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  • Georgien
    Jahrbuch der Zeugen Jehovas 2017
    • Ein Zeuge Jehovas spricht in einer Berggegend in Georgien mit einem Mann über die Bibel

      Georgien

      WIE verbreitete sich die Königreichsbotschaft in Georgien? Jesu Gleichnis vom verborgenen Sauerteig vermittelt uns davon ein schönes Bild (Mat. 13:33). Zunächst waren die Auswirkungen noch nicht sichtbar, doch schon bald verbreitete sich die Botschaft überallhin und veränderte das Leben vieler.

      Gottes Volk in Georgien zeigte sowohl „in günstiger . . . [als auch] in unruhvoller Zeit“ Liebe, Glauben, Loyalität, Einsatz und Mut (2. Tim. 4:2). Tauchen wir jetzt in den begeisternden und motivierenden Bericht darüber ein.

  • Kurzinformation zu Georgien
    Jahrbuch der Zeugen Jehovas 2017
    • Ein Ort in der Region Oberswanetien in Georgien

      Oberswanetien

      GEORGIEN

      Kurzinformation zu Georgien

      Ein Mann trägt einen Korb voller Trauben; Trauben am Weinstock

      Die Weinlese macht viel Freude

      Landschaft Majestätische Berge und schneebedeckte, bis zu 4 500 Meter hohe Gipfel — das zeichnet Georgien aus. Geografisch besteht es aus einem Ost- und einem Westteil, die sich jeweils aus mehreren Regionen zusammensetzen. Jede Region hat ihr eigenes Klima, unterschiedliche Bräuche, Musik, Tänze und Speisen.

      Bevölkerung Die meisten der 3,7 Millionen Einwohner gehören zur Volksgruppe der Georgier.

      Religion Ein Großteil der Bevölkerung sind orthodoxe Christen. Etwa 10 Prozent sind Muslime.

      Landessprache Georgisch ist mit keiner der Sprachen der Nachbarländer verwandt. Gemäß historischen Quellen wurde dessen einzigartiges Alphabet schon in vorchristlicher Zeit geschaffen.

      Wirtschaft Viele Georgier leben von der Landwirtschaft. Seit einiger Zeit ist auch der Tourismus ein wichtiger Wirtschaftszweig.

      Klima Im Osten des Landes ist das Klima angenehm gemäßigt. An der Schwarzmeerküste im Westen herrscht ein subtropisches Klima, in dem eine Fülle von Zitrusfrüchten gedeiht.

      Menschen bei der Weinlese

      Weinernte in Kachetien

      Essen Brot gehört zu jeder georgischen Mahlzeit dazu; traditionelles Brot wird im Lehmbackofen gebacken. Ein typisches Gericht ist ein deftiger Eintopf mit Gewürzen und frischen Kräutern. Auch die Weinherstellung hat eine lange Tradition: Wein wird in großen Tongefäßen vergoren und gelagert. Viele Familien bauen selbst Trauben an und stellen ihren eigenen Wein her. In Georgien gibt es etwa 500 einheimische Rebsorten.

      Eine Frau knetet Brotteig

      Herstellung von traditionellem Brot

      FLÄCHE (km2)

      69 700

      EINWOHNER

      3 720 400

      VERKÜNDIGER (2016)

      18 619

      VERKÜNDIGER ZU EINWOHNERN

      200

      GEDÄCHTNISMAHL-ANWESENDE (2016)

      32 216

      Eine Karte von Georgien
  • Die Wahrheitssuche beginnt . . .
    Jahrbuch der Zeugen Jehovas 2017
    • Eine Zusammenkunft an der Küste bei Sochumi (Georgien), 1989

      Zusammenkunft an der Küste bei Sochumi 1989

      GEORGIEN | 1924—1990

      Die Wahrheitssuche beginnt . . .

      BEREITS in den 1920er-Jahren bemühten sich die Bibelforscher, in Georgien Menschen zu finden, die aufrichtig nach der Wahrheit suchten. 1924 wurde in Beirut (Libanon) ein Büro eröffnet, um das Predigtwerk unter anderem in Armenien, Georgien, Syrien und der Türkei zu organisieren.

      Auch wenn damals wohl einige Samenkörner der Wahrheit in Georgien gesät wurden, waren zunächst keine Ergebnisse sichtbar (Mat. 13:33). Doch mit der Zeit verbreitete sich die gute Botschaft und bewirkte bemerkenswerte Veränderungen im Leben vieler Menschen.

      Sehnsucht nach Gerechtigkeit

      Wasso Kweniaschwili war bei Ausbruch des Zweiten Weltkriegs noch ein Teenager. Da Georgien zur Sowjetunion gehörte, wurde sein Vater schon bald in die Sowjetarmee eingezogen. Wassos Mutter war zu dieser Zeit schon tot, und er war das älteste Kind. In seiner Verzweiflung begann er zu stehlen, um sich und seine Geschwister zu versorgen.

      Wasso schloss sich einer Verbrecherbande an und verstrickte sich schließlich immer mehr in die organisierte Kriminalität. Er berichtet: „Ich hatte den Eindruck, dass es in der Verbrecherwelt gerechter zugeht als in der Regierung oder der Gesellschaft.“ Doch schon bald wurde ihm klar, dass er nach mehr suchte, als irgendein menschliches System bieten konnte. Er erinnert sich: „Ich sehnte mich nach etwas, was wirklich gerecht ist.“

      Wasso Kweniaschwili im Jahr 1964

      Wasso Kweniaschwili 1964, kurz nach seiner Freilassung aus dem Gefängnis

      Später wurde Wasso wegen seiner Verbrechen verhaftet und kam in ein Arbeitslager nach Sibirien. Dort lernte er einen Zeugen Jehovas kennen, der wegen seines Glaubens eingesperrt worden war. „Endlich fand ich, wonach ich gesucht hatte“, erzählt Wasso. „Wir hatten zwar keine Literatur, aber der Bruder erzählte mir von der Wahrheit und ich gab mir alle Mühe, von ihm zu lernen.“

      Als Wasso 1964 entlassen wurde, kehrte er nach Georgien zurück und begab sich auf die Suche nach Jehovas Zeugen. Gleichzeitig blieb er mit seinem ehemaligen Mitgefangenen in Briefkontakt. Leider starb sein treuer Freund, sodass Wasso jeden Kontakt zu Gottes Volk verlor. Bis er die Zeugen wiederfand, vergingen fast 20 Jahre. Mehr zu seiner Geschichte lesen wir später.

      In dunkelsten Stunden das Licht gefunden

      Eine Zusammenkunft im Wald

      Eine Zusammenkunft im Wald

      Walentina Miminoschwili, eine junge Georgierin, war in einem KZ der Nationalsozialisten in Haft. Es gab für sie jedoch eine Wendung zum Guten: Dort traf sie das erste Mal auf Jehovas Zeugen. Deren unerschütterlicher Glaube beeindruckte sie am meisten. Was die Zeugen ihr aus der Bibel beibrachten, berührte sie zutiefst.

      Nach dem Krieg zurück in der Heimat, begann Walentina, anderen von ihrem neu gefundenen Glauben zu erzählen. Doch dies zog bald die Aufmerksamkeit der Behörden auf sich und sie wurde zu zehn Jahren Arbeitslager in Russland verurteilt. Dort traf sie wieder auf Jehovas Zeugen und einige Zeit später wurde sie getauft.

      Nach ihrer Freilassung 1967 zog Walentina nach Westgeorgien, wo sie ihre Predigttätigkeit unauffällig fortsetzte. Sie konnte nicht ahnen, dass sie bald zur Erhörung eines von Herzen kommenden Gebetes beitragen würde.

      Jehova erhörte ihre Gebete

      Schwester Antonina Gudadse lernte in ihrer Heimat Sibirien die Wahrheit kennen durch Zeugen Jehovas, die dorthin verbannt worden waren. Später beschloss ihr Mann, der ihren Glauben nicht teilte, in sein Heimatland Georgien zurückzukehren. Daher zogen sie 1962 nach Chaschuri, wo Antonina allerdings von ihren Glaubensbrüdern getrennt war.

      Die Familie Gudadse in den 1960er-Jahren

      Die Familie Gudadse in den 1960er-Jahren

      Antonina entsinnt sich, wie Jehova ihre Gebete erhörte: „Eines Tages erhielt ich ein Paket von meiner Mutter aus Sibirien und fand darin, geschickt versteckt, biblische Literatur. Auf diese Weise erhielt ich während der nächsten sechs Jahre geistige Speise. Und jedes Mal dankte ich Jehova für seine Anleitung, Ermunterung und Fürsorge.“

      Aber Antonina war immer noch allein. Sie sagt: „Ich hörte nicht auf, Jehova zu bitten, dass ich endlich wieder mit Glaubensbrüdern zusammen sein kann. Eines Tages betraten zwei Frauen den Laden, in dem ich als Verkäuferin arbeitete. Sie fragten mich: ‚Bist du Antonina?‘ Als ich ihre strahlenden Gesichter sah, wusste ich sofort: ‚Das sind meine Glaubensschwestern!‘ Wir fielen uns in die Arme und mussten einfach weinen.“

      Walentina Miminoschwili war eine der beiden Schwestern. Antonina freute sich sehr, als sie von ihnen erfuhr, dass es in Westgeorgien Zusammenkünfte gab. Obwohl diese mehr als 300 Kilometer entfernt stattfanden, fuhr sie einmal im Monat dorthin.

      Die Wahrheit fasste Fuß in Westgeorgien

      In den 1960er-Jahren versuchten einige Zeugen, die von den Behörden in anderen Teilen der Sowjetunion verfolgt wurden, dorthin zu ziehen, wo sie günstigere Umstände vorfanden. Wladimir Gladjuk, ein eifriger und tatkräftiger Bruder, der 1969 von der Ukraine nach Sugdidi in Westgeorgien zog, war einer von ihnen.

      Ljuba und Wladimir Gladjuk

      Ljuba und Wladimir Gladjuk

      Die Brüder, die nach Georgien gekommen waren, hielten die Zusammenkünfte zunächst in Russisch ab. Als aber immer mehr Georgier regelmäßig anwesend waren, begann man damit, die Zusammenkünfte auch in Georgisch durchzuführen. Das Predigen und Lehren war so erfolgreich, dass im August 1970 zwölf Einheimische getauft wurden.

      Im Frühling des Jahres 1972 zogen Wladimir und seine Familie Richtung Westen nach Sochumi an die Schwarzmeerküste. Wladimir erzählt: „Die Versammlung dort wuchs sehr schnell. Wir fühlten uns in geistiger Hinsicht reich und waren voller Dankbarkeit für Jehovas Segen.“ Bereits in diesem Frühling fand in Sochumi das erste Gedächtnismahl statt und es waren 45 Personen anwesend.

      „Ich spitzte die Ohren“

      In Sochumi nahmen Anfang 1973 einige die Wahrheit schnell an. Babuza Dschedschelawa, die mittlerweile schon über 90 Jahre alt ist, war eine der Ersten. Sie erinnert sich: „Einmal bemerkte ich vier Frauen, die in eine lebhafte Diskussion verwickelt waren. Zwei davon waren Nonnen, die anderen Zeuginnen Jehovas, wie sich später herausstellte.“ Es waren Ljuba, die Frau von Wladimir Gladjuk, und Itta Sudarenko, eine sehr eifrige Pionierin aus der Ukraine.

      Babuza Dschedschelawa 1979 und 2016

      Babuza Dschedschelawa 1979 und 2016

      Babuza weiß noch genau, wie es war, als sie zufällig das Gespräch mithörte: „Ich spitzte die Ohren. Mit jedem Wort wuchs meine Begeisterung.“ Als sie hörte, dass Gott einen Namen hat, schaltete sie sich sofort in die Unterhaltung ein; sie wollte wissen, wo der Name in der Bibel zu finden sei. Da sie so viele Fragen hatte, unterhielten sie sich drei Stunden lang.

      Babuza befürchtete, sie würde den Zeugen Jehovas nicht wieder begegnen: „Sie wollen jetzt einfach gehen und mich hier zurücklassen?“

      „Keine Angst, wir lassen Sie nicht allein! Nächsten Samstag kommen wir wieder“, antworteten die Schwestern.

      Als der Samstag endlich da war, kamen die beiden Schwestern zu Babuzas großer Freude tatsächlich. Sie begannen sofort ein Bibelstudium mit ihr. Danach wollte Babuza wieder sichergehen, mit ihnen in Kontakt zu bleiben. Sie sagte sich: „Ich habe Gottes Volk gefunden — jetzt darf ich die Verbindung auf keinen Fall verlieren.“

      Babuza ließ sich etwas einfallen: „Ich hatte schon mitbekommen, dass Ljuba verheiratet war. Darum fragte ich Itta, ob auch sie einen Mann habe, und sie sagte nein. Da rief ich: ‚Dann zieh bei mir ein! Ich habe zwei Betten und eine Lampe in der Mitte. Wir können also in der Bibel lesen und darüber sprechen, sogar wenn es dunkel ist.‘ “ Itta nahm die Einladung an und zog bei Babuza ein.

      Babuza sagt über diese Zeit: „Manchmal lag ich nachts wach und dachte über das nach, was ich gelernt hatte. Wenn mir dann plötzlich eine Frage durch den Kopf schoss, weckte ich Itta und sagte: ‚Itta, hol deine Bibel, ich muss dich was fragen!‘ Sie rieb sich den Schlaf aus den Augen und antwortete: ‚Gut, meine Liebe.‘ Sie schlug ihre Bibel auf und zeigte mir die Antwort.“ Schon drei Tage nachdem Itta eingezogen war, zog es Babuza hinaus — sie wollte anderen von der guten Botschaft erzählen.

      Eine gute Freundin von Babuza war Natela Tschargeischwili. Babuza berichtet: „Ich fürchtete, dass Reichtum es ihr schwer machen würde, die Lehren der Bibel zu akzeptieren. Aber zum Glück hatte ich mich geirrt! Von unserem ersten Gespräch an war sie Feuer und Flamme für die Wahrheit.“ Schon bald sprachen beide eifrig mit Freunden, Kollegen und Nachbarn über ihre Hoffnung.

