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„Für Jehova gibt es kein Hindernis“Ahmt ihren Glauben nach
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AHMT IHREN GLAUBEN NACH | JONATHAN
„Für Jehova gibt es kein Hindernis“
Von dem einsamen Stützpunkt der Philister aus hat man einen guten Blick auf die karge, zerklüftete Landschaft. Plötzlich erregt etwas die Aufmerksamkeit der Soldaten – zwei Israeliten stehen deutlich sichtbar auf der anderen Seite der Schlucht. Die Soldaten sind amüsiert. Diese zwei stellen für sie wirklich keine Gefahr dar! Das Volk Israel hat kaum Waffen. Sie müssen selbst ihre landwirtschaftlichen Geräte von den Philistern schärfen lassen, von denen sie schon viele Jahre unterdrückt werden. Und dann sind es ja auch nur zwei Männer! Selbst wenn sie bewaffnet wären, was könnten sie schon ausrichten? Höhnisch rufen die Philister ihnen zu, sie sollen zu ihnen hochkommen. Dann werden sie es ihnen schon zeigen! (1. Samuel 13:19-23; 14:11, 12).
Die Philister wollten den beiden eine Lektion erteilen, aber es sollte anders kommen. Die zwei Israeliten rannten in die Schlucht hinunter und begannen auf der anderen Seite hinaufzuklettern. Es war so steil, dass sie auf allen vieren klettern mussten. Doch unaufhaltsam kamen sie näher, direkt auf den Stützpunkt zu (1. Samuel 14:13). Die Philister konnten nun erkennen, dass der Anführer bewaffnet war. Aber wollte er wirklich allein mit seinem Waffenträger eine ganze Einheit angreifen? War er wahnsinnig?
Ganz im Gegenteil! Er war ein Mann mit einem starken Glauben. Sein Name war Jonathan. Noch heute können wir viel aus seiner Geschichte lernen. Wir ziehen zwar nicht buchstäblich in den Krieg, doch das Beispiel Jonathans lehrt uns viel über den Mut, die Loyalität und die Selbstlosigkeit, die wir für einen echten Glauben brauchen (Jesaja 2:4; Matthäus 26:51, 52).
Loyaler Sohn und mutiger Soldat
Um zu verstehen, warum Jonathan den Vorposten der Philister angriff, müssen wir ihn besser kennenlernen. Er war der älteste Sohn Sauls, des ersten Königs von Israel. Als Saul zum König gesalbt wurde, war Jonathan bereits erwachsen; vielleicht war er 20 oder noch älter. Offensichtlich hatte er eine enge Bindung zu seinem Vater, der sich ihm oft anvertraute. Zu jener Zeit war Saul für Jonathan nicht nur ein großer, gutaussehender, mutiger Krieger, sondern, was noch wichtiger war: ein Beispiel des Glaubens und der Demut. Jonathan konnte gut verstehen, warum Jehova Saul als König ausgewählt hatte. Selbst der Prophet Samuel sagte, im ganzen Land würde es keinen geben wie Saul! (1. Samuel 9:1, 2, 21; 10:20-24; 20:2).
Für Jonathan muss es eine Ehre gewesen sein, unter dem Befehl seines Vaters gegen die Feinde von Jehovas Volk zu kämpfen. Diese Kriege waren ganz anders als die nationalistisch geprägten Auseinandersetzungen, die man heute kennt. Damals hatte Jehova das Volk Israel dazu erwählt, ihn zu repräsentieren. Kein Wunder, dass es von Völkern, die falschen Göttern dienten, ständig angegriffen wurde. Darunter waren auch die Philister, die durch die Anbetung von Göttern wie Dagon völlig verdorben waren. Sie versuchten immer wieder, Jehovas auserwähltes Volk zu unterdrücken oder sogar auszulöschen.
Für Männer wie Jonathan war der Kampf ein Ausdruck der Loyalität gegenüber Jehova. Und Jehova segnete Jonathans Einsatz. Bald nachdem Saul König geworden war, gab er seinem Sohn den Befehl über 1 000 Soldaten, und Jonathan zog mit ihnen in den Kampf gegen eine Philistereinheit in Geba. So schlecht bewaffnet seine Männer auch waren – mit Jehovas Hilfe führte er sie zum Sieg. Darauf zogen die Philister ein großes Heer zusammen. Viele von Sauls Soldaten bekamen Panik. Einige rannten davon und versteckten sich, manche liefen sogar zum Feind über. Aber Jonathan ließ sich nicht einschüchtern (1. Samuel 13:2-7; 14:21).
