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  • Warum man sich mit dieser Frage befassen sollte
    Ist mit dem jetzigen Leben alles vorbei?
    • 1. Kapitel

      Warum man sich mit dieser Frage befassen sollte

      Wird der Mensch je ewig leben können?

      Es gibt heute Bäume, die viele Jahrhunderte alt sind.

      IST das Leben in deinen Augen kostbar? Wünschst du dir für dich und deine Angehörigen Gesundheit und ein langes Leben? Die meisten Menschen werden diese Fragen bejahen.

      Heute gibt es aber vieles, was uns ständig daran erinnert, wie unsicher das Leben für uns, für unseren Lebensgefährten und für unsere Kinder ist. Durch Unglücksfälle, Verbrechen, Unruhen, Kriege und Hunger werden Millionen in der Blüte ihrer Jahre dahingerafft. Trotz des Fortschritts, der auf dem Gebiet der Medizin erzielt worden ist, fordern Krankheiten einen entsetzlichen Tribut. Auch die Umweltverschmutzung ist eine ernste Gefahr.

      Es befremdet daher nicht, daß heute viele Menschen fragen: „Ist mit dem jetzigen Leben alles vorbei, oder werden unsere kühnsten Hoffnungen erst in einem Leben nach dem Tode verwirklicht werden? Was geschieht eigentlich, wenn der Mensch stirbt? Lebt etwas von ihm weiter? Ist er noch bei Bewußtsein, so daß er sehen, hören und sprechen kann, daß er etwas tun kann? Wird der Mensch, nachdem er gestorben ist, gequält werden? Ist der Tod eigentlich ein Freund oder ein Feind?“ Es ist bestimmt nützlich, eine Antwort auf diese Fragen zu erhalten.

      BEEINFLUSST DIE AUFFASSUNG VOM TOD UNSER LEBEN?

      Vielleicht hast du noch nie darüber nachgedacht, daß unsere Auffassung vom Tod unser aller Leben stark beeinflußt. Sie wirkt sich auf unsere Freude am Leben und auf unsere Lebensweise weit mehr aus, als die meisten Menschen ahnen. Deshalb sollten wir unbedingt die Wahrheit über den Tod kennen.

      Weißt du zum Beispiel, daß die meisten Religionen der Welt eigentlich auf den Tod und nicht auf das Leben ausgerichtet sind? Hunderte von Millionen Menschen sind gelehrt worden, daß sie durch den Tod in eine andere Welt gelangen, in die „Welt der Abgeschiedenen“, wo sie entweder Seligkeit oder Verdammnis erwartet. Gebete für die Verstorbenen, kostspielige Zeremonien für sie und Opfer, um sie zu besänftigen, bilden einen wichtigen Bestandteil vieler der bedeutenderen Religionen mit großer Anhängerschaft.

      Vielleicht wendet jetzt jemand ein: „Das mag stimmen, aber ich vergeude keine Zeit damit, mir über den Tod oder über das, was danach kommt, den Kopf zu zerbrechen. Ich möchte leben und das Leben genießen, solange ich kann.“ Aber auch diese Antwort zeigt, daß die Auffassung vom Tod das Leben der Menschen beeinflußt. Denn bestimmt nicht der Tod, wann es mit dem Genießen des Lebens vorbei ist?

      Obwohl wir versuchen mögen, die Gedanken an den Tod aus unserem Sinn zu verbannen, übt doch die Erkenntnis, daß das Leben bestenfalls recht kurz ist, einen Druck auf uns aus. Diese Erkenntnis mag einen Menschen veranlassen, unter Aufbietung all seiner Kräfte zu versuchen, in jungen Jahren reich zu werden — solange er das Leben noch genießen kann. Da das Leben so kurz ist, werden viele Menschen ihren Mitmenschen gegenüber ungeduldig, roh und gefühllos. Es veranlaßt sie, unehrliche Mittel anzuwenden, um die Ziele, die sie sich gesteckt haben, zu erreichen. Sie meinen, sie hätten keine Zeit, es auf ehrliche Weise zu tun. Dennoch behaupten sie vielleicht immerzu, ihre Auffassung vom Tod würde ihr Leben nicht beeinflussen.

      Welche Auffassung hast du vom Tod? Wie wirkt sie sich auf deine Gedanken über die Zukunft oder auf deine jetzige Lebensweise aus?

      WARUM MAN GEWISSHEIT HABEN SOLLTE

      Die Schwierigkeit besteht darin, daß die Auffassungen der Menschen vom Leben und vom Tod so vielfältig sind. Manche ihrer Anschauungen gehen weit auseinander, ja sind ganz gegensätzlich.

      Viele Leute glauben, mit dem Tod sei alles aus und vorbei oder mindestens, der Mensch sei so beschaffen, daß er sterben müsse. Bist du mit dieser Anschauung einverstanden? Erscheint es dir vernünftig, daß gewisse Bäume Tausende von Jahren älter werden als der vernunftbegabte Mensch? Bist du der Meinung, ein Leben, das siebzig oder achtzig Jahre währt, reiche aus, damit du alles das, was du tun möchtest, tun kannst, alles, was du lernen möchtest, lernen kannst, alles, was du sehen möchtest, sehen kannst und damit du deine Talente und Fähigkeiten so entwickeln kannst, wie es dein Herz begehrt?

      Sehr groß ist auch die Zahl der Personen, die glauben, daß mit dem Tod nicht alles zu Ende sei, weil beim Tod des Körpers etwas — Seele oder Geist — weiterlebe. Doch auch die Anschauungen dieser Personen weichen stark voneinander ab. Und natürlich widersprechen sie der Auffassung derjenigen, die annehmen, daß mit dem Tod alles aus und vorbei sei. Wenn gegensätzliche Meinungen vorhanden sind, kann nicht jede richtig sein. Welche entspricht der Wahrheit? Ist es von Belang, das zu wissen? Ja, es ist sehr wichtig. Beachte, warum.

      Angenommen, Gebete und Zeremonien würden den Verstorbenen wirklich etwas nützen. Wären wir dann nicht herzlos, wenn wir es unterließen, für sie zu beten oder andere Dinge zu tun, durch die wir ihnen helfen könnten? Was aber, wenn die Verstorbenen wirklich tot sind, wenn die Lebenden ihnen nicht helfen können? Das würde bedeuten, daß Hunderte von Millionen Menschen einem raffiniert angelegten Betrug zum Opfer gefallen wären. Es würde bedeuten, daß sich viele große Religionssysteme durch List bereichert hätten, indem sie über den Zustand der Verstorbenen Lügen verbreiteten, um die Lebenden ausbeuten zu können, anstatt etwas Nützliches für sie zu tun.

      Wie können wir andere trösten, wenn früher oder später der Tod in unsere oder in eine befreundete Familie eindringt? Ist die Anschauung vernünftig, daß wir vom „Schicksal“ gelenkt werden und daß das Schicksal die Länge unseres Lebens bestimmt? Angenommen, ein Kind stirbt. Hat Gott „dieses Kind zu sich genommen“, wie man das manchmal sagen hört?

      So gibt es sehr viel, was wir über den Tod wissen sollten, und je mehr wir das Leben lieben, desto größer sollte unser Wunsch sein, wahrheitsgemäße Antworten zu erhalten. Aber wenn man bedenkt, daß es so viele verwirrende und widerspruchsvolle Anschauungen darüber gibt, erhebt sich die Frage: Wo sind solche Antworten zu finden?

      Es gibt zahlreiche religiöse Bücher, in denen die Themen „Leben“ und „Tod“ behandelt werden. Einige dieser Bücher sind schon ziemlich alt. Aber es gibt ein sehr altes Buch, in dem ein Standpunkt dargelegt wird, der sich von allen anderen unterscheidet, ja die Anschauung, die darin unterbreitet wird, weicht sogar sehr stark von der Auffassung ab, die nach der Meinung der großen Mehrheit der Menschen darin vertreten wird. Dieses Buch ist die Bibel.

      Sie berichtet von Menschen, die wirklich gelebt haben, von Menschen, die grundsätzlich die gleichen Schwierigkeiten hatten wie wir heute. Auch sie dachten über den Sinn des Lebens nach und warfen Fragen auf wie: „Was bekommt ein Mensch schließlich für all seine harte Arbeit und für das Streben seines Herzens, womit er hart arbeitet unter der Sonne?“ „Selbst angenommen, daß er tausend Jahre zweimal durchlebt hat und er dennoch nicht gesehen hat, was gut ist — geht nicht jeder an e i n e n Ort?“ (Prediger 2:22; 6:6). Einer von ihnen hat auch die Frage aufgeworfen: „Meinst du, ein toter Mensch wird wieder leben?“ (Hiob 14:14, Luther). Weißt du die Antwort auf diese Fragen?

      In dem Buch, das du in der Hand hältst, werden nicht nur die vielen Versuche, die allgemein unternommen worden sind, um solche Fragen zu beantworten, besprochen, sondern auch die außerordentlich wichtige Antwort, die die Bibel auf jede dieser Fragen gibt. Du wirst die einzigartige Hoffnung kennenlernen, die jeder hat, der dem Tod entgegengeht, oder die für Personen besteht, die schon eine Beute des Todes geworden sind. Das Verständnis, das du durch diesen Aufschluß erlangen kannst, wird viel dazu beitragen, daß du jetzt und auch in Zukunft glücklich sein und Herzensfrieden haben kannst.

  • Wie sich der Tod auf das tägliche Leben der Menschen auswirkt
    Ist mit dem jetzigen Leben alles vorbei?
    • 2. Kapitel

      Wie sich der Tod auf das tägliche Leben der Menschen auswirkt

      DEN meisten Menschen ist das, was ihr Leben und das Leben ihrer Angehörigen jetzt beeinflußt, ganz und gar nicht gleichgültig. Aber nur wenige sind bereit, eingehend über den Tod zu sprechen oder länger darüber nachzudenken.

      Natürlich ist das Wissen um den Tod nichts Beglückendes, aber es ist eine Tatsache, daß er eine ganz bestimmte Wirkung auf unser tägliches Leben hat. Wer von uns kennt nicht den Schmerz und das Gefühl der inneren Leere, die man nach dem Tod eines lieben Freundes oder Angehörigen empfindet? Ein Todesfall in einer Familie kann das ganze Leben dieser Familie verändern, er kann sie ihres regelmäßigen Einkommens berauben und bei den Hinterbliebenen ein Gefühl der Einsamkeit und der Niedergeschlagenheit hervorrufen.

      Der Tod, so unerfreulich er sein mag, ist ein alltägliches Ereignis, mit dem man rechnen muß. Deshalb darf man gewisse Dinge nicht immer und immer wieder hinausschieben, denn morgen kann es dafür zu spät sein.

