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  • Die Stimme des Gewissens
  • Der Wachtturm verkündet Jehovas Königreich 1975
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Der Wachtturm verkündet Jehovas Königreich 1975
w75 1. 7. S. 400-406

Die Stimme des Gewissens

„Wenn immer Menschen von den Nationen, die ohne Gesetz sind, von Natur die Dinge des Gesetzes tun, so ... zeigen [sie] ja, daß ihnen der Inhalt des Gesetzes ins Herz geschrieben ist, wobei ihr Gewissen mitzeugt“ (Röm. 2:14, 15).

1, 2. (a) Welche Situation beobachten wir heute hinsichtlich der Sittenmaßstäbe? (b) Warum benötigen wir besonders seit 1914 eine Anleitung in sittlicher Hinsicht?

HEUTE ist die Auffassung darüber, was „Recht“ und „Unrecht“ ist, ständig einem Wandel unterworfen. In einer Rede über das Thema „Die Moral der Öffentlichkeit“ erklärte Dr. Emanuel Demby: „Ein wichtiger Grund dafür, weshalb es so schwierig für uns ist, das Wesen der Moral unserer Zeit genau zu beschreiben, ist die Tatsache, daß wir in einer Zeit großer Veränderungen leben.“ Was noch vor ein paar Jahren als allgemein anerkannter Maßstab galt, ist heute bereits geändert oder ersetzt worden. Und da das Leben immer komplexer wird, kann keiner mit Sicherheit sagen, wie wertvoll die neuen Maßstäbe sind oder wie lange sie beibehalten werden. Wonach soll man sich also ausrichten?

2 Vor dieser Situation stehen wir besonders seit dem Jahre 1914 u. Z. Warum besonders seit diesem Jahr? Dr. Archibald Chisholm bemerkte: „So groß sind die Umwälzungen im Denken und in den Sittenbegriffen, daß einige vorschlagen, wir sollten das gegenwärtige Jahr als das Jahr [61] a. b. (anno belli [im Jahre des Krieges]) bezeichnen, wodurch sie ihre Meinung zum Ausdruck bringen, daß mit dem Ausbruch [des Ersten Weltkrieges] eine neue Epoche begann.“ Die Tatsache, daß es seit dem Jahre 1914 solche Umwälzungen im Denken und in den Sittenbegriffen gibt, beweist, daß wir eine richtungweisende Stimme, eine richtige Anleitung, benötigen.

3. Welche Fragen entstehen hinsichtlich der Zuverlässigkeit unseres Gewissens?

3 Viele Personen, die sich dieser Notwendigkeit bewußt sind, bringen die Ansicht zum Ausdruck, daß sich letzten Endes jeder auf sein eigenes Gewissen verlassen muß. Sie sagen: „Dein Gewissen sei dein Führer.“ Unter „Gewissen“ verstehen sie eine innere „Stimme“, einen Sinn für das, was „Recht“ und „Unrecht“ ist. Aber trifft das in allen Fällen zu? Kennst du den Ursprung des Gewissens, und weißt du, wie weit verbreitet diese Gabe ist? Wie zuverlässig ist dieser innere Sinn? Kannst du dich auf dein Gewissen verlassen, nur weil sich andere auf das ihre verlassen?

URSPRUNG DES GEWISSENS

4. Welchen Ursprung hat das Gewissen nach Ansicht einiger weltlicher Autoritäten?

4 Wenn du dich an Intellektuelle und Philosophen wendest, um eine Erklärung über den Ursprung des Gewissens zu erhalten, mögen sie dir sagen, es sei lediglich ein gesellschaftliches Produkt der Evolution. Der Evolutionist Charles Darwin vertrat die Ansicht, „daß irgendein Tier, das mit ausgeprägten sozialen Instinkten ausgestattet ist, ... unweigerlich ein Sittlichkeitsempfinden oder Gewissen erwerben würde, sobald sich sein Intellekt ausprägen oder annähernd so gut entwickeln würde wie beim Menschen“. Und Sigmund Freud glaubte, wir könnten „die Vermutung einer ursprünglichen — man könnte auch sagen, natürlichen — Fähigkeit zur Unterscheidung zwischen Gut und Böse verwerfen“.

