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Wenn der Tod die Liebsten raubtDer Wachtturm (Öffentlichkeitsausgabe) 2016 | Nr. 3
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TITELTHEMA
Wenn der Tod die Liebsten raubt
„Gott weiß, wofür es gut war. . . . Wein doch nicht!“
Diese Worte flüsterte man einer Frau namens Barbaraa bei der Beerdigung ihres Vaters ins Ohr. Er war bei einem Autounfall ums Leben gekommen.
Barbara stand ihrem Vater sehr nah. Diese gut gemeinten Worte einer Freundin der Familie waren für sie aber eher schmerzhaft als tröstlich. „Sein Tod war für gar nichts gut“, sagte sie sich immer und immer wieder. Jahre später beschrieb sie diese Erfahrung in einem Buch und es war klar: Sie trauerte immer noch.
Wie Barbara erlebte, kann es lange dauern, bis man seine Trauer verarbeitet hat, besonders wenn man dem Verstorbenen sehr nahe stand. Der Tod wird in der Bibel deutlich als „letzter Feind“ bezeichnet (1. Korinther 15:26). Er kommt wie aus dem Nichts, trifft unser Leben mit voller Wucht und raubt uns unsere Lieben. Keiner ist vor seinen furchtbaren Folgen geschützt. Es ist kein Wunder, wenn wir uns dem Tod und seinen Auswirkungen hilflos ausgeliefert fühlen.
Wie lang braucht man eigentlich, um Trauer zu verarbeiten? Wie kann man mit Trauer umgehen? Wie tröstet man andere? Gibt es für unsere lieben Verstorbenen eine Hoffnung? Vielleicht haben Sie sich das auch schon gefragt.
a Name geändert.
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Darf man überhaupt trauern?Der Wachtturm (Öffentlichkeitsausgabe) 2016 | Nr. 3
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TITELTHEMA | WENN DER TOD DIE LIEBSTEN RAUBT
Darf man überhaupt trauern?
Wer von uns war nicht schon einmal gesundheitlich angeschlagen? Erholt man sich davon aber schnell, ist es bald vergessen. Mit der Trauer ist das anders. In seinem Buch Lichtblicke in Zeiten der Trauer schreibt Dr. Alan Wolfelt: „Trauer hört nie wirklich ganz auf“. Er erklärt: „Indem Sie Ihren Schmerz mit anderen teilen, verschwindet er zwar nicht, er wird aber im Laufe der Zeit erträglicher werden.“
Ein Beispiel aus der Bibel ist der Patriarch Abraham. Als seine Frau Sara starb, trauerte und weinte er um sie. Er brauchte eine gewisse Zeit, um seinen Verlust zu verarbeiten.a Ein anderes Beispiel ist Jakob, dem weisgemacht wurde, sein Sohn Joseph sei von einem wilden Tier getötet worden. Er trauerte „viele Tage“ und wollte sich von seinen Angehörigen nicht trösten lassen. Josephs Tod belastete ihn noch Jahre später sehr (1. Mose 23:2; 37:34, 35; 42:36; 45:28).
Abraham trauerte um den Verlust seiner lieben Sara
So geht es vielen, die über den Tod eines geliebten Menschen trauern. Zwei Betroffene beschreiben ihre Gefühle so:
„Mein Mann Robert starb am 9. Juli 2008. Am Morgen des tödlichen Unfalls war alles wie immer: Wir haben gefrühstückt, gaben uns einen Kuss und umarmten uns mit einem ‚Ich liebe dich‘. Sechs Jahre später sitzt der Schmerz immer noch tief in meinem Herzen. Ich werde den Verlust von Rob wohl nie verkraften“ (Gail, 60).
„Obwohl meine liebe Frau jetzt schon seit über 18 Jahren nicht mehr da ist, vermisse ich sie. Der Verlust schmerzt mich immer noch. Wenn ich etwas Schönes in der Natur sehe, denke ich an sie und frage mich, wie ihr das wohl gefallen hätte“ (Etienne, 84).
Lang anhaltende, schmerzliche Gefühle sind nur natürlich. Jeder trauert auf seine eigene Art und es ist nicht klug, zu beurteilen, wie ein anderer auf einen tragischen Verlust reagiert. Auch wenn die eigene Reaktion übertrieben zu sein scheint, sollte man sich nicht selbst verurteilen. Doch die Frage bleibt: Wie kann man Trauer verarbeiten?
a Abrahams Sohn Isaak trauerte ebenfalls längere Zeit über den Tod seiner Mutter Sara. Wie der Artikel „Ihren Glauben nachahmen“ in dieser Ausgabe zeigt, war er noch drei Jahre später tieftraurig (1. Mose 24:67).