      Wie wirkt sich das auf dich aus? Hast du manchmal das Gefühl, du müßtest verzweifelt versuchen, möglichst alles zu genießen, was das Leben zu bieten hat, weil es so kurz ist? Oder bist du fatalistisch eingestellt, indem du dir sagst: „Es kommt, wie es kommen muß.“?

      DIE FATALISTISCHE EINSTELLUNG

      Heute gibt es viele Leute, die glauben, über Leben und Tod entscheide das Schicksal. Das ist die Grundeinstellung von mehr als 477 Millionen Hindus. Fatalistische Anschauungen gibt es sozusagen überall. Hast du nicht auch schon jemand sagen hören: „Es mußte so kommen“, „Seine Zeit war abgelaufen“ oder: „Er kam mit dem Leben davon, weil er noch nicht an der Reihe war.“? Solche Äußerungen hört man häufig in Verbindung mit Unfällen. Sind sie zutreffend? Man beachte folgendes Beispiel:

      Während der Flugschau auf dem Pariser Aerosalon vom Jahre 1973 explodierte das sowjetische Überschallflugzeug Tu-144. Dabei kam auch die Besatzung ums Leben. Große Trümmerstücke des Flugzeuges stürzten auf den Pariser Vorort Goussainville herab. Eine Frau hatte gerade die Schlafzimmertür hinter sich zugezogen, als ein Trümmerstück die Hauswand zerschmetterte und die ganze Schlafzimmereinrichtung demolierte. Die Frau blieb unverletzt.

      Es gab aber auch Opfer, z. B. die drei Enkelkinder einer älteren Frau, doch sie, die Großmutter, kam mit dem Leben davon.

      Sind diese drei Kinder und die übrigen Opfer umgekommen, weil sie „an der Reihe“ waren oder weil ihre „Zeit“ abgelaufen war? Sind andere verschont geblieben, weil ihre Schicksalsstunde noch nicht da war?

      Wer diese Fragen mit „Ja“ beantwortet, glaubt, daß man nichts tun kann, um den Tod eines Menschen zu verhindern, wenn seine Zeit abgelaufen sei. Sie sind der Meinung, man könne trotz aller Vorsichtsmaßnahmen dem, was einem das Schicksal beschieden habe, nicht entgehen. Ähnlich dachten auch die alten Griechen, die glaubten, das menschliche Leben werde von den drei Schicksalsgöttinnen Klotho, Lachesis und Atropos gelenkt. Klotho soll den Lebensfaden gesponnen, Lachesis soll seine Länge bestimmt und Atropos soll ihn, wenn die Zeit abgelaufen war, durchgeschnitten haben.

      Ist eine fatalistische Anschauung vernünftig? Frage dich einmal: Warum geht die Zahl der Verkehrstoten zurück, wenn die Straßenverkehrsordnung beachtet wird, und warum nimmt sie zu, wenn sie mißachtet wird? Warum sind die meisten tödlichen Verkehrsunfälle nachweislich auf Fahrlässigkeit, Trunkenheit am Steuer oder auf Mißachtung der Verkehrsregeln zurückzuführen? Warum leben die Menschen in Ländern, in denen großer Wert auf die Gesundheitspflege gelegt wird und in denen es genug zu essen gibt, im Durchschnitt viel länger als in Ländern, in denen das nicht der Fall ist? Warum sterben mehr Raucher an Lungenkrebs als Nichtraucher? Kann das wirklich dem Walten eines blinden Schicksals zugeschrieben werden, über das man keine Macht hat? Ist es nicht umgekehrt? Gibt es nicht Gründe für das, was dem Menschen widerfährt?

      Ereignet sich nicht mancher tödliche Unfall, weil ein Mensch zufällig in eine gefahrvolle Situation gerät? Folgendes diene als Beispiel: Ein Mann geht werktags stets zu einer bestimmten Zeit aus dem Haus. Eines Morgens, als er am Nachbarhaus vorbeikommt, hört er darin Kreischen und Schreien. Er beschleunigt seine Schritte, und gerade als er um die Ecke biegen will, trifft ihn ein verirrtes Geschoß. Er kam um, weil er zur verkehrten Zeit um die Ecke bog; der Umstand war nicht vorauszusehen.

      Der weise Verfasser des Bibelbuches „Prediger“ sagte, nachdem er beobachtet hatte, was im Leben so geschieht: „Ich wandte mich, um unter der Sonne zu sehen, daß nicht den Schnellen der Wettlauf gehört noch den Starken die Schlacht, noch auch den Weisen die Speise, noch auch den Verständigen der Reichtum, noch selbst denen, die Kenntnisse haben, die Gunst, denn Zeit und unvorhergesehenes Geschehen trifft sie alle“ (Prediger 9:11).

      Der Mensch, der das einsieht, mißachtet die Regeln der Verkehrsordnung nicht und setzt sich nicht unnötigen Gefahren aus wie jemand, der meint, solange seine „Zeit“ noch nicht abgelaufen wäre, sei er gegen den Tod gefeit. Er erkennt, daß eine fatalistische Anschauung sowohl für ihn als auch für andere gefährlich sein kann. Wenn man diese Erkenntnis weise anwendet, mag man dadurch sein Leben um Jahre verlängern.

      Dagegen kann eine fatalistische Anschauung zu tollkühnen Handlungen verleiten und auch bewirken, daß man es unterläßt, sich über Dinge zu informieren, die einen selbst und seine Familie nachhaltig beeinflussen mögen.

      NUR FÜR DIE GEGENWART LEBEN

      Außer der fatalistischen Anschauung haben auch die Ereignisse im zwanzigsten Jahrhundert die Handlungsweise der Menschen beeinflußt.

      Wir wollen einmal kurz überlegen, was geschehen ist. Millionen Menschen sind Kriegen, Verbrechen, Unruhen und Hungersnöten zum Opfer gefallen. Luft und Wasser, die für uns lebenswichtig sind, werden in einem alarmierenden Ausmaß verschmutzt. Das Leben des Menschen wird offenbar von allen Seiten bedroht. Und nichts bietet eine wirkliche Gewähr dafür, daß die Menschheit ihre Probleme in naher Zukunft zu lösen vermag. Das Leben erscheint so unsicher. Wozu hat das geführt?

      Ein großer Teil der Erdbevölkerung lebt nur für die Gegenwart. Diese Menschen sind darauf aus, jetzt soviel wie möglich zu genießen. Sie fühlen sich dazu angetrieben, weil sie sich sagen, sie würden ja nur einmal leben. In der Bibel wird ihre Einstellung treffend wie folgt geschildert: „Laßt uns essen und trinken, denn morgen werden wir sterben“ (1. Korinther 15:32).

      Manche wenden sich dem Alkohol oder Drogen zu, um der rauhen Wirklichkeit des Lebens zu entfliehen. Andere frönen allen möglichen sexuellen Betätigungen — Hurerei, Ehebruch, Homosexualität, lesbische Liebe — als Ventil für ihre Verzweiflung und die Unruhe, die sie erfaßt hat, weil das Leben so kurz ist. In dem Buch Der Tod und seine Geheimnisse wird gesagt:

      „Dennoch steht zu vermuten, daß die Angst vor dem Kollektivtod einen noch stärkeren Einfluß auf das Unterbewußtsein als auf das Bewußtsein vieler unserer ,normalen‘ Zeitgenossen ausübt. Diesem Einfluß auf das Unbewußte wird man vielleicht, zumindest teilweise, die Wirrnis unserer Zeit zuschreiben müssen, die sich in unmotivierten Verbrechen, in der Zerstörungswut ..., in der Sexualisierung und in der unaufhörlich gesteigerten Beschleunigung des Lebensrhythmus offenbart. Selbst in der Musik und in den modernen Tänzen scheint sich die Verzweiflung einer Menschheit auszudrücken, die nicht mehr an ihre Zukunft glaubt.“

      Wie wirkt es sich aus, wenn die Menschen nur für die Gegenwart leben, so, als gäbe es keine Zukunft?

      Die Menschen, die sich dem Alkohol ergeben oder sich betrinken, mögen ihre Sorgen vorübergehend vergessen, aber sie opfern auch ihre Würde, und manchmal fügen sie sich oder anderen im Rausch Verletzungen zu. Ferner machen sie die Erfahrung, daß sie am nächsten Tag nicht nur von den Sorgen, die sie bereits hatten, sondern auch noch von Kopfschmerzen geplagt werden.

      Drogenabhängige zahlen ebenfalls einen hohen Preis für ihre Versuche, der Wirklichkeit zu entfliehen. Viele von ihnen tragen einen dauernden körperlichen und geistigen Schaden davon. Sie mögen sich außerdem dazu hergeben, zu stehlen oder ihren Körper zu verkaufen, um diesem kostspieligen Laster frönen zu können.

      Wie steht es mit der Promiskuität? Verläuft das Leben der Menschen, die häufig wechselnden Geschlechtsverkehr mit verschiedenen Partnern pflegen, dadurch glücklicher? Nein, im Gegenteil! Die Frucht davon ist in vielen Fällen eine widerliche Geschlechtskrankheit, eine unerwünschte Schwangerschaft, ein uneheliches Kind, Abtreibung, eine zerrüttete Ehe, heiße Eifersucht, Streit und sogar Mord.

      Natürlich gibt es viele Menschen, die kein solch ausschweifendes Leben führen. Dennoch leiden sie, bewußt oder unbewußt, unter dem Druck, den das Wissen, dem Tod entgegenzuleben, mit sich bringt. Weil sie wissen, daß die Zeit begrenzt ist, mögen sie bestrebt sein, so schnell wie möglich in der Welt vorwärtszukommen. Mit welchem Ergebnis? Ihr Verlangen nach materiellen Gütern mag sie veranlassen, unehrlich zu werden. Folgende wahre Worte finden wir in dem Bibelbuch „Sprüche“: „Wer hastig ist, Reichtum zu gewinnen, wird nicht unschuldig bleiben“ (Sprüche 28:20). Aber das ist nicht alles.

      Man wendet so viel Zeit und Kraft auf, um in materieller Hinsicht vorwärtszukommen, daß nur noch wenig Zeit für die Familie bleibt. In materieller Hinsicht erhalten die Kinder zwar alles, was sie sich wünschen. Aber werden sie geleitet und geführt und in Zucht genommen, was die Voraussetzung dafür ist, daß sie zu verantwortungsbewußten jungen Männern und Frauen heranwachsen? Viele Eltern geben zu, daß sie wenig Zeit haben, sich den Kindern zu widmen, aber sie sehen nicht ein, warum sie sich deshalb Sorgen machen sollten — bis es zu spät ist. Ja, es ist qualvoll, erfahren zu müssen, daß der eigene Sohn verhaftet worden ist oder daß die eigene minderjährige Tochter ein uneheliches Kind bekommt.

      Zeigt das, was heute geschieht, nicht deutlich, daß viele Menschen es nötig hätten, zu lernen — obschon das Leben nur kurz ist —, wie man ein sinnvolleres Leben führt?