Und dann kam der anfangs beschriebene Tag. Jonathan stahl sich heimlich aus dem Lager davon und nahm nur seinen Waffenträger mit. Als sie sich dem Vorposten der Philister in Michmas näherten, weihte er den Waffenträger in seinen Plan ein. Sie würden sich den Philistern dort oben zeigen; wenn die Soldaten sie auffordern würden, zu ihnen hochzukommen, wäre dies das Zeichen, dass Jehova ihnen helfen würde. Der Waffenträger war sofort einverstanden. Vielleicht motivierten ihn Jonathans Worte: „Für Jehova gibt es kein Hindernis, durch viele oder durch wenige zu retten“ (1. Samuel 14:6-10). Was meinte Jonathan damit?
Offensichtlich kannte er seinen Gott sehr gut. Zweifellos wusste er, dass Jehova seinem Volk früher schon geholfen hatte, zahlenmäßig weit überlegene Feinde zu besiegen. Manchmal hatte er seinem Volk sogar durch eine einzelne Person zum Sieg verholfen (Richter 3:31; 4:1-23; 16:23-30). Jonathan wusste also, dass es weder auf die Menge der Krieger ankam noch auf ihre Stärke und auch nicht auf ihre Waffen. Was zählte, war allein der Glaube. Und voller Glauben ließ Jonathan Jehova entscheiden, ob sie den Vorposten angreifen sollten. Er wählte ein Zeichen, durch das Jehova leicht seine Zustimmung signalisieren konnte. Sobald er Jehova hinter sich wusste, zog er furchtlos in den Kampf.
An Jonathans Glauben sind unter anderem zwei Dinge bemerkenswert. Erstens hatte er tiefe Ehrfurcht vor seinem Gott Jehova. Er wusste, dass der allmächtige Gott nicht auf Menschen angewiesen ist, um sein Vorhaben umzusetzen. Und doch war sich Jonathan sicher, dass es Jehova viel Freude bereitet, Menschen zu segnen, die ihm treu dienen (2. Chronika 16:9). Zweitens suchte Jonathan nach einem Zeichen für Jehovas Zustimmung, bevor er etwas unternahm. Heute bitten wir Gott nicht mehr um übernatürliche Zeichen, um herauszufinden, ob er unsere Entscheidungen gutheißt. Uns steht aber Gottes vollständiges inspiriertes Wort zur Verfügung – alles, was wir brauchen, um seinen Willen zu erkennen (2. Timotheus 3:16, 17). Suchen wir vor wichtigen Entscheidungen zuerst nach Rat in der Bibel? Dann zeigen wir wie Jonathan, dass uns Gottes Wille wichtiger ist als unser eigener.
Krieger und Waffenträger kletterten also so schnell sie konnten den Steilhang hinauf. Den Philistern dämmerte allmählich, dass sie angegriffen wurden, und sie schickten Soldaten vor, um die Angreifer abzuwehren. Die Philister waren nicht nur zahlenmäßig überlegen, sie hatten durch ihre höher gelegene Position auch eine bessere Ausgangslage. Es hätte ein Leichtes für sie sein müssen, mit zwei Männern kurzen Prozess zu machen. Doch Jonathan schlug einen Soldaten nach dem anderen nieder, und hinter ihm versetzte ihnen sein Waffenträger den Todesstoß. Nach wenigen Metern hatten sie 20 Feinde getötet! Und Jehova tat noch mehr: „Da entstand ein Zittern im Lager auf dem Feld und unter allem Volk des Vorpostens; und die plündernde Streitschar, auch sie zitterte, und die Erde begann zu beben, und es entstand ein Zittern von Gott aus“ (1. Samuel 14:15).
Jonathan greift allein mit seinem Waffenträger einen feindlichen Vorposten an
Aus der Ferne sahen Saul und seine Männer, wie sich unter den Philistern Chaos und Panik ausbreitete und sie sogar anfingen, gegeneinander zu kämpfen (1. Samuel 14:16, 20). Die Israeliten fassten Mut und starteten einen Angriff. Dabei verwendeten sie womöglich die Waffen der gefallenen Philister. Jehova schenkte seinem Volk an jenem Tag einen großen Sieg. Seitdem hat er sich nicht geändert. Wenn wir wie Jonathan und sein Waffenträger voller Glauben auf Jehova vertrauen, werden wir es nie bereuen (Maleachi 3:6; Römer 10:11).