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Die Trauer verarbeitenDer Wachtturm (Öffentlichkeitsausgabe) 2016 | Nr. 3
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TITELTHEMA | WENN DER TOD DIE LIEBSTEN RAUBT
Die Trauer verarbeiten
An Ratschlägen zu diesem Thema mangelt es nicht. Doch nicht alle sind hilfreich. Die einen sagen, man sollte nicht weinen, sondern seine Gefühle lieber unterdrücken. Die anderen wollen einen dazu bringen, sämtliche Gefühle offenzulegen. Der Ansatz der Bibel ist da viel ausgeglichener und wird von der modernen Forschung bestätigt.
In einigen Kulturen gilt ein weinender Mann als unmännlich. Muss man sich aber wirklich für Tränen schämen — auch wenn andere sie sehen können? Wie Psychologen anerkennen, gehören Tränen zur Trauerarbeit dazu. Trauern kann dabei helfen, einen noch so großen Verlust mit der Zeit zu verarbeiten. Solche Gefühle zu unterdrücken könnte mehr schaden als nützen. Die Ansicht, Tränen seien falsch oder unmännlich, wird von der Bibel nicht unterstützt. Man denke nur an Jesus: Er konnte Tote zum Leben zurückbringen. Und trotzdem weinte er öffentlich, als sein lieber Freund Lazarus gestorben war (Johannes 11:33-35).
Auch Gefühle der Wut gehören oft zur Trauer — vor allem nach unerwarteten, plötzlichen Todesfällen. Solche Wut kann viele Ursachen haben. Vielleicht sagt jemand, den man eigentlich respektiert, etwas Gedankenloses oder gar Falsches. Mike, ein Mann aus Südafrika, erklärt: „Als mein Vater starb, war ich erst 14. Bei der Beerdigung sagte der anglikanische Pfarrer, dass Gott gute Menschen braucht und sie früh zu sich nimmt.a Das machte mich wütend, weil wir unseren Vater unbedingt brauchten. Auch nach 63 Jahren tut es immer noch weh.“
Und wie steht es mit Schuldgefühlen? Besonders bei unvorhergesehenen Todesfällen könnte sich der Trauernde ständig denken: „Hätte ich doch nur . . . dann wäre das vielleicht nicht passiert.“ Oder er macht sich Vorwürfe, weil er kurz vorher noch mit dem Verstorbenen gestritten hat.
Plagen einen Wut und Schuldgefühle, ist es wichtig, sie nicht zu verdrängen. Vielmehr sollte man sich einem Freund anvertrauen, der gut zuhört und einem versichert, dass viele Trauernde solche Gefühle durchleben. Die Bibel erinnert uns: „Auf einen Freund kannst du dich immer verlassen; wenn es dir schlecht geht, ist er für dich wie ein Bruder“ (Sprüche 17:17, Hoffnung für alle [Hfa] ).
Der beste Freund, den ein Trauernder haben kann, ist unser Schöpfer Jehova Gott. Ihm im Gebet das Herz auszuschütten ist gut, weil er für uns sorgt (1. Petrus 5:7). Das zu tun, beruhigt die Gedanken und Gefühle, denn er verspricht uns seinen „Frieden, der alles menschliche Denken weit übersteigt“. (Philipper 4:6, 7, Neue evangelistische Übersetzung). Auch der Trost aus Gottes Wort der Bibel lindert den Schmerz. Warum nicht einige tröstende Bibeltexte aufschreiben oder sogar auswendig lernen? (Siehe Kasten.) Über solche Texte nachzudenken hilft besonders, wenn man nachts allein ist und nicht einschlafen kann (Jesaja 57:15).
Ein 40-jähriger Mann, den wir Jack nennen wollen, verlor seine geliebte Frau kürzlich durch Krebs. Jack beschreibt Phasen tiefer Einsamkeit, doch zu beten gibt ihm Halt: „Wenn ich mit Jehova rede, fühle ich mich nie allein. Oft werde ich nachts wach und kann nicht wieder einschlafen. Dann lese ich tröstende Gedanken in der Bibel, denke darüber nach und spreche mit Gott über all meine Gefühle. Danach verspüre ich innere Ruhe und tiefen Frieden — meine Gedanken hören auf zu kreisen und ich kann einschlafen.“
Vanessa ist eine junge Frau, deren Mutter nach einer Krankheit starb. Auch sie verspürte die Kraft des Gebets: „In meinen schwierigsten Momenten rief ich zu Gott und brach in Tränen aus. Jehova hörte meine Gebete und gab mir immer die Kraft, die ich brauchte.“
Einige Trauertherapeuten empfehlen Hinterbliebenen, sich ehrenamtlich einzusetzen, um ihre Trauer zu bewältigen. Anderen helfen kann für Lichtblicke sorgen und das Trauern erleichtern (Apostelgeschichte 20:35). Schon viele Christen, die einen ihrer Liebsten verloren haben, konnten feststellen, wie sehr es sie getröstet hat, für andere da zu sein (2. Korinther 1:3, 4).
a Das lehrt die Bibel nicht. Sie erklärt, warum wir sterben (Prediger 9:11; Johannes 8:44; Römer 5:12).
