kamera nicht ruhig hält. Eine Filmkamera macht pro Sekunde 18 Aufnahmen, so daß man nach 5 Sekunden „Wackeln“ bereits 90 verschwommene Bilder hat. Man muß die Kamera also absolut ruhig halten. Versuche nicht, fehlende Bewegung vor der Kamera durch Bewegung mit der Kamera zu ersetzen. Von einigen Ausnahmen abgesehen, ist das eine Grundregel.
Worauf es noch ankommt, ist die „Zeit“. Zeit spielt beim Filmen eine größere Rolle als beim Fotografieren. Unser Sinn benötigt Zeit, um Eindrücke bewußt wahrzunehmen. Wenn du den Auslöser betätigst, dann denke hauptsächlich an die künftigen Zuschauer, nicht so sehr an den Filmverbrauch (Anfänger wollen da immer sparen). Überlege, wieviel Zeit nötig ist, um die Szene zu erfassen. Das hängt davon ab, was zu sehen ist oder was vor sich geht. Am einfachsten ist die Regel: Gibt es viel zu sehen oder gibt es „viel Handlung“, muß die Szene länger sein. Ist wenig zu sehen oder „wenig Handlung“ zu filmen, muß die Szene kürzer ausfallen. Ja, das muß so sein, sonst wird sie langweilig.
Es ist vielleicht ausreichend, zwei bis zwölf Sekunden lang aufzunehmen. Während man den Auslöser gedrückt hält, zählt man am besten die Sekunden — 21, 22, 23 usw. (Wenn du einen Text aufnehmen möchtest, dann lies ihn während des Filmens zweimal durch; das genügt.) Mache die Szenen niemals zu kurz. Sollte eine etwas zu lang ausgefallen sein, kann man sie beim Filmschnitt immer noch kürzen.
Behalte auch im Sinn, daß dein Auge und das Auge der Kamera völlig unterschiedlich sind. Das Auge der Kamera ist nur eine unvollkommene Nachahmung des menschlichen Auges. Erwarte daher nicht, daß du auf der Leinwand das sehen wirst, was dein Auge gesehen hat. Die Helligkeitsunterschiede, die das menschliche Auge wahrnehmen und denen es sich anpassen kann, sind für eine Kamera oft zu groß. Wenn es für das Auge noch hell genug ist, kann es für die Kamera bereits zu dunkel sein. Bei Schnee oder strahlendem Sonnenschein dagegen kann es für die Kamera viel zu hell sein. Bei großen Unterschieden sind der Kamera Grenzen gesetzt. Zum Beispiel kann der Schatten eines Baumes auf einem Sandstrand für die Kamera Probleme ergeben. Bei den meisten Kameras richtet sich die vollautomatische Einstellung der Belichtungszeit lediglich nach einem Durchschnittswert. Das kann bedeuten, daß auf der Leinwand der Sand entweder zu hell oder der Schatten zu dunkel erscheint. Da der Film nicht beides gleichzeitig richtig aufnehmen kann, muß man entscheiden, was für die betreffende Szene wichtiger ist.
Manchmal hat das menschliche Auge Schwierigkeiten, sich von hellem Sonnenschein auf Schatten umzustellen. Das Auge braucht Zeit, um sich an den Wechsel zu gewöhnen. Der Belichtungsmesser der Kamera braucht ebenfalls Zeit, um sich den wechselnden Lichtverhältnissen anzupassen. Wenn du also Szenen filmen möchtest, in denen große Helligkeitsunterschiede vorkommen, gibst du am besten deinem Belichtungsmesser genügend Zeit, sich einzustellen. Andernfalls wird ein Teil deines Films entweder über- oder unterbelichtet sein. Manchmal ist es gut, mit der Hand eine Einstellung vorzunehmen, sofern das möglich ist.
