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  • Der Wachtturm verkündigt Jehovas Königreich 1998
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Der Wachtturm verkündigt Jehovas Königreich 1998
w98 1. 5. S. 26-29

Mit 80 Jahren in ein neues Gebiet

VON GWENDOLINE MATTHEWS ERZÄHLT

Als ich die 80 erreichte, beschlossen mein Mann und ich, unser ganzes Hab und Gut auf einen gemieteten Umzugswagen zu laden und von England nach Spanien zu ziehen. Wir sprachen kaum Spanisch und wollten nach Südwestspanien übersiedeln, fernab von den Urlaubsorten englischsprachiger Touristen. Die meisten unserer Freunde hielten uns für etwas übergeschnappt, aber ich war ganz vergnügt und dachte daran, daß Abraham 75 Jahre alt war, als er Ur verließ.

RÜCKBLICKEND können wir sagen, daß die Jahre in Spanien — im April 1992 zogen wir hierher — zu den segensreichsten unseres Lebens gehören. Doch bevor ich den Grund für unseren Umzug erkläre, möchte ich berichten, was in unserem Leben als Diener Jehovas zu dieser ungewöhnlichen Entscheidung führte.

Die biblische Wahrheit verändert unser Leben

Ich wuchs in einer religiösen Familie im Südwesten Londons (England) auf. Meine Mutter nahm meine Schwester und mich gewöhnlich in verschiedene Kirchen mit, weil sie hoffte, irgendwo ihren geistigen Hunger zu stillen. Mein Vater war lungenkrank und begleitete uns daher nicht. Doch er war ein eifriger Bibelleser, und jedesmal, wenn er eine Stelle fand, die sein Verständnis vertiefte, unterstrich er sie. Die abgegriffene Bibel, die ihm so viel bedeutete, gehört zu meinen kostbarsten Besitztümern.

Im Jahr 1925 — ich war damals 14 — wurde ein Traktat unter unsere Tür geschoben, durch das wir zu einem öffentlichen Vortrag in die Stadthalle von West Ham eingeladen wurden. Mutter und eine Nachbarin beschlossen, sich den Vortrag anzuhören, und meine Schwester und ich begleiteten sie. Durch diesen Vortrag mit dem Thema „Millionen jetzt Lebender werden nie sterben“ wurde der Same der biblischen Wahrheit in Mutters Herz gesät.

Einige Monate später starb mein Vater im Alter von 38 Jahren. Sein Tod war ein furchtbarer Schlag für uns. Wir waren untröstlich und standen nun mittellos da. Beim Gedenkgottesdienst in der Kirche behauptete der anglikanische Geistliche, Vaters Seele sei im Himmel. Mutter war entsetzt. Sie wußte aus der Bibel, daß die Toten im Grab schlafen, und sie glaubte fest daran, daß Vater eines Tages zu ewigem Leben auf der Erde auferweckt werden würde (Psalm 37:9-11, 29; 146:3, 4; Prediger 9:5; Apostelgeschichte 24:15; Offenbarung 21:3, 4). Sie kam zu der Überzeugung, daß sie sich den Leuten anschließen mußte, die Gottes Wort lehrten, und so beschloß sie, mit den Internationalen Bibelforschern Gemeinschaft zu pflegen — wie Jehovas Zeugen damals genannt wurden.

Da wir uns das Fahrgeld nicht leisten konnten, gingen wir jede Woche zwei Stunden zu Fuß zu den Zusammenkünften der Zeugen Jehovas. Anschließend liefen wir zwei Stunden wieder nach Hause zurück. Aber wir schätzten diese Zusammenkünfte über alles und ließen keine aus, selbst dann nicht, wenn der berüchtigte Londoner Nebel die Stadt einhüllte. Schon bald beschloß Mutter, sich Jehova hinzugeben und sich taufen zu lassen, und 1927 ließ auch ich mich taufen.

