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Wie wichtig ist Reinlichkeit?Der Wachtturm 2002 | 1. Februar
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Wie wichtig ist Reinlichkeit?
UNTER Reinlichkeit versteht nicht jeder dasselbe. Bekommt beispielsweise ein kleiner Junge von seiner Mutter gesagt, er solle sich die Hände und das Gesicht waschen, denkt er vielleicht, es reiche aus, seine Finger unter den laufenden Wasserhahn zu halten und die Lippen nass zu machen. Aber seine Mutter weiß es besser. Sie geht mit ihm ins Badezimmer zurück und wäscht gründlich seine Hände und sein Gesicht mit viel Seife und Wasser — da kann er noch so lautstark protestieren!
Maßstäbe für Reinlichkeit unterscheiden sich natürlich von Gegend zu Gegend, und was man sich unter Reinlichkeit vorstellt, hängt auch damit zusammen, wo in der Welt man aufgewachsen ist. Früher war in vielen Ländern für ein sauberes, ordentliches schulisches Umfeld gesorgt, was den Schülern half, gute Gewohnheiten in Bezug auf Sauberkeit zu entwickeln. Heutzutage sind Schulgelände mancherorts derart von Abfällen übersät, dass sie eher einer Schutthalde gleichen als einem Spiel- oder Sportplatz. Und wie sieht es in den Klassenzimmern aus? Darren, Hausmeister an einer Highschool in Australien, sagte: „Jetzt macht der Dreck nicht einmal mehr vor den Klassenräumen Halt.“ Manche Schüler fühlen sich bestraft, wenn man ihnen sagt „Heb das auf“ oder „Mach das sauber“. Problematisch ist nur, dass es Lehrer gibt, die Reinigungsarbeiten wirklich als Strafmaßnahme benutzen.
Erwachsene sind andererseits auch nicht immer ein Vorbild an Reinlichkeit, weder im täglichen Leben, noch in der Geschäftswelt. Öffentliche Anlagen zum Beispiel werden nicht selten in desolatem Zustand hinterlassen. Es gibt Industriebetriebe, die die Umwelt verpesten. Verursacht wird die Verschmutzung aber nicht von anonymen Industrie- oder Wirtschaftsunternehmen, sondern von Menschen. Und wenn auch das weltweite Problem der Umweltverschmutzung und dessen vielfältige Folgeschäden wohl hauptsächlich auf Habgier zurückzuführen sind, tragen doch zum Teil auch unsaubere persönliche Gewohnheiten dazu bei. Ein ehemaliger Generaldirektor des Commonwealth of Australia pflichtete dieser Schlussfolgerung bei, als er sagte: „Bei allen Fragen der Volksgesundheit geht es im Endeffekt immer um den einzelnen Mann, die einzelne Frau, das einzelne Kind.“
Dessen ungeachtet halten manche das Thema Reinlichkeit für eine Privatangelegenheit, in die sich niemand einmischen sollte. Trifft das wirklich zu?
Man kann gar nicht genug betonen, wie wichtig Reinlichkeit in Verbindung mit unserer Nahrung ist — ob wir nun auf dem Markt einkaufen, in einem Restaurant essen oder bei Freunden eine Mahlzeit einnehmen. Von den Personen, die unser Essen zubereiten oder servieren, erwarten wir ein hohes Maß an Reinlichkeit. Sind ihre (oder unsere) Hände schmutzig, kann das vielerlei Krankheiten verursachen. Wie steht es mit Krankenhäusern — Einrichtungen, wo wir mehr als irgendwo sonst Reinlichkeit erwarten würden? Laut einem Bericht im New England Journal of Medicine könnte der Umstand, dass jährlich zehn Milliarden Dollar für die Behandlung von Infektionen aufgewendet werden müssen, die sich Patienten im Krankenhaus zuziehen, nicht zuletzt auf das Versäumnis von Ärzten und Krankenpflegern zurückzuführen sein, sich die Hände zu waschen. Mit gutem Recht erwarten wir, dass niemand durch seine unsauberen Gewohnheiten unsere Gesundheit gefährdet!
Sehr ernst wäre es auch, würde jemand — mutwillig oder aus Gedankenlosigkeit — unser Trinkwasser verunreinigen. Oder würden wir, um ein anderes Beispiel zu nennen, barfuß an einem Strand spazieren gehen wollen, wo etwa Drogenabhängige gebrauchte Spritzen weggeworfen haben? Vielleicht noch wichtiger für uns als Einzelne ist jedoch die Frage: Wird bei mir zu Hause auf Reinlichkeit geachtet?