  • Durch Zusammenkünfte stärker im Glauben
    Jahrbuch der Zeugen Jehovas 2017
    • GEORGIEN | 1924—1990

      Durch Zusammenkünfte stärker im Glauben

      Für Neue waren die Zusammenkünfte ungemein wichtig, um als Christ zu wachsen. Sogar Neugetaufte waren gern bereit, Zusammenkünfte bei sich zu Hause abzuhalten — genauso wie diejenigen, die schon lange in der Wahrheit waren. Jeder, der kam, wurde herzlich aufgenommen. All das stärkte ihre Liebe zueinander und ihren Zusammenhalt.

      Waren mehrere Interessierte so weit, sich taufen zu lassen, organisierten die Brüder extra dafür eine heimliche Zusammenkunft. So war es auch im August 1973 an der Küste des Schwarzen Meeres bei Sochumi. Dort wollten sich 35 taufen lassen, aber dazu kam es gar nicht. Die Polizei unterbrach das Programm und verhaftete einige Brüder und Schwestern, unter ihnen auch Wladimir Gladjuk.

      Doch sobald Wladimir und die anderen Brüder wieder frei waren, nahmen sie Kontakt zu allen auf, die sich taufen lassen wollten. Zwei Tage nach dem ersten Versuch konnten sie dann endlich getauft werden. Wladimir erzählt: „Wir haben Jehovas Hilfe förmlich gespürt. Nach der Taufe haben wir uns dann alle gemeinsam im Gebet bei ihm bedankt.“

      Gegnerschaft beschleunigte das Werk

      Zwei Tage nach der Taufe wurde Wladimir Gladjuk wieder verhaftet. Später wurden er, Itta Sudarenko und Natela Tschargeischwili zu mehrjährigen Gefängnisstrafen verurteilt. Darüber waren die Verkündiger zwar traurig, aber sie wollten — wenn auch vorsichtiger — unbedingt weiterpredigen.

      Sie beschlossen, zum Predigen in andere Städte und Dörfer zu fahren, um bei den Behörden nicht aufzufallen. Gegner konnten die Verbreitung der guten Botschaft also nicht aufhalten; im Gegenteil: Sie beschleunigten das Werk.

      Verkündiger aus größeren Städten predigten unter dem Sowjetregime gern in ruhigen Straßen und Parks. Oft trafen sie auf Menschen aus anderen Orten, die einkaufen wollten oder Verwandte besuchten. Zeigte jemand Interesse, fragten die Brüder nach der Adresse. Sie kümmerten sich dann darum, dass derjenige besucht wurde.

      Zu denen, die ausgedehnte Reisen durch Westgeorgien unternahmen, gehörte Babuza Dschedschelawa. Sie erinnert sich: „Weil ich Verwandte in mehreren Städten hatte, wurde niemand misstrauisch, wenn ich wieder einmal verreiste. Nach ungefähr zwei Jahren studierte ich mit 20 Leuten in Sugdidi und mit 5 in Tschchorozqu die Bibel. Und alle ließen sich taufen.“

      Literatur in der Muttersprache dringend benötigt

      Bei Rückbesuchen und Bibelstudien merkten die Verkündiger, dass ihre Bibelschüler Bibeln und Literatur in der Sprache brauchten, die sie am besten verstanden.a Offensichtlich wurde Literatur in Georgisch dringend benötigt.

      Babuza erinnert sich, wie schwierig es war, ohne jegliche georgische Literatur ein Bibelstudium zu leiten. Sie sagt: „Ich hatte nur die russische Bibel und russische Literatur, also musste ich das Studienmaterial oft für meine Bibelschüler übersetzen.“ Zwar hatte sie nur ein Wörterbuch zur Verfügung, schaffte es damit aber, Artikel aus unseren Zeitschriften zu übersetzen — und sogar das gesamte Matthäusevangelium.

      Ein kleiner Mimeograf (Vervielfältigungsapparat)

      Mutige Zeugen kopierten mithilfe von kleinen Vervielfältigungsapparaten (Mimeografen) Literatur bei sich zu Hause

      Für die Interessierten waren die Artikel in ihrer Muttersprache so kostbar, dass sie gern bereit waren, den Text für sich selbst noch einmal abzuschreiben. Da auch Bibeln in Georgisch schwer zu bekommen waren, traten einige Bibelschüler in die Fußstapfen der „geschickten Abschreiber“ des Wortes Gottes.

      „Ich schrieb den ganzen Tag“

      Literatur, die ins Georgische übersetzt worden war, ging unter den Brüdern und Interessierten herum. Jeder hatte meist nur wenige Tage oder Wochen Zeit zum Lesen, bevor er sie dann weiterreichte. Als irgendwann eine Ausgabe der Griechischen Schriften in modernem Georgisch auftauchte, packte eine Familie die Gelegenheit beim Schopf und schrieb sie ab.

      Raul Kartschawa, damals erst 13, bekam von seinem Vater die Aufgabe, die Griechischen Schriften abzuschreiben. Er berichtet: „Mein Vater kaufte eine Schachtel voll mit Notizbüchern und allen möglichen Stiften als Motivationshilfe. Ich fühlte mich ziemlich überfordert — aber schließlich fing ich doch an. Ich schrieb den ganzen Tag und machte nur dann eine Pause, wenn ich meine Hände entspannen musste.“

      Handgeschriebene Kopien des Wachtturms und der Broschüre Täglich in den Schriften forschen in Georgisch

      Handgeschriebene Kopien des Wachtturms und der Broschüre Täglich in den Schriften forschen in Georgisch

      Rauls Familie war überglücklich, als sie das heiß begehrte Buch doch noch einige Wochen länger behalten durfte, damit der junge Raul sein anstrengendes Projekt abschließen konnte. In nur 2 Monaten schrieb er die gesamten Christlichen Griechischen Schriften ab — alle 27 Bibelbücher.

      Trotz der Bemühungen solcher hart arbeitenden Abschreiber konnte der Hunger nach geistiger Speise nicht völlig gestillt werden, denn es gab immer mehr Bibelschüler. Um diesen akuten Bedarf zu decken, übernahmen mutige Brüder und Schwestern eine riskante Aufgabe: Sie vervielfältigten und verteilten biblische Literatur von zu Hause aus.

      Das Predigtwerk in Westgeorgien nahm also Fahrt auf. Aber wie sah es in Ostgeorgien aus? Gab es in der Hauptstadt Tiflis irgendjemand, der aufrichtigen Wahrheitssuchern wie dem bereits erwähnten Wasso Kweniaschwili helfen konnte?

      Die Wahrheit erreichte die Hauptstadt

      Während der 1970er-Jahre versuchten die sowjetischen Behörden die Zeugen einzuschüchtern, indem sie sie an einem Ort nach dem anderen aus ihren Wohnungen vertrieben. So erging es auch Olexii und Lidija Kurdas, einem ukrainischen Ehepaar, das nach Tiflis zog. Sie hatten wegen ihres Glaubens viele Jahre in sowjetischen Gefangenenlagern verbracht.

      Larissa Kessaewa (später Gudadse) in den 1970er-Jahren

      Larissa Kessaewa (später Gudadse) in den 1970er-Jahren

      Das Ehepaar Kurdas erzählte Saur und Eteri Kessaew von der Wahrheit. Beide waren sehr religiös. Ihre Tochter Larissa, die damals 15 war, erinnert sich an ihre erste Begegnung mit Olexii und Lidija: „Wir versuchten ihnen zu beweisen, dass die orthodoxe Kirche die einzig wahre Religion ist. Doch nach mehreren Gesprächen gingen uns die Argumente aus, während sie immer noch Beweise aus der Bibel lieferten.“

      Larissa erzählt weiter: „Immer wenn wir zur Kirche gingen, las ich die Zehn Gebote, die zwischen zwei Heiligenbildern an eine Wand geschrieben waren. Aber als Olexii uns eines Abends 2. Mose 20:4, 5 aus der Bibel vorlas, konnte ich es nicht fassen. Ich tat in der Nacht kein Auge zu, weil ich diesen Gedanken nicht aus meinem Kopf bekam: ‚Kann das wirklich wahr sein? Brechen wir etwa Gottes Gebote, wenn wir Bilder anbeten?‘ “

      Früh am nächsten Morgen lief Larissa zur Kirche, entschlossen, diese Frage zu klären. Sie las die Worte noch einmal: „Du sollst dir kein geschnitztes Bild machen . . . Du sollst dich nicht vor ihnen niederbeugen.“ Zum ersten Mal in ihrem Leben verstand sie, was dieses göttliche Gebot wirklich bedeutet. Larissa und ihre Eltern wurden schließlich getauft und gehörten zu den ersten Zeugen Jehovas in Tiflis.

      Seine Suche nach Gerechtigkeit wurde belohnt

      Fast 20 Jahre nach seinem ersten Kontakt mit der Wahrheit begegnete Wasso Kweniaschwili jemandem, der die Zusammenkünfte der Zeugen Jehovas in Tiflis besuchte. Wasso war glücklich, endlich wieder Brüder zu treffen. Wie lange er doch darauf gewartet hatte!

      Wasso Kweniaschwili

      24 Jahre nach seinem ersten Kontakt mit der Wahrheit wurde Wasso Kweniaschwili ein Zeuge Jehovas

      Allerdings war Wasso für seine kriminelle Vergangenheit berüchtigt, daher waren die Brüder sehr skeptisch. Manche befürchteten sogar, dass er sie für die Sowjetbehörden ausspionieren würde. Deshalb durfte er die Zusammenkünfte vier Jahre lang nicht besuchen.

      Als aber klar wurde, dass Wasso aufrichtig war, durfte er sich der Versammlung anschließen und sich taufen lassen. Er hatte seit seiner Jugend nach dem gerechten „Gott des Gerichts“ gesucht — und nun konnte er ihm endlich näherkommen (Jes. 30:18). Mit derselben Entschlossenheit diente er bis zu seinem Tod im Jahr 2014 seinem Gott Jehova.

      1990 war das Predigtwerk sowohl in West- als auch in Ostgeorgien gefestigt. Die rund 900 Verkündiger leiteten 942 Bibelkurse. Die Grundlage war gelegt für das gewaltige Wachstum, das schon bald einsetzen würde.

      a Während der Sowjetzeit waren Bibeln Mangelware, obwohl schon im 5. Jahrhundert Teile der Bibel ins Georgische übersetzt worden waren. Siehe Kasten „Die Bibel in Georgisch“.

  • Die Bibel in Georgisch
    Jahrbuch der Zeugen Jehovas 2017
    • Eine Buchseite in einer georgischen Bibel

      Das Evangelium von Mokwi, ein georgisches Manuskript (14. Jh.)

      GEORGIEN | 1924—1990

      Die Bibel in Georgisch

      DIE Bibel wurde neben Sprachen wie Armenisch, Koptisch, Latein und Syrisch schon sehr früh ins Georgische übersetzt. Einige georgische Manuskripte der Psalmen, der Evangelien und der Briefe des Paulus wurden auf die Mitte des fünften Jahrhunderts datiert oder sind sogar noch älter. In den darauffolgenden Jahrhunderten entstand eine große Vielfalt an Übersetzungen und Abschriften der Bibel.a

      Die Bibel hat Literatur und traditionelle Werte in Georgien stark beeinflusst. Beispielsweise bezieht sich der vermutlich aus dem späten fünften Jahrhundert stammende tragische Bericht über Königin Schuschanik durch Anspielungen und Zitate auf verschiedene Bibelpassagen. Das Epos von Schota Rustaweli Der Recke im Tigerfell, verfasst um 1220, spielt ebenfalls auf christliche Werte an. Es geht unter anderem um Freundschaft und Großzügigkeit und darum, Fremde gut zu behandeln. Diese Werte gelten in Georgien noch heute als moralische Ideale.

      a Mehr dazu im Artikel „Ein Schatz, der Jahrhunderte verborgen war“ im Wachtturm vom 1. Juni 2013.

  • „Gott . . . hat es fortwährend wachsen lassen“ (1. Kor. 3:6)
    Jahrbuch der Zeugen Jehovas 2017
    • Brüder bei einer Zusammenkunft 1992 in Tiflis

      Bei einer Zusammenkunft 1992 in Tiflis

      GEORGIEN | 1991—1997

      „Gott . . . hat es fortwährend wachsen lassen“ (1. Kor. 3:6)

      Genadi Gudadse

      Genadi Gudadse war Kreisaufseher in den frühen 1990er-Jahren

      GEORGIEN wurde 1991 unabhängig, in demselben Jahr, in dem die Sowjetunion zerfiel. Aber der politische Umschwung und innere Unruhen lösten eine rapide Verschlechterung der Lebensbedingungen aus. Genadi Gudadse, der damals als Kreisaufseher diente, erinnert sich, dass die Menschen für Brot mitunter fast einen ganzen Tag lang anstehen mussten.

      In dieser Zeit predigten die Brüder oft den wartenden Leuten, und nicht selten sprachen sie dabei mit vielen gleichzeitig. „Während dieser harten Jahre“, sagt Genadi, „hatten wir den Eindruck, dass jeder an der Wahrheit interessiert war. Wir erhielten Hunderte von Zetteln mit Anfragen für ein Bibelstudium.“

      Die Namen und Adressen dieser Interessierten wurden gewöhnlich am Ende jeder Zusammenkunft von verantwortlichen Brüdern vorgelesen. Die Verkündiger meldeten sich dann freiwillig, um die Leute zu besuchen.