Trotz unserer wirtschaftlichen Schwierigkeiten legte mir Mutter stets ans Herz, geistigen Dingen den Vorrang zu geben. Matthäus 6:33 gehörte zu ihren Lieblingstexten; sie suchte wirklich zuerst das Königreich. Noch bevor sie 1935 — viel zu früh — an Krebs starb, hatte sie Pläne gemacht, nach Frankreich zu gehen, weil dort Vollzeitprediger gebraucht wurden.

Vorbilder, die uns stärkten

In London gab es in jenen frühen Jahren einige in den Zusammenkünften, die ihre eigenen Ansichten proklamieren wollten. Sie waren der Anlaß zu Streitigkeiten und heftigen Wortgefechten. Aber Mutter sagte stets, es wäre illoyal, Jehovas Organisation zu verlassen, nach allem, was wir durch sie gelernt hatten. Besuche von Joseph F. Rutherford, dem damaligen Präsidenten der Watch Tower Bible and Tract Society, spornten uns an, unseren Dienst loyal fortzusetzen.

Ich erinnere mich an Bruder Rutherford als einen freundlichen, aufgeschlossenen Mann. In meiner Teenagerzeit machte die Londoner Versammlung einmal einen Ausflug, bei dem Bruder Rutherford auch dabei war. Er sah mich schüchternen Teenager mit der Kamera dastehen und fragte, ob ich wohl ein Foto von ihm machen wolle. Dieses Foto halte ich immer noch in Ehren.

Später hatte ich ein Erlebnis, das mir bewußtmachte, welch ein Gegensatz zwischen denen besteht, die in der Christenversammlung die Leitung innehaben, und den Prominenten in der Welt. Ich war als Bedienung in einem großen Londoner Haus beschäftigt, in das Franz von Papen, ein Abgesandter Hitlers, zu einem Essen geladen war. Er weigerte sich, während des Essens seinen Degen abzunehmen; ich stolperte darüber und verschüttete die Suppe, die ich auftragen sollte. Ärgerlich bemerkte er, daß ich wegen einer solchen Ungeschicklichkeit in Deutschland mit Erschießung zu rechnen hätte. Bis zum Ende des Essens machte ich einen großen Bogen um ihn.

Ein bedeutsamer Kongreß, auf dem ich Bruder Rutherford sprechen hörte, fand 1931 im Alexandra Palace statt. Dort nahmen wir voller Begeisterung unseren neuen Namen an: Jehovas Zeugen (Jesaja 43:10, 12). Zwei Jahre später — 1933 — nahm ich den Pionierdienst auf, wie der Vollzeitpredigtdienst genannt wird. Ein anderer Segen jener Jahre war die Gemeinschaft mit geistiggesinnten jungen Männern, die später als Missionare in weitentfernte Teile der Erde gesandt wurden. Zu ihnen gehörten Claude Goodman, Harold King, John Cooke und Edwin Skinner. Diese treuen Vorbilder weckten in mir den Wunsch, im Ausland zu dienen.

Pionierdienst in East Anglia

East Anglia (Ostengland) war das Gebiet, das mir als Pionier zugeteilt worden war. Dort zu predigen erforderte wirklich Begeisterung und Eifer. Um unser ausgedehntes Gebiet zu bearbeiten, fuhren wir mit dem Fahrrad von Stadt zu Stadt und von Dorf zu Dorf; für die Nächte mieteten wir uns jeweils ein Zimmer. In der Region gab es kaum Versammlungen. Daher besprachen meine Partnerin und ich zu zweit alle Programmpunkte der regulären wöchentlichen Zusammenkünfte. Im Dienst verbreiteten wir Hunderte von Büchern und Broschüren, in denen Gottes Vorsatz erklärt wurde.