      Aber obwohl der Tod anscheinend unabwendbar ist, werfen doch nicht alle Leute ihre sittlichen Grundsätze über Bord oder werden fatalistisch. Im Gegenteil! Hunderttausende von Menschen führen heute ein nützliches Leben, weil die Aussicht, dem Tod entgegenzuleben, sie nicht nachteilig beeinflußt.

      EIN BESSERER WEG

      Richtig betrachtet, kann der Tod uns etwas Wertvolles lehren. Wenn der Tod jemand dahinrafft, kann uns das insofern von Nutzen sein, als es uns anregt, darüber nachzudenken, was für ein Leben wir führen. Vor rund dreitausend Jahren sagte ein Mann, der die Menschen sorgfältig beobachtete: „Ein Name ist besser als gutes Öl und der Tag des Todes als der Tag, da man geboren wird. Besser ist es, in das Haus der Trauer zu gehen, als in das Haus des Festmahls zu gehen, denn das ist das Ende aller Menschen; und der Lebende sollte es sich zu Herzen nehmen. ... Das Herz der Weisen ist im Hause der Trauer, aber das Herz der Unvernünftigen ist im Hause der Freude“ (Prediger 7:1-4).

      An dieser Stelle empfiehlt die Bibel nicht, die Traurigkeit der Freude vorzuziehen, sondern sie bezieht sich auf die Zeit, wenn eine Familie um einen ihrer Angehörigen trauert, den ihr der Tod entrissen hat. Dann darf man diese Menschen, die einen schmerzlichen Verlust erlitten haben, nicht vergessen und einfach fortfahren, seine eigenen Feste zu feiern und sich Lustbarkeiten hinzugeben. Denn so, wie der Tod den Plänen und der Tätigkeit des Verstorbenen ein Ende gemacht hat, so kann er unseren Plänen und unserer Tätigkeit ein Ende machen. Es ist gut, sich zu fragen: Was tue ich mit meinem Leben? Erwerbe ich mir einen guten Namen oder einen guten Ruf? Wieviel trage ich zum Glück und Wohl anderer bei?

      Unser „Name“ erhält seine eigentliche Bedeutung nicht bei unserer Geburt, sondern im Verlauf unseres Lebens, weil er dann identisch wird mit der Art von Mensch, die wir sind. Die Person, deren Herz sozusagen in einem „Haus der Trauer“ ist, ist ein Mensch, der darüber nachdenkt und dem es am Herzen liegt, was für ein Leben er führt, ganz gleich, wie kurz es sein mag. Er behandelt es als etwas Kostbares. Er ist weder oberflächlich noch leichtsinnig — charakteristische Merkmale von Personen, die sich an einem Ort zusammenfinden, wo man schwelgt —, sondern er bemüht sich, ein sinnvolles, zweckvolles Leben zu führen und dadurch zum Glück und Wohl seiner Mitmenschen beizutragen.

      Wie kann man ermitteln, ob man jetzt so lebt, wie es für einen am besten ist, ob man wirklich ein zweckvolles Leben führt? Um das zu beurteilen, braucht man eine Norm. Immer mehr aufrichtige Menschen auf der ganzen Erde kommen zu dem Schluß, daß die Bibel eine zuverlässige Norm ist. Sie haben sich näher mit der Bibel befaßt, und das hat es ihnen ermöglicht, jetzt ein wirklich sinnvolles Leben zu führen; auch haben sie dadurch eine großartige Hoffnung für die Zukunft kennengelernt, die Hoffnung, unter gerechten Verhältnissen auf der Erde zu leben. Sie sind zu der Erkenntnis gekommen, daß es der Wille Gottes ist, daß die Menschen leben und nicht sterben.

      [Bild auf Seite 11]

      Glaubst du wie die alten Griechen, daß dein Leben vom Schicksal gelenkt wird?

  • Der Mensch wurde geschaffen, um zu leben
    Ist mit dem jetzigen Leben alles vorbei?
    • 3. Kapitel

      Der Mensch wurde geschaffen, um zu leben

      DER Mensch wurde von Gott geschaffen, um zu leben. Das geht aus der Schilderung in der Bibel hervor, die zeigt, wie Gott für die Stammeltern der Menschheit, Adam und Eva, sorgte. In der Bibel wird berichtet, daß Jehova Gott die ersten beiden Menschen in einem Paradies, einem schönen Garten in dem Gebiet, das „Eden“ genannt wurde, wohnen ließ. In diesem Paradies gab es alles, was sie brauchten, um leben zu können. In 1. Mose, dem ersten Buch der Bibel, lesen wir darüber: „So ließ Jehova Gott aus dem Erdboden allerlei Bäume hervorwachsen, begehrenswert für den Anblick und gut zur Speise, und auch den Baum des Lebens in der Mitte des Gartens und den Baum der Erkenntnis von Gut und Böse“ (1. Mose 2:9).

      Man beachte, daß es in diesem lieblichen Paradies keinen „Baum des Todes“ gab, wohl aber einen „Baum des Lebens“. Der „Baum des Lebens“ bot jedem, der berechtigt war, davon zu essen, die unverbrüchliche Gewähr dafür, am Leben bleiben zu können. Adam und Eva hatten keinen Grund, eine krankhafte Angst vor der Möglichkeit des Todes zu haben. Solange sie ihrem Schöpfer gehorcht und sein Verbot, von dem „Baum der Erkenntnis von Gut und Böse“ zu essen, beachtet hätten, wären sie am Leben geblieben (1. Mose 2:16, 17).

      Ist aber das, was wir in der Bibel lesen, nämlich, daß der Mensch geschaffen wurde, um ewig zu leben, in Übereinstimmung mit unserer Erfahrung in Verbindung mit dem Leben? Ist es nicht eine Tatsache, daß die Menschen in den vergangenen Jahrtausenden stets gestorben sind? Ja, das stimmt. Weißt du aber, daß es in deinem eigenen Organismus Hinweise dafür gibt, daß du eigentlich weit länger leben solltest, als der Mensch heute im allgemeinen lebt?

      Beachte beispielsweise das menschliche Gehirn. Ist es für eine Lebenszeit von nur siebzig oder achtzig Jahren konstruiert? Interessant ist, was der Biochemiker Isaac Asimov in seinem Aufsatz über die Kapazität des Gehirns schreibt. Sein Speichersystem, bemerkt er, sei „jeder Beanspruchung durch die Prozesse des Lernens und Erinnerns vollkommen gewachsen“, ja es vermöge „sogar noch eine-Milliarde-mal mehr zu leisten“.

      Wäre es vernünftig, den Menschen mit einem Gehirn auszustatten, das eine-Milliarde-mal mehr Aufschlüsse speichern könnte, als er ihm im Laufe seiner durchschnittlichen Lebenszeit zuzuführen vermöchte? Läßt das menschliche Gehirn nicht eher erkennen, daß der Mensch für eine Lebensdauer geschaffen wurde, die ein Gehirn mit einer unermeßlichen Gedächtniskapazität erfordert?

      Das ist jedoch nicht alles.

      NUR DER MENSCH HAT EINE VORSTELLUNG VON DER „EWIGKEIT“

      Eine Besonderheit, die es zu beachten gilt, ist die Tatsache, daß gemäß der Bibel nur der Mensch — kein anderes Geschöpf der Erde — Aussicht auf endloses Leben hat. In diesem Buch wird sogar gesagt, daß allein der Mensch eine Vorstellung von der „unabsehbaren Zeit“ der Vergangenheit und der Zukunft oder von der „Ewigkeit“ hat. Der inspirierte Verfasser des Bibelbuches „Prediger“ schrieb: „Ich habe die Beschäftigung gesehen, die Gott den Menschensöhnen gegeben hat, mit der sie beschäftigt sein sollen. Alles hat er schön gemacht zu seiner Zeit. Auch die unabsehbare Zeit hat er in ihr Herz gelegt“ (Prediger 3:10, 11).

      Wenn das, was die Bibel über den Menschen sagt, stimmt, sollten wir entsprechende Beweise dafür sehen. Gibt es sie? Unterscheidet sich der Mensch klar und deutlich vom Tier? Denkt nur der Mensch ernsthaft über die Zukunft nach, befaßt nur er sich damit, und arbeitet nur er dafür? Reagiert er anders auf den Tod als das Tier, was zeigen würde, daß nur er erkennt, was das Leben in der Vergangenheit für ihn bedeutet hat und was es für ihn in Zukunft bedeuten könnte?

      Es kann nicht bestritten werden, daß alle lebenden Geschöpfe am Leben hängen. Tiere, die von anderen Tieren gejagt werden, suchen ihren Verfolgern instinktiv zu entkommen, indem sie fliehen oder sich verbergen. Viele Tiere kämpfen gegen einen Feind, der viel kräftiger ist als sie, um ihre Jungen vor dem Tod zu bewahren. In einer solchen Situation können Kaninchen so heftige Schläge austeilen, daß sogar Waschbären kläglich unterliegen. Im Westen der Vereinigten Staaten wurde eine Antilope beobachtet, die ihr Junges erfolgreich gegen einen Wolf verteidigte. Sie richtete sein Hinterteil mit ihren messerscharfen Hufen übel zu und schlug ihm die Zähne aus. Als er sich davonmachen wollte, stieß sie auf ihn hinunter und trampelte ihn zu Tode.

      Solch instinktive Reaktionen in Todesgefahr spielen eine wichtige Rolle in der Erhaltung des Lebens der Tiere. Bedeutet das aber, daß sie wie der Mensch ein Verständnis für die Vergangenheit und die Zukunft hätten?

      Wir wissen, daß der Mensch über die Vergangenheit nachdenken und für die Zukunft planen kann. In der Stille seines eigenen Heims kann er über seine Kindheit nachdenken — über seine Streiche, seine Enttäuschungen, seine Fehlschläge, seine Erfolge und seine Freuden. Er kann planen, was er in Zukunft tun will: ein neues Haus bauen, Möbel kaufen, entscheiden, welche Ausbildung er seinen Kindern angedeihen lassen will, usw. Kann aber zum Beispiel ein Hund über die Zeit nachdenken, als er noch jung war, über die Kinder, die damals mit ihm spielten, über die Zeit, da er fortpflanzungsfähig wurde und sich paarte? Hans Bauer berichtet in seinem Buch Tiere sind ganz anders über die diesbezüglichen Forschungsergebnisse:

      „Er [ein Hund] wird jeweils eines realen Sinneseindruckes bedürfen, um frühere Episoden heraufzubeschwören. Man wird ihn etwa einmal in eine fremde Stadt mitgenommen haben, in der er irgendwelche Erlebnisse hatte. Zu Hause werden diese Eindrücke keine Rolle mehr für ihn spielen. Aber sie werden wieder in ihm lebendig werden, wenn er an Ort und Stelle zurückkehrt. Es ist gerade eine der Besonderheiten und einer der Vorzüge der seelischen Struktur des Menschen gegenüber der des Tieres, daß seine Gedächtnisinhalte nicht mit den Tagesbedürfnissen gekoppelt, sondern in den Fluß des Gesamtbewußtseins eingegangen sind.“

      Tiere können sich also im Gegensatz zum Menschen nicht nach Belieben an Vergangenes erinnern.