In dem Buch Chasing Dirt stellt die Autorin Suellen Hoy die Frage: „Sind wir noch so reinlich, wie wir es einmal waren?“ Ihre Antwort: „Wahrscheinlich nicht.“ Als Hauptgrund führt sie Umwälzungen im gesellschaftlichen Wertegefüge an. Da die Leute immer weniger Zeit zu Hause verbringen, bezahlen sie einfach jemand dafür, das Saubermachen für sie zu übernehmen. Das hat zur Folge, dass es dem Einzelnen nicht mehr wichtig ist, die Umgebung sauber zu halten. Ein Mann sagte: „Ich achte darauf, dass ich sauber bin und nicht die Duschkabine. Auch wenn mein Haus vielleicht schmutzig ist, bin wenigstens ich sauber.“
Reinlichkeit umfasst indes weit mehr als lediglich die äußere Erscheinung. Sie ist die ethische Grundlage einer gesunden Lebensführung. Sie schließt die Gesinnung ein, die von unseren Moralvorstellungen und unserer Gottesanbetung geprägt ist. Befassen wir uns etwas eingehender damit.
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Reinlichkeit — Was ist wirklich damit gemeint?Der Wachtturm 2002 | 1. Februar
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Reinlichkeit — Was ist wirklich damit gemeint?
DIE schockierend unhygienischen Bedingungen in Europa und in den Vereinigten Staaten während des 18. und 19. Jahrhunderts veranlassten Missionare jener Zeit, eine regelrechte „Lehre von der Reinlichkeit“ zu predigen. Gemäß dieser Lehre war Schmutz mit Sünde gleichzusetzen, Reinlichkeit hingegen sollte jemand Gott näher bringen. Möglicherweise wurde dadurch der Lehrsatz populär: „Reinlichkeit kommt gleich nach Frömmigkeit.“
Diese Grundhaltung nahm die von William und Catherine Booth gegründete Heilsarmee ein. Gemäß dem Buch Health and Medicine in the Evangelical Tradition lautete einer ihrer ersten Wahlsprüche: „Soap, Soup, and Salvation“, was so viel heißt wie „Seife, Suppe und Heil“. Als dann Louis Pasteur und andere unwiderlegbar den Zusammenhang zwischen Krankheiten und Bakterien nachwiesen, gab das den Bestrebungen zur Verbesserung der Volksgesundheit nur noch zusätzlichen Auftrieb und eine wissenschaftliche Grundlage.
Als Sofortmaßnahme hörte man beispielsweise auf, vor Gericht von Zeugen zu verlangen, die Bibel zu küssen, und schaffte die von allen gemeinsam benutzten Trinkbecher in Schulen und Bahnhöfen ab. Man bemühte sich sogar, bei Gottesdiensten jedem einen Kelch zu geben, statt alle aus demselben trinken zu lassen. Und die Erfolge der damaligen Vorkämpfer in dem Bemühen, die Einstellung der Menschen zu Reinlichkeit zu verbessern, waren anscheinend so beachtlich, dass eine Autorin das Ergebnis als „Liebesaffäre mit der Reinlichkeit“ bezeichnet.
Allerdings blieb diese „Liebesaffäre mit der Reinlichkeit“ offenbar nur auf Äußerlichkeiten beschränkt. Es dauerte nicht lange, da verwandelten findige Geschäftsleute gewöhnliche Seife in ein Schönheitsprodukt. Raffinierte Werbung verleitete Konsumenten zu dem Glauben, wer ein bestimmtes Hygieneprodukt verwende, erlange dadurch einen sozialen Rang, um den ihn andere nur beneiden könnten. Dieses Märchen wird durch das Fernsehen allgemein lebendig erhalten. Die erfolgreichen, schillernden Figuren, die in Werbespots und Seifenopern auftreten, werden praktisch nie dabei gezeigt, wie sie die Wohnung putzen, den Hof kehren, Müll entsorgen oder die „Hinterlassenschaften“ ihrer Schmusekatze oder ihres Schoßhündchens beseitigen.
Dann gibt es Leute, die denken, der Lebensunterhalt werde durch Berufstätigkeit bestritten, wohingegen Hausarbeit oder Reinigungstätigkeiten keinen wirtschaftlichen Wert hätten. Und warum sollten sie für ihre Umwelt Sorge tragen, wenn sich das finanziell nicht auszahlt? Das hat unter anderem dazu geführt, dass mancher heute glaubt, Reinlichkeit habe ausschließlich mit Körperpflege zu tun.
Gottes Ansicht über Reinlichkeit
Ohne Zweifel trugen die oben erwähnten Bemühungen, Menschen zur Reinlichkeit zu erziehen, dazu bei, die Lebensverhältnisse zu verbessern. Und das war auch richtig, denn Reinlichkeit ist eine Eigenschaft, die mit dem heiligen und reinen Gott, Jehova, in Verbindung steht und von ihm stammt. Wenn er uns lehrt, in allem heilig und rein zu werden, ist das zu unserem eigenen Nutzen (Jesaja 48:17; 1. Petrus 1:15).