      Eine Zeugin Jehovas im Gespräch über die Bibel mit Menschen, die für Lebensmittel anstehen

      Typische Szene in den 1990er-Jahren: im Gespräch über die Bibel mit Menschen, die für Lebensmittel anstehen

      Bruder Lewani Sabaschwili, der als Ältester in Tiflis diente, erinnert sich besonders an ein Ehepaar, das um einen Besuch gebeten hatte. „Alle anderen Adressen wurden übernommen“, erzählt er, „aber niemand meldete sich, um dieses Ehepaar zu besuchen. Es wohnte sehr weit weg, und viele von uns hatten schon mehrere Bibelstudien.“

      Ein paar Monate später bat das Ehepaar nochmals um einen Besuch. Schließlich schickten sie sogar eine dritte Anfrage. Aber diesmal schrieben sie eine Anmerkung dazu, in der sie eindringlich darum baten, dass die Brüder frei von Blutschuld bleiben sollen (Apg. 20:26, 27). Lewani erinnert sich: „Es waren die Neujahrsfeiertage, und da machten wir normalerweise keine Besuche. Aber wir hatten das Gefühl, dass wir unseren Besuch jetzt nicht mehr aufschieben konnten.“

      Die beiden, die so nach der Wahrheit hungerten, Roini und Nana Grigalaschwili, trauten ihren Augen kaum: Eines Morgens standen Lewani und ein weiterer Bruder in der Eiseskälte vor ihrer Tür. Sie begannen gleich mit dem Bibelstudium. Heute sind Roini und Nana gemeinsam mit ihren Kindern allgemeine Pioniere.

      Unermüdlich im Einsatz, um Interessierte zu erreichen

      Diejenigen, die die Wahrheit annahmen, waren voller Dankbarkeit. Daher setzten sie selbstlos ihre Zeit, Kraft und Mittel ein, um die gute Botschaft ebenfalls mit anderen zu teilen. Auch Badri und Marina Kopaliani gehörten dazu — trotz familiärer Verpflichtungen fuhren sie in weit entfernte Dörfer, um aufrichtigen Menschen zu helfen.

      Badri und Marina organisierten zusammen mit ihren Söhnen Gotscha und Lewani (damals im Teenageralter) Wochenendfahrten nach Duscheti, einer wunderschönen Gebirgsregion nördlich von Tiflis. Sie fuhren auf kurvenreichen Wegen manchmal bis zu 150 Kilometer weit, um abgelegene Dörfer zu erreichen.

      Einmal lud eine Frau Badri und Marina ein, sie an ihrem Arbeitsplatz zu besuchen. Badri berichtet: „Wir kamen in einen großen Raum, und was wir sahen, machte mich völlig sprachlos. Da warteten etwa 50 Personen auf uns. Nach einem Stoßgebet besprach ich mit ihnen einige Verse aus Matthäus Kapitel 24 über die Zeichen der letzten Tage. Ein Zuhörer fragte überrascht: ‚Warum erzählen uns unsere Priester nichts darüber?‘ “

      Interesse geweckt durch das Gedächtnismahl

      Die Feier zum Gedenken an den Tod Jesu war eine weitere Möglichkeit für viele aufrichtige Georgier, mit der Wahrheit in Kontakt zu kommen. So war es zum Beispiel im Jahr 1990: Die Gedächtnismahlfeier, die bei Schwester Ia Badridse in Tiflis stattfand, weckte in der Nachbarschaft sehr großes Interesse.

      Ia Badridse

      Zum Gedächtnismahl hatte Ia Badridse 200 Personen in ihrer Wohnung zu Gast

      Schwester Badridse bot für die Feier ihre Wohnung im 13. Stock an. Zusammen mit ihren Kindern räumte sie das Wohnzimmer leer, um Platz zu schaffen. Jetzt brauchte sie allerdings noch genug Stühle für die vielen Gäste. Tische und Stühle für größere Feierlichkeiten zu mieten, war in Georgien nicht unüblich. Da sie aber nur Stühle mieten wollte, fragten die Geschäftsinhaber sie: „Brauchen Sie keine Tische? Wie wollen Sie denn essen?“

      Schwester Badridse schaffte es tatsächlich, alle Besucher unterzubringen, die kamen, um des Todes Jesu zu gedenken. Erstaunlicherweise waren 200 Personen anwesend. Kein Wunder, dass viele Nachbarn mehr über Jehovas Zeugen erfahren wollten.

      Ein Gedächtnismahl blieb im Gedächtnis

      1992 wurden in verschiedenen Teilen des Landes große Veranstaltungshallen für das Gedächtnismahl angemietet. Dawit Samcharadse, der damals in Gori wohnte, berichtet, wie sich der Kreisaufseher nach den Plänen für das örtliche Gedächtnismahl erkundigte.

      Als der Kreisaufseher erfuhr, dass die Verkündiger es in einer Wohnung abhalten wollten, fragte er: „Gibt es in eurer Stadt nicht eine große Veranstaltungshalle? Warum versucht ihr nicht, die zu mieten?“ In dieser Halle war für mehr als 1 000 Menschen Platz — es gab aber nur etwa 100 Verkündiger. Die Brüder sahen deshalb keine Notwendigkeit dafür.

      Der Kreisaufseher schlug daraufhin vor: „Wenn jeder Verkündiger es schafft, 10 Personen mitzubringen, wären alle Plätze besetzt.“ Obwohl sein Vorschlag zuerst unrealistisch schien, strengten sich die Brüder sehr an, ihn zu befolgen. Zu ihrer großen Überraschung und Freude waren beim Gedächtnismahl 1 036 Besucher anwesend.a

      Eifrige Pioniere erschlossen unberührtes Gebiet

      Es gab 1992 immer noch einige Gegenden in Georgien, in denen Jehovas Volk bisher nicht gepredigt hatte. Wie konnten diese neuen Gebiete erreicht werden, in einer Zeit, in der das Land eine schwere Wirtschaftskrise durchmachte?

      Tamasi Biblaia, der damals in Westgeorgien lebte, erzählt: „Ein reisender Aufseher traf sich mit einigen von uns, um zu besprechen, was getan werden konnte. Wir wussten wenig darüber, wie so etwas wie der Sonderpionierdienst organisiert sein sollte. Aber wir wussten, dass die gute Botschaft dringend gepredigt werden musste!“ (2. Tim. 4:2). Somit wählten sie 16 Pioniere aus und schickten sie an verschiedene Orte überall im Land (siehe nebenstehende Karte).

      Eine Karte von Georgien mit den Einsatzorten der Pioniere, die fünf Monate lang dort dienten

      Diesen Orten wurden die Pioniere für fünf Monate zugeteilt

      Als Ansporn für diese Pioniere gab es in Tiflis im Mai 1992 eine dreistündige Zusammenkunft. Sie sollten ihr zugeteiltes Gebiet fünf Monate lang bearbeiten. Jeden Monat kamen Älteste zu ihnen, um sie zu ermuntern und sie falls nötig auch materiell zu unterstützen.

      Zwei Pionierinnen, Mania Aduaschwili und Nasi Schwania, wurden nach Osurgeti geschickt. Mania, die damals 60 war, erinnert sich: „Wir wussten, dass eine Interessierte in der Nähe wohnte. Also verabredeten wir gleich nach unserer Anreise ein Treffen mit ihr. Als wir bei ihr zu Hause ankamen, wartete sie schon auf uns, mit ungefähr 30 anderen, die sie eingeladen hatte. So konnten wir an diesem Tag mehrere Bibelkurse einrichten.“

      Die nächsten Monate waren genauso erfolgreich. Nach nur fünf Monaten waren schon 12 Personen bereit für die Taufe.

      Selbstlos zu sein lohnte sich

      Pawle Abduschelischwili und Paata Morbedadse, zwei Pioniere, wurden nach Zageri geschickt. Es liegt in einer Gegend, in der die Menschen besonders stark an heidnischen Traditionen und Kirchenlehren festhalten.

      Die Landschaft rund um Zageri

      Die Landschaft rund um Zageri

      Als der harte Winter nahte, waren die fünf Monate ihrer Zuteilung fast vorbei und Paata wurde gebeten, woanders hinzugehen, um bei der Übersetzung zu helfen. Also musste auch Pawle eine Entscheidung treffen. Er berichtet: „Mir war klar, wenn ich den Winter in Zageri verbringe, wird es ganz schön schwierig. Aber unsere Bibelschüler brauchten einfach Hilfe. Also bin ich geblieben.“

      „Ich wohnte bei einer Familie im Ort“, erinnert sich Pawle. „Tagsüber war ich im Predigtdienst. Abends saß ich dann bei der Familie unten im Wohnzimmer am Holzofen. Aber wenn ich zum Schlafen nach oben in mein Zimmer ging, zog ich meine warme Mütze über die Ohren und schlief unter einer dicken Decke.“

      Als dann im Frühling einige Älteste Pawle besuchen konnten, waren schon 11 Interessierte so weit, ungetaufte Verkündiger zu werden. Bald wurden sie auch alle getauft.

      a 1992 gab es in Georgien 1 869 eifrige Verkündiger, und beim Gedächtnismahl waren 10 332 Besucher anwesend.

  • Liebevolle Hirten sorgten für Schulung
    Jahrbuch der Zeugen Jehovas 2017
    • GEORGIEN | 1991—1997

      Liebevolle Hirten sorgten für Schulung

      Dschoni Schalamberidse und Tamasi Biblaia Anfang der 1990er-Jahre

      Dschoni Schalamberidse und Tamasi Biblaia Anfang der 1990er-Jahre

      Anfang der 1990er-Jahre gab es in den meisten Versammlungen in Georgien nur einen einzigen Ältesten oder Dienstamtgehilfen. Üblicherweise bestanden die Versammlungen aus mehreren Gruppen, die die Zusammenkünfte für sich abhielten. Die Verkündiger lebten nämlich über ein großes Gebiet verstreut, das mehrere Städte und Dörfer umfasste.

      Dschoni Schalamberidse und Pawle Abduschelischwili, die beide schon in entlegenen Gebieten gedient hatten, erhielten als nächste Zuteilung die Stadt Telawi in Kachetien. Die Versammlung dort hatte 300 Verkündiger, aber keinen Ältesten. Sie bestand aus 13 Gruppen, die sich in verschiedenen Orten trafen.

      Pawle Abduschelischwili

      Pawle Abduschelischwili

      Bald bemerkten Dschoni und Pawle, was viele Brüder daran hinderte, Fortschritte zu machen. Dschoni erklärt: „Viele von ihnen besaßen große Felder und Weinberge. Da es auf dem Land üblich war, dass die Nachbarn sich gegenseitig bei der Feldarbeit halfen, verbrachten die Brüder viel Zeit mit Menschen, die ihren Glauben nicht teilten“ (1. Kor. 15:33).

      Daher machten Dschoni und Pawle einen Vorschlag: Die Brüder könnten stattdessen einige aus der Versammlung um Hilfe bei der Ernte bitten. Dadurch hätten sie bei der Feldarbeit guten Umgang (Pred. 4:9, 10). Dschoni bemerkt: „Die Versammlung wuchs immer mehr zusammen.“ Als die beiden drei Jahre später Kachetien verließen, gab es schon 5 Älteste und 12 Dienstamtgehilfen.

      Geschickter im Dienst durch die Zusammenkünfte

      Da unser Werk bis in die frühen 1990er-Jahre eingeschränkt war, trafen sich die Brüder in kleinen Gruppen und hielten nur das Versammlungsbuchstudium und das Wachtturm-Studium ab. Diese Zusammenkünfte stärkten zwar den Glauben, boten aber nur wenig Schulung für den Dienst.

      Das änderte sich, als das kommunistische Regime fiel. Jehovas Organisation wies die Versammlungen an, ab sofort auch die Theokratische Predigtdienstschule und die Dienstzusammenkunft durchzuführen.

      Naili Chuzischwili und ihre Schwester Lali Alekperowa denken gern an diese Zusammenkünfte zurück. Lali erinnert sich: „Es war so aufregend! Alle waren total begeistert, dass jetzt auch Schwestern Aufgaben übernehmen konnten.“

      „Einmal“, erzählt Naili, „saß die Wohnungsinhaberin auf der Bühne und las Zeitung, da klopfte es an der Saaltür. Es waren zwei Schwestern, die dann von ihr hereingerufen wurden und auf die Bühne kamen.“ Lali fügt hinzu: „So ungewöhnlich diese Zusammenkünfte manchmal auch waren, sie halfen dabei, uns beim Predigen zu verbessern.“

      Der Bedarf an geistiger Speise nahm immer mehr zu

      Viele Jahre lang hatten einige Brüder handbetriebene Vervielfältigungsapparate genutzt, um biblische Literatur zu Hause herzustellen. Um den wachsenden Bedarf zu decken, wandten sich die Brüder dann an Druckereien, die unsere Zeitschriften zu vernünftigen Preisen produzieren konnten.

      Ein Bruder schneidet Buchstaben aus einer Zeitung aus

      Um die Druckvorlage für die georgischen Zeitschriften zu erstellen, schnitten die Brüder Buchstaben aus Zeitungen aus und klebten sie auf die englische Originaltitelseite

      Beim Herstellen der Druckvorlage erwiesen sich die Brüder als erfinderisch. Der übersetzte georgische Text wurde fein säuberlich mit der Schreibmaschine abgeschrieben, sodass das Layout genauso aussah wie in der englischen Ausgabe. Die Bilder aus der englischen Zeitschrift wurden ausgeschnitten und auf die Vorlage geklebt. Für die Titelseite verwendeten die Brüder das englische Original. Sie schnitten Buchstaben aus Zeitungen mit schönen Schriftarten aus und klebten sie auf den Titel. Jetzt war die Vorlage fertig zum Drucken.

      Einige der ersten Ausgaben unserer Zeitschriften in Georgisch, die im Land gedruckt wurden

      Einige der ersten Ausgaben unserer Zeitschriften in Georgisch, die im Land gedruckt wurden

      Später wurden PCs verfügbar. Zwei junge Brüder, Lewani Kopaliani und Leri Mirsaschwili, besuchten extra Schulungen, um sie gut bedienen zu können. Leri erzählt: „Wir hatten keine Erfahrung und es lief nicht immer alles glatt. Aber mit Jehovas Hilfe konnten wir schon bald den Text eingeben und die Zeitschriften setzen.“

      Trotz dieser Hindernisse erhielten alle georgischen Versammlungen nach und nach die im Land hergestellten Zeitschriften im Vierfarbendruck. Mit der Zeit aber wurde es schwierig, mit der zunehmenden Nachfrage weiter Schritt zu halten. Doch genau dann erhielten Jehovas Diener in Georgien liebevolle Anleitung von seiner Organisation.

