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  • Die Ausbreitung des Fundamentalismus
    Der Wachtturm 1997 | 1. März
    • Die Ausbreitung des Fundamentalismus

      FUNDAMENTALISMUS — noch bis vor wenigen Jahrzehnten war das lediglich eine Randströmung im Protestantismus.a Das hat sich aber gründlich geändert. Wie Bruce B. Lawrence, ein Fachjournalist für religiöse Fragen, schrieb, hätte vor 30 Jahren kaum jemand geahnt, daß am Ende des 20. Jahrhunderts der Fundamentalismus zu einem so wichtigen und sogar beherrschenden Thema in den Massenmedien und in der Forschung an Universitäten werden würde.

      Aber genau dies ist eingetreten. Durch Zeitungsberichte über gewaltsame Ausschreitungen bei Demonstrationen, über Mordanschläge, Abtreibungsgegner, politische Einflußnahme durch religiöse Pressure-groups und öffentliche Verbrennung von Büchern, die als gotteslästerlich gelten, wird man ständig an die Aktivitäten von Fundamentalisten erinnert. In der italienischen Wirtschaftszeitung Mondo Economico hieß es, der Fundamentalismus sei so gut wie überall „im Namen Gottes zum Angriff übergegangen“.

      Fundamentalisten werden oft als extrem und als Fanatiker dargestellt, die Verschwörungen anzetteln und terroristische Attentate verüben. Man ist beunruhigt über das Wachstum von Gruppen wie der katholischen Laienbewegung Comunione e Liberazione in Italien, der Gush Emunim im Judentum oder der Christian Coalition im Protestantismus Nordamerikas. Warum breitet sich der Fundamentalismus aus? Was steckt dahinter? Ist es vielleicht „die Rache Gottes“, wie der französische Soziologe Gilles Kepel andeutet?

      [Fußnote]

      a Als Fundamentalist gilt jemand, der kompromißlos an traditionellen, konservativen religiösen Werten festhält. Die Bedeutung des Begriffs „Fundamentalismus“ wird im folgenden Artikel ausführlicher erörtert.

  • Fundamentalismus — Was ist darunter zu verstehen?
    Der Wachtturm 1997 | 1. März
    • Fundamentalismus — Was ist darunter zu verstehen?

      WOHER stammt der Fundamentalismus? Ende des letzten Jahrhunderts gingen liberale Theologen dazu über, ihre Glaubensansichten zu ändern, um sie der Bibelkritik und wissenschaftlichen Theorien wie der Entwicklungslehre anzupassen. Infolgedessen wurde das Vertrauen der Menschen in die Bibel erschüttert. Dem setzten konservative religiöse Führer in den Vereinigten Staaten als Reaktion eine Reihe „fundamentaler Prinzipien“ des Glaubens entgegen.a Anfang des 20. Jahrhunderts wurden diese fundamentalen Prinzipien in einer Schriftenreihe erörtert, die den Titel trug: The Fundamentals: A Testimony to the Truth (Die Grundlagen: Ein Zeugnis für die Wahrheit). Von diesem Titel leitet sich der Begriff „Fundamentalismus“ ab.

      In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts machte der Fundamentalismus von Zeit zu Zeit Schlagzeilen. 1925 beispielsweise brachten Fundamentalisten den Lehrer John Scopes aus Tennessee (USA) in dem sogenannten „Affenprozeß“ vor Gericht. Was hatte er verbrochen? Er lehrte die Evolution und verstieß damit gegen das Gesetz dieses Staates. Damals dachte so mancher, der Fundamentalismus sei eine kurzlebige Angelegenheit. 1926 stand in der protestantischen Zeitschrift Christian Century zu lesen, der Fundamentalismus sei „inhaltslos und künstlich“ und ermangle „jeglicher Eigenschaften, die konstruktiven Leistungen oder seinem Fortbestand“ dienten. Wie sehr man sich mit dieser Einschätzung doch geirrt hat!

      Seit den 70er Jahren ist der Fundamentalismus ständig in den Schlagzeilen. Professor Miroslav Volf vom Fuller Theological Seminary (Kalifornien, USA) sagte: „Der Fundamentalismus hat nicht nur überlebt, er hat sich auch noch bestens entwickelt.“ Heute wird der Begriff „Fundamentalismus“ nicht mehr nur mit protestantischen Bewegungen in Verbindung gebracht, sondern auch mit Strömungen in anderen Religionen wie dem Katholizismus, dem Islam, dem Judentum und dem Hinduismus.

