Fragen von Lesern
◼ Warum wird im Wachtturm vom 15. September 1988 gesagt, der Protestantismus habe sich noch mehr verunreinigt als der Katholizismus?
Dieser Hinweis stimmt mit der Prophezeiung und den Tatsachen überein. Im 23. Kapitel des Buches Hesekiel werden die sinnbildlichen Frauen Ohola und Oholiba als unsittliche Schwestern beschrieben. Das Zehnstämmereich Israel wurde durch Ohola dargestellt, während unter Oholiba das Zweistämmereich Juda zu verstehen war. Über diese beiden symbolischen Frauen hieß es im Wachtturm vom 15. September 1988 auf Seite 21:
„Oholiba (Juda) sündigte noch mehr als ihre Schwester, und daher kam im Jahre 607 v. u. Z. durch die Babylonier ein nationales Unglück über sie. Ihre Kinder fielen durch das Schwert oder wurden in Gefangenschaft geführt, und sie wurde unter den Nationen entehrt. Wie Ohola und Oholiba begeht die Christenheit geistigen Ehebruch, was in den Augen des Gottes, den sie anzubeten behauptet, eine Sünde ist. Der Protestantismus mit seinen vielen Glaubensgemeinschaften hat sich durch die kommerziellen und politischen Mächte der Welt noch mehr verunreinigt als seine ältere Schwester, der Katholizismus. Deshalb wird Jehova dafür sorgen, daß die gesamte Christenheit vernichtet wird.“
Beginnend mit dem Konzil von Nizäa im Jahre 325 u. Z., verschmolz Kaiser Konstantin den heidnisch-römischen Staatskult mit dem abtrünnigen Christentum und wurde so zum Haupt der neuentstandenen katholischen Kirche. Folglich kann die katholische Kirche ihr Bestehen bis ins vierte Jahrhundert unserer Zeitrechnung zurückverfolgen. Der Protestantismus nahm mit der Reformation des 16. Jahrhunderts seinen Anfang. Wie Ohola (Israel) älter war als Oholiba (Juda), so wurde der Katholizismus im Wachtturm passenderweise als die ältere Schwester des Protestantismus bezeichnet.
Doch warum kann gesagt werden: „Der Protestantismus ... hat sich durch die kommerziellen und politischen Mächte der Welt noch mehr verunreinigt als seine ältere Schwester, der Katholizismus.“? Weil die Tatsachen der Prophezeiung entsprechen: „Als ihre Schwester Oholiba es zu sehen bekam, da trieb sie es mit ihrer sinnlichen Begierde verderblicher als sie und mit ihrer Prostitution schlimmer als die Hurerei ihrer Schwester“ (Hesekiel 23:11).
Als Teil Babylons der Großen, des Weltreichs der falschen Religion, hat sowohl der Katholizismus als auch der Protestantismus sehr enge Beziehungen mit den kommerziellen und politischen Elementen der Welt (Offenbarung 17:1-6; 18:1-19). Natürlich hat eine einzelne protestantische Kirche geringeren Einfluß als die mächtige katholische Kirche. Aber als Gesamtheit laufen die vielen protestantischen Kirchen der einen katholischen Kirche, was Macht und Einfluß betrifft, den Rang ab. Zum Beispiel übt der Protestantismus in bedeutenden Industrieländern, in denen gewisse protestantische Geistliche hohe politische Ämter anstreben, großen Einfluß aus. Auf diese Art und Weise hat sich der Protestantismus mit seinen vielen Glaubensgemeinschaften sogar mehr verunreinigt als der Katholizismus.
Aber auch in anderer Hinsicht ist der Protestantismus mit seiner „sinnlichen Begierde verderblicher“ und verwerflicher als der Katholizismus. In welcher Hinsicht? Nun, durch die Reformation weckte der Protestantismus zumindest die Hoffnung auf größere geistige Erleuchtung. Tatsächlich brachten einige aufrichtige Reformatoren diesbezüglich Bemerkenswertes in Bewegung. Doch nach allem Reden und Tun blieben schließlich unbiblische Lehren wie die Dreieinigkeit, die Unsterblichkeit der Seele und das Höllenfeuer unter den Protestanten unverändert bestehen. Wie die Katholiken haben auch sie sich der Menschenverehrung schuldig gemacht und haben an die Stelle der biblischen Wahrheit menschliche Traditionen gesetzt (Matthäus 15:1-9; 23:9, 10).
Interessant ist in diesem Zusammenhang eine Erklärung, die 1931 in dem Buch Rechtfertigung, Band 1 erschien. Auf Seite 302 dieser (nicht mehr vorrätigen) Wachtturm-Veröffentlichung hieß es in bezug auf Hesekiel 23:11-13: „Die protestantische ‚organisierte Religion‘ hatte wahrgenommen, wie der Katholizismus sich mit den Mächten des Handels und der Politik der Welt verunreinigt hatte, und brachte aus diesem Grunde viel gegen den Katholizismus vor; dann aber ging der Protestantismus hin und tat stracks das gleiche, ja Schlimmeres ... Beide sind denselben Weg gegangen; aber der Protestantismus besaß mehr Aufklärung als der Romanismus, und er ist deswegen sträflicher.“
[Bild auf Seite 30]
Konstantin verschmolz das abtrünnige Christentum mit dem heidnisch-römischen Staatskult und wurde so das Haupt der neuentstandenen katholischen Kirche
[Bildnachweis]
The Metropolitan Museum of Art, Vermächtnis von Mrs. F. F. Thompson, 1926 (26.229)