      Ein Meilenstein

      Beim internationalen Kongress 1992 in St. Petersburg (Russland) hatten Brüder aus Georgien die Möglichkeit, mit Vertretern des deutschen Zweigbüros zu sprechen. „Sie erklärten uns, wie die Übersetzungsarbeit normalerweise abläuft“, berichtet Genadi Gudadse. „Und sie sagten uns, dass wir demnächst einen Besuch erhalten werden, der uns dabei hilft.“

      Biblische Literatur in Georgisch herzustellen war alles andere als einfach. Diese Sprache hat eine einzigartige Schrift, und so unterstützte MEPS, das vielsprachige elektronische Fotosatzsystem der Gesellschaft, das georgische Alphabet noch nicht. Es musste also eine völlig neue Schriftart für Fotosatz und Druck entworfen werden.

      Schon Ende der 1970er-Jahre war eine georgische Familie namens Datikaschwili in die Vereinigten Staaten ausgewandert. Eine Tochter, Marina, wurde später eine Zeugin Jehovas. Sie war für die Brüder im Brooklyner Bethel eine unschätzbare Hilfe, als das georgische Alphabet in das MEPS-System eingefügt wurde. Dafür musste nämlich jeder einzelne Buchstabe des georgischen Alphabets gezeichnet werden. Schon bald konnten einige Traktate und die Broschüre „Siehe! Ich mache alle Dinge neu“ in Deutschland gedruckt werden.

      Hilfe für die Übersetzungsarbeit

      1993 besuchten Michael Fleckenstein und seine Frau Silvia aus dem deutschen Zweig Tiflis, um ein Übersetzungsbüro einzurichten. „Ich dachte immer noch daran, worüber wir in St. Petersburg gesprochen hatten“, berichtet Michael. „Als wir dann 18 Monate später nach Tiflis kamen, waren wir überrascht: Die Übersetzer waren bereits ein gut eingespieltes Team.“

      Leri Mirsaschwili, Paata Morbedadse und Lewani Kopaliani 1993 in Tiflis bei der Arbeit im Übersetzungsbüro

      Leri Mirsaschwili, Paata Morbedadse und Lewani Kopaliani 1993 in Tiflis bei der Arbeit im Übersetzungsbüro

      Innerhalb weniger Monate arbeiteten in einem Büro in einer kleinen Wohnung 11 Vollzeitübersetzer. Dank der wertvollen Schulung durch Jehovas Organisation wurde nun kontinuierlich geistige Speise an die Versammlungen geliefert.

      Versorgung mit geistiger Speise trotz Unruhen

      Nach dem Zerfall der Sowjetunion entstanden in vielen der ehemaligen Republiken Unruhen und ethnische Konflikte. So war es auch in Georgien. Reisen wurde dadurch gefährlich — ganz besonders wenn man Landesgrenzen überqueren wollte.

      Bruder Sasa Dschikuraschwili und Bruder Aleko Gwritischwili und ihre Frauen

      Sasa Dschikuraschwili und Aleko Gwritischwili (auf den Fotos mit ihren Frauen) lieferten während der Jahre nationaler Unruhen Literatur aus

      Einmal, als Aleko Gwritischwili und zwei andere Brüder im November 1994 gerade die Grenze überqueren wollten, tauchte eine Gruppe bewaffneter Männer auf. Sie zwangen die drei, das Auto zu stoppen und auszusteigen. „Sie entdeckten unsere Literatur und wurden sehr wütend“, erinnert sich Aleko. „Wir mussten uns in einer Reihe aufstellen, als ob sie uns hinrichten wollten. Deshalb flehten wir Jehova inständig um Hilfe an. Nach zwei Stunden befahl uns dann einer der Männer: ‚Nehmt eure Literatur und verschwindet! Falls wir euch noch mal erwischen, setzen wir euer Auto in Brand und machen euch kalt!‘ “

      Trotz solcher Drohungen hörten die Brüder nicht auf, biblische Literatur nach Georgien zu transportieren. Bruder Sasa Dschikuraschwili, der dabei große Opfer brachte, erklärt: „Wir wussten einfach: Unsere Brüder brauchen unbedingt geistige Speise. Und unsere lieben Frauen haben uns immer unterstützt.“

      Aleko bemerkt: „Viele der Brüder, die beim Transport der Literatur halfen, waren Familienväter.“ Was trieb sie an, weiter solche Gefahren auf sich zu nehmen? Aleko fährt fort: „Vor allem taten wir es aus tiefer Dankbarkeit und Liebe zu Jehova. So wie Jehova für unsere lieben Brüder und Schwestern sorgt, so wollten auch wir uns um sie kümmern.“

      Dank dieser opferbereiten Brüder konnte während all der Jahre der Unruhen weiter Literatur geliefert werden. Später konnte man dann weniger gefährliche Routen zwischen Deutschland und Georgien einrichten.

      Die Gelegenheit zur Stärkung genutzt

      Als sich 1995 die politische Lage entspannte, begannen die Brüder, Vorbereitungen für die ersten Bezirkskongresse zu treffen. Im Sommer 1996 kamen daraufhin circa 6 000 Besucher aus ganz Georgien zu den Kongressen in Marneuli, Znori und in der Nähe von Gori.

      Zeugen Jehovas beim Bezirkskongress 1996 in der Nähe von Gori

      Zeugen Jehovas beim Bezirkskongress 1996 in der Nähe von Gori

      Besonders der Kongress bei Gori war für die Anwesenden unvergesslich. Was für ein Unterschied zu früher, als die Brüder noch nicht einmal wussten, ob sie beim Gedächtnismahl die örtliche Veranstaltungshalle füllen könnten. Jetzt erwarteten sie mehr als 2 000 Besucher und fanden keine Örtlichkeit, die groß genug war, um den Kongress darin auszurichten. Daher entschieden sie, ihn im Freien abzuhalten, auf einem malerisch gelegenen Campingplatz in den Bergen nahe der Stadt.

      Bruder Kako Lomidse, der zum Kongresskomitee gehörte, erzählt: „Nach dem Programm verbrachten die Brüder und Schwestern noch Zeit miteinander. Sie sangen gemeinsam und genossen die herzliche Gemeinschaft. Es war für jeden offensichtlich, dass Jehovas Volk wirklich durch brüderliche Liebe vereint war“ (Joh. 13:35).

      Durch reisende Aufseher für Wachstum gesorgt

      Ab 1996 wurde auch dafür gesorgt, dass reisende Aufseher jede Versammlung im Land eine ganze Woche lang besuchten. Um dieses Ziel zu erreichen, wurden zusätzlich zu den Brüdern, die in Georgien schon reisende Aufseher waren, neue ernannt.

      Zweifellos waren die „liebevolle . . . Arbeit“ und der treue Dienst dieser reisenden Aufseher den Versammlungen eine Hilfe, zu wachsen und theokratische Anweisungen noch besser umzusetzen (1. Thes. 1:3). Von 1990 bis 1997 war die Zunahme wirklich außergewöhnlich. 1990 gab es 904 Verkündiger, aber nur sieben Jahre später predigten schon 11 082 die gute Botschaft.

      Das Wachstum, das bereits vor Jahrzehnten begonnen hatte, war nun offenkundig — und das im ganzen Land. Doch Jehova hielt sogar noch mehr Segen für sein Volk in Georgien bereit.

  • Segen in günstiger und in unruhvoller Zeit (2. Tim. 4:2)
    Jahrbuch der Zeugen Jehovas 2017
    • Schüler einer Pionierdienstschule in der Nähe von Sugdidi

      Pionierdienstschule in der Nähe von Sugdidi

      GEORGIEN | 1998—2006

      Segen in günstiger und in unruhvoller Zeit (2. Tim. 4:2)

      SEIT Ende der 1990er-Jahre gab es zur Freude der Zeugen Jehovas in Georgien eine außerordentliche Zunahme an Verkündigern und Interessierten. Im Jahr 1998 zählte man sage und schreibe 32 409 Anwesende bei der Feier zum Gedenken an den Tod Christi.

      Allerdings waren viele Verkündiger und auch Älteste relativ neu in der Wahrheit und hatten wenig Erfahrung. Die meisten brauchten daher in vielen Bereichen ihrer theokratischen Aktivitäten noch Schulung. Doch wie konnte sie ermöglicht werden?

      Weitere Unterstützung durch Jehovas Organisation

      Arno und Sonja Tüngler, zwei Absolventen der Gileadschule (Außenstelle Deutschland), wurden im März 1998 nach Georgien geschickt. Noch im selben Jahr genehmigte die leitende Körperschaft die Eröffnung eines Landesbüros in Georgien, das vom russischen Zweig betreut werden sollte.

      Schon bald begann ein Landeskomitee damit, das Predigtwerk zu beaufsichtigen. Sobald unser Werk amtlich registriert war, wurde die Literatur direkt vom deutschen Zweigbüro (heute Zweigbüro Zentraleuropa) ins Land geliefert. Die rechtliche Anerkennung ermöglichte es auch, Grundstücke zu erwerben, um darauf Königreichssäle oder Zweiggebäude zu bauen.

      Eine Zeit der Schulung

      Da das Werk unter dem Sowjetregime lange Zeit verboten gewesen war, hatten viele Verkündiger nicht frei von Haus zu Haus predigen können. Arno Tüngler erzählt: „Die meisten waren sehr aktiv im Straßendienst, aber nicht alle waren es gewohnt, von Haus zu Haus zu predigen oder Interesse weiter nachzugehen.“

      Arno und Sonja Tüngler

      Arno und Sonja Tüngler

      Dawit Dewidse, der ab Mai 1999 im neuen Landesbüro mitarbeitete, berichtet: „Es gab viel zu tun, sowohl im Predigtdienst als auch im Bethel. Wir hatten von manchen Dingen zwar schon gelesen, hatten aber keine Ahnung, wie wir sie in die Praxis umsetzen konnten. Also beobachteten wir die erfahrenen Brüder, die von der leitenden Körperschaft hergeschickt wurden, und lernten von ihnen.“

      Für die Brüder in Georgien begann eine Zeit intensiver Schulung. Aber auch wer nach Georgien kam, um zu helfen, lernte viel von den einheimischen Brüdern und Schwestern. Somit zeigte sich, wie so oft: Wer dorthin zieht, wo größerer Bedarf ist, hat selbst etwas davon, wenn er andere schult (Spr. 27:17).

      Sie zeigten liebenswerte Eigenschaften

      Arno und Sonja denken gern daran zurück, was für ein herzlicher Empfang ihnen in den ersten Tagen nach ihrer Ankunft in Georgien bereitet wurde. Die einheimischen Brüder und Schwestern taten alles, damit die beiden sich in ihrer neuen Zuteilung gut einleben konnten.

      Sonja erinnert sich daran, wie großzügig die Brüder waren: „Ein Ehepaar, das in der Nähe wohnte, versorgte uns immer mit leckerem Essen. Eine Schwester nahm uns mit in den Predigtdienst, machte uns mit der Versammlung bekannt und erzählte uns viel über die georgische Kultur. Eine andere Schwester brachte uns geduldig Georgisch bei.“

      Warren und Leslie Shewfelt wurden 1999 von Kanada nach Georgien geschickt. Sie erzählen: „Die Zuneigung, die unsere georgischen Brüder und Schwestern uns schenkten, hat uns förmlich überwältigt. Es war wirklich motivierend! Sie alle, jung und alt, gingen so offen und liebevoll miteinander um.“

      Einheimische Brüder arbeiten im georgischen Landesbüro mit erfahrenen Missionaren zusammen

      Einheimische Brüder arbeiteten im Landesbüro mit erfahrenen Missionaren zusammen

      Die Brüder und Schwestern, die nach Georgien gesandt wurden, konzentrierten sich nicht auf Schwierigkeiten, sondern auf die guten Eigenschaften der Menschen dort. Die Missionare wiederum gewannen durch ihre bescheidene und liebevolle Art schnell die Herzen ihrer georgischen Brüder.

      Viele liebten Gott und dann auch die Wahrheit

      In den 1990er-Jahren nahmen jedes Jahr weiterhin viele aufrichtige Menschen die Wahrheit an. Allein 1998 wurden 1 724 Personen getauft. Warum interessierten sich denn so viele Georgier für die Wahrheit?

      Tamasi Biblaia, der viele Jahre lang reisender Aufseher war, erklärt: „Die Liebe zu Gott gehörte zu den traditionellen Werten, mit denen die Leute aufwuchsen. Deswegen reagierten sie so positiv, wenn wir ihnen von der Botschaft der Bibel erzählten.“

      Dawit Samcharadse, ein Unterweiser bei der Schule für Königreichsverkündiger, berichtet: „Wenn jemand anfängt, die Bibel zu studieren, mischen sich seine Verwandten und Nachbarn oft ein. Sie versuchen eigentlich, den Bibelschüler davon abzubringen, aber am Ende fangen viele selbst einen Bibelkurs an.“

      Die Botschaft verbreitete sich weiter und veränderte so das Leben vieler. Daher wurde im April 1999 eine neue Höchstzahl erreicht: Zum Gedächtnismahl kamen 36 669 Besucher.

      Es gibt viele Gegner

      Über seinen Predigtdienst im alten Ephesus schrieb der Apostel Paulus: „Eine große Tür, die zur Tätigkeit führt, hat sich mir geöffnet, doch gibt es viele Gegner“ (1. Kor. 16:9). So ähnlich erging es auch den Zeugen Jehovas in Georgien, nur wenige Monate nach dem herausragenden Gedächtnismahl im Jahr 1999.