Unvergeßlich war der Besuch im Pfarrhaus einer Gemeinde, wo wir mit einem Vikar der Kirche von England sprachen. Meistens schoben wir den Besuch bei dem anglikanischen Vikar eines Ortes bis zuletzt auf, denn wenn er erfuhr, daß wir in der Gegend die gute Botschaft verkündigten, gab es nicht selten Probleme. Doch in diesem Dorf sprach jeder gut von dem Vikar. Er besuchte Kranke, lieh Bücher an begeisterte Leser aus und machte sogar Hausbesuche bei seinen Gemeindemitgliedern, um die Bibel mit ihnen zu betrachten.

Tatsächlich war er bei unserem Besuch überaus liebenswürdig und nahm einige Bücher entgegen. Außerdem ließ er uns wissen, daß er, falls jemand im Dorf unsere Literatur gern lesen wolle, sie aber nicht bezahlen könne, für die Unkosten aufkommen würde. Wir erfuhren, daß er wegen seiner schrecklichen Erlebnisse im Ersten Weltkrieg beschlossen hatte, in seiner Pfarrgemeinde Frieden und Freundlichkeit zu fördern. Bevor wir gingen, wünschte er uns Gottes Segen, und er ermunterte uns, unser gutes Werk fortzusetzen. Seine Abschiedsworte waren aus 4. Mose 6:24: „Der Herr segne dich und behüte dich“ (King James Version).

Zwei Jahre hatte ich im Pionierdienst verbracht, als Mutter starb. Ich kehrte nach London zurück und hatte weder Geld noch Angehörige. Eine liebevolle schottische Zeugin nahm mich unter ihre Fittiche; sie half mir, mit Mutters Tod fertig zu werden, und ermunterte mich, den Vollzeitdienst fortzusetzen. Mit Julia Fairfax, meiner neuen Pionierpartnerin, kehrte ich nach East Anglia zurück. Wir richteten einen alten Wohnwagen her, der uns als eine Art Wohnmobil diente. Mit Hilfe eines Traktors oder eines Lastwagens zogen wir unseren Wohnwagen von einem Ort zum anderen. Zusammen mit Albert und Ethel Abbott, einem älteren Ehepaar, das ebenfalls einen kleinen Wohnwagen besaß, setzten wir unsere Predigttätigkeit fort. Albert und Ethel waren für mich wie Vater und Mutter.

Während meines Pionierdienstes in Cambridgeshire lernte ich John Matthews kennen, einen netten christlichen Bruder, der seine Lauterkeit Jehova gegenüber bereits unter Schwierigkeiten bewiesen hatte. Wir heirateten 1940, kurz nach Beginn des Zweiten Weltkriegs.

Kriegszeit und Gründung einer Familie

Als Jungverheiratete kampierten wir in einem winzigen Wohnwagen, der etwa die Größe einer kleinen Küche hatte. Und im Predigtdienst verließen wir uns auf unser unverwüstliches Motorrad. Ein Jahr nach unserer Heirat wurde John dazu verurteilt, auf einem Bauernhof zu arbeiten, weil er auf Grund seiner biblischen Überzeugung den Wehrdienst verweigerte (Jesaja 2:4). Obwohl dies das Ende unseres Pionierdienstes bedeutete, war es sozusagen eine glückliche Fügung, denn ich erwartete ein Baby, und nun konnte John für uns sorgen.

Trotz der entbehrungsreichen Kriegsjahre freuten wir uns über die besonderen Zusammenkünfte, die stattfanden. 1941, während ich das erste Kind erwartete, fuhren John und ich mit unserem Motorrad 300 Kilometer weit nach Manchester. Unterwegs sahen wir viele ausgebombte Städte, und wir fragten uns, ob die Zusammenkunft unter diesen Umständen wohl stattfinden könne. Doch die Free Trade Hall im Zentrum von Manchester war bis auf den letzten Platz mit Zeugen Jehovas aus vielen Teilen Englands gefüllt, und das Programm wurde in voller Länge dargeboten.

