Schätzt du all das Gute, was du empfängst?
WIR alle genießen viel Gutes. Haben wir uns aber schon einmal die Zeit genommen und es uns vor Augen geführt? Schätzen wir das Gute, oder nehmen wir es mehr oder weniger als selbstverständlich an? Das Gute zu schätzen kann oft entscheidend dafür sein, ob wir gesund oder krank sind, zufrieden oder unzufrieden, ob wir Herzensfrieden haben oder enttäuscht sind und ob wir glücklich oder unglücklich sind. Viele Menschen, die das Gute nicht schätzen, wenden sich dem Alkohol, dem Rauschgift, dem Glücksspiel oder der Pornographie zu.
In dem gegenwärtigen System der Dinge gibt es nichts Vollkommenes. Jeder von uns macht die eine oder andere Prüfung durch, und bei keinem werden alle Nöte zufriedenstellend behoben. Fast jede Freude wird durch einen kleinen Wermutstropfen getrübt. Wie aber berührt uns das?
Ein älterer christlicher Prediger sagte einmal: „Einige Leute schimpfen, weil Rosensträucher Dornen haben; andere sind dankbar dafür, daß Dornensträucher Rosen haben.“
Wir sollten das Gute, das uns täglich zuteil wird, im Sinn behalten. Der Mensch neigt dazu, gute Erfahrungen als selbstverständlich zu betrachten, von unerfreulichen oder negativen dagegen immer wieder zu sprechen. So war zum Beispiel in der Presse die Schlagzeile zu lesen: „Familien haben größeres Einkommen, sind aber frustriert“. Obwohl das Einkommen im allgemeinen steigt, „nehmen Enttäuschungen, Befürchtungen und Sorgen der amerikanischen Familie . . . auf allen Einkommensstufen zu“, sowohl bei Personen, die im Überfluß leben, als auch bei Unterstützungsempfängern. Ja, „unter den Direktoren und Managern der amerikanischen Geschäftswelt nimmt die Unzufriedenheit mit ihrer Arbeit und ihrer Laufbahn immer mehr überhand“. Und die typische Klage unter Fabrikarbeitern lautet: „Ich habe das Gefühl, ich arbeite mich halb tot und komme doch auf keinen grünen Zweig.“
Ist diese Unzufriedenheit gerechtfertigt? Daß es größtenteils auf die Einstellung der Betreffenden ankommt, geht aus folgendem Beispiel hervor, das zeigt, wie eine Familie die Sache sieht. Der Mann arbeitet in einem Automobilwerk am Fließband. Diese Art Arbeit zeichnet sich im allgemeinen dadurch aus, daß viele Arbeiter häufig ihren Arbeitsplatz wechseln und unentschuldigt fehlen, was auf die Stumpfsinnigkeit und frustrierende Wirkung der Arbeit zurückzuführen sein soll. Heißt das aber, daß man dieser Arbeit nichts Gutes abgewinnen und sie nicht schätzen könnte? Die Frau erklärt:
„Obwohl mein Mann Akademiker ist, zieht er es vor, an einem Fließband zu arbeiten, und lehnt eine Beschäftigung, die seiner Ausbildung entsprechen würde, ab. Weshalb? Weil sich für uns dabei folgende Vorteile ergeben: 1. ein sehr hoher Lohnscheck, 2. eine Krankenversicherung (als ich eine Frühgeburt hatte, sparten wir 2 000 Dollar), 3. sein Arbeitsplatz ist durch seine Gewerkschaft geschützt, 4. mit den steigenden Lebenshaltungskosten erhöht sich auch sein Lohn, 5. er erhält eine ziemlich gute Feiertags- und Urlaubsvergütung, 6. wenn seine Nachtschicht um ist (er bevorzugt die Nachtschicht), ist er aller Sorgen enthoben, und 7. wenn er nach Hause kommt, haben wir etwas von ihm.“
Zusammenfassend sagt sie: „Nicht jeder wird von Ehrgeiz und dem Streben nach einer hohen Stellung angetrieben. . . . [Einige] sind mehr an . . . Freizeit interessiert, um zu lesen, sich zu unterhalten und sich zu entspannen . . . Der Erfolg hängt davon ab, was für ein Mensch man ist, nicht so sehr davon, was für eine Stellung man hat oder wie hoch das Bankkonto ist. . . . Es tut uns gut, daß wir als Fabrikarbeiterfamilie Freizeit und Sicherheit genießen können und nicht unter Streß oder besonderer Belastung stehen“ (New York Daily News Magazine, 16. Sept. 1973).