      Im August desselben Jahres organisierte eine Gruppe orthodoxer Extremisten, angeführt von dem abgesetzten Priester Basil Mkalawischwili, eine Demonstration in Tiflis. Dabei verbrannten sie öffentlich unsere Literatur. So wurde eine Verfolgungswelle ausgelöst, die vier Jahre andauerte.

      Eine extremistische orthodoxe Gruppe in Georgien demonstriert; unsere Literatur wird öffentlich verbrannt; tätlicher Angriff auf Zeugen Jehovas

      Ab 1999 wurden Jehovas Zeugen in Georgien zur Zielscheibe von Protesten und Angriffen; es fanden auch Bücherverbrennungen statt

      Am 17. Oktober 1999 scharten ein paar religiöse Extremisten einen Mob von 200 Leuten um sich. Sie stürmten eine Zusammenkunft der Versammlung Gldani in Tiflis und griffen die Anwesenden mit Holzknüppeln und Eisenkreuzen an. Mehrere Zeugen mussten sogar ins Krankenhaus eingeliefert werden.

      Doch leider wurden die Angreifer nicht verhaftet, und so gab es weitere Attacken auf Zeugen Jehovas. Einige Regierungsvertreter, darunter auch Präsident Schewardnadse, verurteilten diese gewalttätigen Angriffe zwar scharf, ergriffen aber keine wirksamen Maßnahmen. Stattdessen traf die Polizei oft erst lange nach solchen Vorfällen ein.

      Ungefähr zur gleichen Zeit setzte Guram Scharadse, ein Mitglied des georgischen Parlaments, eine beispiellose Verleumdungskampagne in Gang. Er beschuldigte Jehovas Zeugen, gefährlich zu sein. Die „günstige Zeit“ war nun scheinbar vorbei.

      Jehovas Organisation reagierte auf die Angriffe

      Jehovas Organisation reagierte schnell auf die Bedürfnisse von Gottes Volk in Georgien. Die Brüder erhielten liebevolle Hinweise, wie sie sich bei einem Angriff verhalten sollten. Und sie wurden daran erinnert, warum wahre Christen mitunter verfolgt werden (2. Tim. 3:12).

      Zusätzlich unternahm Jehovas Organisation Schritte, um unseren Brüdern vor Gericht zu helfen. Ein Bruder, der in der Rechtsabteilung im georgischen Zweig diente, erinnert sich: „In diesen vier Jahren reichten wir als Reaktion auf die Taten von Basil Mkalawischwilis Anhängern mehr als 800 Beschwerden ein und wandten uns dazu an viele Regierungsbeamte und Menschenrechtsorganisationen. Außerdem startete die Weltzentrale der Zeugen Jehovas eine weitreichende Kampagne, um die Öffentlichkeit über die Angriffe zu informieren — aber nichts davon stoppte die Attacken.“a

      a Für weitere Informationen zur gerichtlichen Auseinandersetzung um die Anerkennung unserer Rechte siehe Erwachet! vom 22. Januar 2002, Seite 18—24.

  • Gefahren hielten sie nicht davon ab, Jehova zu dienen
    Jahrbuch der Zeugen Jehovas 2017
    • Ein geplündertes Haus von Zeugen Jehovas in Georgien

      Trotz der Zerstörung ihres persönlichen Besitzes ließen sich unsere Brüder und Schwestern nicht davon abhalten, Jehova zu dienen

      GEORGIEN | 1998—2006

      Gefahren hielten sie nicht davon ab, Jehova zu dienen

      Unsere Brüder und Schwestern ließen sich nicht einschüchtern und besuchten weiter die Zusammenkünfte. Um die Verkündiger zu schützen, sorgten die Ältesten klugerweise vor. Darüber berichtet Bruder André Carbonneau, ein kanadischer Anwalt, der unsere Brüder in jenen Jahren vertrat: „Während der Zusammenkünfte hielt ein Bruder in der Nähe mit einem Handy Wache. Wenn er einen Mob kommen sah, warnte er die Ältesten sofort vor einem möglichen Angriff.“

      Das Haus der Familie Schamojan und ein Literaturdepot, beides wurde von Brandstiftern zerstört

      Brandstifter verwüsteten das Haus der Familie Schamojan (links) und ein Literaturlager (rechts)

      Nach jedem Vorfall besuchten zwei Vertreter des Bethels die Brüder, um sie zu ermuntern. „Es war bemerkenswert“, erzählt André, „die zwei kamen zum Zusammenkunftsort und fanden dort meist einen Raum voller glücklicher, lächelnder Brüder und Schwestern vor.“

      Georgische Brüder trafen innerhalb und außerhalb des Gerichtssaales auf ihre Gegner

      Die Brüder trafen innerhalb und außerhalb des Gerichtssaales auf ihre Gegner

      Diese entschlossene Haltung zeigten auch diejenigen, die nicht direkt von den Attacken betroffen waren — selbst Bibelschüler. André erinnert sich an eine Frau, die kurz davor war, ungetaufte Verkündigerin zu werden. Sie sagte zu ihm: „Als die Angriffe im Fernsehen gezeigt wurden, sah ich den Unterschied zwischen wahren und falschen Christen — und ich möchte eine wahre Christin sein!“

      Mutige Anwälte für unsere Brüder

      Der Glaube und der Mut, den die Verkündiger in diesen schwierigen Jahren zeigten, waren beispielhaft, da sie eifrig weiter predigten. Auch diejenigen, die ihre Glaubensbrüder vor Gericht verteidigten, bewiesen einen starken Glauben.

      In den Medien wurde oft behauptet, dass Jehovas Zeugen Familien zerstören, medizinische Behandlung ablehnen und staatsfeindlich sind. Daher riskierte jeder Anwalt, der sie vor Gericht verteidigte, seinen guten Ruf und gefährdete seine berufliche Laufbahn.

      Brüder aus der Rechtsabteilung in den Vereinigten Staaten

      Mutige Brüder aus der Rechtsabteilung in den Vereinigten Staaten verteidigten ihre Glaubensbrüder vor Gericht

      John Burns, ein Anwalt aus dem kanadischen Zweig, der den georgischen Brüdern damals half, berichtet: „Einheimische Brüder und Schwestern, die als Anwalt tätig waren, stellten sich zur Verfügung. Unerschrocken gingen sie vor Gericht und gaben sich dabei auch als Zeugen Jehovas zu erkennen. Das hätte ihnen in ihrem Beruf wirklich Probleme bereiten können.“ Ihr mutiger Einsatz hat so zur „Verteidigung und gesetzlichen Befestigung der guten Botschaft“ beigetragen (Phil. 1:7).

      Georgier erhoben ihre Stimme gegen die Gewalt

      Gleichzeitig nahmen die gewalttätigen Angriffe gegen Zeugen Jehovas kein Ende, sodass die Brüder am 8. Januar 2001 eine Petition starteten. Darin forderten sie den Schutz vor Mob-Angriffen und die strafrechtliche Verfolgung der Personen, die auf friedliche Mitbürger losgingen.

      Bruder Burns erklärt den Zweck der Petition: „Wir wollten zeigen, dass die meisten Georgier diese Brutalität gegen Zeugen Jehovas verurteilen und dass die Gewalt in Wirklichkeit nur von einer kleinen Gruppe religiöser Extremisten ausging.“

      Innerhalb von nur zwei Wochen wurden 133 375 Unterschriften — die meisten davon kamen von Orthodoxen — aus allen Teilen des Landes gesammelt. Doch obwohl die Petition Präsident Schewardnadse vorgelegt wurde, gingen die Angriffe weiter und die religiösen Fanatiker verfolgten gezielt Jehovas Zeugen.

      Eine Petition, die die Gewalt gegen Jehovas Zeugen anprangerte, wurde von Tausenden unterschrieben

      Tausende Georgier unterschrieben eine Petition, in der die Gewalt gegen Jehovas Zeugen angeprangert wurde

      Aber Jehova segnete seine Diener weiterhin. Während religiöse Extremisten damit beschäftigt waren, Gottes Volk zu attackieren, half Jehova aufrichtigen Menschen, sich von der falschen Religion zu befreien.

      Der falschen Religion den Rücken gekehrt

      Babilina Charatischwili war den größten Teil ihres Lebens ein überzeugtes Mitglied der georgisch-orthodoxen Kirche. Als sie in den Dreißigern war, zog sie von Stadt zu Stadt und von Dorf zu Dorf und erzählte den Menschen, wie die „Heiligen“ gelebt haben.

      Aber Babilina wollte mehr über Gott erfahren. Somit beschloss sie irgendwann, Vorlesungen eines Seminars der georgisch-orthodoxen Kirche zu besuchen. Dabei zeigte ein Geistlicher den Zuhörern einmal das Buch Erkenntnis, die zu ewigem Leben führt. Er empfahl ihnen, sich ein Exemplar bei Jehovas Zeugen zu besorgen, und sagte: „Dieses Buch kann Ihnen eine Menge über Gott beibringen.“

      Das erschütterte Babilina. Sie war Jehovas Zeugen doch immer aus dem Weg gegangen — und jetzt empfahl sogar ein Geistlicher deren Bücher! Da dachte sie: „Wenn ich zu den Zeugen Jehovas gehen soll, um mehr über Gott zu lernen, was mache ich dann hier?“ Also nahm sie sofort Kontakt zu Brüdern in der Stadt Poti auf und begann die Bibel zu studieren.

      Als sie dann die Bibel besser kennenlernte, nahm sie wichtige Veränderungen in ihrem Leben vor. Sie sagte einmal: „Ich sah mit eigenen Augen, was in der Bibel steht: Es ist falsch, Bilder zu verehren. Da wollte ich nichts mehr mit irgendwelchem Götzendienst zu tun haben. Damit aufzuhören war einfach das Richtige, da war ich mir sicher.“ Sie entschied sich, eine Zeugin Jehovas zu werden — mit fast 80 Jahren.

      Babilina Charatischwili und ihre Enkeltochter Isabela

      Babilina erzählte ihrer Enkelin Isabela von der biblischen Wahrheit

      Leider wurde Babilina im Jahr 2001 krank und starb, bevor sie getauft werden konnte. Doch später ließ sich ihre Enkelin Isabela taufen und dient bis heute treu Jehova.

      Sie wollte eigentlich Nonne werden

      Eliso Dsidsischwili entschied sich, Nonne zu werden, als sie 28 war. Da es in der Nähe ihrer Heimatstadt Tqibuli kein Kloster gab, zog sie 2001 nach Tiflis. Während sie darauf wartete, im Kloster angenommen zu werden, fand sie eine Teilzeitstelle als Lehrerin. Es stellte sich heraus, dass die Mutter einer ihrer Schülerinnen eine Zeugin Jehovas namens Nunu war.

      Eliso erzählt: „Wir sprachen oft über die Bibel. Dabei verteidigte ich die orthodoxe Religion heftig, aber Nunu zeigte mir geduldig einen Bibelvers nach dem anderen. Eines Tages schlug sie vor, mir etwas aus der Broschüre Was erwartet Gott von uns? vorzulesen. Als wir die Absätze lasen und die Bibeltexte aufschlugen, wurde mir klar, dass die Bilderanbetung ein direkter Verstoß gegen Gottes Gebot ist.“

      Später ging Eliso zur Kirche, um dem Priester einige Fragen zu stellen. Aus seinen Antworten ging klar hervor, dass die Kirchenlehren sich nicht auf die Bibel stützten (Mar. 7:7, 8). Das überzeugte Eliso: Bei Jehovas Zeugen hatte sie wirklich die biblische Wahrheit gefunden. Daher begann sie sofort ein Bibelstudium und ließ sich schon bald taufen.

      Eliso Dsidsischwili und Nunu Kopaliani

      Eliso Dsidsischwili (links), die Nonne werden wollte, und Nunu Kopaliani (rechts)

      Saalbau trotz Gegnerschaft

      2001 brauchten immer mehr Versammlungen geeignete Zusammenkunftsstätten, nach einer Schätzung waren es etwa 70 Königreichssäle. Deswegen wurde ein Königreichssaal-Bauprogramm in Gang gesetzt — und das trotz der Gegnerschaft im Land (Esra 3:3, New World Translation 2013).

      Nach kurzer Zeit begann eine Baumannschaft, ein Gebäude in Tiflis umzubauen, das schon vorher von mehreren Versammlungen genutzt worden war. Bald danach wurden zwei weitere Bauprojekte durchgeführt, in Tiflis und in Tschiatura (Westgeorgien).

      Ein baufälliger Königreichssaal und der neue Saal, der stattdessen gebaut wurde

      Ein Königreichssaal in Tiflis (links), der durch einen neuen ersetzt wurde (rechts)

      Bruder Tamasi Chuzischwili, der in Tschiatura mitgearbeitet hat, erinnert sich: „Wir arbeiteten jeden Tag mit fünfzehn Leuten auf der Baustelle. Die Nachricht über den Saalbau verbreitete sich wie ein Lauffeuer in der Stadt. Manchmal hörten wir Gerüchte, dass unsere Gegner kommen und den Saal demolieren wollten.“

      Konnte das Bauprojekt bei all dem Widerstand überhaupt abgeschlossen werden? Tamasi sagt dazu: „Wir arbeiteten einfach weiter und nach drei Monaten war der Saal fertig. Trotz der Drohungen ist keiner der Feinde jemals gekommen.“a

      Endlich kam Erleichterung

      Basil Mkalawischwili und einige Mitglieder seiner extremistischen orthodoxen Gruppe in Haft

      Basil Mkalawischwili und einige Mitglieder seiner extremistischen orthodoxen Gruppe in Haft

      Als im Oktober 2003 ein Bauprojekt in Samtredia begonnen wurde, bedrohten religiöse Extremisten wieder einmal die Brüder. Die Mauern waren gerade erst errichtet und der Mörtel war noch nicht trocken, da kamen die Gegner tatsächlich und rissen den Bau nieder.

