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  • Venezuelas blühende Wirtschaft
  • Erwachet! 1970
  • Zwischentitel
  • Erdöl — das Haupterzeugnis
  • Voraussetzungen für die industrielle Entwicklung
  • Andere Bodenschätze
  • Vorantreiben der Industrialisierung
  • Die Landwirtschaft hält Schritt
  • Wachsende Sorgen
  • Geringe Einkommenssteuer, feste Valuta
Erwachet! 1970
g70 8. 1. S. 12-16

Venezuelas blühende Wirtschaft

Vom „Awake!“-Korrespondenten in Venezuela

VENEZUELAS Wirtschaftslage bildet einen wohltuenden Gegensatz zu der Wirtschaftslage anderer Länder, in denen der Geldwert ständig sinkt oder das ganze Währungssystem sogar zusammenzubrechen droht. Kannst du dir vorstellen, in einem Land zu leben, in dem die Lebenshaltungskosten im vorletzten Jahr nur um ein Prozent gestiegen sind?

Wenn man an Venezuela und an seine Wirtschaft denkt, kommt einem sofort das Wort „Erdöl“ in den Sinn. Aber in Venezuela ist man bemüht gewesen, die Wirtschaftsgrundlage zu verbreitern, indem man angefangen hat, andere Bodenschätze, an denen das Land sehr reich ist, auszubeuten. Die Ölquellen, die unter dem Maracaibosee und unter dem Grasteppich der Steppe im Osten des Landes liegen, werden nicht für immer die Grundlage der Prosperität des Landes bilden. Die Regierung sucht daher andere Wirtschaftszweige zu fördern. Doch mit welchem Erfolg?

Erdöl — das Haupterzeugnis

In Venezuela ist die Situation anders als in den übrigen süd- und mittelamerikanischen Ländern; in diesem Land gehören die Mineralvorkommen dem Staat. Die Einnahmen von den Ölquellen wirken sich daher auf die ganze Wirtschaft aus und nützen nicht nur einer bevorrechteten kleinen Gruppe, sondern der Mehrheit der Bevölkerung. Die zehn Millionen Venezolaner haben ein Jahreseinkommen von 745 bis über 900 Dollar. Das bedeutet, daß der Venezolaner mehr Geld zur Verfügung hat als seine lateinamerikanischen Nachbarn. Und der Bolivar, das venezolanische Zahlungsmittel, ist die stärkste Währung in ganz Südamerika.

In Venezuela, dem wichtigsten Erdölexporteur der Erde, werden im Durchschnitt täglich 3 600 000 Faß Öl gefördert. Zwei Drittel des Gewinnes gehen an den Staat; das sind täglich rund 3,5 Millionen Dollar. In Venezuela ist das Benzin billiger als in allen übrigen Ländern der Welt — ein Liter kostet nur drei Cent.

Alles, was mit der Erdölindustrie zusammenhängt: Gewinnung, Raffinierung, Ausfuhr und Inlandverbrauch, hat beträchtlich zugenommen, nur nach neuen Quellen hat man nicht gesucht. Die Regierung legt mehr Wert darauf, daß die Erdölförderung wirtschaftlich betrieben wird, als daß versucht wird, die Ausbeute an diesem wertvollen Rohstoff, der einmal erschöpft sein wird, zu steigern. Die neuesten Sekundärverfahren werden eingesetzt. Im Jahre 1966 waren bereits über fünfzig Anlagen zum Einpressen von Gas in die Bohrlöcher in Betrieb — eine davon ist die größte der Welt.

Nach Schätzungen sollen die Erdölvorräte in etwa dreizehn Jahren erschöpft sein, wenn die gegenwärtige Gewinnung unvermindert anhält. Die Wirtschaftsplaner haben die Einnahmen aus dem Erdölgeschäft dazu verwendet, die Voraussetzungen für eine vermehrte Industrialisierung zu schaffen sowie die dringend notwendigen Reformen auf sozialem Gebiet durchzuführen. Nicht nur das allmähliche Versiegen der Ölquellen, sondern auch die Umstellung auf andere Energiequellen würde ernste Folgen für die Wirtschaft haben.

