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Wir gaben nicht auf!Der Wachtturm 1980 | 1. Februar
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In den ersten Frühlingstagen des Jahres 1945 näherte sich der Zweite Weltkrieg rasch seinem Ende. Die SS beabsichtigte, das Lager in die Luft zu sprengen. Die Russen drangen aber so schnell vor, daß die SS ihre teuflischen Pläne nicht mehr ausführen konnte. Am 28. April fiel Ravensbrück den Russen kampflos in die Hände. So wurden wir nach fast sechs langen Jahren aus dem „Feuerofen“ befreit. Nicht zu vergessen, daß wir uns vorher schon etwa zwei Jahre in Haft befunden hatten.
AN UNSEREM ENTSCHLUSS FESTGEHALTEN
Beide hatten wir Jehova versprochen: Sollten wir noch einmal frei werden, würde unsere ganze Zeit und Kraft seinem Dienst gehören. Auf unserer beschwerlichen Heimreise besuchten wir Bruder Frost, der die gleiche Einstellung hatte. Er lud uns ein, so bald wie möglich nach Magdeburg zu kommen, von wo aus das Predigtwerk in Deutschland reorganisiert werden sollte.
Kaum war ich jedoch in meiner Heimatstadt Olbernhau eingetroffen, als mir die Ortsverwaltung anbot, die Leitung des Kriminalamtes zu übernehmen. Doch da gab es nichts zu überlegen. Meine Entscheidung war längst gefallen. Ich wollte wieder den Vollzeitdienst aufnehmen. Nur drei Wochen später gehörten Elfriede und ich zu den ersten fünf Bethelmitarbeitern in Magdeburg.
1947 besuchte Bruder N. H. Knorr, der damalige Präsident der Gesellschaft, Westdeutschland. Er ermunterte gewisse Brüder und Schwestern, die Wachtturm-Bibelschule Gilead zu besuchen. Daher bewarben Elfriede und ich uns darum, diese Missionarausbildung zu erhalten. Schließlich kam die Einladung, und 1949 reisten wir in die USA, um die Schule zu besuchen.
Nach so vielen Jahren, in denen wir von der Organisation Jehovas abgeschnitten waren und weder reguläre Zusammenkünfte besuchen noch in den Predigtdienst gehen konnten, erlebten wir nun die Freude, in Gilead reiche geistige Segnungen zu empfangen. Wir sahen dies als eine großartige Belohnung und als eine wunderbare Entschädigung für die vielen hinter uns liegenden Entbehrungen an. Der Höhepunkt kam, als wir im Sommer 1950 den Kongreß „Mehrung der Theokratie“ besuchten, den Jehovas Zeugen im Yankee-Stadion in New York abhielten. Am Eröffnungstag fand die Abschlußfeier für die 15. Klasse der Gileadschule — unsere Klasse — statt.
MISSIONARDIENST
Unsere erste Missionarzuteilung war Köln. Wir arbeiteten mit den 35 Verkündigern der Ortsversammlung zusammen. Bald konnten wir viele erfolgreiche Bibelstudien durchführen und den Verkündigern im Königreichswerk helfen. Nach dreieinhalb Jahren erhielten wir eine neue Zuteilung: Österreich. Inzwischen war aber die Versammlung in Köln auf 214 Verkündiger angewachsen. Auch erlebten wir noch, daß ein neuer Königreichssaal seiner Bestimmung übergeben wurde.
In den vergangenen 24 Jahren, die wir in Österreich gedient haben, sind wir in viele Gebiete geschickt worden, zum Beispiel ins Gasteiner Tal, nach Gmunden am schönen Traunsee, nach Hohenems in Vorarlberg und nach Telfs in Tirol. Zur Zeit sind wir wieder in Vorarlberg tätig, nämlich im Bregenzer Wald. In unseren verschiedenen Gebieten haben wir den Brüdern siebenmal helfen können, einen Königreichssaal zu finden. In drei der uns zugeteilten Gebiete gab es anfangs entweder überhaupt keinen Königreichsverkündiger oder nur einen oder zwei. Mit der Zeit konnten wir aber erleben, wie an diesen Orten neue Versammlungen gegründet wurden. Wenn wir auch keine eigenen Kinder haben, haben wir doch viele geistige Kinder und geistige Enkel, mit denen wir in Liebe innig verbunden sind.