      Doch im November 2003 bahnte ein Regierungswechsel den Weg für mehr religiöse Toleranz. Das war eine neue Entwicklung in Georgien, die es unseren Brüdern und Schwestern leichter machte. Jehovas Zeugen waren von orthodoxen Extremisten angegriffen worden — und nun kamen einige der Angreifer endlich ins Gefängnis.

      Gottes Volk mit Segen überschüttet

      Kurz nach dem Ende der Verfolgungswelle bekam Gottes Volk in Georgien viel Gutes von Jehova. Beim Bezirkskongress im Jahr 2004 wurde nämlich die Neue-Welt-Übersetzung der Christlichen Griechischen Schriften in Georgisch herausgegeben.

      Auf dem Bezirkskongress 2006 „Befreiung greifbar nahe“ gab es ein weiteres unvergessliches Erlebnis. Aufregung lag in der Luft, als die Anwesenden hörten, dass auch Geoffrey Jackson von der leitenden Körperschaft einer der Redner sein würde. Zu ihrer großen Überraschung gab Bruder Jackson die Herausgabe der kompletten Neuen-Welt-Übersetzung der Heiligen Schrift in Georgisch bekannt.

      Das Publikum applaudiert, als Geoffrey Jackson die Neue-Welt-Übersetzung in Georgisch vorstellt; die Brüder und Schwestern schauen sich die neue Bibel genau an

      2006 wurde die Neue-Welt-Übersetzung in Georgisch herausgegeben

      Viele Zuhörer konnten ihre Tränen nicht zurückhalten, weil sie so dankbar waren. Eine Schwester sagte: „Ich finde keine Worte für meine Freude über die vollständige Bibel. . . . Das war wirklich ein historischer Kongress.“ Für die mehr als 17 000 Anwesenden war es wie ein Festessen — ein Ereignis, das die Geschichte von Jehovas Volk in Georgien geprägt hat.

      a Von 2001 bis 2003 wurden in Georgien sieben Königreichssäle gebaut.

      Ein Ehepaar zieht einen Trolley die Straße entlang

      Verfolgung endlich vorbei!

      Zwischen 1999 und 2003 gab es schreckliche Meldungen aus Georgien. Etliche von uns können sich noch lebhaft daran erinnern. Weltweit beteten viele für unsere lieben Brüder und Schwestern in Georgien (Jak. 5:16). Wie sehr sich doch unsere Brüder freuten, als diese Verfolgung Ende 2003 endlich aufhörte! Seitdem kann unser Werk dort ungehindert durchgeführt werden. Unsere Brüder und Schwestern in Georgien sind sehr dankbar für die liebevolle Anteilnahme und Fürsorge unserer Bruderschaft (1. Pet. 2:17).

  • „Das ist der Erbbesitz der Knechte Jehovas“ (Jes. 54:17)
    Jahrbuch der Zeugen Jehovas 2017
    • Zeugen Jehovas predigen an der Seilbahnstation in Chulo

      Predigen an der Seilbahnstation in Chulo

      GEORGIEN

      „Das ist der Erbbesitz der Knechte Jehovas“ (Jes. 54:17)

      JEHOVAS Diener in Georgien haben die gute Botschaft unermüdlich gepredigt und Jehova hat ihre harte Arbeit gesegnet. Daher hat die Botschaft fast jeden Winkel des Landes erreicht.

      Die Verkündiger sind startbereit, um in Uschguli zu predigen

      Die Verkündiger sind startbereit, um in Uschguli (etwa 2 200 Meter über dem Meeresspiegel) zu predigen

      In den letzten Jahren haben sich eifrige Verkündiger und Pioniere vermehrt um die Menschen in selten bearbeiteten Gebieten gekümmert. In den Bergen erreicht man manche Dörfer und Siedlungen allerdings nur mit Allradfahrzeugen oder per Seilbahn.

      Verkündiger predigen in der Region Swanetien

      Verkündiger in der Region Swanetien

      Seit 2009 hat der georgische Zweig jedes Jahr allen Versammlungen eine Liste mit nicht zugeteilten Gebieten zur Verfügung gestellt. So wurden Verkündiger ermuntert, dort beim Predigen zu helfen, und viele haben bemerkenswerte Opfer gebracht, um sich daran zu beteiligen.

      Ana und Temuri Bliadse

      Ana und Temuri Bliadse

      Als Temuri und Ana Bliadse davon hörten, dass in der Bergregion Adscharien dringend Verkündiger gebraucht wurden, waren sie gerade frisch verheiratet. Sie hatten erst kürzlich ein Grundstück gekauft und wollten ein Haus bauen. Aber jetzt sahen sie eine Chance, sich mehr im Dienst einzusetzen.

      Also verbrachten sie erst einmal eine Woche in Adscharien. Temuri erinnert sich an seinen ersten Eindruck: „Die Verkündiger mussten viel laufen, um die kleinen Dörfer zu erreichen. Wir hatten einen Van mit Allradantrieb, und ich dachte sofort: ‚Den könnte man hier wirklich gut gebrauchen!‘ “

      Ana ergänzt: „Der Umzug fiel uns echt nicht leicht. Wir hingen sehr an der Versammlung und an unserer Familie. Aber wir haben gespürt, dass Jehova uns leitet.“ Mehr als drei Jahre lang haben Temuri und Ana eine Gruppe in der Stadt Keda (Adscharien) unterstützt.

      Findige Pioniere

      In abgelegenen Gegenden waren Sonderpioniere auf Zeit eine unschätzbare Hilfe für das Predigtwerk. Auch nach Ende ihres Sonderdienstes entschieden sich viele, dort zu bleiben, wo sie hingeschickt worden waren. So konnten sie weiter für die Bibelschüler da sein.

      Zwei Pionierinnen, die beide Chatuna heißen, wurden in das malerische Städtchen Manglissi geschickt. Dort gab es zwar noch keine Zeugen Jehovas, aber die beiden Schwestern hatten gute Ergebnisse im Predigtdienst. Im ersten Monat leiteten sie 9 Bibelkurse, im nächsten 12, dann 15 und schließlich 18! Um die Bibelschüler weiter betreuen zu können, entschieden sich die beiden daher, in Manglissi zu bleiben.

      Unsere Schwestern mussten findig sein, um für ihr Auskommen zu sorgen. In Manglissi gibt es eine Spezialität, die bei vielen Besuchern sehr beliebt und für ihre positive Wirkung auf die Gesundheit bekannt ist: eingekochte Kiefernzapfen. Anfangs sammelten die Schwestern deshalb grüne Kiefernzapfen, kochten sie ein und verkauften sie auf dem örtlichen Markt. Doch dann tat sich eine unerwartete Einkommensquelle auf.

      Eines Tages brachte ihnen eine Bibelschülerin mehrere Küken. Die Frau erzählte, dass eine ihrer Hennen unbemerkt Eier gelegt und dann ihre frisch geschlüpften Küken präsentiert hatte. Diesen überraschenden Zuwachs in ihrem Hühnerstall wollte sie jetzt ihren Bibellehrerinnen geben. Eine der Schwestern kannte sich mit Geflügelhaltung aus, also eröffneten sie einen kleinen Hühnerhof, um Geld zu verdienen.

      Eine der beiden bemerkt: „Mit der Hilfe Jehovas, unserer Brüder und der Bibelschüler konnten wir fünf Jahre in Manglissi bleiben.“ Jetzt ist dort eine ganze Gruppe von Brüdern und Schwestern eifrig tätig.

      Chatuna Zulaia und Chatuna Charebaschwili predigen in Manglissi

      Chatuna Charebaschwili und Chatuna Zulaia in Manglissi

      Pioniere predigen in anderen Sprachen

      In den letzten Jahren gab es in Georgien einen großen Zustrom von Ausländern, dadurch entstanden neue Möglichkeiten zu predigen. Viele Pioniere erkannten das und begannen deshalb, Fremdsprachen zu lernen, wie Arabisch, Aserbaidschanisch, Chinesisch, Englisch, Kurdisch, Persisch und Türkisch.

      Zahlreiche Pioniere haben sich fremdsprachigen Gruppen oder Versammlungen im Land angeschlossen — andere sind sogar in Länder gegangen, in denen der Bedarf noch größer ist. So wie Giorgi und Gela, zwei junge Brüder, die in ein Nachbarland zogen. „Wir wollten Jehova unser Bestes geben. Und genau das wurde uns durch den Umzug möglich“, sagt Giorgi.

      Rückblickend berichtet Gela: „In so einem Gebiet als Ältester zu dienen, hat mich viel gelehrt. Es ist ein wunderbares Gefühl, von Jehova gebraucht zu werden, um seinen ‚Schäflein‘ zu helfen“ (Joh. 21:17).

      Giorgi fügt hinzu: „Es gab zwar Probleme, aber wir konzentrierten uns auf den Dienst. Unsere Entscheidung haben wir nie bereut. Wir mussten es einfach tun.“

      Ein anderer Bruder, der auch Gela heißt, diente ein paar Jahre in der Türkei. Er erinnert sich: „Am Anfang, als ich mit der Sprache dort zu kämpfen hatte, war es überhaupt nicht leicht für mich, meine Freude zu bewahren. Aber als ich mich endlich mit meinen Brüdern und Schwestern und auch den Menschen im Gebiet unterhalten konnte, war ich überglücklich!“

      Nino, eine Schwester, die seit mehr als zehn Jahren Pionier in Istanbul (Türkei) ist, beschreibt ihre Gefühle so: „Vom ersten Tag an habe ich Jehovas Hilfe verspürt. Als Pionier im fremdsprachigen Gebiet kann man fast jeden Tag Erfahrungen erleben, die reif fürs Jahrbuch sind.“

  • Sie dachten an ihren großen Schöpfer
    Jahrbuch der Zeugen Jehovas 2017
    • Junge Zeugen Jehovas in Georgien singen gemeinsam

      GEORGIEN

      Sie dachten an ihren großen Schöpfer

      Viele, von denen wir in diesem Bericht gelesen haben, dachten schon in ihrer Jugend an ihren großen Schöpfer (Pred. 12:1). Tatsächlich ist sogar ein Drittel der 3 197 Pioniere in Georgien 25 Jahre alt oder jünger. Wie kommt es, dass sich so viele junge Leute für die biblische Wahrheit einsetzen?

      Es spielen wohl mehrere Faktoren eine Rolle. Zum einen ist der Familienzusammenhalt in Georgien oft sehr stark. Konstantine, ein Bruder, der seine fünf Kinder in der Wahrheit erzog, erklärt: „Was mich an der Wahrheit so faszinierte, war das Empfinden, dass Jehova ein liebevoller Vater ist. Später wurde ich dann selbst Vater und ich wollte unbedingt, dass meine Kinder sich auch bei mir richtig wohlfühlen.“

      Malchasi und seine Frau sind Eltern von drei Kindern. Sie strengen sich sehr an, damit alle in der Familie zueinanderhalten. Er sagt: „Ab und zu fragen wir unsere Kinder, was sie an uns und ihren Geschwistern schätzen. Und was ihnen dazu einfällt, können sie dann beim Familienstudium erzählen. Auf diese Weise haben sie gelernt, in anderen das Gute zu sehen und sie zu schätzen.“

      „Jetzt hat mein Leben wirklich einen Sinn!“

      Auch die Ältesten ziehen mit den Eltern an einem Strang und beziehen die Kinder so früh wie möglich mit ein. „Schon als ich klein war, haben mir die Ältesten verschiedene Aufgaben gegeben“, erzählt Nestori, der mit 11 getauft wurde. „Das hat mir geholfen, im Innersten zu spüren, dass ich echt ein Teil der Versammlung bin.“

      Gute Vorbilder und die Hilfe von den Ältesten sind ebenfalls wichtig. Koba, einer von Nestoris Brüdern, sagt dazu: „Im Gegensatz zu meinen Geschwistern war ich als Teenager ziemlich wild. Trotzdem hat ein junger Ältester immer versucht, mich zu verstehen, und hat mir keine Vorwürfe gemacht. Er war mir ein gutes Vorbild. Er hat mir sehr dabei geholfen, wieder zu Jehova zurückzukommen.“

      Zurzeit dienen Nestori und Koba zusammen mit ihrer Schwester Mari in einem abgelegenen Gebiet. Kobas Fazit: „Jetzt hat mein Leben wirklich einen Sinn!“

      Meine Kinder fahren fort, in der Wahrheit zu wandeln

      Das Zweigbüro bemüht sich, die Eltern bei der Schulung ihrer Kinder zu unterstützen, indem die Jugendlichen in theokratische Projekte miteinbezogen werden. Ein Mitglied des Zweigkomitees bemerkt: „Wir schätzen unsere jungen Leute sehr. Sie arbeiten auf Ziele im Glauben hin und dabei möchten wir ihnen helfen.“

      Einheimische Zeugen arbeiteten Seite an Seite mit International Servants beim Bau des Kongresssaals in Tiflis

      Einheimische Zeugen arbeiteten Seite an Seite mit International Servants beim Bau des Kongresssaals in Tiflis

      Es hinterlässt einen bleibenden Eindruck bei den Jugendlichen, wenn sie mit reifen Brüdern und Schwestern zusammen sind und gemeinsam arbeiten. Mamuka, ein Bruder, der beim Bau des Kongresssaals in Tiflis mit International Servants zusammenarbeitete, sagt: „Solche internationalen Projekte waren eine tolle Möglichkeit, etwas von anderen zu lernen. Denn ich habe nicht nur praktische Fähigkeiten erlernt, sondern auch viel für meinen Glauben mitgenommen.“

      Eine enge Bindung in der Familie, Ermunterung und Unterstützung durch die Ältesten und gute Vorbilder — all das hat viele junge Leute in Georgien sehr positiv beeinflusst. Ihre Eltern empfinden wie der Apostel Johannes, der schrieb: „Ich habe keine größere Ursache zur Dankbarkeit als diese Dinge, dass ich höre, dass meine Kinder fortfahren, in der Wahrheit zu wandeln“ (3. Joh. 4).