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Wie man Trauernde trösten kannDer Wachtturm (Öffentlichkeitsausgabe) 2016 | Nr. 3
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TITELTHEMA | WENN DER TOD DIE LIEBSTEN RAUBT
Wie man Trauernde trösten kann
Steht man jemandem nah, der einen geliebten Menschen verloren hat, fühlt man sich oft überfordert. Vor lauter Unsicherheit weiß man nicht so richtig, was man sagen soll — also sagt oder tut man am Ende gar nichts. Es gibt jedoch einiges, was man tun kann.
Einfach nur da zu sein und zu sagen: „Es tut mir so leid“, reicht manchmal schon. In vielen Kulturen zeigt man Anteilnahme, indem man die Person umarmt oder ihr liebevoll die Hand drückt. Möchte der Trauernde reden, sollte man einfühlsam zuhören. Am besten wäre es, für die Familie etwas Praktisches zu tun. Man könnte vielleicht etwas übernehmen, was der Trauernde nicht schafft, wie kochen, sich um die Kinder kümmern oder, falls gewünscht, bei den Vorbereitungen für die Beerdigung mithelfen. Solche Taten sprechen lauter als großartige Worte.
Mit der Zeit kann man vielleicht auch über den Verstorbenen sprechen, seine guten Eigenschaften hervorheben oder nette Anekdoten erzählen. Das könnte den Trauernden sogar zum Lächeln bringen. Pam verlor ihren Mann Ian vor sechs Jahren. Sie sagt: „Manchmal erzählt mir jemand, was Ian Nettes gemacht hat, wovon ich gar nichts wusste. Das tut mir so gut.“
Wie Fachleute berichten, wird anfangs meist noch viel Unterstützung gegeben. Doch sobald Freunde und Bekannte zum Alltag zurückkehren, sind Trauernde schnell wieder auf sich allein gestellt. Deshalb sollte man bewusst einplanen, sich regelmäßig bei ihnen zu melden.a Vielen tut es gut, ihre anhaltenden Gefühle der Trauer gemeinsam mit jemand anderem zu verarbeiten.
Kaori, eine junge Japanerin, war zutiefst erschüttert, als zuerst ihre Mutter starb und ihre ältere Schwester nur 15 Monate später. Glücklicherweise standen ihr treue Freunde zur Seite. Dazu gehörte auch die viel ältere Ritsuko. Sie bot Kaori an, ihr eine gute Freundin zu werden. Kaori erzählt: „Offen gesagt, war ich davon nicht begeistert. Niemand konnte den Platz meiner Mutter einnehmen. Das wollte ich auch nicht. Aber Mama Ritsuko war so lieb zu mir, dass ich mich bei ihr wirklich gut aufgehoben fühlte. Wir gingen jede Woche gemeinsam zu unseren Zusammenkünften und verkündigten gemeinsam die gute Botschaft der Bibel. Sie hat mich zum Tee eingeladen, mir Essen vorbeigebracht und mir Briefe und Karten geschrieben. Mama Ritsuko war immer so positiv — das hat mich richtig aufgebaut.“
Seit dem Tod von Kaoris Mutter sind 12 Jahre vergangen. Heute setzen sie und ihr Mann sich hauptsächlich in der Verkündigung der guten Botschaft ein. Kaori erzählt: „Mama Ritsuko hält immer noch Kontakt mit mir. Jedes Mal, wenn ich nach Hause komme, besuche ich sie. Mit ihr Zeit zu verbringen tut mir immer gut.“
Auch Poli, eine Zeugin Jehovas aus Zypern, erlebte, wie einen langfristige Hilfe stützen kann. Ihr Mann Sozos war darin selbst ein gutes Vorbild. Er tröstete andere anhand der Bibel, lud Hinterbliebene häufig zum Essen ein und verbrachte Zeit mit ihnen (Jakobus 1:27). Leider starb er mit 53 an einem Hirntumor. Poli sagt: „Ich habe den Mann verloren, der mir in 33 Jahren Ehe all seine Liebe geschenkt hat!“
Sich praktische Möglichkeiten überlegen, um Hinterbliebenen zu helfen
Nach der Beisetzung zog Poli mit ihrem jüngsten Sohn, dem 15-jährigen Daniel, nach Kanada. Sie schlossen sich den Zeugen Jehovas vor Ort an. Mittlerweile geht es ihnen wieder gut und Poli berichtet: „Die Glaubensbrüder in unserer neuen Versammlung wussten nichts von unserer Vergangenheit oder unseren schwierigen Umständen. Trotzdem haben sie uns mit offenen Armen aufgenommen, uns tatkräftig unterstützt und hatten immer liebe Worte für uns. Das war genau das Richtige, besonders weil mein Sohn seinen Vater damals so sehr gebraucht hätte! Die Verantwortlichen in der Versammlung haben sich wirklich für Daniel interessiert. Einer im Besonderen hat Daniel immer bewusst miteinbezogen, ob bei Einladungen oder beim Sport.“
Es gibt viele praktische Möglichkeiten, Trauernde hier und jetzt zu trösten und ihnen beizustehen. Die Bibel tröstet zusätzlich mit einem Versprechen für die Zukunft: Sie gibt uns eine einmalige Hoffnung.
