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Erwachet! 1996
g96 22. 7. S. 3-5

Die Geschichte des Rechtes der freien Meinungsäußerung

IM Verlauf der Geschichte wurde immer wieder um das Recht der freien Meinungsäußerung gekämpft. Für das Recht, seine Meinung öffentlich zu äußern, ließen Menschen ihr Leben, seinetwegen wurden Gesetze erlassen und Kriege geführt.

Warum wurden wegen eines doch offensichtlich natürlichen Rechtes Auseinandersetzungen geführt, ja wurde sogar Blut vergossen? Warum haben es Gesellschaften sowohl in der Vergangenheit als auch in der Gegenwart für nötig befunden, die Ausübung dieses Rechtes einzuschränken oder sogar ganz zu verbieten?

Im Laufe der Geschichte wurden die verschiedensten Ansichten über das Recht der freien Meinungsäußerung vertreten — sie glichen einem hin- und herschwingenden Pendel. Zu manchen Zeiten galt dieses Recht als ein ganz besonderes Privileg. Zu anderen Zeiten wurde es als ein Problem betrachtet, um das sich die Regierungen oder religiöse Kräfte kümmern mußten.

Da die Geschichte von zahllosen Menschen berichtet, die für das Recht, seine Meinung öffentlich zu äußern, kämpften — was oft dazu führte, daß sie brutal verfolgt oder auch getötet wurden —, müßte eine Rückschau auf diese Ereignisse uns einen Einblick in das Problem vermitteln.

Wer sich in Geschichte auskennt, wird sich bestimmt an den griechischen Philosophen Sokrates (470—399 v. u. Z.) erinnern, dessen Ansichten und Lehren als ein verderblicher Einfluß auf die Moral der Jugend von Athen galten. Sie versetzten die politischen und die religiösen Führer der griechischen Hierarchie in große Aufregung und führten zum Tod von Sokrates. Seine Verteidigungsrede vor dem Gericht, das ihn letztendlich verurteilte, ist und bleibt eines der beredtesten Zeugnisse von Verteidigungen des Rechtes der freien Meinungsäußerung. Sokrates sagte: „Wenn ihr mir nun ... sagen würdet: ‚Sokrates, wir ... lassen dich frei unter der Bedingung, daß du dein bisheriges Forschen aufgibst und dich nicht mehr mit Philosophie beschäftigst. Wenn man dich aber noch einmal bei dieser Beschäftigung ertappt, mußt du sterben.‘ Wenn ihr mich also unter dieser Bedingung entlassen wolltet, würde ich euch erklären: Athener, ... ich werde lieber der Gottheit gehorchen als euch. Solange ich atme und bei Kräften bin, will ich nimmermehr aufhören zu philosophieren und euch zu ermahnen und jedem von euch, wem ich auch immer begegne, Vorhaltungen zu machen ... Denn dies ist wahrhaftig der Befehl der Gottheit ... Daraufhin nun, Athener, möchte ich erklären: ... mögt ihr mich freisprechen oder nicht, ihr sollt wissen, daß ich nichts anderes betreiben werde, selbst wenn ich einen vielfachen Tod erleiden müßte.“

In späterer Zeit, das heißt zu Beginn der römischen Ära, schlug das Pendel in Richtung weniger Einschränkungen aus; als sich das Römische Reich ausdehnte, schlug es allerdings wieder zur entgegengesetzten Seite aus. Das war der Beginn der schwärzesten Zeit für das Recht der freien Meinungsäußerung. Während der Regierungszeit des Tiberius (14—37 u. Z.) ging man unerbittlich gegen diejenigen vor, die sich gegen die römische Regierung oder ihre Politik aussprachen. Und nicht nur Rom war gegen das Recht der freien Meinungsäußerung; genau zu jener Zeit zwangen jüdische Führer Pontius Pilatus, Jesus wegen seiner Lehren zu Tode bringen zu lassen, und sie erteilten Jesu Aposteln den Befehl, nicht mehr zu predigen. Doch auch die Apostel waren eher bereit, zu sterben, als das Predigen aufzugeben (Apostelgeschichte 5:28, 29).