„Mit Gott hat er an diesem Tag gewirkt“
Für Saul war der Sieg am Ende kein so großer Erfolg wie für Jonathan. Er hatte einige schwerwiegende Fehler gemacht. Zum einen missachtete er eine Anordnung von Jehovas Propheten Samuel, indem er unerlaubt ein Schlachtopfer darbrachte. Eigentlich hätte Samuel, der ein Levit war, das Opfer darbringen sollen. Als Samuel kam, kündigte er Saul an, seine Königsherrschaft würde wegen seines Ungehorsams nicht von Dauer sein. Zum anderen stellte Saul seine Männer unter einen unüberlegten Eid, bevor er sie in den Kampf schickte. Er sagte: „Verflucht ist der Mann, der Brot isst vor dem Abend und ehe ich an meinen Feinden Rache genommen habe!“ (1. Samuel 13:10-14; 14:24).
Sauls Worte zeigen, dass er sich zum Schlechten veränderte. Wurde aus dem demütigen, gottergebenen Mann ein von Ehrgeiz getriebener Egoist? Schließlich hatte Jehova nie verlangt, den mutigen und hart arbeitenden Soldaten solche Härten aufzuerlegen. Und was ist mit Sauls Aussage „ehe ich an meinen Feinden Rache genommen habe“? Dachte er, es wäre sein Krieg? Hatte er vergessen, dass es nicht um seinen Durst nach Rache, Ehre und Eroberung ging, sondern um Jehovas Gerechtigkeit?
Jonathan wusste nichts von dem voreiligen Eid seines Vaters. Vom Kampf erschöpft tauchte er seinen Stab in eine Honigwabe und aß etwas Honig. Sofort spürte er, wie er wieder auflebte. Da erzählte ihm einer seiner Männer von dem Verbot seines Vaters und Jonathan antwortete: „Mein Vater hat das Land in Verruf gebracht. Seht bitte, wie leuchtend meine Augen geworden sind, weil ich dieses bisschen Honig gekostet habe. Wie viel mehr so, wenn das Volk heute nur von der Beute seiner Feinde gegessen hätte, die es fand! Denn jetzt ist die Schlachtung an den Philistern nicht groß gewesen“ (1. Samuel 14:25-30). Jonathan hatte Recht. Er war zwar ein loyaler Sohn, doch seine Loyalität machte ihn nicht blind. Er nahm nicht einfach alles hin, was sein Vater sagte und tat. Diese Ausgeglichenheit brachte ihm den Respekt anderer ein.
Als Saul erfuhr, dass Jonathan den Eid gebrochen hatte, wollte er immer noch nicht einsehen, wie irrsinnig das Verbot war. Er dachte doch tatsächlich daran, seinen Sohn hinrichten zu lassen! Und Jonathan? Er fing keine Diskussion an, noch flehte er um Gnade. Seine selbstlose Reaktion ist wirklich eindrucksvoll. Er sagte: „Hier bin ich! Lass mich sterben!“ Doch die Israeliten protestierten: „Soll Jonathan sterben, der diese große Rettung in Israel bewirkt hat? Das ist undenkbar! So wahr Jehova lebt, auch nicht ein einziges Haar seines Hauptes wird zur Erde fallen; denn mit Gott hat er an diesem Tag gewirkt.“ Das Ergebnis? Saul lenkte ein. In dem Bericht heißt es weiter: „Damit erlöste das Volk Jonathan, und er starb nicht“ (1. Samuel 14:43-45).
„Hier bin ich! Lass mich sterben!“
Jonathan hatte sich durch seinen Mut, seinen Einsatz und seine Selbstlosigkeit einen guten Ruf erworben. Dieser kam ihm zu Hilfe, als er in Gefahr war. Auch wir könnten überlegen: Welchen Ruf habe ich? Was tue ich Tag für Tag für meinen Ruf? In der Bibel heißt es, dass ein guter Ruf etwas sehr Wertvolles ist (Prediger 7:1). Wenn wir wie Jonathan alles tun, damit Jehova gut von uns denkt, dann wird auch unser Ruf besonders wertvoll sein.
Sauls dunkle Seite wird mächtiger
Trotz Sauls Fehlern kämpfte Jonathan jahrelang weiter treu an der Seite seines Vaters. Wir können nur erahnen, wie schlimm es für ihn gewesen sein muss, dass sein Vater immer stolzer und ungehorsamer gegenüber Jehova wurde. Sauls dunkle Seite wurde immer mächtiger, und Jonathan konnte nichts dagegen tun.