Hast du dich jemals gefragt, warum deine Bilder manchmal sehr gelb oder blau sind, obwohl völlig normale Verhältnisse herrschen? Das menschliche Auge steht in einer Wechselbeziehung mit dem Gehirn. Das Gehirn vergleicht wie ein Computer die Eindrücke, die es erhält, mit bereits gewonnenen Erfahrungen und nimmt die notwendigen Änderungen vor. Das kann die Kamera nicht. Benutzt du also für Aufnahmen im Sonnenlicht einen Kunstlichtfilm, werden die Szenen ziemlich blaustichig sein. Ein Tageslichtfilm wiederum wird eine gelbe Tönung haben, wenn du ihn bei künstlichem Licht verwendest. Um mit einem Kunstlichtfilm bei Tageslicht richtig filmen zu können, brauchst du also ein Filter. Natürlich mußt du das Filter abnehmen, wenn du im Haus filmst.
Möchtest du die Mindestentfernung unterschreiten, die durch das Objektiv deiner Kamera festgelegt ist, dann mußt du deiner Kamera eine „Brille“ aufsetzen, oder die Aufnahmen werden unscharf. Bei den meisten Kameras ist die Entfernung von Hand einzustellen. Hat die Kamera allerdings ein Zoomobjektiv und ein eingebautes Meßsystem, muß man zur Scharfeinstellung immer die längste Brennweite nehmen.
Zweifellos ist dir schon aufgefallen, daß einige Leute immer scharfe Aufnahmen haben. Die Erklärung dafür ist denkbar einfach. Sie werfen die verschwommenen, überbelichteten, unterbelichteten oder sonstwie verdorbenen Aufnahmen in den Mülleimer.
Filmvorführungen
Bestimmt wirst du trotz größter Anstrengungen Fehler machen, und wenn es nur ein versehentliches Betätigen des Auslösers ist. Deshalb sind eine Klebepresse und ein Filmbetrachter unerläßlich, um gute Filme vorführen zu können. Passagen, die überbelichtet oder sonstwie mißlungen sind, kann man einfach herausschneiden.
Einen Film für eine Vorführung vorzubereiten schließt ein, ihn in der Reihenfolge zusammenzustellen, die das gewählte Thema oder der gewählte Rahmen erfordert, und ihn entsprechend zu zerschneiden und zusammenzukleben. Einen sogenannten „Szenenordner“ kannst du dir sehr leicht selbst anfertigen. Nimm eine schmale Holzleiste, und schlage alle drei Zentimeter einen dünnen Stift ein, an dem die Filmstücke an der Perforation aufgehängt werden können, und numeriere die Stifte. Mit Hilfe der Nummern und einer Notiz über den Inhalt der einzelnen Szenen kannst du die Filmstreifen leicht sortieren und in logischer Reihenfolge zusammenstellen.
Dadurch wird es einem auch erleichtert, Szenen, die zu lang sind, zu kürzen und festzustellen, ob noch Übergangsszenen gefilmt werden müssen. Um die Länge der einzelnen Szenen zu bestimmen, machst du dir am besten einen Maßstab. Ein Lineal oder eine Leiste genügt. Nimm als nächstes von einem Stück Filmabfall achtzehn Bilder, und markiere auf deiner Leiste die entsprechende Länge. Da pro Sekunde achtzehn Bilder aufgenommen werden, hast du jetzt eine Möglichkeit, die Länge jeder Szene in Sekunden abzumessen. Das kostet nichts und ist doch eine große Erleichterung.
Der Projektor
Der Projektor ist natürlich ein wesentlicher Teil der Filmausrüstung. Er sollte haltbar sein, genügend Leuchtkraft haben und sollte den Film nicht verkratzen. Ebenfalls von Vorteil ist ein leiser Antrieb, da man dann während der Vorführung die Kommentare oder die Musikbegleitung besser hören kann. Außerdem ist es gut, immer wenigstens eine, noch besser zwei Ersatzbirnen zur Hand zu haben. Schon oft mußte eine schöne Vorführung unterbrochen werden, weil keine Ersatzbirne da war.
Es sollte ein Hobby bleiben
Filmen kann ein sehr lehrreiches und interessantes Hobby sein, doch nur, wenn es ein Hobby bleibt. Laß es nicht zu einem zweiten Beruf und zu einer Belastung werden, die wichtigere Belange verdrängt. Im richtigen Maß betrieben, kann es jedoch das Leben bereichern und das Auge schulen, die Umwelt bewußter wahrzunehmen. Es kann auch dazu dienen, unseren Freunden eine Freude zu bereiten, indem wir ihnen schöne Filme zeigen.