In den meisten Epochen der Geschichte wurden die von Regierungen gewährten Bürgerrechte immer wieder nach Belieben abgeändert oder gestrichen, was häufig dazu führte, daß um das Recht der freien Meinungsäußerung gekämpft wurde. Erstmals im Mittelalter forderten einige eine schriftliche Darlegung ihrer Rechte, in der auch der staatlichen Kontrolle dieser Rechte Schranken gesetzt werden sollten. Bedeutende Erklärungen der Grundrechte waren die Folge. Dazu gehört die Magna Charta, ein Markstein auf dem Gebiet der Menschenrechte. Später kamen die englische Bill of Rights (1689) hinzu, die Virginia Declaration of Rights (1776), die französische Erklärung der Menschenrechte (1789) sowie die Bill of Rights der Vereinigten Staaten (1791).

Im 17., 18. und 19. Jahrhundert sprachen sich führende Persönlichkeiten zugunsten des Rechtes der freien Meinungsäußerung aus. 1644 schrieb der englische Dichter John Milton, der wohl am meisten durch sein Werk Das verlorene Paradies bekannt wurde, die berühmte Streitschrift Areopagitica, die sich gegen Einschränkungen der Pressefreiheit richtete.

Im 18. Jahrhundert wurde das Recht der freien Meinungsäußerung in England immer mehr ausgebaut, obwohl Einschränkungen bestehenblieben. Die Kolonien in Amerika drängten auf das Recht der freien Meinungsäußerung, und zwar sowohl in Wort als auch in Schrift. In der Verfassung des Bundesstaates Pennsylvanien vom 28. September 1776 hieß es zum Beispiel auszugsweise: „Damit den Menschen das Recht der freien Meinungsäußerung gewährt werde sowie das Recht, ihre Meinung schriftlich kundzutun und diese auch zu verbreiten, sollte die Pressefreiheit nicht unterdrückt werden.“

Diese Erklärung gab 1791 den Anstoß zum ersten Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten, in dem die Ansicht der Gründerväter der amerikanischen Verfassung über hochangesehene Menschenrechte zum Ausdruck kommt. Er lautet: „Der Kongreß darf kein Gesetz erlassen, das die Einführung einer Staatsreligion zum Gegenstand hat, die freie Religionsausübung verbietet, die Rede- oder Pressefreiheit oder das Recht des Volkes einschränkt, sich friedlich zu versammeln und die Regierung durch Petition um Abstellung von Mißständen zu ersuchen.“

Der im 19. Jahrhundert lebende britische Philosoph John Stuart Mill veröffentlichte 1859 das Essay On Liberty (deutsch: Die Freiheit, 1945). Es wird häufig zitiert und gilt als eine der herausragendsten Stellungnahmen zugunsten der freien Meinungsäußerung.

Der Kampf um das Recht, seine Meinung öffentlich zu äußern, endete jedoch auch nicht mit dem Beginn des so „aufgeklärten“ 20. Jahrhunderts. In Amerika sind beispielsweise infolge von Bestrebungen, das Recht der freien Meinungsäußerung einzuschränken, aus den Gerichtssälen sowohl unterer Instanzen als auch des Obersten Bundesgerichts Proklamationen zur Verteidigung dieser Freiheit zu hören gewesen.

Daß Oliver Wendell Holmes jr., ehemals Richter am Obersten Bundesgericht der Vereinigten Staaten, an das Recht der freien Meinungsäußerung glaubte, wurde durch einige seiner Urteile deutlich. Über die Bedeutung, die er der freien Meinungsäußerung beimaß, sagte er: „Wenn es irgendeinen Grundsatz in der Verfassung gibt, der es zwingend erforderlich macht, daß man mehr an ihm festhält als an jedem anderen Grundsatz, dann ist es der Grundsatz der freien Meinungsäußerung — das Recht der freien Meinungsäußerung nicht für diejenigen, die mit uns einer Meinung sind, sondern das Recht, jene Meinung frei zu äußern, die uns verhaßt ist“ (Vereinigte Staaten gegen Schwimmer, 1928).