5. Stimmt die Bibel mit diesen Ansichten über das Gewissen überein?

5 Aber entsprechen diese Ansichten der Wahrheit? Der älteste und zuverlässigste Bericht über die Geschichte des Menschen antwortet mit Nein. Zunächst erklärt die Bibel, daß sich alles, was lebt, ‘nach seiner Art’ fortpflanzt. Das ist durch wissenschaftliche Beobachtungen bestätigt worden. Der Mensch ist also nicht lediglich das Produkt einer Entwicklung, und auch das Gewissen ist es nicht (1. Mose 1:21-26). Ferner gibt die Bibel genauen Aufschluß über den Ursprung dieser inneren Stimme, des Gewissens. Sie zeigt, warum die Menschen auf der ganzen Erde immer noch ein Gewissen haben, und das trotz der Bemühungen gewisser Männer wie Hitler, der prahlte: „Ich befreie den Menschen von der erniedrigenden Schimäre, Gewissen genannt.“ Und die Bibel hilft uns auch, das Gewissen richtig und zu unserem Nutzen anzuwenden.

6, 7. (a) Was läßt Gottes Wort hinsichtlich des Ursprungs des Gewissens erkennen? (b) Was war Adams Gewissen?

6 Aus der Heiligen Schrift geht hervor, daß der Schöpfer den Menschen in seinem Bilde machte und ihn mit einem Verstand und einem Sittlichkeitsempfinden ausrüstete, wie er sie selbst besitzt (1. Mose 1:27). Und der erste Mensch hatte das Gewissen — diese von Gott verliehene Gabe — gleich von Anfang an; es entwickelte sich nicht erst, während die menschliche Gesellschaft wuchs. Das geht aus dem Bericht über das Verhalten und die Einstellung Adams nach dem Übertreten des Gebotes Gottes hinsichtlich des Baumes der Erkenntnis von Gut und Böse hervor (1. Mose 2:17). Über Adam und Eva heißt es: „[Sie] versteckten sich nun vor dem Angesicht Jehovas Gottes inmitten der Bäume des Gartens.“ Als Jehova rief, antwortete Adam nicht sogleich. Warum nicht? Weil er Schuldgefühle hatte; es war so, als würde ihn eine innere Stimme verurteilen, ihn anklagen, bezeugen, daß er gesündigt hatte (1. Mose 3:7-10).

7 Der älteste verfügbare Geschichtsbericht zeigt somit, daß der Mensch von Anfang an ein Gewissen hatte. Es ist interessant, daß ein jüdischer Geschichtsschreiber des ersten Jahrhunderts, Flavius Josephus, der in Griechisch schrieb, Adams Zögern, Gott zu antworten, mit seinem „bösen Gewissen“ erklärte. Für das Wort „Gewissen“ gebrauchte Josephus hier den griechischen Ausdruck synéidesis, der buchstäblich „Bewußtsein“ oder „Mitwissen“ bedeutet. Adam hatte sein Gewissen von Gott erhalten; es war sein inneres Sittlichkeitsempfinden, und auch sein Verstand spielte dabei eine Rolle. Da er im Bilde Gottes erschaffen worden war, spürte er einen inneren Konflikt, als er im Widerspruch zu Gottes Eigenschaften oder dessen geoffenbartem Willen handelte. Aber was hat das mit unseren Gefühlen und Handlungen zu tun? Vererbte Adam das Gewissen seinen Nachkommen? Ja, die Bibel und auch nichtbiblische Zeugnisse beweisen, daß das der Fall war und auf jeden einzelnen von uns heute zutrifft.

8. Welcher spätere Bibelbericht läßt erkennen, daß der Mensch ein Sittlichkeitsempfinden ererbt hat?

8 Befassen wir uns einmal mit dem Geschichtsbericht über Joseph. Er lebte über zweitausend Jahre nach dem Sündenfall und war ein Sklave im Haushalt des ägyptischen Hofbeamten Potiphar. Vielleicht von Josephs männlicher Schönheit verlockt, versuchte Potiphars Frau, Joseph zu verführen. Da er nur ein Sklave war, hätte er sich leicht verpflichtet fühlen können, ihr zu gehorchen, vielleicht sogar in der Hoffnung, dadurch seine Stellung zu verbessern. Doch Joseph wies ihr unsittliches Ansinnen glattweg zurück und sagte: „Wie also könnte ich diese große Schlechtigkeit begehen und in Wirklichkeit gegen Gott sündigen?“ (1. Mose 39:1-9). Wie kam Joseph zu der Ansicht, Ehebruch sei eine Sünde gegen Gott?