Bewußt oder unbewußt richtet sich diese Fabrikarbeiterfamilie nach dem Grundsatz, den der Apostel Paulus aufstellte: „Wenn wir Nahrung und Kleidung haben, soll uns das genügen. Wer aber reich werden will, gerät in Versuchungen und Schlingen“ (1. Tim. 6:8, 9, Einheitsübersetzung). Wir sollten aber nicht übersehen, daß der Apostel auch zeigte, daß „großer Gewinn“ von „Gottergebenheit zusammen mit Selbstgenügsamkeit“ abhängig ist (1. Tim. 6:6).
DIE FOLGEN, WENN MAN DAS GUTE NICHT SCHÄTZT
Nach amtlichen Schätzungen laufen in den Vereinigten Staaten jährlich ungefähr eine Million Kinder ihren Eltern davon. Das Durchschnittsalter dieser Ausreißer beträgt 15 Jahre, und es sinkt immer mehr. Einige mögen wohl gute Gründe haben davonzulaufen. Doch offensichtlich haben die meisten dieser Kinder keine Wertschätzung für all das Gute, was ihnen zu Hause zuteil wird und im Gegensatz zu den Verhältnissen steht, die sie in der kalten, lieblosen Welt draußen antreffen. Gemäß Pressemeldungen wurden Mädchen, die von zu Hause weggelaufen waren, vergewaltigt und ermordet, und von Jungen wird berichtet, daß sie von Mitgliedern eines Homosexuellenrings in Houston (Texas) gefoltert und ermordet wurden.
Heute gibt es in vielen Ländern Frauen, die sich beklagen, benachteiligt zu sein. In den Vereinigten Staaten haben solche Frauen die „National Organization of Women“ (Nationale Frauenorganisation), kurz NOW genannt, gegründet. Bezeichnend für die extreme Haltung dieser Frauen ist ein Buch, das von einer Führerin dieser Organisation herausgegeben wurde. In diesem Buch übt sie scharfe Kritik daran, daß Gott als eine männliche Person dargestellt wird, auch lehnt sie es ab, ihn „Vater“ zu nennen. Doch die NOW spricht nicht für alle Frauen. Ja, um der NOW-Propaganda entgegenzuwirken, haben einige Frauen die HOW-Organisation (Abkürzung für „Happiness of Womanhood“) gegründet. Sie sind für die Vorteile dankbar, die sie genießen: das Familienleben, die Liebe des Ehemannes, ein eigenes Heim, die Möglichkeit, Kinder aufzuziehen, und die Sicherheit, die ein Ehemann bietet, der den Lebensunterhalt verdient. Sie schätzen das, obgleich ihre Lage und auch die ihres Ehemannes nicht ideal sein mag.
SCHÄTZE EMPFANGENE GABEN
Wenn du gesund und kräftig bist, hast du Gaben, für die du dankbar sein solltest. Kannst du deine fünf Sinne gebrauchen? Auch das ist eine Gabe, die du schätzen solltest. Mit den Augen können wir viel Schönes sehen: die edlen Züge und die schöne Gestalt eines Menschen, hübsche Blumen, Bäume und Sträucher, Vögel, Landtiere und Fische, liebliche Täler und Seen sowie prächtige Sonnenuntergänge.
Ist es nicht auch ein Genuß für unser Ohr, bezaubernde Stimmen wie Kinderstimmen, die Laute und Geräusche in der Natur und die Klänge schöner Musik zu hören? Und denken wir doch an die Freuden, die uns der Geschmacks-, der Geruchs- und der Tastsinn vermitteln! Schätzen wir diese Gaben, oder betrachten wir sie als selbstverständlich? Müssen wir erst einen Krüppel sehen, damit wir unsere gesunden Glieder schätzen, oder einen Blinden, damit wir Wertschätzung für unsere Augen haben?
WESHALB DAS GUTE NICHT GESCHÄTZT WIRD
Wie kommt es, daß Menschen all das Gute, was sie empfangen, ignorieren, kritisieren oder dafür blind sind und es als selbstverständlich ansehen, statt es zu schätzen?