      Eine Reaktion auf unsere Zeit

      Warum konnte sich der Fundamentalismus derart ausbreiten? Diejenigen, die sich eingehend mit dieser Entwicklung befaßt haben, führen sie zumindest teilweise auf die moralische und religiöse Ungewißheit der Zeit zurück, in der wir leben. Früher herrschte in den meisten Kulturkreisen eine moralische Sicherheit, gestützt auf den traditionellen Glauben. Nun werden diese Glaubensansichten in Frage gestellt oder verworfen. Viele Intellektuelle behaupten, es gebe keinen Gott und der Mensch sei allein in der Gleichgültigkeit des Universums. Viele Wissenschaftler lehren, der Mensch sei ein Produkt des Zufalls der Evolution, nicht etwa des Handelns eines liebevollen Schöpfers. Eine permissive Geisteshaltung hat sich breitgemacht. Die Welt wird geplagt vom Verlust moralischer Werte auf allen Ebenen der Gesellschaft (2. Timotheus 3:4, 5, 13).

      Fundamentalisten trauern den früheren Gewißheiten nach, und so manche sind bestrebt, das Rad zurückzudrehen und in ihrem Gemeinwesen oder ihrem Land wieder den moralischen und religiösen Grundlagen Geltung zu verschaffen, die sie für richtig halten. Sie tun alles in ihrer Macht Stehende, andere zu zwingen, nach einem „richtigen“ Sittenkodex und System von Glaubenslehren zu leben. Ein Fundamentalist ist zutiefst davon überzeugt, daß er recht hat und die anderen unrecht haben. In seinem Buch Fundamentalismus erklärt Professor James Barr, der Begriff Fundamentalismus werde „als feindselig und ehrenrührig empfunden, mit einem Beiklang von Engstirnigkeit, Frömmelei, Bildungsfeindlichkeit und Sektierertum“.

      Wer nun ein Fundamentalist ist und wer nicht, darüber herrschen sehr unterschiedliche Meinungen — schließlich läßt sich niemand gern engstirnig, frömmelnd oder sektiererisch nennen! Aber es gibt bestimmte Merkmale, die für religiösen Fundamentalismus charakteristisch sind.

      Woran man einen Fundamentalisten erkennt

      Religiöser Fundamentalismus drückt sich gewöhnlich in dem Bestreben aus, die für ursprünglich gehaltenen Traditionen oder Glaubensansichten einer Kultur zu bewahren und sich dem zu widersetzen, was als säkularer Geist der Welt empfunden wird. Das heißt nicht, daß Fundamentalisten zwangsläufig alles Moderne ablehnen. Etliche bedienen sich höchst wirksam moderner Kommunikationstechnik, um für ihre Ansichten zu werben. Es ist die Säkularisierung der Gesellschaft, die sie bekämpfen.b

      Manche Fundamentalisten wollen eine traditionelle Glaubensstruktur oder Lebensweise nicht nur für sich selbst bewahren, sondern sie auch anderen aufzwingen und gesellschaftliche Strukturen der fundamentalistischen Überzeugung anpassen. Ein fundamentalistischer Katholik wird sich daher nicht damit zufriedengeben, Abtreibung lediglich abzulehnen. Er mag durchaus versuchen, Druck auf den Gesetzgeber seines Landes auszuüben, damit Abtreibung gesetzlich verboten wird. Wie in der Zeitung La Repubblica zu lesen stand, führte die katholische Kirche in Polen „einen ‚Krieg‘, in dem sie ihre ganze Macht einsetzte und ihren gesamten Einfluß geltend machte“, um einem Antiabtreibungsgesetz zum Durchbruch zu verhelfen. Das Vorgehen des Klerus trug dabei stark fundamentalistische Züge. In den Vereinigten Staaten führt die protestantische Christian Coalition ähnliche „Kriege“.

      Charakteristisch für Fundamentalisten sind vor allem ihre tiefverwurzelten religiösen Überzeugungen. Ein protestantischer Fundamentalist wird daher mit felsenfester Überzeugung für eine wörtliche Bibelauslegung eintreten, unter anderem wohl auch für die Ansicht, die Erde sei in sechs buchstäblichen Tagen erschaffen worden. Ein katholischer Fundamentalist zweifelt nicht im geringsten an der Unfehlbarkeit des Papstes.

      Es ist somit nur allzu verständlich, wenn mit dem Ausdruck „Fundamentalismus“ unwillkürlich vernunftloser Fanatismus verbunden wird und wenn Nichtfundamentalisten die Ausbreitung des Fundamentalismus Unbehagen bereitet. Wir selbst stimmen den Fundamentalisten vielleicht nicht zu und fühlen uns abgestoßen von ihrer politischen Einflußnahme und ihrem manchmal gewalttätigen Vorgehen. Es ist sogar gut möglich, daß Fundamentalisten einer Religion äußerst empört sind über das Vorgehen von Fundamentalisten einer anderen Religion. Dennoch sind viele denkende Menschen besorgt wegen der Entwicklungen, die der Ausbreitung des Fundamentalismus zugrunde liegen — die zunehmend laxe Moral, der Verlust des Glaubens und das Ablehnen geistiger Werte in der modernen Gesellschaft.