      Aber können Tiere nicht für die Zukunft planen? Legen nicht Hamster, gewisse Ameisen, die Eichhörnchen und andere Tiere Nahrungsvorräte an? Tragen sie nicht Sorge für die Zukunft, um zu vermeiden, daß sie im Winter hungern müssen? Der obenerwähnte Autor verneint das, und als Beweis führt er folgende Tatsachen an:

      „Sie wissen nicht, was sie tun und warum sie es tun. Sie handeln lediglich nach einem angeborenen Trieb, und der Beweis dafür ist, daß auch Tiere, die man in frühester Jugend ihren Eltern wegnahm und in Käfige steckte, im Herbst zu ,sammeln‘ beginnen. Sie haben niemals den Winter kennengelernt und werden in den kommenden Monaten keine Not leiden. Trotzdem ,hamstern‘ sie: rein um des Hamsterns willen.“

      Über den Unterschied zwischen Mensch und Tier schreibt er zusammenfassend:

      „Die Welt der Tiere ist also durchaus die Gegenwart, und zwar im engsten Augenblickssinne. Denn selbst von gerade lockenden Dingen lassen sie sich durch irgendwelche andere von größerem Aktualitätswert leicht ablenken, ohne später zu jenen zurückzukehren.“

      Somit hat nur der Mensch eine Vorstellung von der „unabsehbaren Zeit“, nur er hat die Fähigkeit, über die Vergangenheit nachzudenken und der Zukunft entgegenzusehen und dafür zu planen.

      Weil die Tiere lediglich für die Gegenwart leben, ist der Tod für sie offensichtlich nicht eine solche Tragödie wie für den Menschen. Die Reaktion des Tieres auf den Tod zeigt, daß es ihn offenbar als etwas Natürliches hinnimmt.

      Im Serengeti-Nationalpark wurde einmal eine Löwin beobachtet, die drei Junge hatte. Während die Löwin weg war, lagen die Jungen verborgen im Dickicht. Aus einem anderen Revier tauchten dann zwei Löwen auf. Sie fanden die verborgenen Löwenkinder und töteten alle drei. Das eine fraßen sie auf, das zweite schleppten sie weg, und das dritte ließen sie liegen. Was tat die Löwin, als sie zurückkam und nur noch ein totes Löwenbaby vorfand? Nichts verriet, daß sie um das Junge getrauert hätte, es schien sie nicht zu bewegen, sondern sie beschnüffelte lediglich die Leiche des ihr noch verbliebenen Jungen — und fraß sie dann auf.

      Ferner ist es beachtenswert, daß die Beutetiere des Löwen nicht in Panik geraten, wenn sie einen Löwen in einer gewissen Entfernung erblicken. Sobald der Löwe seine Beute gerissen hat, grasen die Beutetierherden ruhig weiter. Beutetiere nähern sich einem Löwen, den sie sehen, manchmal bis auf vierzig Meter.

      DER MENSCH SIEHT IM TOD ETWAS UNNATÜRLICHES

      Wie anders reagiert der Mensch auf den Tod! Für die Mehrzahl der Menschen ist der Tod der Ehegefährtin, des Ehegefährten oder eines Kindes eine Erfahrung, die sie am meisten aus der Fassung bringt. Der Mensch ist, nachdem ihm der Tod einen geliebten Menschen entrissen hat, noch lange Zeit danach zutiefst erschüttert.

      Sogar Personen, die behaupten, der „Tod sei für den Menschen etwas Natürliches“, finden es schwierig, sich mit dem Gedanken abzufinden, ihr eigener Tod bedeute das Ende von allem. In der Zeitschrift The Journal of Legal Medicine hieß es: „Die Psychiater sind sich im allgemeinen darin einig, daß der Mensch den Tod, selbst wenn er offenbar nahe bevorsteht, unbewußt leugnet.“ Ein junger Atheist zum Beispiel schrieb vor seiner Hinrichtung: „Rational erwartete ich vom Tod das definitive Ende einer Existenz, die zwar sehr kurz, aber ebenso intensiv gewesen war. Doch es ist für mich schwierig, ja geradezu unmöglich, zuzugeben, daß sie zu gar nichts gedient haben sollte, daß alles in Nichts zerfallen sollte.“

      So stark ist der Wunsch des Menschen, an dem, was in Zukunft getan wird, Anteil zu haben, daß eine Anzahl Personen alles Nötige veranlaßt haben, ihre Leiche später einfrieren zu lassen. Die Grundkosten dafür können bis zu 8 500 Dollar betragen, und für jedes Jahr einer solchen Leichenaufbewahrung sind weitere 1 000 Dollar zu zahlen. Der Grund, warum sich Personen entschlossen, ihre Leiche einfrieren zu lassen, war die Hoffnung, von Wissenschaftlern später zum Leben zurückgeholt zu werden. Gegenwärtig sind die Wissenschaftler natürlich noch weit davon entfernt, so etwas tun zu können. Doch schon der Gedanke, daß das einmal möglich werden könnte, hat genügt, daß einige Personen trotz der hohen Unkosten den Entschluß faßten, ihre Leiche einfrieren zu lassen.

      Da es den Menschen schwerfällt, den Tod als das Ende von allem zu akzeptieren, sind sie überall bemüht, die Erinnerung an die Toten wachzuhalten und sie feierlich zu bestatten. In dem Buch Funeral Customs the World Over (Bestattungsbräuche in aller Welt) wird gesagt:

      „Es gibt kein Volk, ganz gleich, wie primitiv oder wie zivilisiert es sein mag, das, wenn man es gewähren läßt, nicht entsprechend den Möglichkeiten, die es hat, seine Toten feierlich bestattet. Die Totenbestattung ist zu allen Zeiten mit einem Kult verbunden gewesen. Diese Sitte ist so universell, daß man vernünftigerweise daraus schließen darf, sie entspringe der menschlichen Natur. Sie ist ,natürlich‘, normal, vernünftig. Sie befriedigt einen allgemein verbreiteten inneren Drang. Die Toten zu bestatten sieht man als ,recht‘ an, es nicht zu tun, insbesondere für Personen, mit denen man eng verbunden gewesen ist durch Familienbande, Empfindung, Zusammenleben, gemeinsame Erlebnisse oder andere Bindungen, als ,unrecht‘, als eine widernatürliche Unterlassung, als etwas, wofür man sich entschuldigt oder dessen man sich schämt.“

      Welchen Schluß ziehen die Verfasser dieses Buches aus der Tatsache, daß das Bestatten der Toten überall Brauch ist? Wir lesen:

      „Das ist so wahr, daß man den verschiedenen Definitionen des Begriffes ,Mensch‘ noch eine weitere hinzufügen könnte: Er ist ein Wesen, das seine Verstorbenen feierlich bestattet.“

      Aber trotz allem werden die Verstorbenen im Laufe der Zeit, in der die Geschlechter kommen und gehen, vergessen. Selbst an Männer, die vor Jahrhunderten in die Geschichte eingegangen sind, erinnert man sich heute im allgemeinen kaum mehr. Diese einst berühmten Männer üben keinen Einfluß mehr auf andere aus. Mächtige Herrscher des Altertums wie Nebukadnezar, Alexander der Große und Julius Cäsar, die einst das Leben von Millionen ihrer Zeitgenossen beeinflußt haben, beeinflussen unser Leben nicht mehr. Die harte Tatsache, daß die Toten im Laufe der Zeit vergessen werden, erkannte auch der scharfsinnige Verfasser des Bibelbuches „Prediger“ an: „Es gibt keine Erinnerung an Menschen von früheren Zeiten, auch wird es keine an die geben, die später dasein werden. Es wird sich erweisen, daß es keine Erinnerung selbst an sie geben wird unter denen, die noch später dasein werden“ (Prediger 1:11). Die Tatsache, daß der Mensch alles, was in seiner Kraft steht, tut, um in Erinnerung zu bleiben, obwohl er weiß, daß er schließlich vergessen werden wird, zeigt, daß ihm das Verlangen zu leben, und wenn es nur in der Erinnerung ist, angeboren ist.

      DER TOD DES MENSCHEN ERSCHEINT UNVERNÜNFTIG

      Zeigen die Reaktion des Menschen auf den Tod, sein erstaunliches Erinnerungs- und Lernvermögen und sein Wissen um die Ewigkeit nicht deutlich, daß er geschaffen wurde, um zu leben? Nur wenn wir die Erklärung der Bibel annehmen, wonach es ursprünglich nicht Gottes Absicht war, daß der Mensch sterben sollte, wird uns begreiflich, was uns sonst rätselhaft bliebe. Man denke beispielsweise an gewisse Pflanzen und Tiere, deren Lebensdauer die des Menschen bei weitem übertrifft.

      Ein Baum mag Hunderte von Jahren alt werden, ja es gibt sogar Bäume, die jahrtausendealt werden, z. B. die Mammutbäume und die Grannenkiefern. Und nicht selten werden die Riesenschildkröten über 150 Jahre alt. Warum ist das so? Warum werden Bäume und auch Tiere wie die erwähnte Schildkröte, Lebewesen also, die nicht mit Vernunft begabt sind wie der Mensch, viel älter als er?

      Ist der Tod des Menschen außerdem nicht eine furchtbare Vergeudung? Ein Mensch gibt vielleicht einen Bruchteil seines Wissens und seiner Erfahrung an andere weiter, doch der größte Teil davon geht den späteren Generationen verloren. Als Beispiel diene folgendes: Jemand mag ein hervorragender Wissenschaftler, ein vorzüglicher Architekt oder ein vollendeter Musiker, Maler oder Bildhauer sein. Er mag auch andere Personen ausgebildet haben. Aber wenn er stirbt, ist niemand da, der über all die Talente und über eine solche Erfahrung verfügt, wie er sie hatte. Vielleicht war er dabei, etwas Neues zu entwickeln, nachdem er viele Probleme überwunden hatte. Seine Nachfolger, die aus seinem Wissen und seiner Erfahrung hätten Nutzen ziehen können, müssen jetzt möglicherweise durch Herumprobieren lernen — und vielleicht werden auch sie durch den Tod daran gehindert, ihr Werk zu vollenden. Warum sollte der Mensch mit dem Hindernis zu kämpfen haben, ständig erfahrene Leute durch den Tod zu verlieren, da doch die Wissensgebiete so umfangreich sind?