a Manche vermerken den Todestag sogar im Kalender. So können sie Trost spenden, wenn er am nötigsten ist — wenn sich der Verlust jährt.
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Sie werden wieder leben!Der Wachtturm (Öffentlichkeitsausgabe) 2016 | Nr. 3
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TITELTHEMA | WENN DER TOD DIE LIEBSTEN RAUBT
Sie werden wieder leben!
In einem der vorigen Artikel erzählte Gail, sie werde den Tod ihres lieben Mannes Robert wohl nie verkraften. Sie freut sich jedoch darauf, ihn wiederzusehen — in der neuen Welt, die Gott verspricht. Sie sagt: „Meine Lieblingsbibelstelle ist Offenbarung 21:3, 4, wo es heißt: ‚Gott selbst wird bei ihnen sein. Und er wird jede Träne von ihren Augen abwischen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch wird Trauer noch Geschrei noch Schmerz mehr sein. Die früheren Dinge sind vergangen.‘“
Dazu meint sie: „In diesem Versprechen steckt alles drin. Mir tun Leute, die diese Hoffnung nicht kennen, so leid. Sie verlieren jemanden, den sie lieben und wissen nicht, dass sie ihn wiedersehen können.“ Deshalb lebt Gail ihren Glauben und spricht in ihrer Freizeit viel mit anderen über die gute Botschaft der Bibel. Sie erzählt ihnen, was Gott für die Zukunft verspricht: „Der Tod wird nicht mehr sein“!
Hiob hatte keinen Zweifel: Er würde wieder leben!
Ist das zu schön, um wahr zu sein? Für einen Mann namens Hiob war es das nicht. Er war so krank, dass er am liebsten gestorben wäre (Hiob 2:7). Trotzdem war er überzeugt: Gott konnte ihn zu einem Leben auf der Erde zurückbringen. Voller Vertrauen sagte er: „O Gott, versteck mich doch bei den Toten! . . . Aber dann wirst du mich rufen, und ich werde kommen. Du wirst dich nach mir sehnen, weil du selbst mich geschaffen hast“ (Hiob 14:13, 15, Hfa). Hiob war überzeugt: Sein Gott würde ihn vermissen und sich danach sehnen, ihn ins Leben zurückzuholen.
Genau das wird Gott für Hiob und viele andere tun, wenn er die Erde zu einem Paradies macht (Lukas 23:42, 43). Wie Apostelgeschichte 24:15 bestätigt, wird es eine Auferstehung geben. Auch Jesus sichert uns zu: „Wundert euch nicht darüber! Die Stunde kommt, in der alle, die in den Gräbern sind, seine Stimme hören und herauskommen werden“ (Johannes 5:28, 29, Einheitsübersetzung). Hiob wird das miterleben und wird für immer „stark wie damals in der Jugend“ sein (Hiob 33:24, 25, Hfa). In seiner Liebe verspricht Gott diese Auferstehung — und jeder, der dafür dankbar ist, kann sie erleben.
Das zu wissen kann einem die Trauer zwar nicht völlig nehmen, aber wenn man über das nachdenkt, was Gott in der Bibel verspricht, schöpft man echte Hoffnung. Dadurch hat man die Kraft weiterzuleben, auch wenn man einen wunderbaren Menschen verloren hat (1. Thessalonicher 4:13).
Würden Sie gern mehr darüber erfahren, wie man mit Trauer umgeht? Oder möchten Sie wissen, warum Gott Leid zulässt? Unsere Internetseite jw.org liefert befriedigende Antworten aus der Bibel.
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