Voraussetzungen für die industrielle Entwicklung

Um die Voraussetzungen für eine größere industrielle Entwicklung zu schaffen, hat Venezuela in den vergangenen zehn Jahren 6 000 000 000 Bolivar für den Bau von Straßen, Brücken und Wasserkraftwerken aufgewendet. Heute besitzt Venezuela das beste Straßennetz ganz Lateinamerikas — 17 600 Kilometer feste Straßen. In und um Caracas, die Hauptstadt Venezuelas, gibt es schöne Schnellstraßen; auch die meisten wichtigen Städte sind mit Caracas durch solche Straßen verbunden.

Über den Maracaibosee — den größten See Südamerikas — ist die längste Spannbetonbrücke der Welt gebaut worden. Diese Brücke verbindet Maracaibo, die zweitgrößte Stadt Venezuelas, mit dem übrigen Land. Bis zum Jahre 1962 hatte man alles entweder auf eine Fähre umladen oder einen Umweg von über 300 Kilometern rund um den südlichen Teil des Sees fahren müssen. Jetzt ist ein fruchtbares Ackerbaugebiet mit direkter Verbindung zum Panamerican Highway erschlossen worden.

In der Nähe von Ciudad Bolivar führt eine schöne neue Brücke über den mächtigen Orinoko. Das bedeutet, daß die Lastwagen nun nicht mehr in einer langen Schlange darauf warten müssen, in einem Fährboot übergesetzt zu werden, sondern sie können nun ohne Verzögerung weiterfahren.

Besonderen Vorrang hat man der Elektrizitätsversorgung des Landes eingeräumt, denn die gewünschte wirtschaftliche Entwicklung setzt voraus, daß die Stromerzeugung alle fünf Jahre verdoppelt wird. In den vergangenen zehn Jahren ist die Stromerzeugung verdreifacht worden, und 1 500 Groß- und Kleinstädte sowie Dörfer haben jetzt elektrischen Strom. Große Kraftwerke am mächtigen Caroní erzeugen Hunderttausende von Kilowatt. Die Wasserkräfte, die zur Energiegewinnung verwendet werden können, sind fast unerschöpflich. Nur in einigen wenigen afrikanischen Ländern kann die Energiegewinnung aus Wasserkräften mit noch geringeren Kosten betrieben werden.

Andere Bodenschätze

Aber Venezuela ist nicht nur reich an Quellen, aus denen „grünes Gold“ fließt, sondern es ist auch reich an Eisen. Die Eisenerzlager — ihre hochwertigen Erze enthalten 50 Prozent Eisen — werden auf 1 800 000 000 Tonnen geschätzt. Venezuela ist der neuntgrößte Eisenerzeuger der Welt; unter seinen Exportgütern nimmt Eisen die zweite Stelle ein. Die internationale Konkurrenz hat Venezuela veranlaßt, ein Werk zu bauen, in dem bald jährlich eine Million Tonnen angereicherte Erzbriketts produziert werden. Ihre Qualität wird den Bedingungen der ausländischen Stahlwerke entsprechen.

Das große Gebiet südlich des Orinoko, das immer mehr der Stolz Venezuelas wird, ist auch reich an Bauxit, Gold, Nickel und Mangan. Man bemüht sich, in diesem Gebiet ein Zentrum der Schwerindustrie aufzubauen. In Betrieb sind bereits ein Stahlwerk und ein Aluminiumwerk. Das Ziel besteht darin, hier eine eisenschaffende und eisenverarbeitende Industrie aufzubauen. Das Stahlwerk kann jährlich 750 000 Tonnen Rohstahl und 600 000 Tonnen Fertigprodukte erzeugen. Das Aluminiumwerk erzeugt jährlich 10 000 Tonnen Aluminiumbarren von einer 99,5prozentigen Reinheit, und im vergangenen Jahr soll diese Produktion verdoppelt worden sein.

Vorantreiben der Industrialisierung

Die Regierung hat großen Wert darauf gelegt, daß Güter, die früher eingeführt werden mußten, im Land hergestellt werden. Dadurch hat die Industrie einen starken Auftrieb erhalten. Die Herstellung von Industriewaren ist jedes Jahr um zehn Prozent gestiegen. Jetzt werden die Konsumgüter fast durchweg im Lande hergestellt, vor zehn Jahren dagegen mußte noch fast die Hälfte eingeführt werden. Auch Montagewerke, ferner Autoreifen-, Möbel-, Papier-, Metallwaren- und Baumaterialienfabriken sind in Betrieb. Ferner werden Kleidung und Schuhe in einem solchen Umfang produziert, daß eine Ausfuhr in bescheidenem Rahmen möglich ist.