Die Nichtbeachtung dieses Grundsatzes hat zu gerichtlichen Auseinandersetzungen geführt, die das Pendel zwischen Freiheit und Einschränkungen hin- und herschwingen ließen. Nur allzuoft ist man der Ansicht: „Redefreiheit für mich — aber nicht für dich.“ Nat Hentoff berichtet in seinem gleichnamigen Buch von leidenschaftlichen Verfechtern des ersten Zusatzartikels, die — je nachdem, ob es für sie von Vorteil war oder nicht — für oder gegen das Recht der freien Meinungsäußerung plädierten wie ein hin- und herschwingendes Pendel. Er führt Fälle an, in denen das Oberste Bundesgericht der Vereinigten Staaten einige seiner Urteile aufhob; bei manchen ging es um Jehovas Zeugen und um ihren jahrelangen Kampf um das Recht, ihre religiöse Überzeugung frei zu äußern. Nat Hentoff schreibt über die Zeugen: „Mitglieder dieser Glaubensrichtung haben im Laufe der Jahrzehnte durch Prozesse, die die Verfassung betrafen, einen großen Beitrag für eine umfassendere Glaubensfreiheit geleistet.“

Viele Rechtsanalytiker und Historiker der Moderne haben ausführlich über die zahlreichen Prozesse geschrieben, die im späten 20. Jahrhundert zur Bewahrung des Rechtes der freien Meinungsäußerung ausgefochten worden sind, und zwar nicht nur in Amerika. Das Recht der freien Meinungsäußerung ist niemals gewährleistet. Obgleich sich Regierungen damit brüsten mögen, wieviel Freiheit sie dem Volk auf diesem Gebiet einräumen, zeigt die Erfahrung, daß diese Freiheit durch einen Regierungswechsel oder einen Wechsel der Richter wieder dahin sein kann. Jehovas Zeugen haben für die kostbare Meinungsäußerungsfreiheit mit an vorderster Front gekämpft.

Professor C. S. Braden schrieb in seinem Buch These Also Believe: „Sie [Jehovas Zeugen] haben der Demokratie durch ihren Kampf um die Bewahrung ihrer bürgerlichen Rechte einen bemerkenswerten Dienst geleistet; ihr Kampf hat viel zur Sicherung dieser Rechte für alle Minderheiten in Amerika beigetragen. Wenn in die bürgerlichen Rechte irgendeiner Gruppe eingegriffen wird, sind auch die Rechte keiner anderen Gruppe mehr sicher. Sie haben daher einen entschiedenen Beitrag geleistet zur Bewahrung einiger der kostbarsten Dinge in unserer Demokratie.“

Freiheitsliebende Menschen können nur schwer begreifen, warum manche Regierungen und manche Religionen keine Meinungsäußerungsfreiheit gewähren. Es ist eine Verwehrung eines grundlegenden Rechtes des Menschen, und in der ganzen Welt haben viele darunter zu leiden. Werden die Meinungen über das Recht der freien Meinungsäußerung auch in Zukunft einem hin- und herschwingenden Pendel gleichen, selbst in Ländern, wo dieses grundlegende Recht gewährt wird? Wird dieses Recht dazu benutzt werden, eine unmoralische, obszöne Sprache zu rechtfertigen? Schon heute müssen sich die Gerichte mit diesem umstrittenen Thema auseinandersetzen.

[Bild auf Seite 3]

Sokrates sprach sich für das Recht der freien Meinungsäußerung aus

[Bildnachweis]

Musei Capitolini (Rom)

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