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Gottes Barmherzigkeit weist Sündern den Weg zurückDer Wachtturm 1974 | 1. November
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Gottes Barmherzigkeit weist Sündern den Weg zurück
„Im Himmel [wird] mehr Freude über einen einzigen Sünder sein ..., der bereut, als über neunundneunzig Gerechte, die der Reue nicht bedürfen“ (Luk. 15:7).
1, 2. In welchem Verhältnis stehen Jehovas Eigenschaften zueinander, und wie zeigt sich dies in der Gemeinschaftsentzugsvorkehrung?
JEHOVA ist ein Gott der Liebe, ein barmherziger Gott. Seine Anordnungen und Richtlinien sind allen gerechtigkeitsliebenden Menschen von Nutzen; sie dienen keinem eigennützigen oder üblen Zweck (2. Mose 34:6; 1. Joh. 4:8). Jehova ist auch ein Gott der Gerechtigkeit; er duldet oder übersieht kein Unrecht (Ps. 33:4, 5; 50:16-21). Diese göttlichen Eigenschaften stehen jedoch nicht im Gegensatz zueinander. Echte Liebe fordert tatsächlich Gerechtigkeit, ein Festhalten an gerechten Grundsätzen.
2 Zu den Anordnungen in Gottes Wort gehört auch die, die den Gemeinschaftsentzug betrifft, das heißt die Entfernung oder den Ausschluß von Personen aus der Versammlung, die zwar Christen sein wollen, sich aber schweres Unrecht zuschulden kommen lassen und keine echte Reue zeigen. Ihr Ausschluß erfolgt zum Nutzen der Versammlung, um diese rein zu erhalten und um ihre Glieder, die von Gott geliebt werden, vor der Befleckung durch den sauerteigähnlichen Einfluß des betreffenden Übeltäters zu bewahren.
3, 4. Welche Anweisungen gab Paulus in Verbindung mit dem Gemeinschaftsentzug, und welche Fragen bedürfen einer Antwort?
3 Darum wies der inspirierte Apostel Paulus die Christen in Korinth an, „keinen Umgang mehr mit jemandem zu haben, der Bruder genannt wird, wenn er ein Hurer oder ein Habgieriger oder ein Götzendiener oder ein Schmäher oder ein Trunkenbold oder ein Erpresser ist, selbst nicht mit einem solchen zu essen. ... ,Entfernt den bösen Menschen aus eurer Mitte‘“ (1. Kor. 5:6, 7, 11-13).
4 Bedeutet das aber, daß man solchen Ausgeschlossenen gegenüber nichts tun dürfte, was ihnen helfen oder was dazu beitragen könnte, daß sie bereuen und umkehren, so daß sie wieder als ehrbare Glieder der Versammlung anerkannt werden könnten? Dürfen keine positiven Schritte unternommen werden, ehe die Betreffenden den Ältesten der Versammlung gegenüber Reue bekundet und sie um die Wiederaufnahme gebeten haben? Würde man, wenn man einen solchen irgendwie ermuntern würde, „umzukehren“ und sich um die Wiederaufnahme zu bemühen, mit ihm „Umgang haben“ und mit ihm geistige Gemeinschaft pflegen? Wir wollen sehen, was die Bibel zeigt.
DAS BEISPIEL DES HAUPTÄLTESTEN
5, 6. (a) In welchem Verhältnis stand die Nation Israel einst zu Jehova Gott? (b) Welchen Weg schlug sie jedoch ein, und welche schlimmen Folgen hatte dies für sie?