Venezuela hat sich auch auf dem Gebiet der Petrochemie hohe Ziele gesteckt. Man will sie stark ausbauen und plant unter anderem den Bau eines Seehafens, der größer werden soll als alle übrigen Häfen des Landes. In Verbindung mit dem Ausbau dieser chemischen Industrie will man auch Werke bauen, die Kunststoffe und Kunstdünger herstellen werden.

Früher oder später wird es natürlich Probleme geben, nämlich dann, wenn der Bedarf des Inlandmarktes gedeckt sein wird. Dann wird man die Produktion beträchtlich steigern und alles daransetzen müssen, die Herstellungskosten zu senken, um international wettbewerbsfähig zu sein.

Die Landwirtschaft hält Schritt

Die Ergebnisse vom Jahre 1966 zeigen, daß die landwirtschaftliche Erzeugung Venezuelas nur von der Israels — eines Landes, das bekannt ist für die Anwendung der Technik in der Landwirtschaft — übertroffen wird. Das ist recht bedeutsam, und es überrascht daher nicht, daß Venezuela sozusagen seinen gesamten Nahrungsmittelbedarf — es sind 92 Prozent — selbst zu decken vermag.

Die vom Staat durchgeführte Bodenreform steht in enger Beziehung zu diesem Fortschritt. Vor zehn Jahren besaßen zwei Prozent der Landeigentümer 74 Prozent des Bodens. Seither sind 150 000 Familien auf Boden angesiedelt worden, der bereits dem Staat gehört hat oder den der Staat von Privatpersonen gekauft hat. Die Bauern erhalten einen Rechtsanspruch auf ihre Parzellen, damit sie diese ihren Kindern vererben und damit sie von den Regierungsämtern Kredite sowie technische Hilfe erhalten können. Die Bauern arbeiten nicht mehr für abwesende Großgrundbesitzer. Die Ernten gehören ihnen, und sie können damit tun, was sie wollen. Es ist bezeichnend, daß die landwirtschaftliche Erzeugung im Laufe von sieben Jahren um 650 Prozent gestiegen ist.

Diese Fortschritte der Landwirtschaft haben die gesamte Wirtschaft gewandelt. Venezuela, das noch vor dem Jahre 1958 seine Einnahmen aus dem Erdölgeschäft für die Einfuhr von Reis aus Ecuador, Zucker aus Kuba, Eier aus Polen, Kartoffeln aus Kanada usw. verwenden mußte, vermag jetzt seine Bevölkerung selbst zu ernähren, außerdem bringt ihm die Ausfuhr einiger dieser Erzeugnisse sowie die Ausfuhr von Kaffee und Kakao — Erzeugnisse, die es immer ausgeführt hat — Einnahmen. In den vergangenen zehn Jahren ist die Mais- und Zuckererzeugung verdoppelt worden, die Reiserzeugung ist um das Zwölffache gestiegen und die Kartoffelerzeugung um das Achtfache.

Die reichliche Versorgung mit Nahrungsmitteln hat bewirkt, daß die Preise niedrig geblieben sind.

Wachsende Sorgen

Venezuela hat natürlich auch seine Probleme. Sie werden hauptsächlich durch die Bevölkerungsexplosion verursacht. Jedes Jahr vermehrt sich die Bevölkerung um 300 000 Personen. Die Zuwachsrate ist fast doppelt so hoch wie in den Vereinigten Staaten.

Ein wichtiges Problem ist auch das Schulwesen; doch man ist energisch dabei, es zu lösen: Jetzt wendet der Staat für diese Zwecke dreimal soviel Geld auf wie vor zehn Jahren. Wie aus der Statistik der Vereinten Nationen hervorgeht, sind heute nur noch 17 Prozent der Bevölkerung Analphabeten.

Ein weiteres dringliches Problem ist die Wohnungsnot. In den vergangenen vier Jahren sind jedoch mehr Wohnungen gebaut worden als in all den übrigen Jahren, aus denen es Angaben über den staatlichen Wohnungsbau gibt.