      Läßt sich dieser Entwicklung nur mit Fundamentalismus begegnen? Oder gibt es eine Alternative?

      [Fußnoten]

      a Die 1895 festgelegten sogenannten Five Points of Fundamentalism (Fünf Punkte des Fundamentalismus) waren „1. die absolute Inspiration und Irrtumslosigkeit der Heiligen Schrift; 2. die Göttlichkeit Jesu Christi; 3. die Jungfrauengeburt Christi; 4. das stellvertretende Sühnopfer Christi am Kreuz; 5. die leibliche Auferstehung und leibliche Wiederkunft Christi auf der Erde“ (Studi di teologia [Theologische Studien]).

      b Unter Säkularisierung ist das Hinwenden zum Weltlichen im Gegensatz zum Geistigen oder Heiligen zu verstehen. Religion oder religiöser Überzeugung mißt der Säkularismus keine Bedeutung zu.

  • Ein besserer Weg
    Der Wachtturm 1997 | 1. März
    • Ein besserer Weg

      DER Verfall geistiger Werte in der Welt und die Unmoral und religiöse Ungewißheit, von der die Gesellschaft durchdrungen ist, sind für Jehovas Zeugen Anlaß zur Besorgnis. Deshalb wird ihnen mitunter nachgesagt, sie seien Fundamentalisten. Stimmt das aber? Nein. Sie vertreten zwar eine feste religiöse Überzeugung, aber Fundamentalisten in dem Sinn, wie der Begriff in Gebrauch gekommen ist, sind sie nicht. Sie üben weder Druck auf führende Politiker aus, um einer gewissen Ansicht Geltung zu verschaffen, noch greifen sie zu Mitteln wie Demonstrationen oder Gewalt gegen jemand, dem sie nicht zustimmen. Sie haben einen besseren Weg gefunden. Sie ahmen ihren Führer, Jesus Christus, nach.

      Jehovas Zeugen sind überzeugt, daß es eine religiöse Wahrheit gibt und daß diese in der Bibel zu finden ist (Johannes 8:32; 17:17). Doch die Bibel lehrt Christen, freundlich, gütig, mild und vernünftig zu sein — alles Eigenschaften, die keinen Raum für Fanatismus lassen (Galater 5:22, 23; Philipper 4:5). Im Bibelbuch Jakobus werden Christen aufgefordert, auf „die Weisheit von oben“ Wert zu legen, von der es heißt, sie sei „vor allem keusch, dann friedsam, vernünftig, zum Gehorchen bereit, voller Barmherzigkeit und guter Früchte“. Und Jakobus fügte hinzu: „Überdies wird der Same der Frucht der Gerechtigkeit unter friedevollen Verhältnissen für die gesät, die Frieden stiften“ (Jakobus 3:17, 18).

      Jehovas Zeugen behalten im Sinn, daß Jesus äußerst viel an der Wahrheit lag. Er sagte zu Pontius Pilatus: „Dazu bin ich geboren worden und dazu bin ich in die Welt gekommen, damit ich für die Wahrheit Zeugnis ablege“ (Johannes 18:37). Obgleich Jesus also unerschrocken für die Wahrheit eintrat, versuchte er doch nicht, seine Überzeugung anderen aufzuzwingen. Statt dessen appellierte er an Sinn und Herz der Menschen. Er wußte, sein himmlischer Vater, ein ‘guter und gerader’ Gott, würde entscheiden, wann und wie Trug und Ungerechtigkeit von der Erde ausgemerzt werden sollten (Psalm 25:8). Daher machte er keine Anstalten, Menschen, die nicht seiner Meinung waren, zu unterdrücken. Es waren im Gegenteil die orthodoxen geistlichen Führer seiner Tage, die alles daransetzten, Jesus mundtot zu machen (Johannes 19:5, 6).