5 Betrachten wir das Beispiel, das uns Jehova Gott durch seine Handlungsweise mit den Israeliten, die einst sein Namensvolk waren, gegeben hat. Sie standen als einziges Volk auf der Erde in einem Bundesverhältnis zu ihm, und sie waren die einzigen, denen er sein Wort und sein Gesetz gegeben hatte (Ps. 147:19, 20; Röm. 3:1, 2). Sie wurden ihm aber immer wieder untreu und gerieten schließlich in den Zustand, der in dem Gebet, das in Daniel 9:4-19 aufgezeichnet ist, wie folgt beschrieben wird: „Wir haben gesündigt und unrecht getan und böse gehandelt und rebelliert; und man ist von deinen Geboten und von deinen richterlichen Entscheidungen abgewichen. Und wir haben nicht auf deine Knechte, die Propheten, gehört, die in deinem Namen zu unseren Königen, unseren Fürsten und unseren Vorvätern und zu allem Volk des Landes geredet haben.“
6 Wegen ihrer Untreue und ihres offenkundigen Ungehorsams goß Jehova, wie Daniel sagte, „den Fluch und den Eidschwur auf uns aus ..., der in dem Gesetz Mose, des Knechtes des wahren Gottes, geschrieben ist ..., indem er großes Unglück über uns brachte, wie solches unter den ganzen Himmeln nicht getan wurde“. Ja, Gott ergriff strenge richterliche Maßnahmen gegen sie, indem er zuerst die nördlichen und dann die südlichen Stämme aus ihrem Land vertrieb und am Ende zuließ, daß die Babylonier ihrem ganzen Staatsgebilde ein Ende machten. Jehova entließ ihre nationale Organisation gleichsam durch „Scheidung“, wie wenn sie sein „Weib“ und die „Mutter“ der einzelnen Angehörigen der Nation gewesen wäre. (Vergleiche Jesaja 50:1; 54:5, 6; Jeremia 3:8.)
7. Unternahm Jehova, nachdem er dem Volk Israel seine Gunst entzogen hatte, nichts mehr, um ihm zu helfen? Begründe deine Antwort.
7 Weigerte sich Jehova, nachdem er diese strenge richterliche Maßnahme getroffen hatte, irgend etwas zu tun, was ihnen hätte helfen können, wieder in seine Gunst zu gelangen? Nein, im Gegenteil, er richtete an sie Worte der Zurechtweisung und ermahnte sie, von ihrem verkehrten Weg, der sie ins Verderben geführt hatte, umzukehren. Offenbar zu den Bewohnern des verworfenen nördlichen Königreiches Israel sagte Gott durch den Propheten Jeremia: „Kehre doch zurück, o Israel, du Abtrünnige ... Ich werde nicht auf unabsehbare Zeit grollen. Nur nimm Kenntnis von deinem Vergehen, denn gegen Jehova, deinen Gott, hast du dich vergangen. ... Kehret zurück, ihr abtrünnigen Söhne. Ich werde euren abtrünnigen Zustand heilen“ (Jer. 3:12, 13, 22; vergleiche Klagelieder 3:31-33; Jesaja 57:16-18).
8. Welche Äußerung Jehovas durch den Propheten Hesekiel läßt erkennen, wie er gegenüber Personen eingestellt ist, die sich eine Verfehlung zuschulden kommen ließen?
8 Diese Äußerung stimmt mit dem überein, was Jehova durch den Propheten Hesekiel sagen ließ und woraus hervorgeht, wie er gegenüber Personen eingestellt ist, bei denen noch eine gewisse Hoffnung besteht, daß sie bereuen: „Habe ich denn wirklich Gefallen am Tode eines Bösen ... und nicht daran, daß er sich von seinen Wegen abwende und tatsächlich am Leben bleibe? ... Werft von euch all eure Übertretungen, mit denen ihr euch vergangen habt, und schafft euch ein neues Herz und einen neuen Geist, denn warum solltet ihr sterben, o Haus Israel? Denn ich habe kein Gefallen am Tode eines Sterbenden ... So bewirkt eine Umkehr, und bleibt am Leben“ (Hes. 18:23, 30-32).
