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Die Olympischen Spiele — Wirklich „zum Ruhme des Sportes“?Erwachet! 1984 | 22. November
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Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme — geradeso wie das Wichtigste im Leben nicht der Triumph, sondern der Kampf ist. Sich tapfer geschlagen zu haben, darauf kommt es an.“ Zu Beginn der Spiele wiederholt ein Athlet stellvertretend für alle den Olympischen Eid. Er wurde von Pierre de Coubertin ersonnen und lautet: „Im Namen aller Teilnehmer verspreche ich, daß wir uns bei den Olympischen Spielen als loyale Wettkämpfer erweisen, die Regeln achten und teilnehmen im ritterlichen Geist zum Ruhme des Sportes und zur Ehre unserer Mannschaften.“
Gewiß hört sich das alles sehr edel an, doch es trägt die Handschrift eines vergangenen Zeitalters. Wie sieht die Realität heute aus? Waren die Spiele von Los Angeles, wo Tausende von Athleten um ein paar hundert Goldmedaillen kämpften, tatsächlich ein Spiegelbild dieser Ideale? Kämpften die Athleten in Übereinstimmung mit den ursprünglichen Vorstellungen Coubertins? Von welcher Kraft werden die Olympischen Spiele in Wirklichkeit getragen? Von Sportlichkeit und Fairneß? Fördern die Spiele auf wirksame Weise den Weltfrieden und die internationale Freundschaft? Oder sind sie lediglich ein weiterer Schauplatz politischen Wettstreits?
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Olympische Ideale in GefahrErwachet! 1984 | 22. November
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Olympische Ideale in Gefahr
EINE der Zulassungsbestimmungen gestattet nur Amateursportlern die Teilnahme an den Olympischen Spielen. Bis vor kurzem wurde noch jeder Athlet disqualifiziert, der durch seine sportliche Betätigung einen finanziellen Nutzen von mehr als 50 US-Dollar erzielt hatte.
Wollte man diese Regel auf heutige Athleten anwenden, so müßte man die Spiele abschaffen. Diese veraltete Amateurdefinition ist ein Überbleibsel aus Zeiten, in denen der Sport noch der Zeitvertreib reicher Leute war.
Der Goldmedaillengewinner Phil Mahre soll kürzlich erklärt haben: „Unter Spitzensportlern gibt es einfach keine Amateure.“ Und wer kann, wie viele Athleten argumentieren, heute schon den größten Teil seiner Zeit dafür einsetzen, die Olympiaqualifikation zu schaffen, ohne irgendwie finanziell unterstützt zu werden? Damit einem Amateursportler das Stigma des Professionalismus erspart bleibt, erreichen ihn die Zahlungen auf Umwegen.
Sportlichkeit oder Nationalismus?
Zu den olympischen Idealen zählt auch der Verzicht auf den Nationalismus zugunsten eines sportlichen, ritterlichen Geistes. Die Spiele sind nicht als Nationenwettkampf gedacht, sondern als ein Kräftemessen einzelner Sportler. Das Olympische Komitee sieht deshalb keine Nationenwertung vor. Presse und Fernsehen beheben jedoch diesen „Mangel“ im Handumdrehen, indem sie ihre Medaillenspiegel im Nationenvergleich veröffentlichen. Dadurch erhalten die Spiele eine politische Färbung. Sie werden durch die Presse in einen Konkurrenzkampf zwischen den sogenannten kapitalistischen und den sogenannten kommunistischen Nationen verwandelt. Der frühere Olympiateilnehmer Harold Connolly sagte, die Spiele seien für manche zum „ideologischen Schlachtfeld im Sport“ geworden.
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