      Die Übersetzungsarbeit wird ausgebaut

      2013 bat die leitende Körperschaft alle Zweigbüros zu ermitteln, ob im jeweiligen Zweiggebiet Veröffentlichungen für weitere dort gesprochene Sprachen benötigt würden. Das Ziel? Mehr Menschen mit der guten Botschaft zu erreichen.

      Demzufolge entschied das georgische Zweigbüro, einige Publikationen ins Mingrelische und ins Swanische zu übersetzen. Diese beiden Sprachen sind dem Georgischen so ähnlich, dass manche sie für Dialekte halten.

      Aus Swanetien berichten Pioniere begeistert: „Die Swanen sind sehr an Glaubensfragen interessiert und haben tiefen Respekt vor der Bibel. Sogar wer zuerst eher zögerte, unsere Literatur zu lesen, nahm gern Veröffentlichungen in seiner Muttersprache.“

      Es berührte alle Mingrelisch sprechenden Verkündiger tief, als sie damit begannen, Zusammenkünfte in ihrer Muttersprache durchzuführen. Ein junger Pionier namens Giga erzählt: „Jetzt kann ich bei den Zusammenkünften Kommentare in eigenen Worten geben und muss die Gedanken nicht mehr vorher im Kopf übersetzen.“

      Suri, ein Ältester in der mingrelischen Versammlung in Tkaia, drückt seine Gefühle so aus: „Es gab in meinem Leben schon viele bewegende Momente. Und ob sie schön oder traurig waren, weinen musste ich noch nie. Aber als in der Zusammenkunft zum ersten Mal mingrelische Königreichslieder gesungen wurden, kullerten allen Anwesenden Tränen über die Wangen — selbst mir.“

      Neueste Höhepunkte

      Samstag, der 6. April 2013 war ein Höhepunkt in der Geschichte der Zeugen Jehovas in Georgien. David Splane von der leitenden Körperschaft übergab den renovierten und erweiterten Zweigkomplex, einen Kongresssaal und neue Räume für Bibelschulen ihrer Bestimmung. Viele einheimische Zeugen nahmen die 338 Delegierten aus 24 Ländern gern bei sich auf und sorgten dafür, dass sie sich wie zu Hause fühlten.

      Am nächsten Tag hielt Bruder Splane dann einen besonderen Vortrag. Dabei wurden Zusammenkunftsstätten im ganzen Land per Bild- und Tonübertragung zugeschaltet und so konnten 15 200 Zuhörer dabei sein. Dieses internationale theokratische Ereignis war das größte, das es jemals in Georgien gab. Zu erleben, wie die Brüder und Schwestern sich freuten und wie ein Austausch von Ermunterung stattfand, war wirklich ergreifend. Ein junger Bruder sagte: „Jetzt weiß ich, wie es in der neuen Welt sein wird.“

      Bilder von der Bestimmungsübergabe des Zweigkomplexes: der Chor singt, die Zeugen unterhalten sich vor dem Gebäude und Besucher tragen sich im Foyer in ein Gästebuch ein

      Bestimmungsübergabe des Zweigbüros in Tiflis 2013

      Die Bibelschule für Ehepaare (jetzt Schule für Königreichsverkündiger) ist für Jehovas Volk in Georgien ein wahrer Segen. Mehr als 200 Schüler haben sie seit 2013 besucht. Die Absolventen schätzen die Schulung sehr und sind gern bereit, eifrig dort zu dienen, wo auch immer sie gebraucht werden.

      Sie strecken sich nach den Dingen aus, die vor ihnen sind

      Wie mutig die ersten Königreichsverkündiger doch waren! Weil sie sich so anstrengten, kann man jetzt in ganz Georgien von der guten Botschaft hören. Sie zeichneten sich durch selbstlose Liebe zu Jehova und zu ihrem Nächsten aus. Sie bewiesen Glauben und Mut und zeigten Einsatz — all das ist von Jehova sehr gesegnet worden.

      Das Werk dieser Wegbereiter wird in Georgien nun von mehr als 18 000 Brüdern und Schwestern freudig fortgesetzt. Sie helfen ihren Mitmenschen gern, die Macht des Wortes Gottes selbst zu erleben (Phil. 3:13; 4:13).

      Das georgische Zweigkomitee: Wayne Tomchuk, Lewani Kopaliani, Dschoni Schalamberidse, Michael E. Jones

      Das georgische Zweigkomitee: Wayne Tomchuk, Lewani Kopaliani, Dschoni Schalamberidse, Michael E. Jones

  • Kurden reagieren positiv
    Jahrbuch der Zeugen Jehovas 2017
    • Eine Schwester studiert mit einer Frau in Kurdisch

      GEORGIEN

      Kurden reagieren positiv

      „ICH bedanke mich oft bei Jehova dafür, dass ich etwas über ihn in meiner Muttersprache erfahren konnte“, sagt Gulizar.

      Gulizar war acht Jahre lang eine ungetaufte Verkündigerin. Erst als sie Zusammenkünfte in Kurdisch — ihrer Muttersprache — besuchte, ließ sie sich taufen. Sie ist eine der vielen Kurden, die in den letzten Jahren in Georgien positiv auf die biblische Wahrheit reagiert haben. Aber wer sind die Kurden eigentlich?

      Schon seit vielen Jahrhunderten leben sie im Nahen Osten. Einige Wissenschaftler halten die Kurden für Nachkommen der alten Meder, die auch in der Bibel erwähnt werden (2. Kö. 18:11; Apg. 2:9). Kurdisch gehört zur Gruppe der iranischen Sprachen.

      Heute leben Millionen Kurden in verschiedenen Ländern, wie in Armenien, im Irak, Iran, in Syrien und der Türkei. In Georgien gibt es etwa 20 000 Kurden. Im Allgemeinen sind sie gläubig und Religion hat für sie einen hohen Stellenwert.

      Es gibt zurzeit etwa 500 Kurdisch sprechende Verkündiger in Georgien und drei kurdische Versammlungen. Zur großen Freude aller fand 2014 in Tiflis sogar ein regionaler Kongress in Kurdisch statt — der erste in Georgien überhaupt. Zu diesem Kongress kamen auch Delegierte aus Armenien, Deutschland, der Türkei und der Ukraine.

      Videos mit Philipp und Sophia begeistern kurdische Kinder
  • Liebe überwindet Grenzen
    Jahrbuch der Zeugen Jehovas 2017
    • GEORGIEN

      Liebe überwindet Grenzen

      SCHON einige Zeit vor der Geburt der kleinen Sanel sagten die Ärzte den Eltern, dass ihre Tochter mit schweren gesundheitlichen Problemen zu kämpfen haben wird — sofern sie überhaupt die Geburt übersteht. Kaum war sie auf der Welt, brauchte sie eine Operation. Ihre Eltern lebten in Abchasien, das sich für unabhängig erklärt hatte. Dort konnten sie keinen Chirurgen finden, der Sanel ohne Bluttransfusion operieren würde.

      Die Eltern wandten sich an das Krankenhaus-Verbindungskomitee (KVK) am Ort.a Zu ihrer großen Erleichterung fanden die Brüder vom KVK sofort einen Arzt, der Sanel ohne Bluttransfusion operieren würde, allerdings in Georgiens Hauptstadt Tiflis. Sanels Mutter hatte sich von der Entbindung noch nicht ganz erholt und konnte daher nicht reisen. Also sollten Sanels Großmütter, die beide Zeuginnen waren, das Baby ins Krankenhaus nach Tiflis bringen.

      Die schwierige Operation war erfolgreich. Kurz danach schrieben die Großmütter: „Wir blieben über 20 Tage im Krankenhaus. Während dieser Zeit drückten viele georgische Brüder und Schwestern ihre Anteilnahme aus oder boten uns Hilfe an und besuchten uns im Krankenhaus. Wir hatten zwar schon über die Liebe innerhalb der Bruderschaft gelesen, aber jetzt konnten wir sie selbst erleben.“

  • Mein Leben musste sich ändern
    Jahrbuch der Zeugen Jehovas 2017
    • GEORGIEN

      Mein Leben musste sich ändern

      Dawit Samcharadse

      • GEBURTSJAHR: 1967

      • TAUFE: 1989

      • KURZPORTRÄT: Er war reisender Aufseher; seit 2013 dient er als Unterweiser in Bibelschulen

      Dawit Samcharadse unterrichtet in einer Bibelschule

      1985, damals war ich 18, wurde ich unter der Sowjetregierung zum Wehrdienst eingezogen. Die ungerechte und grausame Behandlung in der Armee machte mir derart zu schaffen, dass ich mir sagte: „So wie diese Leute will ich niemals werden. Ich will anders sein.“ Aber mein Verhalten war nicht immer so, wie ich es mir wünschte. Mein Leben musste sich ändern.

      Nach meinem Wehrdienst ging ich wieder zurück nach Hause. Eines Nachts, nach einer Party, betete ich zu Gott, mir bei meiner Veränderung zu helfen. Am nächsten Tag machte ich auf dem Weg zur Arbeit einen Besuch bei meiner Tante, einer Zeugin Jehovas. Als ich hereinkam, saßen dort zu meinem Erstaunen mehrere Zeugen Jehovas, die eine Zusammenkunft abhielten. Sie begrüßten mich freundlich, also blieb ich und hörte zu.

      Ich fing ein Bibelstudium an und ließ mich sechs Monate später taufen. Jehova hat mir geholfen, ein besserer Mensch zu werden. Aus eigener Kraft hätte ich das nie geschafft.

  • Ich suchte Anleitung bei Jehova
    Jahrbuch der Zeugen Jehovas 2017
    • GEORGIEN

      Ich suchte Anleitung bei Jehova

      Tamasi Biblaia

      • GEBURTSJAHR: 1954

      • TAUFE: 1982

      • KURZPORTRÄT: Er half, die Literatur im Geheimen zu drucken; er war einer der ersten Kreisaufseher in Georgien und gleichzeitig Vater von vier Kindern

      Tamasi Biblaia

      MEINE Mutter regte sich sehr auf, als meine Frau Zizo und ich Zeugen Jehovas wurden. Eines Tages rief sie alle unsere Verwandten zusammen. Sie sollten mich überzeugen, nicht mehr zu den Zeugen Jehovas zu gehen. Ich wurde vor die Wahl gestellt: entweder mein Glaube oder meine Familie.

      Ich überlegte, die Stadt zu verlassen und nach Kutaissi zu gehen, der zweitgrößten Stadt Georgiens. Dort standen die Arbeitschancen für einen Metallarbeiter wie mich sehr gut, außerdem wurden Verkündiger dringend gebraucht. War die Überlegung richtig? Ich suchte Anleitung bei Jehova.

      Kurz danach traf ich einen meiner Bibelschüler. Als er von meinem geplanten Umzug nach Kutaissi hörte, bat er mich, doch lieber in seine Stadt zu ziehen. Er wohnte in Dschwari, einer Kleinstadt. „Wir haben eine Wohnung“, sagte er. „Ich kann mit meiner Frau und meinen Kindern in einem Zimmer wohnen, dann kannst du mit deiner Frau das andere Zimmer nehmen.“

      War das die Antwort von Jehova? Ich versprach meinem Bibelschüler, erst einmal zu ihm zu ziehen — aber nur, wenn sich in Dschwari schnell Arbeit und Wohnung finden lassen würden. Zu meiner Überraschung kam er noch am selben Abend zurück und gab mir eine Liste mit Stellenangeboten.

      Ein paar Tage später zogen wir nach Dschwari. Vom allerersten Tag an hatte ich Arbeit. Sie wurde außergewöhnlich gut bezahlt. Zusätzlich bot mir mein neuer Chef an, in ein großes Haus zu ziehen, das der Firma gehörte. Bald darauf fragten mich die Brüder, ob ich mithelfen könne, die Literatur heimlich zu drucken. Im Haus war mehr als genug Platz, also sagten wir zu.

      Viele Jahre lang fanden bei uns das Gedächtnismahl und andere besondere Anlässe statt. Über 500 (!) Personen wurden unter unserem Dach getauft. Ich bin überglücklich, dass ich Jehovas Anleitung erkannt habe und ihr gefolgt bin.

      Tamasi Biblaia und seine Frau studieren mit einem Mann die Bibel
  • „Bei Gott sind alle Dinge möglich!“
    Jahrbuch der Zeugen Jehovas 2017
    • GEORGIEN

      „Bei Gott sind alle Dinge möglich!“

      Natela Grigoriadis

      • GEBURTSJAHR: 1960

      • TAUFE: 1987

      • KURZPORTRÄT: Natela nutzte bald nach ihrer Taufe ihre Erfahrungen und Kontakte als Vertriebsleiterin, um das Drucken im Untergrund voranzubringen

      Natela Grigoriadis

      ENDE der 80er-Jahre hatte bei den Zusammenkünften nur der Studienleiter einen Wachtturm, oft sogar nur einen handgeschriebenen. Daher schlug ich einem der Ältesten, Genadi Gudadse, vor, dass wir versuchen könnten, selbst Zeitschriften zu drucken.

      Bisher war eine kleine Menge an Publikationen mit einem selbstgebauten Mimeografen (Vervielfältigungsapparat) hergestellt worden. Um aber regelmäßig Zeitschriften herzustellen, benötigte man einen besseren Mimeografen, eine erfahrene Schreibkraft, eine Schreibmaschine und laufend Nachschub an Matrizenpapier. Das Papier und jegliche Druckausrüstung wurden jedoch staatlich registriert und kontrolliert.

      Durch meine Arbeit kannte ich aber jemand, der an entsorgte Schreibmaschinen kommen konnte. So erhielt ich ein Gerät, das nicht mehr der staatlichen Kontrolle unterlag. Meine Schwester, eine Schreibkraft, unterstützte uns ebenfalls. Die Brüder bauten einen neuen Mimeografen, außerdem machten sie eine Bezugsquelle für Matrizenpapier ausfindig. Alles fügte sich gut zusammen und so hielten wir bald unsere erste selbstgedruckte Ausgabe des Wachtturms in Georgisch in den Händen.