9. Warum verwarf Joseph Ehebruch als eine „Sünde gegen Gott“?

9 Joseph reagierte nicht so, weil es ein geschriebenes Gesetz Gottes gegeben hätte, in dem Ehebruch verboten gewesen wäre, wie es später bei den Zehn Geboten der Fall war (2. Mose 20:14). Außerdem befand sich Joseph in Ägypten; seine Familie konnte keinen Druck ausüben, und er unterstand keinen patriarchalischen Regeln. Offensichtlich sprach hier Josephs Gewissen. Ehebruch stand im Widerspruch zu seinem Sittlichkeitsempfinden. Wahrscheinlich konnte er „spüren“, daß es verkehrt war, etwas zu nehmen, was ihm nicht gehörte: die Frau eines anderen Mannes. Und in diesem Empfinden wurde er möglicherweise bestärkt, wenn er über die Tatsache nachdachte, daß ein Mann und seine Frau „e i n Fleisch“ sind, eine Tatsache, die Adam gut bekannt war (1. Mose 2:24; Matth. 19:4, 5). Außerdem waren ihm wahrscheinlich die Erlebnisse Abrahams und Isaaks bekannt, aus denen hervorging, daß Ehebruch nicht richtig ist (1. Mose 20:1-18; 26:7-11). Daher wurde Joseph durch sein Gewissen, ohne daß ein Gesetz gegen Ehebruch bestand, veranlaßt, Ehebruch zu verwerfen.

10. Was zeigt, daß auch andere Völker die Gabe des Gewissens ererbt haben?

10 Doch wenn Adam an seine Nachkommen die Gabe des Gewissens weitergab, hätte dann nicht auch Potiphars Frau empfinden müssen, daß Ehebruch verkehrt ist? Ja, aber anscheinend ließ sie sich von Leidenschaft übermannen. Die Ägypter wußten, genau wie andere Völker auf Erden, daß Ehebruch ein schwerer sittlicher Verstoß war. Ihre ältesten religiösen Texte bringen das Jüngste Gericht mit dem Abwägen des „Herzens“ in Verbindung. Und in bezug worauf sollte man gerichtet werden? Das alte ägyptische „Buch der Toten“ beschreibt einen Verstorbenen, der seine Unschuld wie folgt beteuert: „Ich habe nicht gestohlen. Ich habe keinen Menschen getötet. Ich habe nicht gelogen. Ich habe nicht die Frau irgendeines Mannes geschändet.“ Ihr Gewissen mußte sie somit veranlaßt haben, Ehebruch als ein Unrecht zu empfinden. Der jüdische Geschichtsschreiber Josephus bringt das Gewissen ins Spiel, indem er später schreibt, Joseph habe Potiphars Frau aufgefordert, ihre Begierde zu zügeln, sonst wären Reue und Ungemach die Folgen, vielmehr sollte sie ihrem Ehemann treu bleiben und „ein gutes Gewissen“ bewahren.

11. Was zeigen sowohl die Bibel als auch nichtbiblische Quellen über Reaktionen des Gewissens?

11 Außerdem finden wir sowohl in der Bibel als auch in nichtbiblischen Berichten Beispiele für Reaktionen des Gewissens. Bei einer Gelegenheit ließ König David von Israel eine Volkszählung durchführen. Die Bibel beschreibt, wie David reagierte, als er erkannte, daß er gesündigt hatte. Daß sich sein Gewissen regte, zeigt sie mit den Worten: „Das Herz begann dem David zu schlagen“ (2. Sam. 24:1-10). Eine ähnliche Reaktion des Gewissens wird auf einer alten Keilschrifttafel erwähnt, die das Gebet eines Babyloniers, der gesündigt hatte, wiedergibt. Er flehte seinen Gott an, ihm zu helfen „um seiner Brust willen, die sich beklagt wie eine tönende Flöte“.

12. (a) Welchen Schluß kann man hinsichtlich des Gewissens ziehen, wie es der Apostel Paulus zeigte? (b) Haben alle Menschen ein Gewissen?