      Jehovas Zeugen haben in bezug auf Glaubenslehren eine feste Überzeugung und vertreten klare moralische Werte. Wie der Apostel Paulus sind sie überzeugt, daß es nur ‘e i n e n Herrn, e i n e n Glauben, e i n e Taufe’ gibt (Epheser 4:5). Auch halten sie sich den Ausspruch Jesu vor Augen: „Eng ist das Tor und eingeengt der Weg, der zum Leben führt, und wenige sind es, die ihn finden“ (Matthäus 7:13, 14). Unabhängig davon versuchen sie aber nicht, anderen ihren Glauben aufzuzwingen. Sie ahmen vielmehr Paulus nach und ‘bitten inständig’: „Werdet versöhnt mit Gott“, sofern dies jemand wünscht (2. Korinther 5:20). Dies ist der bessere Weg. Es ist Gottes Weg.

      Im religiösen Fundamentalismus, wie er heute definiert wird, stellt sich das ganz anders dar. Fundamentalisten gebrauchen viele Strategien, Gewalt eingeschlossen, um der Gesellschaft ihre Prinzipien aufzuzwingen. Damit machen sie sich zu einem integralen Bestandteil des politischen Systems. Jesus sagte aber, seine Nachfolger sollten „kein Teil der Welt“ sein (Johannes 15:19; 17:16; Jakobus 4:4). In Übereinstimmung mit diesen Worten verhalten sich Jehovas Zeugen in politischen Kontroversen streng neutral. Und wie in der italienischen Zeitung Fuoripagina bestätigt wurde, „zwingen sie niemandem irgend etwas auf; es steht jedem frei, das, was sie sagen, anzunehmen oder abzulehnen“. Was ist das Ergebnis? Menschen von allen Arten, selbst ehemalige Fundamentalisten, werden von der friedlichen biblischen Botschaft der Zeugen angezogen (Jesaja 2:2, 3).

      Eine Welt mit stabilen Werten

      Jehovas Zeugen ist klar, daß Menschen die Probleme, die Fundamentalisten Sorgen bereiten, nicht lösen können. Man kann einen Menschen nicht zwingen, an Gott zu glauben, oder ihm die eigenen Glaubensansichten aufzwingen. Einige der schlimmsten Greuel der Geschichte — etwa die Kreuzzüge, die Inquisition im Mittelalter oder die „Bekehrung“ der Indianer in Amerika — sind darauf zurückzuführen, daß man das für möglich gehalten hat. Wer hingegen auf Gott vertraut, ist bereit, die Angelegenheit ihm zu überlassen.

      Gemäß der Bibel hat Gott die Zeit begrenzt, in der er zuläßt, daß Menschen seine Gesetze brechen und dadurch Leid und Schmerz verursachen. Diese Zeit ist fast abgelaufen. Jesus herrscht bereits als König des himmlischen Königreiches Gottes, und bald wird dieses Königreich menschliche Regierungen beseitigen und die Herrschaft über die Menschen übernehmen (Matthäus 24:3-14; Offenbarung 11:15, 18). Das Ergebnis wird ein weltweites Paradies sein, in dem Frieden und Gerechtigkeit durch nichts beeinträchtigt werden. Dann wird keine Unsicherheit mehr darüber herrschen, wie der wahre Gott angebetet werden sollte. „Die Gerechten selbst werden die Erde besitzen, und sie werden immerdar darauf wohnen“ (Psalm 37:29). Unabänderliche Werte wie liebende Güte, Wahrheit und Gerechtigkeit werden zum Guten aller gehorsamen Menschen obsiegen.

      In der Vorausschau auf diese Zeit sagte der Psalmist mit poetischen Worten: „Was liebende Güte und Wahrhaftigkeit betrifft, sie sind einander begegnet; Gerechtigkeit und Frieden — sie haben sich geküßt. Wahrhaftigkeit, aus der Erde wird sie sprossen, und Gerechtigkeit, aus den Himmeln wird sie herniederblicken. Auch wird Jehova seinerseits geben, was gut ist, und unser eigenes Land wird seinen Ertrag geben. Gerechtigkeit wird vor ihm hergehen, und sie wird seine Tritte zum Weg machen“ (Psalm 85:10-13).

      Die Welt können wir zwar nicht ändern, aber als einzelner kann jeder von uns schon heute gottgefällige Eigenschaften entwickeln. Wir können uns somit bemühen, Personen zu sein, die Gott als seine Anbeter in jener neuen Welt zu haben wünscht. Wir werden dann zu den Sanftmütigen zählen, von denen der Psalmist sagte: „Die Sanftmütigen aber werden die Erde besitzen, und sie werden wirklich ihre Wonne haben an der Fülle des Friedens“ (Psalm 37:11). Gott unterstützt und segnet Menschen, die seinen Willen tun, und er verheißt ihnen eine wunderbare Zukunft. Der Apostel Johannes sagte: „Die Welt vergeht und ebenso ihre Begierde, wer aber den Willen Gottes tut, bleibt immerdar“ (1. Johannes 2:17).

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