Der letzte Redner auf dem Kongreß forderte in seinen Schlußworten alle Anwesenden auf, das Gebäude sofort zu verlassen, weil ein Luftangriff erwartet werde. Die Warnung kam genau zur rechten Zeit. Wir waren noch nicht weit von der Halle entfernt, als Sirenen und Flakgeschütze zu hören waren. Als wir zurückschauten, sahen wir Dutzende von Flugzeugen, die Bomben auf das Stadtzentrum abwarfen. Und in einiger Entfernung — inmitten von Feuer und Rauch — konnten wir die Halle ausmachen, in der wir noch kurz zuvor gesessen hatten. Sie war völlig zerstört! Wir waren dankbar, daß niemand von unseren Brüdern und Schwestern umgekommen war.

Während wir unsere Kinder großzogen, konnten wir nicht im Vollzeitdienst stehen, aber unser Heim stand reisenden Aufsehern und Pionieren offen, die keine Unterkunft hatten. Einmal wohnten sechs Pioniere für mehrere Monate bei uns. Der Kontakt mit all diesen Vollzeitdienern trug zweifellos dazu bei, daß unsere Tochter Eunice 1961 den Pionierdienst aufnahm; sie war damals erst 15 Jahre alt. Unser Sohn David setzte den Dienst für Jehova leider nicht fort, als er herangewachsen war. Und unsere Tochter Linda kam während des Krieges auf tragische Weise ums Leben.

Unsere Entscheidung, nach Spanien zu ziehen

Das ermunternde Vorbild meiner Mutter hatte in mir den Wunsch geweckt, Missionarin zu werden, und dieses Ziel hatte ich eigentlich nie völlig aus den Augen verloren. Wie begeistert waren wir daher, als Eunice 1973 beschloß, nach Spanien zu ziehen, wo ein größerer Bedarf an Königreichsverkündigern bestand. Natürlich waren wir traurig, als sie Abschied nahm, aber andererseits waren wir auch stolz darauf, daß sie im Ausland dienen wollte.

Im Laufe der Jahre haben wir Eunice häufig besucht und dadurch Spanien gut kennengelernt. Ja, John und ich haben Eunice in vier der ihr zugeteilten Gebiete besucht. Doch während die Zeit verstrich, ließen unsere Kräfte allmählich nach. John war gestürzt, was für seine Gesundheit schwerwiegende Folgen hatte; ich bekam Probleme mit dem Herzen und der Schilddrüse. Außerdem litten wir beide an Arthritis. Wenngleich wir die Hilfe von Eunice dringend benötigten, wollten wir nicht, daß sie unsertwegen ihr zugeteiltes Gebiet verließ.

Wir hielten Familienrat und beteten um Leitung. Eunice war bereit, nach Hause zu kommen, um uns beizustehen. Doch wir kamen zu dem Schluß, es sei das beste für John und mich, zu ihr nach Spanien zu ziehen. Wenn ich schon keine Missionarin werden konnte, so könnte ich doch wenigstens meine Tochter und ihre beiden Pionierpartnerinnen im Vollzeitdienst unterstützen; denn Nuria und Ana, die ungefähr 15 Jahre lang Pionierpartnerinnen von Eunice waren, betrachteten wir wie unsere eigenen Töchter. Und sie waren gern bereit, uns überallhin mitzunehmen, wohin man sie senden würde.

Über sechs Jahre sind unterdessen vergangen, seitdem wir diese Entscheidung getroffen haben. Unsere Gesundheit hat sich nicht weiter verschlechtert; aber unser Leben ist zweifellos interessanter geworden. Meine Spanischkenntnisse lassen immer noch zu wünschen übrig, doch das hindert mich nicht am Predigen. John und ich fühlen uns in unserer kleinen Versammlung in der Extremadura (Südwestspanien) wie zu Hause.

Durch das Leben in Spanien habe ich viel über den internationalen Charakter des Königreichspredigtwerkes gelernt, und ich verstehe die Worte Jesu „Das Feld ist die Welt“ jetzt viel besser (Matthäus 13:38).

[Bilder auf Seite 28]

Im Pionierdienst in den 30er Jahren

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