Die Situation eskalierte, als Jehova Saul beauftragte, Krieg gegen die Amalekiter zu führen. Dieses Volk war so schlecht, dass Jehova schon zur Zeit von Moses seine vollständige Vernichtung vorhergesagt hatte (2. Mose 17:14). Saul sollte nun alles Vieh töten und Agag, den König, hinrichten. Saul gewann die Schlacht, und zweifellos hatte Jonathan wie gewohnt mutig unter dem Kommando seines Vaters gekämpft. Aber dann missachtete Saul dreist Jehovas Anordnung und verschonte Agag sowie das Beste des Viehbestands. Da verkündete ihm der Prophet Samuel Jehovas endgültiges Urteil: „Weil du das Wort Jehovas verworfen hast, verwirft er daher dich, dass du nicht König seist“ (1. Samuel 15:2, 3, 9, 10, 23).
Schon bald entzog Jehova Saul seinen heiligen Geist. Ohne die liebevolle Leitung Jehovas war Saul starken Stimmungsschwankungen, Wutanfällen und schrecklichen Ängsten ausgeliefert. Es war, als wäre Jehovas guter Geist durch einen schlechten ersetzt worden (1. Samuel 16:14; 18:10-12). Für Jonathan muss es äußerst schmerzhaft gewesen sein zu sehen, wie sehr sich sein einst so bewundernswerter Vater verändert hatte! Trotz allem hörte Jonathan aber niemals auf, Jehova loyal zu dienen. Er unterstützte seinen Vater zwar weiterhin nach besten Kräften und sprach manche Dinge sogar ganz offen an. Doch an erster Stelle stand für ihn immer sein Gott und Vater Jehova, der sich nie ändert (1. Samuel 19:4, 5).
Musstest du auch schon einmal miterleben, wie sich jemand, den du lieb hast, stark zum Negativen verändert hat? Das kann extrem wehtun. Doch das, was Jonathan mit Jehova erlebte, erinnert uns an die Worte, die der Psalmist später schrieb: „Falls mein eigener Vater und meine eigene Mutter mich verließen, würde ja Jehova selbst mich aufnehmen“ (Psalm 27:10). Jehova ist loyal. Er wird auch dich aufnehmen und für dich der beste Vater sein, den du dir vorstellen kannst – ganz gleich, wie sehr dich unvollkommene Menschen enttäuschen.
Jonathan bekam sicherlich mit, dass Jehova Saul die Königsherrschaft nehmen wollte. Wie reagierte er darauf? Stellte er sich vor, wie er selbst als König sein würde? Hegte er vielleicht die Hoffnung, die Fehler seines Vaters wiedergutzumachen, indem er selbst ein loyaler und gehorsamer König wäre? Wir wissen nicht, was er dachte; wir wissen nur, dass sich nichts davon jemals erfüllt hat. Aber heißt das, dass Jehova diesen treuen Mann aufgab? Im Gegenteil, er gebrauchte Jonathan als eines der besten Vorbilder für loyale Freundschaft, die es in der Bibel gibt. Um diese Freundschaft geht es in einem weiteren Artikel über Jonathan.
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In enger Freundschaft verbundenAhmt ihren Glauben nach
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AHMT IHREN GLAUBEN NACH | JONATHAN
In enger Freundschaft verbunden
Die Schlacht war vorüber und Stille legte sich über die Tiefebene Ela. Ein sanfter Wind wehte durch das Feldlager. König Saul kam an diesem Nachmittag mit einigen Männern zusammen, wozu auch sein ältester Sohn Jonathan gehörte. Ein junger Hirte berichtete aufgeregt, was er erlebt hatte. Der junge Mann hieß David und er war voller Begeisterung. Saul lauschte aufmerksam und gespannt. Er wollte jedes Wort hören. Was empfand Jonathan? Er hatte in den vielen Jahren seines Dienstes in Jehovas Heer etliche Siege errungen. Aber der heutige Sieg gehörte nicht ihm, er gehörte diesem jungen Mann. David hatte den Riesen Goliath getötet! War Jonathan eifersüchtig darauf, wie David nun geehrt wurde?