12 All das zeigt, daß wir ein Gewissen haben, weil wir von Adam den Verstand und das Sittlichkeitsempfinden ererbt haben. Daher waren auch in Nationen, die nichts von dem von Gott eingeführten mosaischen Gesetzesbund wußten, Stehlen, Lügen, Blutschande, Mord und Ehebruch verboten. Ja, obwohl sie „ohne Gesetz sind“, tun sie „von Natur die Dinge des Gesetzes“. Der Apostel Paulus hob die Grundlage für ihren Sittenmaßstab hervor, indem er sagte: „Wobei ihr Gewissen [griechisch: synéidesis] mitzeugt und sie inmitten ihrer eigenen Gedanken angeklagt oder auch entschuldigt werden“ (Röm. 2:14, 15). Diese von Gott verliehene Gabe des Gewissens ist so weit verbreitet, daß es in einer Enzyklopädie heißt: „Man hat noch keine Kultur gefunden, in der das Gewissen nicht als Tatsache anerkannt wird.“ Und über einzelne, die kein Gewissen zu haben scheinen, schrieb Dr. Geoffrey Stephenson: „Das wurde und wird auch heute noch von einigen als eine echte Form von Geisteskrankheit oder Psychose betrachtet.“ (Vergleiche Titus 1:15.)

FUNKTION UND SCHULUNG DES GEWISSENS

13. Warum ist mehr erforderlich, als nur zu wissen, daß wir ein Gewissen haben?

13 Können wir also einfach „von Natur die Dinge des Gesetzes tun“? Nein, mehr ist erforderlich. Lediglich ein Verständnis über den wahren Ursprung des Gewissens zu haben und zu wissen, daß wir über diese Gabe verfügen, ist keine Garantie dafür, daß wir den vollen Nutzen daraus ziehen. Denke daran, daß die Ägypter des Altertums gewisse Sittenmaßstäbe hatten, die bewiesen, daß sie ein Gewissen hatten. Aber war das an sich schon genug? Wurden sie dadurch davor bewahrt, unschickliche Dinge zu tun? Der widerliche Tierkult, durch den sie „eher der Schöpfung Verehrung und heiligen Dienst darbrachten als dem Schöpfer“, zeigt, daß es nicht allein ausreicht, ein Gewissen zu haben (Röm. 1:20-25). Folglich müssen wir mehr wissen als nur, daß wir ein Gewissen haben. Wir sollten wissen, wie es funktioniert, wie es geschult werden kann und was Gott darüber sagt, wie wir im täglichen Leben darauf reagieren sollten.

14. Welches ist e i n e Funktion des Gewissens?

14 Die biblischen Beispiele, die wir besprochen haben, veranschaulichen, daß das Gewissen auf zweierlei Weise funktionieren kann und sollte. Am häufigsten denkt man dabei wahrscheinlich daran, daß das Gewissen zurückschaut und frühere Taten beurteilt. Diese Funktion des Gewissens konnten wir im Fall der Sünde Adams und im Fall Davids, nachdem er etwas Verkehrtes getan hatte, beobachten. Ihnen schlug das Gewissen. Hast du nicht auch schon erlebt, daß dein Gewissen so reagierte? Diese innere Stimme, das Gewissen, die jemand, der unrecht getan hat, beunruhigt, kann so beharrlich sein, daß er drastische Maßnahmen ergreift, um wieder ein reines Gewissen zu erlangen, oder daß er jahrelang von seinem Gewissen gequält wird.

15. Inwiefern ist dir diese Funktion eine wichtige Hilfe?

15 Eine weit wichtigere Auswirkung dieser Funktion des Gewissens ist aber, daß man dadurch zu gottgefälliger Reue bewogen werden kann. David schrieb: „Als ich stillschwieg, verzehrten sich meine Gebeine durch mein Gestöhn den ganzen Tag. Meine Sünde habe ich dir schließlich bekannt, und mein Vergehen habe ich nicht zugedeckt. Ich sagte: ,Ich werde meine Übertretungen Jehova bekennen.‘ Und du selbst hast das durch meine Sünden verursachte Vergehen verziehen“ (Ps. 32:3, 5). Dein Gewissen kann dich also zu Gott zurückführen; es kann dir helfen, die Notwendigkeit zu erkennen, Gott um Vergebung zu bitten und in Zukunft auf seinen Wegen zu wandeln (Ps. 51:1-4, 9, 13-15).