      Doch eines Tages gab es ein neues Problem. Genadi sagte zu mir: „Wir brauchen eine andere Quelle für Matrizenpapier.“ Er hatte zwar in einem von der Regierung betriebenen Büro Pakete mit Papier entdeckt, konnte sie aber nicht kaufen, da er von der Polizei beobachtet wurde. Könnten wir da irgendwie rankommen? Ich rief immer wieder: „Unmöglich!“ Genadi sagte jedoch entschlossen: „Sag doch nicht: ‚Unmöglich!‘ Bei Gott sind alle Dinge möglich“ (Mat. 19:26).

      Darüber dachte ich am nächsten Tag auf dem Weg zu dem Büro ständig nach. Ich war ganz schön nervös. Dank Jehovas Hilfe traf ich dort jedoch auf eine freundliche Schreibkraft, die mir bei meiner Anfrage an den Büroleiter half — es war übrigens ihr Ehemann. Schon bald kaufte ich dort regelmäßig Matrizenpapier. Von da an hatten wir nie wieder Nachschubprobleme.

      Natela Grigoriadis liest einen Wachtturm
  • Mein Mann konnte einfach nicht aufhören zu lesen!
    Jahrbuch der Zeugen Jehovas 2017
    • GEORGIEN

      Mein Mann konnte einfach nicht aufhören zu lesen!

      Marina Kopaliani

      • GEBURTSJAHR: 1957

      • TAUFE: 1990

      • KURZPORTRÄT: Marina und ihr Mann Badri wurden zwei unermüdliche Verkündiger und zogen gleichzeitig noch zwei Söhne groß. Badri diente später im Landeskomitee. Er starb 2010 in Treue

      Marina Kopaliani

      BRUDER Giwi Barnadse studierte mit unseren Nachbarn die Bibel. Bei ihnen trafen wir 1989 das erste Mal auf Zeugen Jehovas. Bruder Barnadse hatte jedoch keine eigene Bibel, da sie damals in Georgisch nur schwer erhältlich war.

      Wir schätzten sehr, was wir hörten, und wollten uns daher gern eine Bibel besorgen. Als mein Mann seinen leiblichen Bruder besuchte, erzählte er ihm davon. Zu Badris Überraschung sagte sein Bruder, dass er sich erst kürzlich eine neue Ausgabe der Bibel in Georgisch gekauft hatte und dass er sie ihm gern schenken würde.

      Als Badri zurück war, setzte er sich an den Tisch und las in der Bibel — bis in die Nacht. Als er am nächsten Tag aufwachte, las er gleich weiter. Als ich von der Arbeit kam, saß er immer noch am Tisch. Er konnte einfach nicht aufhören zu lesen! Also schlug ich ihm vor, sich ein paar Tage freizunehmen, um die Bibel zu Ende zu lesen. Schon bald hatte er die ganze Bibel durchgelesen.

      Später begann Bruder Barnadse mit uns das Buch Die Wahrheit, die zu ewigem Leben führt zu studieren und wir schätzten es sehr, dass wir unsere Bibel hatten. Er besaß nämlich keine Bibel und wir kein eigenes Exemplar des Wahrheits-Buches. Aber durch diese Kombination lief das Studium ganz gut. Etwa ein Jahr später ließen Badri und ich uns taufen.

      Marina und Badri Kopaliani
  • Wo sind Sie bis jetzt bloß gewesen?
    Jahrbuch der Zeugen Jehovas 2017
    • GEORGIEN

      Wo sind Sie bis jetzt bloß gewesen?

      Artur Gerechelia

      • GEBURTSJAHR: 1956

      • TAUFE: 1991

      • KURZPORTRÄT: Nur 8 Monate nach seiner Taufe verließ er sein Haus und ein florierendes Geschäft, um dort zu dienen, wo größerer Bedarf besteht

      Artur Gerechelia

      NICHT lange nach meiner Taufe fragten mich die Ältesten, ob ich meinen Dienst ausweiten möchte. Am 4. Mai 1992 nahm ich also an einer besonderen Zusammenkunft teil. Sie wurde für diejenigen organisiert, die dorthin ziehen wollten, wo größerer Bedarf besteht. Gleich am nächsten Tag zogen mein Dienstpartner und ich dann in die Hafenstadt Batumi in Adscharien.

      Bei meinem ersten Predigtdienst dort war ich ziemlich aufgeregt. „Wie komme ich am besten ins Gespräch?“, dachte ich. Die Reaktion der ersten Frau, die ich dort traf, überraschte mich. Sie rief aus: „Wo sind Sie bis jetzt bloß gewesen?“ Sie wollte unbedingt mehr über Jehovas Zeugen erfahren. Und so fingen wir schon am nächsten Tag ein Bibelstudium mit ihr an.

      Vor unserem Aufbruch nach Batumi hatten wir eine Liste mit Adressen interessierter Personen erhalten. Weil wir uns aber in der Stadt nicht auskannten, fragten wir Passanten nach dem Weg. Die Straßen waren jedoch vor kurzem umbenannt worden und so konnten viele, die wir fragten, uns nicht weiterhelfen. Sie hatten aber an unserer Botschaft Interesse. Bald studierten wir sogar mit Gruppen von 10 bis 15 Personen die Bibel.

      Nur vier Monate nach unserer Ankunft kamen schon mehr als 40 regelmäßig zu unseren Zusammenkünften. Wir fragten uns daher, wer sich um all diese Neuen kümmern sollte. Doch dann zog die Versammlung, in der ich vorher war, geschlossen nach Batumi, weil es in Abchasien einen Konflikt zwischen Separatisten und der georgischen Armee gab. So hatten wir also von einem Tag auf den anderen eine neue Versammlung mit erfahrenen Ältesten und Pionieren.

      Eine Gruppe studiert die Bibel
  • Ich hielt mein Leben für ziemlich erfolgreich
    Jahrbuch der Zeugen Jehovas 2017
    • GEORGIEN

      Ich hielt mein Leben für ziemlich erfolgreich

      Madona Kankia

      • GEBURTSJAHR: 1962

      • TAUFE: 1990

      • KURZPORTRÄT: Ex-Mitglied der Kommunistischen Partei Georgiens. Madona hat vielen geholfen, die Wahrheit kennenzulernen. 2015 besuchte sie in Tiflis die erste Klasse der Schule für Königreichsverkündiger

      Madona Kankia

      DAS erste Mal hörte ich 1989 von der biblischen Wahrheit. Damals war ich eine prominente Kommunistin in meiner Heimatstadt Senaki und saß auch regelmäßig im Obersten Sowjet Georgiens, vergleichbar mit dem heutigen Parlament. Außerdem war ich mit einem netten jungen Mann verlobt. Ich hielt mein Leben für ziemlich erfolgreich.

      Meine Eltern legten mir die Liebe zu Gott ins Herz und so glaubte ich an ihn, obwohl ich Kommunistin war. Als ich dann die Bibel studierte, erhielt ich befriedigende Antworten auf all meine Fragen. Ich beschloss, mich Jehova hinzugeben. Meine Familie, meine Freunde, meine Kollegen und mein Verlobter waren mit dieser Entscheidung allerdings gar nicht einverstanden.

      Meine Familie verstieß mich wegen meines neuen Glaubens. Außerdem war er mit meiner politischen Laufbahn unvereinbar. Mir blieb keine andere Wahl: Ich trat aus der Kommunistischen Partei und dem Obersten Sowjet aus, kündigte meine Arbeit, trennte mich von meinem Verlobten und verließ mein Elternhaus. Dann ließ ich mich taufen. Das löste in meiner Heimatstadt einigen Wirbel aus, und auch der Druck durch Freunde und Familie wurde größer. Also zog ich nach Kutaissi und begann sofort mit dem Pionierdienst.

      War mein Glaube all das wert? Ganz bestimmt! Ich bin glücklich und zufrieden mit meiner Wahl. Mama und Papa verstanden meine Entscheidungen zwar nicht, aber ich bin ihnen dankbar, dass sie mir Liebe zu Gott und dem Nächsten vermittelt haben. Das hat mir im Leben sehr geholfen.

      Madona Kankia studiert mit einer Frau die Bibel
  • Echte christliche Liebe versagt nie
    Jahrbuch der Zeugen Jehovas 2017
    • GEORGIEN

      Echte christliche Liebe versagt nie

      Igor: Wir dienten beide in einer Gruppe in Tqwartscheli (Abchasien). Allerdings war die Versammlung, zu der unsere Gruppe gehörte, ganze 85 Kilometer weit weg in Dschwari. Deswegen machte ich mich jeden Monat auf den Weg dorthin, um Literatur für unsere Gruppe zu holen. 1992, nicht lange nach dem Fall der Sowjetunion, wollte sich die autonome Region Abchasien vom Land abspalten. Es kam zum Krieg zwischen Separatisten und der georgischen Armee und zu vielen Schwierigkeiten.

      Giso Narmania und Igor Otschigawa

      Giso Narmania und Igor Otschigawa

      Gemeinsam halfen sie ihren Glaubensbrüdern während des Kriegs in Abchasien

      Giso: Ich ließ mich mit 21 Jahren taufen, nur ein Jahr bevor der Krieg ausbrach. Zu Kriegsbeginn waren die Brüder wie gelähmt, sie hatten Angst und wussten nicht, wie sie weitermachen sollten. Aber Igor, wie immer ein guter Hirte, machte uns Mut: „Gerade jetzt brauchen die Leute Trost. Und unser Glaube kann nur stark bleiben, wenn wir weiter predigen.“ Also sprachen wir mit anderen jeden Tag über die Hoffnung aus der Bibel, waren dabei allerdings sehr vorsichtig.

      Igor: Wegen des Kriegs konnten wir die übliche Route nach Dschwari und zurück nicht benutzen, um Literatur zu transportieren. Ich suchte nach einem sicheren Weg, und da ich in der Gegend groß geworden bin, fand ich eine Route über Teeplantagen und Berge. Trotzdem war es nicht ganz ungefährlich, weil man bewaffneten Männern begegnen oder auf eine Landmine treten konnte. Dieser Gefahr wollte ich meine Brüder nicht aussetzen, also machte ich mich einmal im Monat allein auf den Weg. Mit Jehovas Hilfe konnte ich immer rechtzeitig die geistige Speise besorgen, die unseren Glauben stark hielt.

      In Tqwartscheli gab es zwar keine Kämpfe, aber unsere Stadt war schon bald von der Außenwelt abgeschnitten. Der Krieg setzte also auch uns sehr zu. Als der Winter vor der Tür stand, gingen unsere Nahrungsmittelvorräte zu Ende. Wie sollten wir bloß überleben? Wir waren überglücklich, als wir mitbekamen, dass unsere Brüder in Dschwari eine Hilfsaktion für uns auf die Beine gestellt hatten.

      Giso: Igor fragte mich und meine Familie, ob wir die Hilfslieferungen der Brüder bei uns zu Hause lagern und von dort aus verteilen könnten. Als er die Vorräte aus Dschwari holen wollte, machten wir uns Sorgen um seine Sicherheit. Würde er von den Kontrolleuren gestoppt werden? Oder würde er womöglich Opfer eines Überfalls werden? (Joh. 15:13).

      Uns fiel ein Stein vom Herzen, als Igor ein paar Tage später wohlbehalten zurückkam. Sein Auto war vollgepackt mit genügend Vorräten für die kommenden Wintermonate. In diesen schwierigen Zeiten konnten wir hautnah erleben: Echte christliche Liebe versagt nie (1. Kor. 13:8).

  • Ich sah mit eigenen Augen, was in der Bibel steht
    Jahrbuch der Zeugen Jehovas 2017
    • GEORGIEN

      Ich sah mit eigenen Augen, was in der Bibel steht

      Pepo Dewidse

      • GEBURTSJAHR: 1976

      • TAUFE: 1993

      • KURZPORTÄT: Sie wurde religiös erzogen und hielt sich streng an die georgisch-orthodoxen Traditionen. Sie wurde eine Zeugin Jehovas und arbeitete später mit ihrem Mann im Bethel. Zurzeit sind sie Sonderpioniere

      Pepo Dewidse

      ICH hörte zum ersten Mal von Jehovas Zeugen, als ich Studentin in Kutaissi war. Eine Nachbarin erzählte mir nämlich, die Zeugen beteten keine Ikonen an und glaubten nicht, dass Jesus Gott gleich ist. Das widersprach aber meinem orthodoxen Glauben, an dem ich sehr hing.

      Als ich im Sommer 1992 in meine Heimatstadt Zageri zurückkam, erfuhr ich, dass die Zeugen auch dort tätig waren. Meine Mutter hatte viel Positives über sie gehört. Da ich nach wie vor nicht viel von den Zeugen hielt, sagte meine Mutter: „Mach dir doch selbst ein Bild von ihren Lehren.“

      Zwei Pioniere, Pawle und Paata, besuchten regelmäßig eine Familie in unserer Nachbarschaft. Viele andere Nachbarn kamen jeweils dorthin, hörten zu und stellten Fragen. Ich entschied mich also mitzumachen. Jedes Mal, wenn ich dabei eine Frage aufwarf, schlugen die Brüder die Bibel auf und ließen mich selbst den Text lesen. Das beeindruckte mich sehr! Ich sah mit eigenen Augen, was in der Bibel steht.

      Schon bald schloss ich mich einer Gruppe an, mit der die Brüder die Bibel studierten. Im nächsten Sommer ließen sich 10 von uns taufen. Später wurde auch meine Mama eine Zeugin Jehovas.

      Wenn ich zurückdenke, bin ich den Brüdern so dankbar, dass ich die Antworten auf meine Fragen immer selbst direkt in der Bibel nachlesen sollte. Das hat mir wirklich geholfen, als ich wegen meiner Glaubensansichten innerlich zerrissen war. Nun mache ich es genauso, wenn ich anderen die Liebe zur Wahrheit vermitteln will.

      Pepo Dewidse und ihr Ehemann
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