Seine Reaktion überrascht uns vielleicht. Wir lesen: „Seit dem Gespräch zwischen David und Saul verband Jonathan und David eine enge Freundschaft, und Jonathan liebte David wie sich selbst.“ Jonathan gab David seine eigene Kampfausrüstung und sogar seinen Bogen – ein beachtliches Geschenk, wenn man bedenkt, dass Jonathan ein berühmter Bogenschütze war. Aber was noch wichtiger ist, die beiden leisteten einen Schwur, ein Versprechen, einander als Freunde zu unterstützen (1. Samuel 18:1-5, NW, 2013).
So begann eine der engsten Freundschaften, von denen in der Bibel berichtet wird. Für Glaubensmenschen sind Freundschaften sehr wichtig. Wenn wir unsere Freunde gut wählen und selbst loyale Freunde sind, die anderen zur Seite stehen, stärken wir in dieser lieblosen Zeit unseren Glauben (Sprüche 27:17). Sehen wir uns an, was wir von Jonathan über Freundschaft lernen können.
Die Grundlage von Freundschaft
Wie konnte sich eine Freundschaft wie diese so schnell entwickeln? Die Antwort hat mit der Grundlage dieser Freundschaft zu tun. Betrachten wir die Umstände. Jonathan durchlebte eine schwierige Zeit. Sein Vater, König Saul, hatte sich im Laufe der Jahre mehr und mehr verändert und zwar stets zum Schlechten. Einst ein demütiger, gehorsamer Glaubensmann, war aus Saul nun ein überheblicher, ungehorsamer König geworden (1. Samuel 15:17-19, 26).
Diese Veränderung Sauls muss Jonathan schwer belastet haben, denn er stand seinem Vater sehr nahe (1. Samuel 20:2). Er hat sich bestimmt Sorgen darum gemacht, welchen Schaden Saul dem auserwählten Volk Jehovas zufügen könnte. Würden die Untertanen des Königs durch seinen Ungehorsam auf Abwege geraten? Würden sie Jehovas Gunst verlieren? Zweifelsohne waren das schwere Zeiten für einen Glaubensmann wie Jonathan.
Dieser Hintergrund hilft uns zu verstehen, warum sich Jonathan so eng mit David verbunden fühlte. Er sah Davids großen Glauben. Erinnern wir uns: Im Gegensatz zu den Männern in Sauls Armee hatte David keine Furcht vor der gewaltigen Größe Goliaths. Für ihn stand fest: Im Namen Jehovas in die Schlacht zu ziehen, machte ihn stärker als Goliath mit all seinen Waffen (1. Samuel 17:45-47).
Jahre zuvor war Jonathan zu derselben Überzeugung gekommen. Für ihn stand fest, zwei Männer – er selbst und sein Waffenträger – könnten eine ganze Garnison bewaffneter Soldaten angreifen und besiegen. Warum? „Für Jehova gibt es kein Hindernis“, sagte Jonathan (1. Samuel 14:6). Jonathan und David hatten so viel gemeinsam – einen starken Glauben und tiefe Liebe zu Jehova. Das war die ideale Grundlage für die Freundschaft zwischen diesen beiden Männern. Zwar war Jonathan ein mächtiger Prinz und schon fast 50 Jahre alt, während David nur ein einfacher Schafhirte und vermutlich noch keine 20 war, aber diese Unterschiede waren für die beiden nicht wichtig.a
Der Schwur, den sie geleistet hatten, war ein echter Schutz für ihre Freundschaft. Warum? Nun, David wusste, was Jehova für ihn vorgesehen hatte: Er sollte der nächste König von Israel werden! Verschwieg er diese Tatsache vor Jonathan? Wohl kaum! Eine enge Freundschaft wie ihre lebt von offener Kommunikation, nicht von Geheimnissen und Lügen. Wie hat es Jonathan wohl berührt, zu erfahren, dass David König werden würde? Hatte Jonathan vielleicht die Hoffnung gehegt, eines Tages selbst König zu werden und die Fehler seines Vaters zu korrigieren? Die Bibel erwähnt nichts über innere Kämpfe, die er vielleicht gehabt haben mag, sie berichtet nur von dem wirklich Wichtigen: von Jonathans Loyalität und seinem Glauben. Er konnte sehen, wie Jehovas Geist in David wirkte (1. Samuel 16:1, 11-13). Er hielt sich also an seinen Schwur und betrachtete David nicht als seinen Rivalen, sondern weiterhin als seinen Freund. Jonathan wollte, dass Jehovas Wille geschieht.