Dafür gibt es mehrere Gründe. Einer ist ganz einfach Gedankenlosigkeit. Zum Beispiel mögen sich manche Kinder wenig Gedanken darüber machen, daß ihre Eltern Zeit und Kraft für sie aufwenden, daß sie für sie sorgen und ihnen gegenüber Rücksichtnahme, Liebe und Zuneigung bekunden. Sie nehmen einfach alles als selbstverständlich an, wenn die Eltern sie nicht dazu erziehen, Wertschätzung und Dankbarkeit zu zeigen und genügsam zu sein.
Andere mögen das Gute, das sie empfangen, nicht schätzen, weil sie habgierig oder selbstsüchtig sind. Solche Personen bekommen nie genug. Sie sind nie mit dem zufrieden, was sie haben. Über sie heißt es in der Bibel: „Wer das Geld liebt, bekommt vom Geld nie genug“ (Pred. 5:9, Einheitsübersetzung). Da solche Personen immer mehr wollen, sind sie für bereits empfangene Gaben blind.
Wieder andere schätzen das Gute, das sie empfangen haben, nicht, weil sie neidisch sind. Es gefällt ihnen nicht, daß andere mehr haben als sie oder daß diese etwas haben, was sie selbst gern hätten. Sie haben keine Wertschätzung für die Gaben, die sie empfangen haben. Die Bibel warnt wiederholt davor, das zu begehren, was andere haben, und davor, mit anderen zu wetteifern (Phil. 2:3; Kol. 3:5). Personen, die das tun, laufen Gefahr, sich in einen Konkurrenzkampf verwickeln zu lassen oder zu versuchen, „mit Meiers Schritt zu halten“.
Viele Menschen sind für all das Gute im Leben und die Vorteile, die sie genießen, vor allem deswegen nicht dankbar, weil der große Wohltäter, Jehova Gott, der Schöpfer, in ihrem Leben nur eine unbedeutende oder gar keine Rolle spielt. Gewöhnlich ignorieren sie Gott, weil sie sein Wort, die Bibel, außer acht lassen.
DER RAT DER BIBEL
Auf den ersten Seiten der Bibel wird gezeigt, daß Gott der große Schöpfer aller Dinge ist (1. Mose, Kapitel 1 und 2). Für alles, was wir genießen, schulden wir ihm Dank. Besonders in den Psalmen werden wir Menschen aufgefordert, Jehova Gott zu danken, und es werden auch Gründe dafür genannt.
Der Psalmist berücksichtigte nicht nur materielle, sondern auch geistige Gaben, denn er schrieb: „Segne Jehova, o meine Seele, . . . ihn, der all deine Vergehung vergibt . . . Denn wie die Himmel höher sind als die Erde, so ist seine liebende Güte übermächtig gegenüber denen, die ihn fürchten. So fern der Sonnenaufgang ist vom Sonnenuntergang, so weit hat er unsere Übertretungen von uns entfernt. Wie ein Vater seinen Söhnen Barmherzigkeit erweist, hat Jehova denen Barmherzigkeit erwiesen, die ihn fürchten“ (Ps. 103:2, 3, 11-13).
In apostolischen Zeiten schätzten Gottes Diener ebenfalls die von Gott empfangenen Gaben. So sagte der Apostel Paulus den Heiden in Lystra, die ihn anbeten wollten: „[Gott hat] sich allerdings nicht ohne Zeugnis gelassen . . ., indem er Gutes tat, da er euch Regen vom Himmel und fruchtbare Zeiten gab und euer Herz mit Speise und Fröhlichkeit erfüllte“ (Apg. 14:17). Derselbe Apostel hob wiederholt die Notwendigkeit hervor, Gott für die von ihm empfangenen Gaben zu danken. Beispielhaft dafür ist sein Ausspruch: „[Sagt] allezeit unserem Gott und Vater im Namen unseres Herrn Jesus Christus für alle Dinge Dank“ (Eph. 5:20).
NEUZEITLICHE BEISPIELE
Personen, die heute Gottes Wort und seine Gebote ernst nehmen, schätzen auch die Gaben, die sie empfangen haben. Das ist unter anderem daran zu erkennen, daß sie nicht dem Materialismus, dem Alkoholismus oder der Rauschgiftsucht verfallen sind und sich nicht mit Glücksspiel oder Pornographie befassen, um der Wirklichkeit des Lebens zu entfliehen. Noch deutlicher zeigt es sich darin, daß sie gesetzestreue und glückliche Menschen sind.