Jehova Gott ist auf diesem Gebiet vorbildlich. Reinlichkeit zeigt sich ebenso wie Gottes andere unsichtbare Eigenschaften sehr deutlich in der sichtbaren Schöpfung (Römer 1:20). Wir sehen, dass es in der Schöpfung keine dauerhafte Verschmutzung gibt. Dank vieler ökologischer Kreisläufe ist die Erde ein Wunderwerk der Selbstreinigung, und sie ist auf eine Weise geschaffen, dass sie ein reines, gesundes Leben ermöglicht. Nur ein auf Reinlichkeit bedachter Schöpfer konnte ein so reines Werk erschaffen. Daraus können wir also schließen, dass alle, die Gott anbeten wollen, ebenfalls in allen Bereichen ihres Lebens rein sein sollten.
Vier Aspekte der Reinheit
Die Bibel nennt vier Aspekte der Reinheit, um die sich Anbeter Gottes bemühen sollten. Betrachten wir sie im Einzelnen.
Reinheit in der Gottesanbetung. Das kann als wichtigster Aspekt der Reinheit eingestuft werden, weil davon jemandes Aussicht abhängt, ewig zu leben. Gleichzeitig aber wird gerade dieser Aspekt der Reinheit häufig am meisten vernachlässigt. Einfach ausgedrückt bedeutet Reinheit auf religiösem Gebiet, nie die Grenze zu übertreten, die Gott zwischen der wahren und der falschen Anbetung gezogen hat, denn Gott betrachtet jede Art falscher Anbetung als unrein. Der Apostel Paulus schrieb: „ ,Geht aus ihrer Mitte hinaus und sondert euch ab‘, spricht Jehova, ‚und hört auf, das Unreine anzurühren‘; ,und ich will euch aufnehmen‘ “ (2. Korinther 6:17). Auch der Jünger Jakobus äußerte sich sehr konkret dazu: „Die Form der Anbetung, die vom Standpunkt unseres Gottes und Vaters aus rein und unbefleckt ist, ist diese: . . . sich selbst von der Welt ohne Flecken zu bewahren“ (Jakobus 1:27).
Gott machte deutlich, dass er es missbilligt, wenn man seine wahre Anbetung mit falscher Anbetung vermischt. Die falsche Anbetung schließt häufig unreine Praktiken ein und wird verabscheuungswürdigen Götzen und Gottheiten dargebracht (Jeremia 32:35). Deshalb werden echte Christen dringend aufgefordert, sich auf keinen Fall irgendwie mit unreiner Anbetung einzulassen (1. Korinther 10:20, 21; Offenbarung 18:4).
Sittliche Reinheit. Auch hier hat Gott eine klare Grenze gezogen zwischen rein und unrein. Die Entwicklung in der Welt entspricht mittlerweile fast durchweg der Beschreibung aus Epheser 4:17-19, wo über die Menschen gesagt wird, dass sie „in geistiger Finsternis und dem Leben, das Gott gehört, entfremdet sind. Da sie jedes sittliche Gefühl verloren haben, haben sie sich einem zügellosen Wandel hingegeben, um mit Gier jede Art Unreinheit zu verüben.“ Eine derartige unsittliche Einstellung äußert sich auf vielerlei Weise, sei es unverhohlen oder ganz subtil. Deshalb müssen Christen auf der Hut sein.
Wer Gott liebt, weiß, dass Prostitution, Homosexualität, vorehelicher Sex und Pornographie gegen Jehovas Maßstab für sittliche Reinheit verstoßen. Doch sind Ausdrucksformen eines derartigen Lebensstils in der Welt der Unterhaltung und der Mode gang und gäbe. Christen müssen sich daher vor solchen Tendenzen hüten. Bei christlichen Zusammenkünften oder geselligen Anlässen sehr knappe oder enthüllende Kleidung zu tragen, lenkt unnötig die Aufmerksamkeit auf den Körper und bedeutet eigentlich, dass man für den Augenblick von der Keuschheit abweicht. Sich so zu kleiden, bringt unreines, weltliches Denken in die Christengemeinschaft und birgt gleichzeitig die Gefahr, in anderen unreine Gedanken hervorzurufen. Auf diesem Gebiet müssen sich Christen daher sehr anstrengen, die „Weisheit von oben“ zu bekunden (Jakobus 3:17).