Jonathan und David hatten beide einen starken Glauben und liebten Jehova Gott
Diese Freundschaft erwies sich als ein echter Segen. Was können wir von Jonathans Glauben lernen? Für jeden Diener Gottes ist es gut, den Wert von Freundschaft zu erkennen. Unsere Freunde müssen nicht gleich alt sein oder dieselbe Vorgeschichte haben. Aber sofern sie einen starken Glauben haben, können sie uns enorm guttun. Jonathan und David konnten einander viele Male stärken und ermuntern. Und genau das brauchten sie auch, denn ihrer Freundschaft standen weitaus größere Prüfungen bevor.
Loyalitätskonflikte – eine Herausforderung
Zunächst hatte David Sauls Gunst, und Saul machte ihn zum Anführer seines Heeres. Aber kurze Zeit später wurde Saul von genau dem Feind besiegt, dem Jonathan erfolgreich widerstanden hatte – der Eifersucht. David erzielte über die Philister, Israels Feinde, einen Sieg nach dem anderen. Deswegen wurde er gelobt und bewundert. Einige Frauen Israels sangen sogar: „Saul hat seine Tausende niedergeschlagen und David seine Zehntausende.“ Dieses Lied gefiel Saul überhaupt nicht. Wir lesen: „Saul blickte von jenem Tag an ständig mit Argwohn auf David“ (1. Samuel 18:7, 9). Er befürchtete, David würde versuchen, ihm die Herrschaft zu entreißen. Wie dumm von Saul! Es stimmt, David wusste, er würde Sauls Nachfolger werden, aber er zog nie in Betracht, Jehovas gesalbten König vom Thron zu stoßen.
Saul plante Davids Tod auf dem Schlachtfeld, aber dazu kam es nicht. David gewann einen Kampf nach dem anderen und das Volk liebte und respektierte ihn immer mehr. Sauls nächster Schachzug war, alle seine Diener und seinen ältesten Sohn in einem Komplott zu vereinen, mit dem Ziel, David umzubringen. Stellen wir uns vor, wie niedergeschmettert Jonathan gewesen sein muss, als er seinen Vater so handeln sah (1. Samuel 18:25-30; 19:1). Jonathan befand sich offensichtlich in einem Konflikt: Er wollte sowohl seinem Vater als auch seinem Freund gegenüber loyal sein. Wie würde er sich entscheiden?
Jonathan bezog Stellung: „Mein König, begeh keine Sünde gegen deinen Diener David, er hat sich doch nicht an dir versündigt. Im Gegenteil, was er getan hat, war immer zu deinem Vorteil. Er hat sein Leben riskiert, als er den Philister getötet hat, und dadurch hat Jehova ganz Israel einen großen Sieg geschenkt. Als du das gesehen hast, hast du dich sehr gefreut. Warum willst du jetzt sündigen und unschuldiges Blut vergießen, indem du David ohne Grund umbringen lässt?“ In einem seltenen Anflug von Vernunft hörte Saul auf Jonathan und schwor sogar, er würde David keinen Schaden zufügen. Aber Saul war kein Mann, der zu seinem Wort stand. Nachdem David weitere Erfolge erzielte, war Saul rasend vor Eifersucht und schleuderte einen Speer nach ihm (1. Samuel 19:4-6, 9, 10, NW, 2013). David gelang es jedoch zu entkommen und vom Königshof zu fliehen.
Hast du dich jemals in einem Loyalitätskonflikt befunden? Das kann äußerst schmerzhaft sein. In so einer Situation würden einige dazu raten, die Familie müsse immer an erster Stelle stehen. Aber Jonathan wusste es besser. Wie könnte er sich auf die Seite seines Vaters stellen, wo David doch ein loyaler, gehorsamer Diener Jehovas war? Jonathan ließ sich bei seiner Entscheidung also von der Loyalität zu Jehova leiten. Deswegen setzte er sich offen für David ein. Und obwohl für Jonathan die Loyalität zu Gott an erster Stelle stand, war er auch seinem Vater gegenüber loyal, indem er ihn ehrlich beriet, statt ihm zu sagen, was er hören wollte. Für jeden von uns ist es nützlich, Jonathans Loyalität nachzuahmen.