      Ferner kann man die Auffassung, der Mensch sollte nur wenige Jahre auf der Erde leben und dann sterben, nicht mit dem Glauben an einen liebevollen Schöpfer in Übereinstimmung bringen. Warum nicht? Weil das bedeuten würde, daß dem Schöpfer an gewissen Pflanzen und Tieren, Lebewesen, die nicht mit Vernunft begabt sind, mehr gelegen wäre als am Menschen, der Liebe und Dankbarkeit zum Ausdruck bringen kann. Es würde auch bedeuten, daß der Schöpfer wenig Mitleid mit dem Menschen hätte, der von allen irdischen Lebensformen vom Tod am stärksten betroffen wird.

      Wie könnten wir Gott wirklich lieben, wenn mit dem jetzigen Leben alles vorbei wäre und wenn er es so vorgesehen hätte? Wie könnten wir uns zu einem Schöpfer hingezogen fühlen, der es uns unmöglich gemacht hätte, unsere Fähigkeiten voll auszunutzen? Käme es nicht einer Lieblosigkeit gleich, die Voraussetzung dafür zu erhalten, eine unendliche Menge Wissen zu erwerben, dann aber daran gehindert zu werden, es zu verwerten?

      Wenn der Mensch aber geschaffen wurde, um zu leben, dann muß ihm die Frage beantwortet werden: Warum stirbt der Mensch? Auch muß er eine zufriedenstellende Antwort erhalten, die ihm hilft, zu verstehen, warum Gott jahrtausendelang zugelassen hat, daß die Menschen gestorben sind. Dadurch wird vielleicht ein großes Hindernis beseitigt, das es dem einen oder anderen bisher unmöglich gemacht hat, in ein gutes Verhältnis zum Schöpfer zu gelangen, in seinem Leben einen Sinn zu sehen und Freude am Leben zu haben.

      Aber wie können wir mit Sicherheit wissen, warum wir sterben müssen?

      [Bilder auf Seite 24]

      WARUM IST DAS MENSCHENLEBEN SO KURZ?

      Trotz seines erstaunlichen Lernvermögens wird der Mensch nur 70 bis 80 Jahre alt.

      Sogar Schwäne werden über 80 Jahre alt.

      Schildkröten sind nicht mit Vernunft begabt, dennoch werden sie über 150 Jahre alt.

      Es gibt Bäume, die jahrtausendealt werden.

  • Wieso altert und stirbt der Mensch?
    Ist mit dem jetzigen Leben alles vorbei?
    • 4. Kapitel

      Wieso altert und stirbt der Mensch?

      ALTER und Tod werden allgemein als etwas Normales angesehen, dennoch erscheint dem Menschen beides immer noch rätselhaft. Ein Beweis dafür ist die Tatsache, daß Jahrhunderte hindurch Sagen überliefert wurden, die einen Versuch darstellten, zu erklären, warum der Mensch altert und stirbt.

      Nach einer Version eines alten griechischen Mythos soll eine Frau namens Pandora gegen ein Verbot den Deckel eines Fasses oder einer Büchse hochgehoben haben. Dadurch habe sie den Inhalt des Fasses — „Alter“, „Krankheit“, „Irrsinn“ und andere Übel, die bis heute die Menschheit plagen — zerstreut.

      Verschiedene Stämme der Eingeborenenbevölkerung Australiens glauben, daß der Mensch ursprünglich ewig leben sollte. Aber er mußte von einem bestimmten hohlen Baum fernbleiben. Als Honigbienen in diesem Baum nisteten, wurde ihr Honig von den Frauen heiß begehrt. Eine der Frauen mißachtete die Warnung der Männer, nahm eine Streitaxt und hieb damit auf den Baum ein. Darauf flog gemäß der Sage eine große Fledermaus heraus. Die Fledermaus war der „Tod“. Nach ihrer Freilassung aus dem Baum fiel ihr jeder, den sie mit den Flügeln berührte, zum Opfer.

      Es ist bedeutsam, daß der Tod nach den Sagen anderer, weit voneinander entfernt lebender Völker ebenfalls eine Folge von Ungehorsam ist, und in manchen Sagen gibt den Anstoß dazu eine Frau.

      WARUM DIE ÄHNLICHKEIT?

      Es gibt Leute, die versucht sind, wenn sie solche Mythen lesen, die Erklärung der Bibel darüber, warum der Mensch altert und stirbt, ebenfalls als einen Mythos zu betrachten. Der eine oder andere wird vielleicht sogar darauf hinweisen, daß zwischen den Mythen und dem Bibelbericht eine gewisse Ähnlichkeit bestehe. Was ist die Ursache dieser Ähnlichkeit? Liegen diesen Mythen vielleicht historische Tatsachen zugrunde, die jedoch verzerrt dargestellt worden sind?

      Die Bibel hilft uns, eine Antwort auf diese Fragen zu erhalten. Gemäß diesem Buch sind die Menschen, die sich gegen Gott auflehnten, indem sie seinem Gebot trotzten, von Alt-Babel in Chaldäa aus zerstreut worden (1. Mose 11:2-9). Aus biblischen Geschlechtsregistern geht hervor, daß sich das in einer Zeit zutrug, da auch Personen lebten, die Gott treu dienten und die die Wahrheit über das Leben und die Ursache des Todes kannten (1. Mose 6:7, 8; 8:20, 21; 9:28; 10:1-9; 11:10-18; 1. Chronika 1:19). Von den meisten der damals lebenden Menschen darf wohl kaum erwartet werden, daß sie die Wahrheit über die Frage, warum der Mensch sterben muß, genau überlieferten, da sie es doch mit der Wahrheit, die das Vorhaben Gottes mit dem Menschen betraf, auch nicht genau genommen hatten. Nach ihrer Zerstreuung wurden die historischen Tatsachen im Laufe der Zeit immer mehr entstellt und phantasievoll ausgeschmückt; es entwickelten sich Mythen. In den mythischen Überlieferungen wird die Ursache des Alterns und des Todes unterschiedlich erklärt, doch kann man erkennen, daß ihnen dasselbe historische Ereignis zugrunde liegt.

      Das ist nicht nur eine Vermutung. Es gibt Beweise, die deutlich zeigen, daß religiöse Mythen, auch die Mythen über die Ursache des Todes, einen gemeinsamen Ursprung haben. Oberst J. Garnier schreibt in seinem Buch The Worship of the Dead (Der Totenkult):

      „Nicht nur die Ägypter, Chaldäer, Phönizier, Griechen und Römer, sondern auch die Hindus, die Buddhisten Chinas und Tibets, die Goten, die Angelsachsen, die Druiden, die Mexikaner, die Peruaner, die Ureinwohner Australiens und sogar die Eingeborenen der Südsee-Inseln müssen ihr religiöses Gedankengut aus ein und derselben Quelle geschöpft haben, es muß einen gemeinsamen Ursprung haben. Überall stellt man eine erstaunliche Übereinstimmung zwischen den Riten, Zeremonien, Sitten, Überlieferungen und Namen der Götter und Göttinnen und deren Beziehungen zueinander fest.“

      Und wo ist diese Quelle, aus der alle geschöpft haben? Lassen die Beweise erkennen, daß dieser Ort Chaldäa ist, wie es in der Bibel angedeutet wird? Professor George Rawlinson schreibt:

      „Die auffallende Ähnlichkeit des chaldäischen Systems mit dem der klassischen [vorwiegend der griechischen und der römischen] Mythologie scheint besonderer Aufmerksamkeit wert zu sein. Diese Ähnlichkeit ist in gewissen Beziehungen zu allgemein und zu groß, um die Vermutung zuzulassen, daß reiner Zufall die Übereinstimmung bewirkt hätte. Im griechischen, im römischen und im chaldäischen Pantheon ist die gleiche allgemeine Gruppierung [der Götter und Göttinnen] zu erkennen; oft findet man eine übereinstimmende Reihe von genealogisch miteinander verbundenen Göttern; und in einigen Fällen lassen sich sogar die bekannten Namen und Titel klassischer Gottheiten aus chaldäischen Quellen genau erläutern und erklären.“

      Zu welchem Schluß kommt er daher? Er schreibt:

      „Wir können kaum bezweifeln, daß die religiösen Vorstellungen auf diese oder jene Weise weitergegeben wurden — daß mythologische Anschauungen und Auffassungen ältester Zeit von der Küste des Persischen Golfes [wo Alt-Babel lag] in die Länder am Mittelmeer gelangten.“

      Das, was die Bibel über die Entwicklung religiöser Vorstellungen andeutet, ist somit in Übereinstimmung mit anderen historischen Zeugnissen. Wenn die Tatsachen, die in den religiösen Mythen verzerrt dargestellt wurden, in der Bibel wahrheitsgetreu überliefert worden sind, sollte der Bibelbericht an unsere Vernunft appellieren. Der Bericht sollte einleuchtend sein. Ist er das?

      LEBEN VON GEHORSAM ABHÄNGIG

      Die Erzählung in 1. Mose, dem ersten Buch der Bibel, aus der hervorgeht, warum der Mensch altert und stirbt, beginnt nicht mit den Worten „Es war einmal ...“, auch spielt sie sich nicht in einem „Traumland“ ab, sondern sie handelt von Tatsachen. Zum Beispiel wird darin Eden, ein Ort, den es tatsächlich gegeben hat, erwähnt. Wo Eden gelegen hat, läßt sich mit Hilfe gewisser Flüsse bestimmen. Zwei davon, Euphrat und Tigris (Chiddekel), sind auch heute noch unter diesen Namen bekannt (1. Mose 2:10-14, Hamp, Stenzel). Aus der biblischen Zeitrechnung geht hervor, daß sich die Vorgänge in Eden um das Jahr 4026 v. u. Z. oder kurz danach abspielten. Vom wissenschaftlichen Standpunkt aus vernünftig ist auch der Hinweis der Bibel auf ein erstes Menschenpaar. So lesen wir in der Schrift The Races of Mankind (Die Menschenrassen):

      „Was in der Bibel schon seit Jahrhunderten über Adam und Eva, Vater und Mutter des ganzen Menschengeschlechts steht, ist das, was die wissenschaftlichen Forschungen ergeben haben: daß alle Völker der Erde eine einzige Familie bilden und einen gemeinsamen Ursprung haben.“

      Die Bibel berichtet, wie der erste Mensch ins Dasein kam, und erzählt dann, daß der Schöpfer, Jehova Gott, den Menschen an einem Ort wohnen ließ, der einem Park glich. Er stellte dem Menschen in Aussicht, ewig leben zu dürfen, machte dieses Leben aber von einer Bedingung abhängig. Gott sagte zum Menschen: „Von jedem Baum des Gartens darfst du bis zur Sättigung essen. Was aber den Baum der Erkenntnis von Gut und Böse betrifft, davon sollst du nicht essen, denn an dem Tage, da du davon ißt, wirst du bestimmt sterben“ (1. Mose 2:16, 17).