16. Wie kann und sollte das Gewissen noch reagieren?

16 Die andere Funktion des Gewissens besteht darin, daß es uns, wenn wir eine sittliche Entscheidung zu treffen haben, im voraus ermahnt oder warnt. Der Dozent Eric D’Arcy erklärte: „Bei den heidnischen Schriftstellern kam das Gewissen erst dann ins Spiel, nachdem die Handlung vollbracht worden war, und es spielte eine rein richterliche Rolle; aber in der Bibel wird dem Gewissen eine legislative Funktion zugeschrieben.“ Diese Fähigkeit des Gewissens half Joseph, im voraus zu spüren, daß er keinen Ehebruch begehen durfte. Er hörte auf sein Gewissen, indem er eine Handlungsweise verwarf, die gegen sein Sittlichkeitsempfinden verstieß. Funktioniert dein Gewissen auch auf diese Weise? Hilft es dir so, wie es dir helfen sollte?

17, 18. (a) Welche Gefahr besteht, wenn jemand sein Gewissen unterdrückt? (b) In welchen Zustand würde man dadurch geraten?

17 Diese beiden Funktionen des Gewissens bedürfen der Aufmerksamkeit und der Schulung, wenn uns das Gewissen leiten und uns etwas nützen soll. Daß keine dieser Funktionen des Gewissens außer acht gelassen oder unterdrückt werden darf, erkennt man am besten an den Folgen, die sich ergeben, wenn man es doch getan hat. Normalerweise sagt uns unser von Adam ererbtes Gewissen, daß es verkehrt ist, zu lügen und zu stehlen. Es ist ganz ähnlich, als würdest du mit deiner Hand in die Nähe einer Flamme kommen. Die in der Haut befindlichen Rezeptoren für das Wärmeempfinden machen dich auf die Gefahr aufmerksam, und du kannst deine Hand wegziehen. Doch was geschieht, wenn du an diesem Teil der Hand dicke Schwielen hast oder wenn deine Hand durch eine frühere Verbrennung stark vernarbt ist? Es kann dann sein, daß dein Empfindungsvermögen beeinträchtigt ist; das Narbengewebe oder die Schwielen können die Stelle unempfindlich machen. Genauso kann auch das Gewissen abgetötet werden, wenn es wiederholt außer acht gelassen oder unterdrückt wird. Der Apostel Paulus erwähnte Menschen, „deren Gewissen so tot ist wie versengtes Fleisch“ (1. Tim. 4:2, Phillips). Solche Menschen können, wie Paulus sagte, ohne Gewissensbisse lügen, heuchlerisch handeln und absichtlich Christen irreführen.

18 Folglich hat jemand, der sein Gewissen außer acht läßt oder unterdrückt, nicht nur keine Gewissensbisse mehr, wenn er unrecht tut, sondern sein Gewissen gibt ihm auch keine zuverlässige Anleitung mehr für zukünftige Taten. Personen, die in dieser Situation sind, werden in Epheser 4:19 wie folgt beschrieben: „In ihrem Gewissen sind sie stumpf geworden und ergeben sich der Unzucht und treiben jegliche Unreinigkeit voll Habgier“ (Luther, rev. Text, 1964). Es ist leicht zu verstehen, warum Hitler seine Untertanen in einen solchen Zustand bringen wollte. Ihr Gewissen sollte sie nicht mehr hemmen, sondern sie sollten alles tun, was von ihnen verlangt würde, ganz gleich, wie entwürdigend es wäre. Wir wollen bestimmt nicht so werden; wir möchten, daß unser Gewissen immer reagiert und empfindlich bleibt.