WAS UNS AUSHARREN HALF
Auch nachdem wir die schweren Prüfungen unseres Glaubens in den Konzentrationslagern überlebt hatten, waren wir Versuchungen ausgesetzt, den Vollzeitdienst aufzugeben. Zunehmendes Alter und die Nachwirkungen der Jahre im KZ haben zu gesundheitlichen Problemen geführt. Auch ist in jüngerer Zeit oft die Gleichgültigkeit der Menschen in Gebieten, wo man sehr materialistisch eingestellt ist, entmutigend. Ab und zu ist daher in uns der Wunsch aufgekommen, ein ruhigeres Leben mit mehr Bequemlichkeiten zu führen, als sie ein Vollzeitverkündiger genießt. Was hat uns aber geholfen auszuharren?
Wir haben uns das Beispiel treuer Diener Jehovas vor Augen gehalten, Personen, die alles hinter sich ließen, um ihm zu dienen — wie Abraham, Sara, Moses, der Apostel Paulus und unser größtes Beispiel, Jesus Christus. Dies hat uns geholfen, die richtige Einstellung zu bewahren und an den wirklichen Werten festzuhalten. Stets haben wir den Rat, den Jesus gab, im Sinn behalten: „So fahrt denn fort, zuerst das Königreich und Seine Gerechtigkeit zu suchen.“ Auch haben wir uns an das erinnert, was Jesus in seiner Bergpredigt zuvor gesagt hat: „Denn wo dein Schatz ist, da wird auch dein Herz sein“ (Matth. 6:33, 21).
Wir haben daher immer versucht, unser Herz auf das Königreich Gottes gerichtet zu halten und darauf, daß wir mit allem, was wir haben, Gott dienen. Indem wir diesen Dienst wie einen kostbaren Schatz bewahrten, waren wir in der Lage, unter der grausamen Gewaltherrschaft des Nazismus auszuharren. Dadurch, daß wir so an der Königreichshoffnung festhielten, ist es uns auch möglich gewesen, in den Jahren, die seither vergangen sind, im Vollzeitdienst zu bleiben und nicht aufzugeben.
Wirklich, wir können auf ein Leben voller großartiger Segnungen zurückblicken. Immer wieder haben wir erlebt, wie wahr die Worte in Maleachi 3:10 sind: „‚Stellt mich bitte darin auf die Probe‘, hat Jehova der Heerscharen gesprochen, ,ob ich euch nicht die Schleusen der Himmel auftun und tatsächlich Segen über euch ausschütten werde, bis kein Bedarf mehr ist.‘“ Unser Wunsch und Gebet ist daher, im Vollzeitdienst bleiben zu können, ja ihn in Ewigkeit in Gemeinschaft mit Jesus Christus und in der Gegenwart Jehovas fortzusetzen.
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‘Die Ausdehnung seiner Stärke’Der Wachtturm 1980 | 1. Februar
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‘Die Ausdehnung seiner Stärke’
Der Psalmist rief aus: „Preiset Jah! Preiset Gott an seiner heiligen Stätte. Preist ihn in der Ausdehnung seiner Stärke“ (Ps. 150:1). Die ‘heilige Stätte’ ist offensichtlich Gottes Wohnstätte, der Himmel. Da der Ausdruck ‘heilige Stätte’ parallel zu der Bezeichnung „Ausdehnung“ verwandt wird, ist mit der Ausdehnung offenbar der unsichtbare, geistige Bereich gemeint. Dort im Himmel ist die Stärke oder die Macht Gottes deutlich zu beobachten. Deshalb ist der Himmel die „Ausdehnung seiner Stärke“. Bestimmt sollten wir Erdbewohner Jehova, der droben an der „heiligen Stätte“, der „Ausdehnung seiner Stärke“, thront, preisen.
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