Der Preis der Loyalität
Jonathan versuchte erneut, Saul mit David zu versöhnen, aber dieses Mal hörte Saul nicht einmal zu. David traf sich im Verborgenen mit Jonathan und erzählte ihm, dass er um sein Leben fürchtete. „Ich bin nur einen Schritt vom Tod entfernt!“, sagte er zu seinem älteren Freund. Jonathan erklärte sich dazu bereit herauszufinden, was sein Vater vorhatte und dann David Bericht zu erstatten. Während David sich versteckte, würde Jonathan ihm mit Pfeil und Bogen eine Nachricht übermitteln. Jonathan bat David lediglich um ein Versprechen: „Entziehe meiner Hausgemeinschaft niemals deine loyale Liebe, selbst wenn Jehova alle deine Feinde von der Erdoberfläche verschwinden lässt.“ David versicherte ihm, er würde sich immer um Jonathans Hausgemeinschaft kümmern und sie beschützen (1. Samuel 20:3, 13-27, NW, 2013).
Jonathan versuchte, Saul gegenüber gut von David zu sprechen, aber der König geriet außer sich vor Zorn. Er nannte Jonathan den „Sohn einer widerspenstigen Magd“ und bezeichnete seine Loyalität David gegenüber als Schande für die Familie. Er versuchte an Jonathans Eigennutz zu appellieren: „Denn alle Tage, die der Sohn Isais auf dem Erdboden lebt, wirst du und dein Königtum nicht feststehen.“ Beharrlich wandte Jonathan ein: „Warum sollte er zu Tode gebracht werden? Was hat er getan?“ Saul verlor vor Wut die Beherrschung. Trotz seines Alters war er immer noch ein starker Krieger. Er schleuderte einen Speer nach seinem Sohn! Aber so geübt er auch war, er verfehlte sein Ziel. Zornig, gedemütigt und tief verletzt verließ Jonathan seinen Vater (1. Samuel 20:24-34).
Jonathan bewies, dass er wirklich loyal und selbstlos war
Am nächsten Morgen ging Jonathan zu dem Feld, in dessen Nähe sich David versteckt hatte. Wie vereinbart schoss er einen Pfeil ab, um David wissen zu lassen, dass Saul ihn immer noch töten wollte. Dann sandte Jonathan seinen Bediensteten zurück in die Stadt. Nun, als David und er allein waren, hatten sie einen Augenblick, um miteinander zu sprechen. Beide Männer weinten, mussten sich aber schließlich voneinander verabschieden. In diesem Moment begann für David das Leben eines Flüchtlings (1. Samuel 20:35-42).
Unter diesen schwierigen Umständen bewies Jonathan, dass er wirklich loyal und selbstlos war. Satan, der Feind aller Glaubensmenschen, hätte sich bestimmt sehr gefreut, wenn Jonathan Saul nachgefolgt wäre und eigenes Streben nach Macht oder Ansehen an die erste Stelle gesetzt hätte. Vergessen wir nie, der Teufel liebt es, an die Selbstsucht von Menschen zu appellieren. Bei Adam und Eva, unseren Ureltern, hatte er damit Erfolg (1. Mose 3:1-6). Aber nicht bei Jonathan. Wie frustriert muss Satan gewesen sein! Wirst du in einer ähnlichen Situation widerstehen? Wir leben in einer Zeit, in der sich Egoismus seuchenartig verbreitet (2. Timotheus 3:1-5). Werden wir Jonathans selbstlosen, loyalen Geist nachahmen?
Jonathan war ein wahrer Freund, er übermittelte David eine Botschaft, um ihn zu schützen
„Sehr angenehm warst du mir“
Sauls Hass auf David steigerte sich, bis er davon wie besessen war. Jonathan musste hilflos mitansehen, wie sein Vater in eine Art Wahnsinn verfiel, sein Heer versammelte und es durch das Land führte, um einen einzigen unschuldigen Mann zu töten (1. Samuel 24:1, 2, 12-15; 26:20). Unterstützte Jonathan seinen Vater bei diesen Unternehmungen? Interessanterweise lässt nichts in der Bibel darauf schließen. So etwas war für ihn undenkbar, weil er Jehova und auch David gegenüber loyal war, dem er Freundschaft geschworen hatte.
Die Gefühle, die er seinem jungen Freund gegenüber hatte, änderten sich nicht. Nach einiger Zeit fand er eine Möglichkeit, David wiederzusehen. Und zwar an einem Ort namens Horesch, was so viel wie „bewaldeter Platz“ bedeutet. Horesch war eine Gebirgsregion in der Wildnis, vermutlich einige Kilometer südöstlich von Hebron. Warum traf Jonathan sich mit dem Flüchtling, obwohl es riskant war? Die Bibel erklärt uns seinen Beweggrund: Er tat es, damit er David „im Hinblick auf Gott stärke“ (1. Samuel 23:16). Wie machte er das?