19. Inwiefern hilft uns die Bibel, ein richtig reagierendes Gewissen zu haben?

19 Die Bibel ist uns in dieser Hinsicht eine unschätzbare Hilfe. Da sie uns am besten über Gottes Eigenschaften und seine Wege unterrichtet, kann sie uns helfen, sein Vorbild nachzuahmen. Der Psalmist sagt diesbezüglich: „Lehre mich deinen Willen tun, denn du bist mein Gott. Dein Geist ist gut; er führe mich im Lande der Geradheit“ (Ps. 143:10). Je mehr wir über Gottes Taten und seinen Willen lernen und je größer unsere Wertschätzung dafür wird, desto mehr wird sich unser gottgefälliges Gewissen auf unser Leben auswirken (Ps. 119:1-16). Die innere Stimme wird stärker und deutlicher, ganz ähnlich, wie ein Sänger durch ständiges Üben und Lernen seine Stimme und sein Gehör verbessert und ein Uhrmacher seinen Blick schärft.

20. Warum enthält die Bibel Gesetze gegen gewisse sittliche Verfehlungen, wenn doch das Gewissen ererbt ist?

20 Die Bibel enthält deutliche Gebote und Gesetze Gottes gegen schwere sittliche Verfehlungen wie Diebstahl, Lüge, Ehebruch und Mord. Solche Missetaten waren in dem Gesetz, das Gott dem Volk Israel gab, verboten, und sie sind auch Christen verboten (2. Mose 20:13-16; Eph. 4:28; Kol. 3:9; 1. Kor. 6:9, 10; Offb. 21:8). Daher kann sogar jemand, dessen Gewissen durch seine Erziehung oder durch seinen Lebenswandel gegenüber irgendeiner dieser Sünden abgetötet worden ist, aus der Bibel leicht erkennen, daß es sich dabei um Sünden handelt. Er hätte keinen Grund zu sagen: „Ich habe ein ruhiges Gewissen; ich habe nicht gewußt, daß es verkehrt ist.“ Außerdem ermöglichen diese Gesetze den Verantwortlichen in der Christenversammlung, die einzelnen Glieder vor einem Sünder zu schützen. Ihm würde die Gemeinschaft entzogen werden (1. Kor. 5:11-13).

21. Von welch zusätzlichem Wert sind biblische Grundsätze?

21 Zusätzlich zu den Gesetzen gegen grobe Fehltritte enthält die Heilige Schrift viele Gesetze und Verhaltensregeln, die Gottes Persönlichkeit, seine Einstellung und seine Maßstäbe widerspiegeln. Diese zeigen allgemein, wie wir seinem Bild entsprechen können. Es könnten zahlreiche Beispiele für biblische Grundsätze angeführt werden, aber befassen wir uns einmal mit den deutlichen Anzeichen dafür, daß Gott gerecht und unparteiisch ist. Zunächst wird uns dies direkt gesagt (5. Mose 32:4; Hiob 34:10, 12; Apg. 10:34, 35). Und es gibt verschiedene Fälle, die bestätigen, daß Gott diese Eigenschaften bekundete. Als zum Beispiel ein gesalbter König Israels gesündigt und gegenüber einem seiner Untertanen ungerecht gehandelt hatte, führte ihm Jehova ganz deutlich die Ungerechtigkeit seiner Handlungsweise vor Augen. In Übereinstimmung mit seiner Gerechtigkeit konnte Gott nicht einmal dem König die Strafe ersparen (2. Sam., Kap. 11, 12). Wenn wir solche Verhaltensregeln und Merkmale der Persönlichkeit Gottes in unser Herz und in unseren Sinn einprägen, stärken wir unser Gewissen, so daß es zuverlässig reagiert. Diesbezüglich lesen wir: „Beachte ihn auf all deinen Wegen, und er selbst wird deine Pfade gerademachen“ (Spr. 3:6; Ps. 16:8).

22. Führe als Beispiel einen wichtigen biblischen Grundsatz an. Wie könnte dieser Grundsatz das Gewissen beeinflussen und mit welchem Nutzen für den Betreffenden?

