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Erwachet! 1997
g97 8. 4. S. 19-22

Endlich die Wahrheit gefunden

Ende August 1939 machte ich auf der Rückfahrt nach Budapest in Moskau halt. Der deutsch-sowjetische Nichtangriffspakt war einige Tage zuvor, am 23. August, unterzeichnet worden, und an den Mauern des Kreml hingen Hakenkreuzfahnen. Warum war ich in Rußland, und was erwartete mich zu Hause?

ZUERST möchte ich das ungarische Städtchen Veszprim erwähnen, wo ich am 15. Januar 1918 als ältestes von vier Kindern geboren wurde. Meine Eltern hielten uns an, regelmäßig in die Kirche zu gehen. Mit fünf Jahren half ich in einem katholischen Kloster bei der Messe mit. Zu Hause spielte ich mit meinen Geschwistern Messe und trug dabei ein selbstgebasteltes Papiergewand.

Als ich acht Jahre alt war, verließ mein Vater die Familie, und Mutti sorgte mit der Hilfe ihrer Mutter für uns. Ein Jahr später starb meine Mutter an Krebs. In den Jahren danach waren wir Kinder voneinander getrennt, weil wir in verschiedene Waisenhäuser und zu Pflegefamilien kamen. Das Waisenhaus, in dem ich zuletzt war, lag in der Nähe von Budapest. Es wurde von den Marienbrüdern, einem französischen Lehrerorden, geleitet. Ich empfand eine tiefe Liebe zu Gott, und so nahm ich mit dreizehn Jahren das Angebot einer Erziehung in diesem katholischen Orden an.

Umfassende religiöse Erziehung

Im Jahr darauf wurde ich nach Griechenland geschickt, wo ich eine französische Schule der Marienbrüder besuchte, die mich auf den Lehrerberuf vorbereitete. Vier Jahre später, 1936, hatte ich ein Zertifikat in der Hand, das mich zum Unterrichten an einer Grundschule berechtigte. Nach abgeschlossener Ausbildung wurde ich Ordensbruder und legte das dreifache Gelübde der Armut, des Gehorsams und der Keuschheit ab. Obwohl wir Ordensbrüder geistliche Gewänder trugen und den Katechismus lehrten, studierten wir nie die Bibel.

Im Sommer desselben Jahres bewarb ich mich um eine Anstellung als Lehrer in China und wurde auch angenommen. Am 31. Oktober 1936 ging ich in Marseille (Frankreich) an Bord eines Passagierdampfers. Ich kam am 3. Dezember 1936 in Schanghai an. Von dort aus fuhr ich mit dem Zug zur Hauptstadt Peking in Nordchina.

In einer Berggegend, 25 Kilometer von Peking entfernt, hatten die Marienbrüder eine große Schule mit Schlafsälen und ein Gehöft. Die Gebäude lagen in der Nähe der kaiserlichen Sommerresidenz und waren von schön angelegten Gärten mit Obstbäumen umgeben. Ich lernte intensiv Chinesisch und Englisch. Doch die Bibel wurde auch dort nie studiert.

Inmitten von Unruhen

Anfang der 30er Jahre eroberte Japan die Mandschurei, die zu China gehört. Im Juli 1937 stießen japanische und chinesische Truppen in der Nähe von Peking zusammen. Die siegreichen Japaner setzten eine neue Regierung mit Chinesen ihrer Wahl ein. Daraufhin kam es zu Kämpfen chinesischer Freischärler gegen die neue Regierung.

Da unser Kloster, das außerhalb von Peking lag, als französisches Territorium anerkannt wurde, blieben wir von direkten Angriffen verschont. Doch wir wurden von verirrten Kanonenkugeln und Geschützfeuer getroffen. Einige der über 5 000 Chinesen, die in unserem Kloster Schutz gesucht hatten, wurden dabei verwundet. Das Landgebiet war inzwischen in den Händen chinesischer Freischärler.