Reinheit im Denken. Die verborgenen Winkel des Sinnes dürfen nicht dazu genutzt werden, unreine Gedanken zu hegen. Jesus warnte vor unreinem Denken, als er sagte, dass „jeder, der fortwährend eine Frau ansieht, um so in Leidenschaft zu ihr zu entbrennen, in seinem Herzen schon mit ihr Ehebruch begangen hat“ (Matthäus 5:28; Markus 7:20-23). Diese Worte gelten gleichermaßen für das Ansehen pornographischer Bilder und Filme, das Lesen von Schilderungen unanständiger sexueller Handlungen und das Anhören von Liedern mit zweideutigen Texten. Christen müssen sich deshalb davor hüten, sich durch unreine Gedanken zu beflecken, die zu unreinem, unheiligem Reden und Handeln führen könnten (Matthäus 12:34; 15:18).
Körperliche Reinheit. Heiligkeit wird in der Bibel eng mit körperlicher Reinheit in Verbindung gebracht. Der Apostel Paulus schrieb zum Beispiel: „Lasst uns uns selbst reinigen von jeder Befleckung des Fleisches und Geistes, indem wir die Heiligkeit in der Furcht Gottes vervollkommnen“ (2. Korinther 7:1). Echte Christen sollten sich daher bemühen, ihren Körper, ihr Heim und ihre Umgebung so sauber zu halten und zu pflegen, wie es die Umstände zulassen. Selbst wo Wasser zum Baden oder Waschen knapp ist, sollten Christen nach besten Kräften versuchen, sauber und gepflegt zu sein.
Mit körperlicher Reinheit unvereinbar wäre es auch, Tabak in irgendeiner Form zu genießen, übermäßig Alkohol zu konsumieren oder irgendwelche Drogen zu missbrauchen, denn all das vergiftet und schädigt den Körper. Der im Hohelied Salomos beschriebene Hirte wusste den angenehmen Duft der Kleider der Sulamith zu schätzen (Hohelied 4:11). Wir erweisen anderen Liebe, wenn wir auf körperliche Hygiene achten, möchten wir doch vermeiden, sie mit unangenehmen Gerüchen zu belästigen. Parfums und Duftwässer sind zwar angenehm, aber sie können regelmäßiges Waschen und saubere Kleidung nicht ersetzen.
Eine ausgeglichene Ansicht bewahren
Wenn es um körperliche Reinheit geht, werden manche Menschen extrem. Einerseits kann es uns die Lebensfreude rauben, in einen regelrechten Reinlichkeitswahn zu verfallen, und uns überdies viel wertvolle Zeit kosten. Auf der anderen Seite kann es mit großem Aufwand verbunden sein, eine verschmutzte, ungepflegte Wohnung wieder instand zu setzen. Der goldene Mittelweg wäre, unsere Wohnung sauber und ordentlich zu halten.
Bescheidenheit. Ein voll gestopftes Zimmer oder eine überladene Wohnung sind schwer sauber zu halten, weil Schmutz in einer überfüllten Umgebung leicht übersehen wird. Eine bescheidene, einfachere Wohnung sauber zu halten, kostet viel weniger Zeit. In der Bibel wird eine einfache Lebensweise nachdrücklich empfohlen: „Wenn wir also Lebensunterhalt und Bedeckung haben, werden wir mit diesen Dingen zufrieden sein“ (1. Timotheus 6:8).
Ordnung. Für eine saubere Wohnung ist jeder verantwortlich, der darin lebt. Unordnung in der ganzen Wohnung nimmt häufig ihren Anfang mit Unordnung in einem Zimmer. Ordnung zu halten bedeutet, alles an seinen richtigen Platz zu räumen. Der richtige Platz für Schmutzwäsche beispielsweise sollte nicht der Schlafzimmerboden sein. Wichtiger noch: Herumliegende Spielsachen oder Werkzeuge bilden eine Unfallgefahr. Häusliche Unfälle sind vielfach auf mangelnde Ordnungsliebe zurückzuführen.
Eine christliche Lebensweise ist eindeutig und untrennbar mit Reinlichkeit verbunden. Der Prophet Jesaja sprach mit Bezug auf ein gottgefälliges Leben von einem „Weg der Heiligkeit“ und fügte die nachdenklich stimmenden Worte hinzu: „Der Unreine wird nicht darüber ziehen“ (Jesaja 35:8). Ja, wer heute schon die gute Gewohnheit entwickelt, auf Reinheit zu achten, lässt dadurch klar erkennen, dass er an Gottes Verheißung glaubt, bald die ganze Erde in ein reines Paradies umzugestalten. Dann werden überall auf unserem wunderschönen Planeten alle Menschen Jehova Gott verherrlichen, indem sie sich uneingeschränkt an seinen vollkommenen Maßstab der Reinheit halten (Offenbarung 7:9).
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Für eine saubere Wohnung ist jeder verantwortlich, der darin lebt
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Die Erde ist ein Wunderwerk der Selbstreinigung
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