      Das war ein einfaches Gebot. Sollten wir jedoch etwas anderes erwarten? Damals war der Mensch Adam allein. Das Leben war einfach, unkompliziert. Für sich zu sorgen war unproblematisch. Er stand nicht unter dem Druck eines von Habsucht geprägten Wirtschaftssystems. Komplizierte Gesetze gegen sündige Neigungen des ersten Menschen waren nicht erforderlich. Adam war ein vollkommener Mensch und hatte daher keinen Hang zur Sünde.

      Das Gebot war zwar einfach, doch ging es dabei um eine sittliche Frage von großer Tragweite. Würden die ersten Menschen dem Gebot Gottes nicht gehorchen, so wäre das gleichbedeutend mit Auflehnung gegen Gott, den Herrscher. Wieso?

      Das Essen von der Frucht des „Baumes der Erkenntnis von Gut und Böse“ war ein Unrecht, weil Gott es verboten hatte. Die Frucht an und für sich war nicht giftig, sondern bekömmlich, buchstäblich ‘gut zur Speise’ (1. Mose 3:6). Dadurch, daß Gott verbot, von dem Baum zu essen, wurde lediglich nachdrücklich hervorgehoben, daß der Mensch von seinem Schöpfer, dem Herrscher, mit Fug und Recht abhängig war. Der erste Mann und die erste Frau hätten durch Gehorsam beweisen können, daß sie Gottes Recht respektierten, ihnen kundzutun, was „gut“ und was „böse“ war, d. h., was er guthieß und was er verurteilte. Ungehorsam hätte jedoch gezeigt, daß sie sich gegen Gottes Souveränität auflehnten.

      Jehova Gott erklärte, eine solche Auflehnung würde die Todesstrafe nach sich ziehen. War diese Strafe zu hart? Nun, gibt es in der Welt nicht viele Länder, die in ihrem Strafrecht für Kapitalverbrechen die Todesstrafe androhen? Doch diese Länder können niemandem das Leben geben und auch niemanden für immer am Leben erhalten. Der Schöpfer des Menschen dagegen kann das. Und seines Willens wegen kamen Adam und Eva ins Dasein (Offenbarung 4:11). Hatte der Gott, der Leben gibt und am Leben erhält, daher nicht das Recht, für Ungehorsam ihm gegenüber die Todesstrafe anzudrohen? Ganz bestimmt! Ferner kennt auch nur er den vollen Umfang der schädigenden Wirkung, die der Ungehorsam gegen sein Gesetz hat.

      Die ersten Menschen, Adam und Eva, hätten durch ihren Gehorsam gegenüber dem Verbot beweisen können, daß sie das, was Gott für sie getan hatte, schätzten und ihm dafür dankbar waren. Gehorsam aus dem richtigen Beweggrund hätte sie davor bewahrt, selbstsüchtig zu werden und Gott, ihren Wohltäter, bewußt außer acht zu lassen.

      Was ihnen geboten wurde, war in Übereinstimmung mit dem, was man von einem Gott der Liebe und der Gerechtigkeit erwarten würde. Es war in keiner Weise unzumutbar. Gott enthielt den beiden Menschen dadurch nichts vor, was sie zum Leben brauchten. Im Garten standen noch viele andere Bäume, von denen sie bis zur Sättigung essen konnten. Daher gab es sowohl für Adam als auch für Eva keinen Grund zu meinen, sie müßten die Frucht des „Baumes der Erkenntnis von Gut und Böse“ unbedingt haben.

      Doch gemäß dem Bericht fiel Eva eines Tages, als ihr Ehemann nicht bei ihr war, einer Täuschung zum Opfer und nahm von der verbotenen Fruchta. Danach gelang es ihr auch ihren Mann dazu zu bringen, das Gesetz Gottes zu übertreten (1. Mose 3:1-6).

      Man könnte nun einwenden, Gott hätte die ersten Menschen wegen dieser Auflehnung nicht zur Rechenschaft zu ziehen brauchen. Jemand könnte auf die Möglichkeit hinweisen, daß Gott diese verkehrte Handlungsweise hätte übersehen können, daß er die beiden nicht hätte zu bestrafen brauchen. Wäre das aber die beste Handlungsweise gewesen? Sind nicht gerade die wachsende Mißachtung der gerechten Gesetze und die Zunahme der Verbrechen und Gewalttaten, die wir heute sehen, darauf zurückzuführen, daß die Menschen es unterlassen, die Gesetze konsequent durchzuführen? Hätte Gott Adam und Eva für ihre unrechte Handlungsweise nicht bestraft, hätten sie und ihre Nachkommen sich erkühnt, weiterhin gesetzlos zu handeln. Dadurch wäre Gott an solchen Taten mitschuldig geworden.

      Ferner wäre die Zuverlässigkeit des Wortes Gottes in Frage gestellt worden, wenn Gott Adam und Eva hätte gewähren lassen. Gott hätte dadurch den Anschein erweckt, daß es ihm nicht Ernst sei mit dem, was er sagt, und daß man seine Gesetze daher ungestraft übertreten könne.

      Demnach führte Gott sein Gesetz mit voller Berechtigung durch und ließ die ersten Menschen die Folgen ihres absichtlichen, vorsätzlichen Ungehorsams tragen. Auch darf man nicht übersehen, daß die beiden keine Reue bekundeten. Nichts zeigte, daß sie ihren Sinn geändert hatten.

      DIE EIGENTLICHE URSACHE — SÜNDE

      Adam und Eva brachten sich durch ihre Auflehnung gegen Gott um ihr gutes Verhältnis zu ihm. Sie besaßen kein unzerstörbares, unsterbliches Leben. In der Bibel wird gesagt, daß Gott durch seine Kraft ‘Sonne, Mond und Sterne für immer’, ‘auf unabsehbare Zeit’, bestehen läßt (Psalm 148:3-6). So war es auch mit den ersten beiden Menschen. Um am Leben bleiben zu können, waren sie auf Gott angewiesen.

      Da Adam und Eva nicht bereit waren, sich dem Gesetz Gottes zu unterstellen, brachten sie sich um Gottes Kraft, durch die er sie am Leben erhielt. Da sie sich Gott entfremdet hatten, waren sie auch ohne seine Leitung und Führung. Die Sünde, durch die Adam und Eva sich Gott entfremdet hatten, führte im Laufe der Zeit zu ihrem Tod.

      Nachdem die ersten Menschen gegen Gott gesündigt hatten, verfügten sie indessen immer noch über ein großes Maß an Lebenskraft. Das zeigt der Geschichtsbericht, aus dem hervorgeht, daß Adam 930 Jahre alt wurde (1. Mose 5:5). Und doch erfüllten sich an Adam die warnenden Worte: „An dem Tage, da du davon [von dem Baum der Erkenntnis von Gut und Böse] ißt, wirst du bestimmt sterben“, denn an jenem Tag verurteilte Gott Adam zum Tode (1. Mose 2:17).

      Adam, der Stammvater der Menschheitsfamilie, brachte durch seinen Ungehorsam nicht nur über sich, sondern auch über seine noch ungeborenen Nachkommen den Tod. Deshalb wird in der Bibel gesagt: „So, wie durch e i n e n Menschen die Sünde in die Welt hineingekommen ist und durch die Sünde der Tod und sich so der Tod zu allen Menschen verbreitet hat, weil sie alle gesündigt hatten ...“ (Römer 5:12).

      Da Adam seine Vollkommenheit verloren hatte, konnte er sie nicht an seine Nachkommen weitergeben. Schon seine ersten Kinder wurden mit Fehlern behaftet geboren. Die Auswirkung, die die Sünde auf Adams Organismus hatte, machte es ihm unmöglich, Nachkommen zu zeugen, die ohne Unzulänglichkeiten und Fehler gewesen wären. Das stimmt mit dem Text aus Hiob 14:4 überein: „Wer kann einen Reinen aus einem Unreinen hervorbringen? Da ist nicht einer.“ Die Menschen altern und sterben also in erster Linie, weil sie von Adam die Sünde ererbt haben. Als seine Nachkommen empfangen sie den Lohn, den die Sünde zahlt — Tod (Römer 6:23).

      Was bedeutet das in Wirklichkeit? Enden mit dem Tod alle Lebensprozesse eines Menschen, oder lebt etwas von ihm weiter? Leben die Verstorbenen nach dem Tod weiter und haben sie auch Bewußtsein?

      [Fußnote]

      a Das 10. Kapitel behandelt ausführlich diese Täuschung und ihre Urheber.

      [Karte auf Seite 28]

      (Genaue Textanordnung in der gedruckten Ausgabe)

      DIE MYTHOLOGIE VIELER VÖLKER HAT IHREN URSPRUNG IN BABEL

      GRIECHENLAND

      BABEL

      Persischer Golf

      AFRIKA

      INDIEN

      [Bild auf Seite 32]

      Gemäß der Bibel stellte Gott dem ersten Menschenpaar endloses Leben in Aussicht.

  • Was ist unter dem Ausdruck „Seele“ zu verstehen?
    Ist mit dem jetzigen Leben alles vorbei?
    • 5. Kapitel

      Was ist unter dem Ausdruck „Seele“ zu verstehen?

      WAS bist du? Bestehst du eigentlich aus zwei Personen in einer Person — hast du einen menschlichen Leib mit einem Gehirn, einem Herzen, mit Augen, Ohren, einer Zunge usw., in dem eine unsichtbare Geistperson lebt, völlig getrennt von deinem fleischlichen Organismus, die „Seele“ genannt wird? Wenn ja, was geschieht, wenn du stirbst? Stirbt nur dein Leib, und lebt die Seele weiter? Wie kannst du darüber Gewißheit erlangen?

      Fast alle Religionen lehren, daß beim Menschen der Tod nicht das Ende jeglicher Existenz sei. Dieser Glaube ist nicht nur unter der sogenannt christlichen Bevölkerung Nord- und Südamerikas, Europas und Australiens verbreitet, sondern auch in den nichtchristlichen Ländern Asiens und Afrikas. In dem Buch Funeral Customs the World Over (Bestattungsbräuche in aller Welt) wird gesagt: „Die Angehörigen der meisten Kulturkreise glauben, daß beim Tod etwas den Körper verläßt und weiterlebt.“

      In den nichtchristlichen Religionen spielt der Glaube an die Unsterblichkeit der Seele eine wichtige Rolle. In dem berühmtesten Werk des heiligen Schrifttums der Hindus, der Bhagavadgita, wird zum Beispiel ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die Seele nicht stirbt. Das wird als Grund dafür angeführt, daß man im Krieg töten dürfe. Wir lesen:

      „Die Körper aber des Verkörperten [Seele], des Ewigen Unzerstörbaren und Unermeßlichen sind vergänglich, sagt man. Und darum kämpfe, Bharata!