Im September 1937 überfielen um die 300 bewaffnete Freischärler unsere Gebäude und suchten nach Waffen, Geld und Lebensmitteln. Ich war einer von zehn Europäern, die sie als Geiseln nahmen. Nachdem sie uns sechs Tage lang festgehalten hatten, gehörte ich zu den ersten Geiseln, die freigelassen wurden. Ich hatte mir eine Lebensmittelvergiftung zugezogen und mußte einen Monat im Krankenhaus zubringen.

Nach der Entlassung wurde ich in eine andere von dem Orden geleitete Schule versetzt, die in einer sichereren Gegend in Peking lag. Im Januar 1938 schickte man mich als Lehrer nach Schanghai, doch im September kehrte ich schon wieder an eine Pekinger Schule zurück. Allerdings erneuerte ich nach diesem Schuljahr meine Ordensgelübde nicht. Sieben Jahre hatte ich mich bemüht, ein frommes Leben zu führen und mich auf religiösem Gebiet weiterzubilden, aber meine Suche nach der Wahrheit hatte zu keinem befriedigenden Ergebnis geführt. Daher verließ ich den Orden, um nach Budapest zurückzugehen.

Doch dann zogen die dunklen Wolken des Zweiten Weltkriegs am Horizont herauf. Meine französischen Superioren rieten mir, die Transsibirische Eisenbahn zu nehmen, die durch die Sowjetunion führte. Auf dieser Reise gelangte ich am 27. August 1939 nach Moskau und sah die Hakenkreuzfahnen an den Kremlmauern hängen.

Die Welt im Kriegszustand

Am 31. August 1939 kam ich zu Hause in Budapest an. Tags darauf marschierte Deutschland in Polen ein und löste damit den Zweiten Weltkrieg aus. Später brach Deutschland den Nichtangriffspakt mit der Sowjetunion, und am 22. Juni 1941 griff Hitlers Armee die Sowjetunion an. Sie stieß bis in die Randbezirke von Moskau vor, konnte die Stadt aber nicht einnehmen.

Der Reichsverweser von Ungarn schloß ein Friedensabkommen mit Deutschland, und das deutsche Heer durfte durch Ungarn ziehen. Ich heiratete 1942, und 1943 wurde ich zur ungarischen Armee eingezogen. Im März 1944 griff Deutschland Ungarn an, weil Hitler nicht damit zufrieden war, wie Ungarn seine Kriegsanstrengungen unterstützte. Im selben Jahr wurde unser Sohn geboren. Da Budapest heftig bombardiert wurde, zog meine Frau mit unserem Sohn aufs Land zu ihren Eltern.

Im Krieg wendete sich das Blatt, und die Sowjetarmee rückte in Richtung Budapest vor, wo sie am 24. Dezember 1944 ankam. Ich wurde von den Sowjets gefaßt und geriet in Kriegsgefangenschaft. Mit Tausenden von anderen Gefangenen mußte ich über 150 Kilometer bis nach Baja laufen. Dort wurden wir in Viehwaggons gepfercht und nach Temesvar in ein großes Lager abtransportiert. Von den 45 000 Gefangenen dort starben Anfang 1945 mindestens 20 000 durch eine Typhusepidemie.

Im August brachte man die 25 000 Überlebenden zum Schwarzen Meer. Von dort aus wurden rund 20 000 in die Sowjetunion deportiert. Die übrigen, etwa 5 000, die krank waren und zu denen auch ich gehörte, wurden freigelassen und nach Ungarn zurückgeschickt. Damit gingen acht schreckliche Monate Gefangenschaft zu Ende. Einige Wochen später war ich wieder mit meiner Frau und unserem Sohn vereint, und wir zogen zurück nach Budapest.

Nach dem Krieg ging für viele das Leid weiter. Lebensmittel waren knapp, und die Inflation nahm verheerende Ausmaße an. Was man 1938 für einen ungarischen Pengö bekam, dafür mußte man 1946 eine Quintillion (1 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000) Pengös hinlegen. Nach einiger Zeit, als ich eine Büroarbeit bei der Eisenbahn bekam, hatten wir es jedoch etwas leichter im Leben.