Auch auf dem Gebiet der Wasserversorgung sind große Fortschritte erzielt worden, denn jetzt werden 98 Prozent der Bevölkerung in den Gemeinden mit 5 000 und mehr Einwohnern mit Trinkwasser versorgt. In den Städten haben mehr als 3 000 000 Einwohner Kanalisation im Haus, 1958 hatten weniger als 1 000 000 diese Bequemlichkeit.

Die Regierung läßt nur eine beschränkte Zahl von Einwanderern ins Land und begünstigt ausländische Investoren. Diese Politik verfolgt den Zweck, die Prosperität der Wirtschaft zu erhalten und die Wirtschaft weiter auszubauen. Ein Betrieb, der Ausländer beschäftigt, muß für jeden Ausländer drei Venezolaner beschäftigen, außer wenn es sich um ein hochspezialisiertes Unternehmen handelt und wenn auf dem inländischen Arbeitsmarkt Knappheit an Fachkräften herrscht.

Geringe Einkommenssteuer, feste Valuta

Personen, die mehr als 12 000 Bolivar (2 666.66 Dollar) verdienen, zahlen dem Bund eine Einkommenssteuer. Staats- oder Gemeindesteuern gibt es nicht. Die gesamte Steuerlast beträgt 12,5 Prozent vom Sozialprodukt; das ist bestimmt weniger als die fast 30 Prozent in den Vereinigten Staaten, 35 Prozent in Deutschland, 39 Prozent in Frankreich und 41 Prozent in Schweden. In Venezuela herrscht offensichtlich ein angenehmes Steuerklima, ein Klima, das Investitionen förderlich ist. Das wiederum begünstigt die Ausweitung der Wirtschaft.

Venezuela ist in einer einzigartigen Lage. Von allen Ländern Lateinamerikas hat es die größten Geldreserven; das trägt dazu bei, daß der Bolivar seine gute Stellung halten kann. Die Stabilität und freie Konvertierbarkeit des Bolivars haben bewirkt, daß er in anderen Ländern bei Kredittransaktionen verwendet wird, besonders seit dem Jahre 1966, in dem der Internationale Währungsfonds die Währung Venezuelas als „harte“ Währung anerkannt hat.

Nach einer Wirtschaftsstudie der „First National City Bank of New York“ darf der „Erfolg Venezuelas zum Teil dem großen Erdölexport zugeschrieben werden; die beneidenswerte wirtschaftliche Entwicklung, die Preisstabilität, die Zahlungsbilanzüberschüsse und die hohen Devisenreserven müssen jedoch der vernünftigen Finanzpolitik zugeschrieben werden, die es dem Land ermöglicht hat, großen Nutzen aus dieser wichtigen natürlichen Hilfsquelle zu ziehen“.

Ein venezolanischer Volkswirtschaftler schrieb: „In diesem Land besteht ein Gegensatz: einerseits wirtschaftliche Not und Rückständigkeit, andererseits Überfluß. Das heißt, es bestehen zwei grundverschiedene Venezuelas: das Venezuela der alten Häuser, alten Traditionen, primitiven Wirtschaftssysteme, das immer noch in der alten Zeit lebt, und das an Erdöl reiche Venezuela, das Venezuela der modernen Häuser, teuren Automobile und der teuren Vergnügungsstätten; das Venezuela der Großgrundbesitzer und Tagelöhner und das Venezuela der Geschäftsleute, Bauunternehmer, Industriellen, Techniker und eines wachsenden Mittelstandes; das Venezuela der alpargatas (gewebte Sandalen), Macheten, breitrandigen Sombreros, Hütten und casave (Brot aus der Wurzelknolle des Manioks) und das Venezuela der Luxushotels und berühmten Modeschöpfer.“

Diese Gegensätze und viele weitere kann man heute in Venezuela sehen. Werden aber politische Stabilität und vernünftige Finanzpolitik weiterhin vermögen, die Wirtschaft gesund zu erhalten? Werden sie bewirken, daß sie sich ständig weiter entwickelt? Diese Frage muß viele Venezolaner beschäftigen, die beobachten, wie ein Land nach dem anderen, das den Weg gegangen ist, den Venezuela jetzt geht, Ideen zum Opfer fällt, durch die es gespalten wird, eine Politik verfolgt, die es schwächt, und mit vielen damit verbundenen Problemen zu kämpfen hat. Doch in Venezuela geht gegenwärtig eine stürmische wirtschaftliche Entwicklung vor sich.

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