      Wer ES als Töter ansieht, wer glaubt, ES sei zu töten, beide sind unwissend. Nicht tötet ES, noch wird ES je getötet.

      Geboren ward ES nicht, noch stirbt ES, noch war ES jemals nicht oder wird künftig nicht sein. Der Ungeborene, Unwandelbare, der Ewige, Er, der Uralte wird nicht in dem erschlagenen Leib erschlagen“ (Bhagavadgita, zweiter Gesang, 18-20, aus dem Sanskrit übersetzt von Hertha Martens).

      Doch was ist die Seele, von der hier gesprochen wird? Obschon die Hindus überzeugt sind, daß die menschliche Seele unsterblich ist, beschreiben sie sie in vagen Worten. In der Schrift Hinduism von Swami Vivekananda wird gesagt:

      „Der Hindu glaubt, jede Seele sei ein Kreis, dessen Mittelpunkt im Körper, seine Peripherie aber nirgendwo sei, und der Tod bedeute nur, daß dieser Mittelpunkt von einem Körper zum andern hinüberwechsle. Die Seele ist auch nicht an den Zustand der Materie gebunden. Sie ist in ihrem Wesen frei, ungebunden, heilig, rein und vollkommen. Aber irgendwie ist sie an die Materie gebunden und denkt sich als Materie.“

      Was glauben im allgemeinen die Glieder der Kirchen der Christenheit? Professor Oscar Cullmann (Theologische Fakultät der Universität Basel und der Université de Paris) schreibt in dem Buch Unsterblichkeit der Seele oder Auferstehung der Toten?:

      „Wenn wir heute einen Durchschnittschristen, sei er Protestant oder Katholik, Intellektueller oder nicht, fragen, was das Neue Testament über das individuelle Los des Menschen nach dem Tode lehrt, so werden wir, von wenigen Ausnahmen abgesehen, die Antwort erhalten: ,Die Unsterblichkeit der Seele.‘ “

      Auf die Frage, was die „Seele“ sei, geben die Glieder der Kirchen der Christenheit ebenfalls nur undeutliche, unbestimmte Antworten. Sie haben keine klarere Vorstellung von einer unsterblichen Seele als die Anhänger der nichtchristlichen Religionen. Deshalb entsteht die Frage: Lehrt die Bibel, daß die Seele ein unsterblicher Bestandteil des Menschen ist?

      IST DIE SEELE UNSTERBLICH?

      In vielen Bibelübersetzungen wird das hebräische Wort nephesch und das griechische Wort psyché mit „Seele“ wiedergegeben. (Siehe zum Beispiel Hesekiel 18:4 und Matthäus 10:28 [Elberfelder Bibel; Menge; Zürcher Bibel; Allioli].) Das erwähnte hebräische und griechische Wort ist auch mit „Wesen“, „Geschöpf“ und „Person“ wiedergegeben worden. Selbst wenn in deiner Bibel die beiden Wörter nephesch und psyché konsequent mit „Seele“ wiedergegeben werden (wie in der Neuen-Welt-Übersetzung), so wird dir doch eine Prüfung der Texte, in denen diese Wörter vorkommen, erkennen helfen, wie das Volk Gottes der alten Zeit diese Ausdrücke verstand. Du kannst dann selbst entscheiden, was die Seele wirklich ist.

      Über die Erschaffung Adams, des ersten Menschen, lesen wir im ersten Buch der Bibel: „Jehova Gott ging daran, den Menschen aus Staub vom Erdboden zu bilden und in seine Nase den Odem des Lebens zu blasen, und der Mensch wurde eine lebende Seele [nephesch]“ (1. Mose 2:7). Es gilt zu beachten, daß in der Bibel nicht gesagt wird: „Der Mensch erhielt eine Seele“, sondern: „Der Mensch wurde eine lebende Seele.“

      Haben die Christen des ersten Jahrhunderts unter dem Wort „Seele“ etwas anderes verstanden? Nein. In dem Teil der Bibel, den viele das „Neue Testament“ nennen, wird die Erklärung über die Erschaffung Adams als eine Tatsache angeführt: „So steht auch geschrieben: ,Der erste Mensch Adam wurde eine lebendige Seele‘ “ (1. Korinther 15:45). Im Grundtext steht für das Wort „Seele“ psyché. Demzufolge bezeichnet das griechische Wort psyché in diesem Text wie das hebräische Wort nephesch den Menschen selbst und keinen unsichtbaren Geist, der in ihm wohnen würde. Mit Recht haben gewisse Bibelübersetzer bei der Übersetzung von 1. Mose 2:7 und 1. Korinther 15:45 Wörter verwendet wie „Wesen“, „Geschöpf“ und „Person“ (Herder-Bibel; New English Bible; in The Bible in Living English wird in 1. Mose 2:7 das englische Wort für „Person“ verwendet, in 1. Korinther 15:45 aber das englische Wort für „Seele“; Zunz gebraucht in 1. Mose 2:7 den Ausdruck „Leben-Atmender“).

      Beachtenswert ist auch, daß die Wörter nephesch und psyché auf Tiere angewandt werden. Über die Erschaffung der Wasser- und der Landtiere lesen wir in der Bibel: „Und Gott sprach weiter: ,Die Wasser sollen ein Gewimmel lebender Seelen [„von lebendigem Getier“, Luther; von „lebendigen Geschöpfen“, New English Bible] hervorwimmeln, und fliegende Geschöpfe mögen ... über der Erde fliegen.‘ Und Gott ging daran, die großen Seeungetüme zu erschaffen und jede lebende Seele, die sich regt ... ,Die Erde bringe lebende Seelen nach ihren Arten hervor, Haustiere und sich regende Tiere und wildlebende Tiere der Erde nach ihrer Art‘ “ (1. Mose 1:20-24).

      Aber nicht nur im ersten Buch der Bibel werden die Tiere als Seelen bezeichnet, sondern vom ersten bis zum letzten Buch der Heiligen Schrift werden sie Seelen genannt. So lesen wir: „Als eine Abgabe ... sollst du von den Kriegsmännern, die ins Feld zogen, eine Seele [nephesch] von fünfhundert von den Menschen und vom Großvieh und von den Eseln und vom Kleinvieh, wegnehmen“ (4. Mose 31:28). „Der Gerechte sorgt für die Seele [nephesch] seines Haustiers“ (Sprüche 12:10). „Jede lebende Seele [psyché] starb, ja alles, was im Meere war“ (Offenbarung 16:3).

      Das Wort „Seele“ wird mit Recht auf Tiere angewandt. Das ist im Einklang mit der Grundbedeutung, die man für das hebräische Wort nephesch annimmt. Dieses Wort soll von einer Wortwurzel stammen, die „atmen“ bedeutet. Buchstäblich ist eine Seele somit ein „Atmender“, und Tiere sind ja auch Atmende. Es sind lebende, atmende Geschöpfe.

      Wenn die Wörter nephesch und psyché auf Menschen angewandt werden, beziehen sie sich des öfteren auf die ganze Person. So lesen wir in der Bibel, daß die Menschenseele geboren wird (1. Mose 46:18). Sie kann essen oder fasten (3. Mose 7:20; Psalm 35:13). Sie kann weinen und dahinschwinden (Jeremia 13:17; Jona 2:7). Eine Seele kann schwören, nach etwas verlangen und von Furcht befallen werden (3. Mose 5:4; 5. Mose 12:20; Apostelgeschichte 2:43). Eine Person kann eine Seele entführen (5. Mose 24:7). Der Seele kann nachgejagt werden, und sie kann in Eisenbande kommen (Psalm 7:5; 105:18). Sind das nicht alles Dinge, die ein Mensch aus Fleisch und Blut tun kann oder die man einem solchen Menschen antun kann? Beweisen diese Bibeltexte nicht deutlich, daß mit dem Wort „Seele“ — wenn es sich auf den Menschen bezieht — der ganze Mensch gemeint ist?

      Zu diesem Schluß sind zahlreiche katholische, protestantische und jüdische Bibelgelehrte des zwanzigsten Jahrhunderts gekommen. Man beachte ihre Kommentare:

      „Der berühmte Vers in 1. Mose [2:7] besagt nicht, wie oft angenommen wird, daß der Mensch aus Leib und Seele bestehe; er besagt, daß Jahwe den Menschen bildete, Staub vom Erdboden, und dann daranging, die reglose Gestalt mit lebendem Odem, der in ihre Nase geblasen wurde, zu beleben, so daß der Mensch ein lebendes Wesen wurde, was die einzige Bedeutung von nephesch [Seele] hier ist“ (H. Wheeler Robinson vom Regent’s Park College, London, in der Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft, Bd. 41 [1923]).

      „Man darf nicht denken, der Mensch habe eine Seele; er ist eine Seele“ (E. F. Kevan, Rektor des Londoner Bible College, in The New Bible Commentary [1965], 2. Ausg., S. 78).

      „Die Seele ist gemäß dem A[lten] T[estament] kein Teil des Menschen, sondern der ganze Mensch — der Mensch als ein lebendes Wesen. Im N[euen] T[estament] hat der Begriff eine ähnliche Bedeutung, und zwar bedeutet er hier das menschliche Leben: das Leben eines einzelnen, vernunftbegabten Wesens“ (New Catholic Encyclopedia [1967], Bd. 13, S. 467).

      „Die Bibel sagt nicht, daß wir eine Seele haben. ,Nephesch‘ ist die Person selbst, ihr Nahrungsbedürfnis, das Blut in ihren Adern, ihr ganzes Sein“ (Dr. H. M. Orlinsky, Hebrew Union College, zitiert in der New York Times vom 12. Oktober 1962).

      Findest du es merkwürdig, daß Gelehrte, die eine unterschiedliche religiöse Überzeugung haben, jetzt sagen, daß die Seele der Mensch selbst sei? Bist du das gelehrt worden? Oder hast du gelernt, daß die Seele ein unsterblicher Bestandteil des Menschen sei? Wenn ja, wie hat sich diese Lehre auf dich ausgewirkt? Hat sie dich veranlaßt, Geld, das du für den Lebensunterhalt benötigt hättest, für religiöse Zwecke zu geben? Kann es sein, daß die Kirche, der du angehörst, in bezug auf diese Lehre nicht ehrlich gewesen ist? Wer hat recht: die Kirche oder ihre Gelehrten?

      Wenn die Gelehrten recht haben, die sagen, die Menschenseele sei die Person als Ganzes, einschließlich ihres Leibes aus Fleisch und Blut, dann dürfen wir erwarten, daß die Bibel sagt, die Seele sei sterblich. Sagt sie das? Ja. Wir lesen in der Bibel, daß eine nephesch vom Tode ‘zurückgehalten’, ‘befreit’ und ‘gerettet’ werden kann (Psalm 78:50; 116:8; Jakobus 5:20). Ferner lesen wir: „Laßt uns seine Seele nicht totschlagen“ (1. Mose 37:21). „Der Totschläger, der eine Seele unabsichtlich erschlägt, soll dorthin fliehen“ (4. Mose 35:11). „Ihre Seele wird in der Jugend selbst sterben“ (Hiob 36:14). „Die Seele, die sündigt — sie selbst wird sterben“ (Hesekiel 18:4, 20).