Die Wahrheit gefunden

Im Jahr 1955 begann ein Zeuge Jehovas, der in Budapest im selben Mietshaus wohnte wie wir, mit Anna, meiner Frau, ein Gespräch über die Bibel. Mein Interesse regte sich, als Anna mir erzählte, in der Bibel stehe nichts davon, daß die Hölle ein Ort der Qual sei (Prediger 9:5, 10; Apostelgeschichte 2:31). Als Katholik hatte ich nie die Bibel studiert, nicht einmal während meiner speziellen Ausbildung an kirchlichen Schulen. Ich nahm die unbiblischen katholischen Lehren — wie die von einer Feuerhölle — einfach hin. Jetzt entwickelte ich eine Liebe zu biblischen Wahrheiten, vor allem zu der Lehre von Gottes Königreich und dem Vorsatz Gottes, die Erde durch dieses Königreich zu einem Paradies zu machen (Matthäus 6:9, 10; Lukas 23:42, 43; Offenbarung 21:3, 4). Mich erfüllte ein nie gekanntes tiefes Glücksgefühl.

Damals wurden Jehovas Zeugen in Ungarn verfolgt und inhaftiert, weil sie mutig die Wahrheit über Gottes Königreich lehrten. Ich las alle ihre Publikationen in ungarischer Sprache, die ich in die Hände bekam, und besorgte mir außerdem die englischen und französischen Schriften, die noch nicht ins Ungarische übersetzt worden waren. Wie froh war ich doch, daß ich diese Fremdsprachen gelernt hatte!

Im Oktober 1956 erhob sich das ungarische Volk gegen das von der Sowjetunion aufoktroyierte kommunistische Regime. In Budapest tobten Kämpfe. Viele Häftlinge wurden freigelassen, darunter auch Zeugen Jehovas. In dieser Zeit ließen meine Frau und ich uns taufen, um unsere Hingabe an Jehova zu symbolisieren. Eine Woche später schlugen die sowjetischen Streitkräfte den Aufstand nieder. Die befreiten Zeugen kamen wieder ins Gefängnis.

Ein kostbares Vorrecht

Da die meisten Zeugen Jehovas, die die Verantwortung für das Predigtwerk trugen, im Gefängnis saßen, trat ein Glaubensbruder mit der Bitte an mich heran, einige unserer biblischen Publikationen zu übersetzen. Zuerst gab man mir private Briefe aus der Schweiz, die französische Wachtturm-Artikel enthielten. Ich übersetzte sie ins Ungarische, und Kopien der übersetzten Artikel gingen dann an die Versammlungen.

Als der ungarische Zweigdiener, János Konrád, 1959 freigelassen wurde, nachdem er wegen seiner christlichen Neutralität 12 Jahre in Haft gewesen war, wurde ich zum Übersetzer ernannt. Darauf bekam ich englische Texte zum Übersetzen. Ich erhielt sie meistens durch eine Kurierin, deren Namen ich nicht kannte. Falls ich verhaftet und gefoltert worden wäre, hätte ich ihren Namen nicht preisgeben können.

Wenn ich eine Wachtturm-Ausgabe übersetzt hatte, überprüfte Bruder Konrád sie auf Genauigkeit. Dann tippten Schwestern die übersetzten Artikel auf sehr dünnes Papier und machten mit Kohlepapier bis zu 12 Durchschriften. So hatte mitunter jeder, der das Wachtturm-Studium besuchte, sein eigenes Exemplar. Danach wurden die Kopien an eine andere Studiengruppe weitergegeben. Oft konnten wir allerdings nur ein Exemplar des Wachtturms für jede Studiengruppe herstellen. Alle Anwesenden mußten dann besonders aufmerksam sein und Notizen machen, um wirklich etwas von der biblischen Besprechung zu haben.