In Vancouver (Britisch-Kolumbien) lebt zum Beispiel ein Querschnittsgelähmter, der trotz der Tatsache glücklich ist, daß er seine Arme und Beine überhaupt nicht bewegen kann. Er erachtet die Fähigkeit, seinen Lebensunterhalt durch Malen — den Pinsel hält er in seinem Mund — verdienen und so selbst für sich sorgen zu können, als ein Geschenk. Und von all dem Guten, was er empfangen hat, schätzt er besonders die Erkenntnis der Wahrheit über Gott und seine Vorsätze, die Hoffnung auf Gottes Königreich und die Möglichkeit, sich mit seinen Glaubensbrüdern zur gemeinsamen Anbetung zusammenzufinden und das Gelernte anderen mitzuteilen.
Ein weiteres Beispiel dafür, daß jemand empfangene Gaben schätzt, ist ein Mann, der in neun Jahren fünfundzwanzigmal verhaftet und fünfmal verurteilt worden war. Man hatte ihm vierzehn Schwerverbrechen zur Last gelegt, und er war zu insgesamt 250 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Dann kam er mit der Bibel in Berührung und später mit jemandem, der ihm helfen konnte, sie zu verstehen. Das bewirkte bei ihm einen völligen Wandel.
„Die Polizeibeamten am Ort, Leute, mit denen ich früher viel zu tun hatte, wundern sich, was mit mir geschehen ist. . . . Mein Bewährungshelfer beobachtet die wunderbare Änderung in meinem Leben. . . . Ich habe gute Arbeitsgewohnheiten angenommen, etwas, was ich früher nicht kannte. Ich sorge für meine Familie mit ehrlich verdientem Geld. Ich habe mehr vom Leben und schätze es. Besonders danke ich Jehova, daß er mir geholfen hat. In einem einzigen Jahr hat sich mein Leben grundlegend geändert. Ich habe eine neue Persönlichkeit angezogen. Ich habe die Wahrhaftigkeit des Schöpfers kennengelernt und habe eine wunderbare Hoffnung, wenn ich mich niederlege und wenn ich aufstehe.“ Zweifellos schätzt er all das Gute, was er empfangen hat.
Da ist auch der Jugendliche aus Texas, der übermäßig trank, rauschgiftsüchtig war und einige Zeit im Gefängnis verbrachte, weil er mit Rauschgift gehandelt hatte. Jetzt schätzt er die Gaben, die er empfangen hat, denn er hat Jehova und sein Wort kennengelernt: „Mein früheres Leben hätte unweigerlich zum Tode geführt, doch nun habe ich eine Hoffnung. An vielen Orten kenne ich Brüder und Schwestern, mit denen ich zusammenkommen kann und die sich wirklich umeinander kümmern. Mein Leben hat dadurch Sinn und Zweck erhalten. Der Unterschied zu meinem früheren Leben ist derselbe wie zwischen einer Wüste und einem Ozean.“
Ein junger Mann auf Hawaii war infolge eines Unfalls beim Baden an den Rollstuhl gefesselt. Sieben Jahre lang fühlte er sich um sein Leben betrogen, bedauerte sich und war niedergeschlagen. Als er aber mit Jehovas Zeugen in Berührung kam und durch die Bibel eine Hoffnung erlangte, änderte sich das alles: „Nun führe ich ein glückliches, sinnvolles und befriedigendes Leben. Ich weiß, daß Jehova verheißen hat, uns in der nahe herbeigekommenen neuen Ordnung ewiges Leben in vollkommener Gesundheit und Kraft zu schenken, und ich kann anderen zu ewigem Leben verhelfen. Das hat mich unwahrscheinlich glücklich gemacht.“
Eines steht fest: Ungeachtet, in welcher Lage du dich befindest — ob unter normalen Verhältnissen oder unter so schwierigen wie der Querschnittsgelähmte —, so hast du Gaben, die du schätzen solltest. Du wirst sie schätzen, wenn du sie nicht als selbstverständlich ansiehst und wenn du dich nicht durch Selbstsucht, Habgier oder Neid dafür blind machen läßt. Du kannst all das Gute, was du empfängst, am besten schätzen, wenn du eine Erkenntnis und ein Verständnis des Wortes Gottes, der Bibel, erwirbst. Jehovas Zeugen an deinem Wohnort werden dir dabei gern behilflich sein.