      Kann es aber sein, daß mindestens bei einigen Bibeltexten das Wort im Grundtext, das mit „Seele“ wiedergegeben wird, etwas bezeichnet, was im Tod den Leib verläßt und unsterblich ist? Wie steht es mit Texten wie den folgenden? „Als ihr dann aber die Seele entfloh — denn sie mußte sterben —, nannte sie ihn ,Benoni‘ “ (1. Mose 35:18, Menge). „Mein Gott, laß bitte die Seele dieses Kindes in ihn zurückkehren“ (1. Könige 17:21). „Hört auf, Lärm zu machen, denn seine Seele ist in ihm“ (Apostelgeschichte 20:10). Zeigen diese Stellen nicht, daß die Seele etwas ist, was unabhängig vom Leib existiert?

      Der Text in Hiob 33:22, geschrieben in einem poetischen Stil, der Parallelismus genannt wird, liefert den Schlüssel zum Verständnis dieser Stellen. In diesem Text werden die Wörter „Seele“ und „Leben“ als Synonyme verwandt, so daß man sie austauschen könnte, ohne den Sinn der Stelle zu verändern. Wir lesen: „Seine Seele nähert sich der Grube und sein Leben denen, die den Tod zufügen.“ Dieser Text mit den parallelen Satzgliedern zeigt, daß das Wort „Seele“ das Leben einer Person bedeuten kann; wenn daher vom Weggang der Seele gesprochen wird, kann man darunter das Ende des Lebens einer Person verstehen.

      Als Veranschaulichung diene folgendes: Ein Mann mag sagen, sein Hund sei von einem Lastwagen überfahren worden und habe dabei „sein Leben verloren“. Will der Mann damit sagen, daß das Leben den Körper des Hundes verlassen habe und weiterexistiere? Nein, er drückt lediglich in bildhafter Form den Gedanken aus, daß das Tier gestorben sei. Das trifft auch zu, wenn wir von einem Menschen sagen, er habe „das Leben verloren“. Wir meinen damit nicht, daß sein Leben unabhängig vom Leib existiere. Ähnlich ist es mit dem Ausdruck „seine Seele verlieren“, denn er bedeutet nicht, daß es ein Weiterleben nach dem Tode gibt, sondern lediglich, daß man „sein Leben, seine Seele“, verliert. Das wird auch in dem Werk The Interpreters Dictionary of the Bible anerkannt. Wir lesen darin:

      „Der ,Weggang‘ der nephesch [Seele] muß als ein sprachliches Bild angesehen werden, denn sie lebt nicht unabhängig vom Leib weiter, sondern stirbt mit ihm (4. Mose 31:19; Richter 16:30; Hesekiel 13:19). Kein biblischer Text berechtigt dazu, zu sagen, die ,Seele‘ streife im Tode den Leib ab.“

      DER URSPRUNG DER AUFFASSUNG

      Aus der Heiligen Schrift geht klar hervor, daß der Mensch keine unsterbliche Seele hat, sondern daß er selbst eine Seele ist. Wie fand denn die Auffassung, daß der Mensch eine unsterbliche Seele habe, Eingang in die Kirchen der Christenheit? Heute wird offen zugegeben, daß das unter dem Einfluß der heidnischen griechischen Philosophie geschehen ist. Professor Douglas T. Holden schreibt in seinem Buch Death Shall Have No Dominion (Der Tod herrscht nicht mehr):

      „Die christliche Theologie ist mit griechischer Philosophie so durchsetzt worden, daß sie Individuen großgezogen hat, die zu neun Zehnteln griechisch und zu einem Zehntel christlich denken.“

      In der katholischen Zeitschrift Commonweal, Ausgabe vom 15. Januar 1971, wird zugegeben, daß die im „späten Judentum und frühen Christentum“ verbreitete Vorstellung von einer unsterblichen Seele „ein Erbe Athens“ gewesen sei.

      Wer ist für dieses Vermischen heidnischen, griechischen Gedankenguts mit christlichem Gedankengut verantwortlich? Ist es nicht die Geistlichkeit? Bestimmt haben die Gemeindemitglieder diese Lehre nicht von sich aus aufgebracht, eine Lehre, die von den Bibelgelehrten jetzt offen als unbiblisch bezeichnet wird.

      Aber worin wurzelte die Religion der alten Griechen? Wie bereits erwähnt, gibt es überzeugende Beweise dafür, daß die religiösen Vorstellungen der Griechen und anderer Völker von denen der Babylonier beeinflußt wurden. Über die babylonischen Vorstellungen von der Seele lesen wir in dem Werk The International Standard Bible Encyclopædia:

      „Man glaubte, daß die Seele des Menschen nach dem Tode weiterlebe. ... Die Babylonier ... gaben ihnen [den Toten] oftmals Gegenstände bei, die sie bei ihrem Weiterleben verwenden könnten. ... In dieser zukünftigen Welt scheint es unter den Toten Unterschiede gegeben zu haben. Solche, die in der Schlacht fielen, scheinen besonders begünstigt gewesen zu sein. Sie erhielten frisches Wasser zu trinken. Wer keine Nachkommen hatte, die an seinem Grab Opfergaben darbringen konnten, mußte Schmerzen und viele Entbehrungen erdulden.“

      Es war also ohne weiteres möglich, daß die Griechen den Kern ihrer Vorstellungen von der Unsterblichkeit der Seele aus Babylon bezogen und daß die griechischen Philosophen ihn dann ausbauten.

      Ähnlich scheint der Vorgang bei den nichtchristlichen Religionen, die es heute noch gibt, gewesen zu sein. Vergleicht man zum Beispiel die alte Kultur des Industals, wo der Hinduismus die vorherrschende Religion ist, mit der Kultur Mesopotamiens, so stellt man eine bemerkenswerte Ähnlichkeit fest. Dazu gehören Bauwerke wie die Zikkurats oder die Stufentürme in Mesopotamien, die religiösen Zwecken dienten, und Bildzeichen, die den alten mesopotamischen sehr ähnlich sehen. Der bekannte Assyriologe Professor Samuel N. Kramer vermutet aufgrund seiner Forschungen, daß sich ein Volk im Industal angesiedelt habe, das aus Mesopotamien geflohen sei, als die Sumerer über jenes Gebiet die Herrschaft erlangten. Es ist deshalb nicht schwierig, zu verstehen, woher der Hinduismus seine Vorstellung von einer unsterblichen Seele bezog.

      Somit ist erwiesen, daß der Glaube, der Mensch habe eine unsterbliche Seele, in der Religion der Babylonier wurzelt und daß er von Babylon aus seinen Weg überallhin gefunden hat. Wie die Bibel berichtet, ist es in Babylon zu einem Aufstand gegen Gott gekommen. Das wäre an und für sich schon ein hinreichender Grund, die Lehre von der unsterblichen Seele mit Vorbehalt zu betrachten. Aber man darf nicht vergessen, daß sie, wie wir bereits gesehen haben, auch im Widerspruch zur Bibel steht.

      Ist die Auffassung, daß die Seele unsterblich sei, außerdem nicht auch im Widerspruch zu dem, was du selbst beobachtest? Was geschieht zum Beispiel, wenn jemand bewußtlos geschlagen wird oder ohnmächtig wird oder wenn jemand im Krankenhaus eine Narkose bekommt? Wenn seine „Seele“ wirklich etwas vom Leib Getrenntes wäre und unabhängig davon als ein vernunftbegabtes Etwas fungieren könnte, so daß nicht einmal der Tod ihre Existenz und ihre Tätigkeit beeinflußte, warum nimmt dann der Mensch, während er bewußtlos ist, von allem, was um ihn her vorgeht, absolut nichts wahr? Warum muß man ihm nachher sagen, was in dieser Zeit geschehen ist? Wenn seine „Seele“ nach dem Tod des Körpers sehen, hören, fühlen und denken könnte, wie das die Religionen im allgemeinen lehren, warum werden diese Funktionen durch etwas, was viel weniger drastisch ist als der Tod — zum Beispiel eine vorübergehende Bewußtlosigkeit —, lahmgelegt?

      Eine Leiche, sei es die eines Menschen oder eines Tieres, löst sich mit der Zeit wieder in die Elemente des Erdbodens auf. In Verbindung mit dem Tod gibt es nicht den geringsten Anhaltspunkt, der darauf schließen ließe, daß es eine unsterbliche Seele gibt.

      AUSWIRKUNG DER LEHRE VON DER UNSTERBLICHKEIT DER SEELE

      Was man in bezug auf die Seele glaubt, ist von nicht geringer Tragweite.

      Die Lehre, nach der der Mensch eine unsterbliche Seele hat, ist benutzt worden, um das Gewissen des Volkes in Kriegszeiten zu beschwichtigen. Geistliche Führer haben den Anschein erweckt, zu töten sei nichts Schlechtes, da die Gefallenen ja in Wirklichkeit nicht tot seien. Soldaten wird gesagt, wer in der Schlacht gegen den Feind falle, komme in den Himmel. Charakteristisch ist folgende Äußerung, die in der New York Times vom 11. September 1950 veröffentlicht wurde: „Bekümmerten Eltern, deren Söhne eingezogen oder zur Kriegspflicht einberufen worden waren, sagte man gestern in der St.-Patrick’s-Kathedrale, daß der Tod auf dem Schlachtfeld ein Teil von Gottes Plan sei, ,das Königreich des Himmels‘ zu bevölkern.“ Die Auffassung, die hier zum Ausdruck kommt, unterscheidet sich wenig von der altbabylonischen Lehre, nach der die im Krieg Gefallenen besonders begünstigt seien.

      Das, was die Bibel über die Seele sagt, wurde also verdreht, und diese Verdrehungen haben dazu beigetragen, daß das Menschenleben geringgeachtet wird und die Menschen sich von den großen Religionssystemen abhängig fühlen, die zu Unrecht behauptet haben, für ihre Seelen zu sorgen.

      Was wirst du jetzt, da du alles das weißt, tun? Offensichtlich sind Personen, die an Organisationen festhalten, welche Lügen lehren, dem wahren Gott, dem „Gott der Wahrheit“, der Lügen haßt, nicht wohlgefällig (Psalm 31:5; Sprüche 6:16-19; Offenbarung 21:8). Und möchtest du wirklich einer Religionsgemeinschaft angehören, die dir gegenüber nicht ehrlich gewesen ist?

      [Bilder auf Seite 40]

      SIE ALLE SIND SEELEN

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