Von 1956, als ich mit dem Übersetzen begann, bis 1978 gab es den Wachtturm in Ungarisch nur maschinegeschrieben. Von 1978 bis 1990 wurden Abzüge mit dem Vervielfältigungsgerät hergestellt. Was für ein Segen ist es doch, daß wir seit Januar 1990 sowohl den Wachtturm als auch das Erwachet! im wunderschönen Vierfarbendruck haben!

Unter dem kommunistischen Regime mußte jeder einer weltlichen Arbeit nachgehen. Deshalb blieb mir 22 Jahre lang, bis zu meiner Pensionierung im Jahr 1978, nichts anderes übrig, als außerhalb meiner regulären Arbeitszeit zu übersetzen. Das war meistens frühmorgens oder bis tief in die Nacht hinein. Nach meiner Pensionierung war ich ganztags als Übersetzer tätig. Damals arbeitete jeder Übersetzer bei sich zu Hause, und wegen des Verbots war es schwierig, Gedanken auszutauschen. 1964 durchsuchte die Polizei alle Wohnungen der Übersetzer gleichzeitig und beschlagnahmte unser Material. In den Jahren danach tauchte die Polizei noch oft bei uns auf.

Großartige Segnungen

Im Jahr 1969 erhielt ich auf Antrag einen Paß, und so konnten János Konrád und ich von Ungarn nach Paris reisen, um den internationalen Kongreß der Zeugen Jehovas „Friede auf Erden“ zu besuchen. Was für ein Segen war es doch, Glaubensbrüder aus anderen Ländern kennenzulernen und in der Schweiz ein paar Tage im Berner Zweigbüro der Zeugen Jehovas zu verbringen! In den 70er Jahren war es vielen Zeugen aus Ungarn möglich, Kongresse in Österreich und in der Schweiz zu besuchen.

Nachdem die Regierung jahrelang unsere Tätigkeit eingeschränkt hatte, konnten wir 1986 im Budapester Jugendpark Kamaraerdő unseren ersten offiziell genehmigten Kongreß abhalten. Die über 4 000 Anwesenden hatten Freudentränen in den Augen, als sie ihre Brüder und Schwestern begrüßten und die Willkommensworte über dem Parkeingang lasen.

Am 27. Juni 1989 gewährte die Regierung Jehovas Zeugen endlich die rechtliche Anerkennung. Zur Freude unserer Brüder und Schwestern wurde diese Nachricht im ungarischen Fernsehen und im Rundfunk mitgeteilt. Im selben Jahr konnten wir nach 40 Jahren, in denen unser Werk verboten war, ohne jegliche Einschränkungen unsere ersten Bezirkskongresse abhalten. Mehr als 10 000 wohnten dem Kongreß in Budapest bei, und weitere Tausende kamen zu vier anderen Kongressen, die im Land stattfanden. Ich freute mich riesig, daß sich mein jüngster Bruder László und seine Frau in Budapest taufen ließen.

Im Juli 1991 erlebten wir eine Freude, die unsere kühnsten Erwartungen überstieg: Ein Kongreß in dem großen Budapester Népstadion wurde von über 40 000 Delegierten besucht. Dort hatte ich das Vorrecht, Ansprachen von Mitarbeitern des Brooklyner Hauptbüros zu dolmetschen.

Heute arbeiten Anna und ich zusammen mit über 40 lieben Brüdern und Schwestern in dem schönen Zweigbüro der Zeugen Jehovas am Stadtrand von Budapest. Hier diene ich in einem netten Team jüngerer Mitarbeiter in der Übersetzungsabteilung, und Anna verrichtet häusliche Arbeiten.

Obwohl wir uns bemühten, unserem Sohn die biblische Wahrheit zu vermitteln, nahm er sie, während er heranwuchs, nicht an. Heute steht er jedoch positiv zur Wahrheit, und wir hoffen, daß er Jehova eines Tages dienen wird.

Meine Frau und ich sind von Herzen dankbar, daß wir die Wahrheit über Jehova, unseren liebevollen Gott, kennengelernt haben und ihm nun schon über 40 Jahre dienen dürfen. (Von Endre Szanyi erzählt.)

[Bild auf Seite 21]

Meine Frau und ich

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