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Mein Lebensziel verfolgendDer Wachtturm 1956 | 1. Juli
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du, wer mit mir im Gefängnis saß? Ein kleines, junges Mädchen, das jetzt bei mir wohnte und nach seiner Absolvierung einer höheren Schule Pionierdienst tat. Diese junge Schwester wurde eingeladen, die zweite Gilead-Klasse zu besuchen, und arbeitete dann zwei Jahre als Missionarin in Kuba, bis sie durch Gelenkentzündung verkrüppelt wurde und zurückkehren mußte. Später wurde sie deine Mutter. „Meine Mutter!“ Ja, Jan! Sie wurde viermal verhaftet und ich dreimal. Wir wurden zu 75 Dollar oder 30 Tagen Haft verurteilt. Wir legten Berufung ein, setzten jedoch mittlerweile den Dienst von Haus zu Haus und die Nachbesuche fort. Wir wurden nochmals verhaftet und wieder eingesperrt. Diesmal wurde ich schwer krank. Ich mußte drei Monate aussetzen, um mich zu erholen, aber ich freute mich, daß ich das Vorrecht hatte, zu leiden, denn alle Gerichtsverhandlungen wurden gut besucht, und der Weg wurde geöffnet, um ein noch größeres Zeugnis zu geben.
Die Arbeit in unserem nächsten Gebiet in Ottawa, Kansas, stand ebenfalls unter dem Einfluß polizeilicher Einmischung. Diesmal waren wir besser vorbereitet und zogen Nutzen aus den Fehlern, die wir im Falle Newton gemacht hatten. Jehova gab von Anfang bis Ende einen durchgreifenden Sieg.
Von Ottawa aus wurde ich nach Grand Island, Nebraska, gesandt. Ich empfing dort viele Segnungen, erlebte aber meine größte Freude eines Tages, als ich einen langen Brief vom Büro des Präsidenten erhielt. Wie da mein Herz klopfte! Konnte es das sein, wonach ich mich so gesehnt hatte? Tatsächlich: eine Einladung nach Gilead! Ich machte den letzten Besuch in der Bundesstrafanstalt von Leavenworth, wo alle drei Jungen wegen ihrer Lauterkeit gegenüber Jehova Strafen von drei und vier Jahren verbüßten. Ich wünschte, du hättest ihre freudestrahlenden Gesichter sehen können, als ich es ihnen sagte. Über meinen Besuch Gileads waren sie genauso aufgeregt wie ich, und sie dachten keinen Augenblick daran, daß sie keine Besuche mehr bekommen würden.
„Es hat dir in Gilead gefallen, nicht wahr, Großmama?“
Ja, Jan, es war eines der glücklichsten Erlebnisse, und die Erinnerung daran ist mir kostbar.
Aber die folgenschwere Freude kam, als ich meine Auslandszuteilung nach Puerto Rico erhielt. Nur drei Wochen später genoß unsere Gruppe im Bethel, Brooklyn, ihre letzte Mahlzeit in den Vereinigten Staaten, und dann brachte man uns an Bord des Schiffes „Marine Tiger“. Vier Tage später kamen wir in Puerto Rico an. Hier sahen wir eine ganz andere Welt! Wenn uns auch die dortigen Bräuche fremd anmuteten, waren sie doch sehr interessant. Die schönen Berge, die blühenden Bäume und Sträucher waren unsere ständige Freude. Wir waren zu beschäftigt, um uns durch den Lärm verschiedener Art, durch die Armut usw. stören zu lassen. Wir waren glücklich, einem Volke, das auf die Königreichsbotschaft so freundlich einging, wahre Hoffnung bringen zu dürfen. Es war das uns von Gott gegebene Dienstgebiet, und wir liebten es.
In beinahe jedem Haus wurden wir eingeladen, hereinzukommen, niederzusitzen und es uns in jeder Weise bequem zu machen; nur konnten wir leider die Worte nicht finden, um all das zu sagen, was wir in unseren Herzen empfanden. Wir fühlten uns durch die Geduld und Güte der Menschen überwältigt und waren entschlossen, die Sprache um jeden Preis zu lernen. Dabei hatten wir auch sehr viel Spaß. Mein Partner erinnert mich noch heute daran, wie ich viele Monate lang für Donnerstag (jueves) Eier (huevos) sagte.
Mit hohen Erwartungen kündigten wir unseren ersten öffentlichen Vortrag an, und wir übersprudelten vor Freude, als wir unseren Königreichssaal gedrängt voll sahen. Nach sechs Monaten wurde die Versammlung in Ponce organisiert, und einige dieser Zuersterschienenen gehören heute noch zu der wachsenden Versammlung, die jetzt 123 Verkündiger zählt.
