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EstlandJahrbuch der Zeugen Jehovas 2011
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Adolf Kose kann sich noch gut erinnern: „Wir mussten uns verstecken, damit wir nicht eingezogen wurden. Hätte man uns geschnappt, dann hätte es nur zwei Möglichkeiten gegeben: entweder mitmachen oder erschossen werden. Natürlich hat das Königreichswerk darunter gelitten, denn es war ziemlich schwer, überhaupt irgendetwas zu machen.“
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EstlandJahrbuch der Zeugen Jehovas 2011
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[Kasten/Bilder auf Seite 183, 184]
„Wir waren wie eine Familie“
ADOLF KOSE
GEBURTSJAHR: 1920
TAUFE: 1944
TODESJAHR: 2004
KURZPORTRÄT: War von 1951 bis 1956 in einem Gefangenenlager in Sibirien. Half mit, das Predigtwerk in den baltischen Ländern und im Nordwesten der Sowjetunion zu organisieren.
◼ „ICH wurde 1950 festgenommen“, erzählte Adolf, „und nach Inta (Sibirien) in ein Zwangsarbeitslager gebracht. Eineinhalb Jahre lang wusste ich nicht, wie es meiner Frau und meinen beiden kleinen Töchtern ging. Sie waren in einen anderen Teil Sibiriens verbannt worden.
Uns Brüder verband ein ganz besonderes Zusammengehörigkeitsgefühl. Wir waren wie eine Familie und teilten alles miteinander, ob Essen oder Literatur.
Als wir dann nach Estland zurückkehrten, standen wir vor vielen Herausforderungen: Wie konnten wir mit der Organisation — unserer ‚Mutter‘ — Kontakt aufnehmen? Wie die Einheit unter den Brüdern sicherstellen? Wie weiterpredigen?
Damit ich mich mit den Kurieren besser verständigen konnte, wollte ich Finnisch lernen. Doch das war leichter gesagt als getan, denn es gab keine Grammatik- oder Wörterbücher zu kaufen.
Der Besitz einer nicht registrierten Schreibmaschine und erst recht einer Druckmaschine galt als Verbrechen. Wer verbotene Literatur herstellte, konnte mit sieben Jahren Gefängnis rechnen. Und dann kam noch dazu, dass es zum Drucken kaum die nötigen Materialien gab. Nach vielen vergeblichen Versuchen mit dem, was so aufzutreiben war, gelang es mir endlich, eine eigene Druckmethode zu entwickeln. Als Erstes baute ich eine Druckmaschine (unten). Dann tippte ich den Text auf selbst hergestelltes Wachstuch. Das hinterließ auf der Wachsoberfläche kleine Löcher. Bei den ersten Druckversuchen verwendeten wir eine aus Ruß und Teer selbst zusammengemischte Tinte. Sie tropfte durch die Löcher im Wachstuch auf das darunter liegende Papier und so entstand ein Abdruck. Das war eine komplizierte, zeitaufwendige Arbeit und nicht gerade gut für unsere Gesundheit, denn die Dämpfe von der Tinte und anderen Chemikalien waren sehr schädlich. Wir konnten die Räume ja nicht richtig lüften, denn wir hatten die Fenster komplett zugehängt und verrammelt, damit keiner etwas mitbekommt.“
Trotz aller Hindernisse und Probleme hielt sich Adolf unerschrocken an alles, was von der Organisation kam. Er war immer felsenfest davon überzeugt, dass Jehova im richtigen Moment auch für die richtigen Lösungen sorgen würde. Diese schöne Einstellung und sein festes Vertrauen erhielt er sich bis zu seinem Tod im Jahr 2004.
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„Uns war bewusst, dass das eine ziemlich deutliche Sprache war“, erinnert sich Adolf Kose. „Wir wollten es nicht riskieren, die Briefe von Tallinn aus abzuschicken, da man dann gleich gewusst hätte, woher sie kamen. Also reisten wir nach Leningrad und warfen sie dort ein.“
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