„Fürchte dich nicht“, sagte Jonathan zu seinem jungen Freund. Er sicherte ihm zu: „Die Hand Sauls, meines Vaters, wird dich nicht finden.“ Warum war Jonathan davon überzeugt? Weil er fest an die Erfüllung von Jehovas Vorsatz glaubte. Er fuhr fort: „Du selbst wirst König über Israel sein.“ Der Prophet Samuel war Jahre zuvor beauftragt worden, genau das zu verkünden, und nun erinnerte Jonathan David daran, dass Jehovas Wort immer zuverlässig ist. Und wie sah Jonathan seine eigene Zukunft? „Ich meinerseits werde Zweiter nach dir werden.“ Was für eine beeindruckende Demut! Er würde damit zufrieden sein, als rechte Hand dieses Mannes zu dienen, der 30 Jahre jünger war als er. Jonathan schloss mit den Worten: „Auch Saul, mein Vater, hat hiervon Kenntnis“ (1. Samuel 23:17, 18). Eigentlich war es Saul klar: Einen Kampf gegen den Mann, den Jehova als nächsten König auserwählt hatte, konnte er unmöglich gewinnen.
Jonathan ermunterte David in einer schweren Zeit
In den folgenden Jahren hat sich David bestimmt oft und gern an dieses Treffen erinnert. Es war ihr letztes. Jonathans Hoffnung, Zweiter nach David zu werden, hat sich leider nie erfüllt.
Zusammen mit seinem Vater zog Jonathan in die Schlacht gegen die Philister. Er konnte mit gutem Gewissen an der Seite Sauls kämpfen, weil er seinen eigenen Dienst für Jehova nicht durch die Fehler seines Vaters behindern ließ. Wie immer kämpfte er mutig und treu, aber die Schlacht ging für Israel trotzdem nicht gut aus. In seiner Schlechtigkeit war Saul so weit gegangen, sich sogar auf Spiritismus einzulassen, ein schweres Vergehen unter Gottes Gesetz. Deswegen segnete Jehova ihn nicht mehr. Drei seiner Söhne wurden in der Schlacht getötet, darunter leider auch Jonathan. Saul wurde verwundet und nahm sich das Leben (1. Samuel 28:6-14; 31:2-6).
„Du selbst wirst König über Israel sein, und ich meinerseits werde Zweiter nach dir werden“, sagte Jonathan (1. Samuel 23:17)
David war am Boden zerstört. Das Herz dieses Mannes war so groß; er trauerte sogar um Saul, den Mann, der ihm so viel Kummer und Leid zugefügt hatte. Nach dem Tod von Saul und Jonathan komponierte David ein Klagelied. Die vielleicht rührendsten Worte darin handeln von Davids geliebtem Lehrer und Freund: „Ich bin bekümmert deinetwegen, mein Bruder Jonathan, sehr angenehm warst du mir. Wunderbarer war mir deine Liebe als die Liebe von Frauen“ (2. Samuel 1:26).
David vergaß nie seinen Bund mit Jonathan. Jahre später machte er sich auf die Suche nach Jonathans Sohn Mephiboscheth, dessen Füße gelähmt waren, und kümmerte sich um ihn (2. Samuel 9:1-13). Ganz eindeutig hat David viel von Jonathans Loyalität und Benehmen gelernt sowie von dessen Bereitschaft, treu zu einem Freund zu halten – selbst wenn diese Loyalität einen hohen Preis hat. Was lernen wir daraus? Kannst du dir Freunde wie Jonathan suchen? Kannst du selbst so ein Freund sein? Wenn wir unseren Freunden helfen, Glauben an Jehova zu entwickeln und diesen zu stärken; wenn wir unsere Loyalität zu Gott an die erste Stelle setzen und wenn wir loyal bleiben, statt unseren eigenen Vorteil zu suchen, dann werden wir so ein Freund sein, wie Jonathan es war. Dann ahmen wir seinen Glauben nach.
a Als Jonathan das erste Mal im Bibelbericht erwähnt wird, am Anfang von Sauls Herrschaft, war er ein Anführer der Armee und muss deswegen mindestens 20 Jahre alt gewesen sein (4. Mose 1:3; 1. Samuel 13:2). Saul regierte 40 Jahre. Als Saul starb, war Jonathan somit ungefähr 60 Jahre alt. David war 30 Jahre alt als Saul starb (1. Samuel 31:2; 2. Samuel 5:4). Jonathan war also wenigstens 30 Jahre älter als David.
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