Im Mai 1948 wurden meine Partnerin Gladys und ich gerufen, freigewordene Plätze im Missionarheim von Santurce auszufüllen. In jenem Monat erreichte die Versammlung beim Wachtturm-Studium im Durchschnitt eine Besucherzahl von 43 Personen. Ich konnte mit ansehen, wie die Versammlung in sieben Jahren wuchs und sich fünfmal teilte, und unsere Santurce-Teilversammlung erreichte im vergangenen Monat im Durchschnitt eine Besucherzahl von 110 Personen beim Wachtturm-Studium. Wenn ich auf jene Jahre zurückblicke und sehe, daß fünf Jahre lang aus beinahe jedem mir zugeteilten Gebiet einige Verkündiger und ein Pionier hervorkamen, so freue ich mich an dem Anteil, den mir Jehova durch diese Mehrung gegeben hat.
Nachdem man dreieinhalb Jahre in einem Auslandsgebiet tätig gewesen ist, ist es ein entzückendes Erlebnis, Urlaub zu nehmen und zur Erholung heimzukehren, wo man jedoch nicht bleiben will. Gladys war krankheitshalber gezwungen, daheim zu bleiben, und ich habe den Verlust ihrer sympathischen liebevollen Gemeinschaft, die wir die letzten fünf Jahre genossen, sehr empfunden. In einem ihrer letzten Briefe schrieb sie: „Jene Jahre in Puerto Rico waren die glücklichsten meines Lebens, und ich würde sie gegen nichts in der Welt eintauschen. Ich hatte nie Heimweh nach den Vereinigten Staaten, habe aber wirklich Heimweh nach Puerto Rico gehabt.“ Und ich empfinde genauso.
„Aber hast du nicht manchmal Heimweh nach Onkel Don, David und uns, Großmama?“
Obwohl deine Onkel und Tanten, Don und Earline und David und Julia, als Missionare in Korea und auf den Philippinen weilen, so scheinen wir uns doch alle nahe zu sein, denn Entfernungen spielen keine große Rolle, wenn Herzen und Sinne auf Jehova und sein Königreich gerichtet sind. Es ist geradeso, wie Jesus sagte: „Jeder, der Häuser oder Brüder oder Schwestern oder Vater oder Mutter oder Kinder oder Felder verlassen hat um meines Namens willen, wird vielmal mehr empfangen“, und zwar in dieser Zeitperiode. (Matth. 19:29, NW) Wie sehr wünsche ich doch, daß du einige jener Eltern, Brüder und Kinder kennenlernen könntest, die ich in Puerto Rico habe!
Jan, ich hoffe, du wirst niemals deinen Wunsch aufgeben, Pionier zu werden, und wenn Harmagedon erst in zehn bis fünfzehn Jahren kommen sollte, möchtest du da nicht gern Missionar werden?
„Natürlich, Großmama.“
Allerdings wirst du viele Prüfungen haben und wirst deine Eltern vermissen, denn manchmal wird es dir so vorkommen, als hättest du keinen Arm von Fleisch, auf den du dich stützen könntest, oder du magst mißverstanden oder tief verletzt werden, aber dadurch wirst du Jehova nur näherkommen. Du wirst dich seinem Worte zuwenden, und während er zu dir spricht und du horchst, entschwinden dir diese Bürden. Meine Liebe zu dir kann weder die Zucht noch die Freude von dir abwenden, die dadurch kommt, daß du lernst, dein rechtes Lebensziel, den vortrefflichsten Weg, zu verfolgen. Ja, Pionier-Missionardienst bietet uns diese ausgezeichnete Gelegenheit, den vortrefflichsten Weg, den Weg der Liebe, kennenzulernen, der aufwärts, ja immer mehr den Hochweg zum ewigen Leben in Jehovas neuer Welt hinanführt!
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Trotzdem wahr!Der Wachtturm 1956 | 1. Juli
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Trotzdem wahr!
● Die Schullehrerin der zweiten Klasse einer gewissen Schule in Florida hatte ihre Schüler gebeten, eine Weihnachtsgeschichte zu schreiben. Die Kinder sollten sie über irgendwelche Worte befragen, die sie nicht richtig schreiben könnten; sie wolle sie ihnen auf die Wandtafel schreiben, auf die sie bereits Worte geschrieben hatte wie „Weihnacht“, „Strumpf“ und „Jesus“. Der achtjährige Richard fragte sie, wie „feiern“ und „Geburtstag“ geschrieben werden. Nachdem der junge Richard seine Geschichte fertig hatte, rief die Lehrerin, die sah, was er geschrieben hatte: „Aber Richard, das ist nicht nett!“ Und was hatte er geschrieben? Das, was er von seiner Mutter, einer Zeugin Jehovas, gelernt hatte: „Es gibt keinen St. Nikolaus. Weihnachten ist nicht der Geburtstag Jesu. Wir feiern nicht Weihnachten.“
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