22 Wird dein Gewissen, nachdem du gelernt hast, daß Gott gerecht und unparteiisch ist, nicht noch empfindlicher auf Ungerechtigkeit und Parteilichkeit reagieren? Vielleicht bist du mit einem Vorurteil gegen Personen von bestimmter Herkunft aufgewachsen und hattest daher kein schlechtes Gewissen, wenn du solche Personen benachteiligtest. Wenn du in einem Geschäft Kundschaft bedient hast, magst du geneigt gewesen sein, solche Personen zu ignorieren oder sie weniger gut oder freundlich zu behandeln. Doch dann hast du aus der Bibel gelernt, daß Gott gerecht ist und daß er von denen, die seine Gunst haben möchten, verlangt, daß sie ebenfalls gerecht und unparteiisch sind (Micha 6:8; Spr. 24:23). Und du hast verstanden, daß alle Menschen die gleichen Ureltern haben, Adam und Eva (Apg. 17:26; 1. Mose 3:20). Wenn du jetzt in eine Lage kommst, in der du früher ungerecht gehandelt hättest, verlangt die „Stimme“ deines Gewissens, daß du gerecht und unparteiisch handelst. Und wenn du jetzt nach deinem früheren Vorurteil handeln würdest, würde dir wahrscheinlich hinterher das Gewissen schlagen. Es wäre dann so, als hörtest du in dir eine Stimme, die dich für eine Tat verurteilt, von der du wußtest, daß sie verkehrt ist. Daran kannst du erkennen, daß dein Gewissen eine Schulung empfangen hat, daß es geschärft worden und empfindlicher geworden ist. Jetzt gibt es dir eine bessere Anleitung und hilft dir, noch völliger dem Bilde Gottes zu entsprechen.

23. Warum wird es heute immer schwieriger, Entscheidungen zu treffen?

23 Wie schon erwähnt, werden wir heute überall mit einem Wandel und einem Zusammenbruch der Sittenbegriffe konfrontiert. Dadurch haben es diejenigen, die auf die Stimme ihres Gewissens hören möchten, immer schwerer. Außerdem scheint das Leben stets komplizierter zu werden. Es gibt so viele Faktoren, die berücksichtigt werden müssen, um eine Entscheidung treffen zu können. Felix Frankfurter, Richter am Obersten Bundesgericht der USA, sagte einmal: „Es gibt kaum einen wirklich schwierigen Streitfall vor Gericht, bei dem es nicht um mehr als einen sogenannten Grundsatz geht. Jeder kann einen Streitfall entscheiden, bei dem es nur um einen einzigen Grundsatz geht.“

24, 25. (a) Was können wir tun, wenn wir vor einer schwierigen Entscheidung stehen? (b) Wie wird uns dann unser Gewissen helfen?

24 Doch je umfassender unser Wissen über die göttlichen Grundsätze ist, die in der Bibel enthalten sind, desto besser können wir bestimmte Angelegenheiten abwägen und entscheiden. Wenn wir vor einer Frage oder einer Entscheidung stehen, können wir über die biblischen Grundsätze nachdenken, die auf den Fall zuzutreffen scheinen. Je nachdem, um welche Angelegenheit es sich handelt, könnten folgende Grundsätze zutreffen: die Stellung des Hauptes respektieren (Kol. 3:18, 20); in allen Dingen ehrlich sein (Hebr. 13:18); hassen, was böse ist (Ps. 97:10); den Dingen nachjagen, die dem Frieden dienen (Röm. 14:19); den obrigkeitlichen Gewalten gehorchen (Röm. 13:1; Matth. 22:21); Gott ausschließlich ergeben sein (Matth. 4:10); sich vor schlechter Gesellschaft hüten (1. Kor. 15:33); andere nicht zum Straucheln bringen (Phil. 1:9, 10). Schon die Grundsätze an sich werden uns helfen, aber wenn wir uns noch mehr Erkenntnis über Gottes Grundsätze und Wege aneignen und unsere Wertschätzung dafür vertiefen, wird die Stimme unseres Gewissens immer zuverlässiger werden. Paulus sagte, sein Gewissen gebe mit ihm Zeugnis (Röm. 9:1). Auch unser Gewissen wird das tun. Die Reaktionen unseres Gewissens, das durch Gottes Wort geschult worden ist, werden uns helfen, Gottes Persönlichkeit und seine Eigenschaften in unseren Entscheidungen widerzuspiegeln.

25 Wir alle haben somit ein Gewissen, das uns Gott zu unserer Anleitung gegeben hat. Aber wenn wir unsere Erkenntnis über Gottes Eigenschaften und seine Grundsätze vertiefen, kann uns unser Gewissen noch besser helfen, über unsere Schritte zu wachen und Entscheidungen zu treffen.

[Bild auf Seite 401]

Joseph hörte auf die Stimme seines Gewissens und floh vor einer „Sünde gegen Gott“.

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