Sind Polizei und Gericht die Lösung?
ZU WISSEN, daß eheliche Gewalttätigkeit weit verbreitet ist, sich selbst aber nicht dazu verleiten zu lassen, ist zweierlei. Einige Ursachen dafür kennenzulernen oder aber zu wissen, wie man mit dem Problem der ehelichen Gewalttätigkeit fertig wird oder es verhütet, ist ebenfalls zweierlei.
Personen, die eheliche Gewalttätigkeit nur vom Hörensagen kennen, mögen vorschnell den Rat geben, die Polizei zu rufen oder, wenn sich der Partner nicht bessert, die Scheidung einzureichen. Ist das aber so einfach?
Viele mißhandelte Frauen (oder auch Ehemänner) bleiben bei ihrem Ehegefährten, obschon sie von ihm geschlagen werden. Warum? In einigen Fällen ist es der Kinder wegen; man meint, eine Gewaltfamilie sei besser als eine Halbfamilie. Andere fürchten, den Geschlechtspartner oder den Gefährten zu verlieren und dann für den Rest des Lebens allein sein zu müssen. Wieder andere harren aus, weil sie die Rache des Ehepartners fürchten. Eine Reihe von geprügelten Ehefrauen lieben ihren Mann immer noch und hoffen, daß er sich eines Tages ändern wird. Und viele klammern sich aus Existenzangst an ihre Ehe.
Susanne ist ein Beispiel. Sie war 18, als sie und Alex heirateten. Kurz danach zeigte es sich, daß er gewalttätig war. „Er kommandierte mich herum“, erzählt sie. „Er vertrug nicht die geringste Kritik; besonders empfindlich war er, wenn er getrunken hatte, und getrunken hat er fast jeden Abend. Er erwartete, daß ich kochen, putzen, für die Kinder sorgen und daß ich ihm als Geschlechtspartner zur Verfügung stehen würde — kurz, daß ich tun würde, was er wollte und wann er es wollte. Ich hatte das Gefühl, im Gefängnis zu sein. ... Er schlug mich und verletzte mich, wenn ich ihm nicht gehorchte.“ Warum verließ sie ihn denn nicht? „Ich liebte ihn wirklich. Ich dachte, er würde sich ändern. ... Als ich dann schließlich erkannte, daß er sich nie ändern würde, hatte ich keinen Ort wohin ich gehen konnte, und auch kein Geld.“
Frauen, die von ihrem Ehemann geprügelt werden, rufen häufig die Polizei. Wenn die Polizei kommt, kann sie bestenfalls eingreifen und der Schlägerei ein Ende machen. Doch wie könnte sie in ungefähr 20 Minuten das Familienklima ändern? Der nächste Schritt einer Frau könnte sein, vom Gericht einen Unterlassungstitel zu erwirken. Viele mißhandelte Frauen drohen damit, machen ihre Drohung aber nicht wahr. Täten sie es aber, so würde der gewalttätige Ehemann vielleicht gelegentlich doch zögern, sie wieder zu schlagen, weil er weiß, daß er deswegen ins Gefängnis kommen könnte.
Nachdem mißhandelte Ehepartner versucht haben, sich durch solche Maßnahmen zu schützen (oder einen solchen Versuch gar nicht unternommen haben), mögen manche beim Gericht den Antrag stellen, daß ihnen durch einstweilige Anordnung das Getrenntleben gestattet wird, oder sie reichen gleich eine Scheidungsklage ein. Eine statistische Erhebung in Cleveland (Ohio, USA) ergab, daß 36 Prozent der Frauen sich wegen körperlicher Mißhandlungen scheiden ließen. Eileen Mack vom Familiengericht in New York erklärte jedoch in bezug auf Gewaltfamilien:
„Wenn man den Leuten empfiehlt, sich sofort an das Gericht zu wenden, erweist man ihnen einen schlechten Dienst. Die Lösung des Problems besteht nicht darin eine Familie auseinanderzureißen, sondern beide hierherzubekommen, um die Sache zu besprechen.“
Wie soll sich ein Christ, der weiß, daß Gottes Wort die Scheidung nicht empfiehlt, verhalten, wenn er von seinem Ehepartner geprügelt wird? Jesus sagte, daß der einzige Scheidungsgrund, der gemäß der Bibel zur Wiederverheiratung berechtige, Hurerei (Ehebruch) des Ehepartners sei (Matth. 19:9; Mal. 2:10-16). Und der Apostel Paulus legte den Christen ans Herz, bei ihrem ungläubigen Ehepartner zu bleiben in der Hoffnung, ihn zu retten (1. Kor. 7:12-16).
Dieser Rat kann im Licht des Wortes Gottes, das Brutalität und Jähzorn verurteilt, sorgsam erwogen werden. „Jeden, der Gewalttat liebt“, heißt es in Psalm 11:5, „haßt Seine Seele gewiß.“ Die Bibel bezeichnet Streit, Wutausbrüche und Wortzänkereien als „Werke des Fleisches“, die jemand am Eingang in Gottes Königreich hindern können (Gal. 5:19-21; Matth. 5:22).
Es ist daher verständlich, daß Paulus schrieb: „Eine Frau, die einen ungläubigen Mann hat, der dennoch einverstanden ist, bei ihr zu wohnen, verlasse ihren Mann nicht“ (1. Kor. 7:13). Ehefrauen haben sich gefragt: „Ist ein Mann, der seine Frau mißhandelt, wirklich ,einverstanden‘, bei ihr zu wohnen?“ Einige christliche Frauen, die von ihrem Mann geprügelt werden, haben die Frage mit Nein beantwortet. Und sie haben beim Gericht den Antrag gestellt, daß ihnen durch einstweilige Anordnung das Getrenntleben gestattet wird, oder sie haben die Scheidung eingereicht, obschon sie wußten, daß sie gemäß der Bibel nicht mehr heiraten durften.
Eine Alternative?
Wie bereits erwähnt, glauben einige geprügelte Ehefrauen (oder Ehemänner), zwingende Gründe dafür zu haben, bei ihrem Ehepartner auszuharren. Besonders wenn minderjährige Kinder da sind, zögern einige christliche Ehefrauen, die einen ungläubigen und gewalttätigen Ehemann haben, sich von ihm zu trennen oder sich von ihm scheiden zu lassen. Sie sind darauf bedacht, sich die Gelegenheit zu erhalten, die Kinder in den lebengebenden biblischen Wahrheiten zu unterweisen. Deshalb erhebt sich die berechtigte Frage: Gibt es eine andere Möglichkeit, mit dem Problem der Gewalt in der Familie fertig zu werden? Das gilt auch für eine Ehe, in der sich beide Partner prügeln. Können sie sich ändern? Kann die Neigung zu Gewalttätigkeit überwunden werden?