9. Hatte Jehova Gott dadurch, daß er jene Übeltäter auf diese Weise ermahnte, mit ihnen geistige Gemeinschaft?
9 Hatte Jehova dadurch, daß er jene Übeltäter auf diese Weise ermahnte, geistige Gemeinschaft mit ihnen? Ließ er sie dadurch an guten geistigen Dingen teilhaben, als wären sie seine Freunde? (Vergleiche 1. Johannes 1:3, 6, 7.) Im Gegenteil, wie Jehova ihnen schon vorher durch den Propheten Jesaja hatte sagen lassen, konnten sie nur wieder seine Freunde werden, wenn sie sich änderten. Er war nicht bereit, sich zu erniedrigen und auf ihren falschen Wegen zu wandeln, sich ihre falschen Gedanken anzueignen. Er sagte: „Suchet Jehova ... Der Böse verlasse seinen Weg und der schadenstiftende Mann seine Gedanken; und er kehre um zu Jehova, der sich seiner erbarmen wird, und zu unserem Gott, denn er wird in großem Maße vergeben. ,Denn eure Gedanken sind nicht meine Gedanken, noch sind meine Wege eure Wege‘ ist der Ausspruch Jehovas. ,Denn wie die Himmel höher sind als die Erde, so sind meine Wege höher als eure Wege und meine Gedanken als eure Gedanken‘“ (Jes. 55:6-9). Um erneut die Freundschaft mit Gott zu genießen, hätten sie ihre Gedanken emporheben und wieder auf den hochgelegenen Wegen der Gerechtigkeit Gottes wandeln und sich an sein Wort halten müssen. Sie wären dann seiner Aufforderung: „Kommt nun, und laßt uns die Dinge zwischen uns richtigstellen“ nachgekommen, und Gott hätte ihre schweren Sünden als ausgelöscht betrachtet (Jes. 1:18, 19).
10, 11. Welche Eigenschaften Jehovas werden in dem Gleichnis vom verlorenen Sohn veranschaulicht, und wie?
10 Auch das Gleichnis vom verlorenen Sohn zeigt uns, wie bewunderungswürdig barmherzig und rücksichtsvoll Jehova ist (Luk. 15:11-32). Die im Gleichnis geschilderte Reaktion des Vaters auf die Rückkehr seines einst eigensinnigen Sohnes ist ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie Jehova, der himmlische Vater, eingestellt ist. Der in diesem Gleichnis erwähnte Sohn hatte das Elternhaus verlassen, war in ein fernes Land gezogen und hatte dort seine Zeit und sein Geld verschwendet, indem er ein ausschweifendes Leben geführt hatte, wobei er unter anderem auch mit Huren verkehrte. Schließlich verarmte er und litt Hunger. Als er zur Besinnung kam, beschloß er, zu seinem Vater zurückzukehren. Beachten wir nun, was in dem Gleichnis gesagt wird: „Als er noch weit weg war, erblickte ihn sein Vater und wurde von Mitleid bewegt, und er lief und fiel ihm um den Hals und küßte ihn zärtlich“ (Luk. 15:20).
11 Als der Vater seinen Sohn von weitem kommen sah, sagte er sich nicht: „Ich werde mich nicht vom Fleck rühren und kein Wort sagen, bis dieser Sünder vor mir niederfällt und regelrecht darum bittet, wiederaufgenommen zu werden.“ Nein, sondern als er seinen Sohn auf sich zukommen sah und dessen Absicht erkannte, ging er ihm entgegen. Der Vater bewies also sein Mitleid nicht erst, nachdem der Sohn ihn um Vergebung gebeten hatte, sondern schon vorher.
12. Wodurch sucht Jehova reumütige Übeltäter zur Umkehr zu bewegen? Wie wird dies in Hoseas Prophezeiung veranschaulicht?
12 Das erinnert uns an die Worte des Apostels Paulus, nach denen uns „Gottes gütige Wesensart ... zur Reue zu führen sucht“ (Röm. 2:4). Ja, Jehova Gott bringt seinen gerechten Zorn über Missetaten zum Ausdruck. Werden die Missetaten aber nicht mehr begangen, zürnt Jehova nicht für immer. Er weiß, daß Barmherzigkeit eine wunderbare Anziehungskraft auf reumütige Missetäter ausübt und sie veranlaßt umzukehren, so daß sie geheilt werden können (Hos. 6:1; 14:1, 2, 4).
13. (a) Warum sollten wir nicht den im Gleichnis vom verlorenen Sohn erwähnten älteren Bruder nachahmen? (b) An wem sollten sich alle, die als Älteste, Aufseher und Hirten dienen, bei der Behandlung von Personen, die sich eine Verfehlung zuschulden kommen ließen, ein Beispiel nehmen? (c) Was erfahren wir aus den Psalmen über das Beispiel dieses Hauptältesten?
13 Wir sollten daher heute nicht so eingestellt sein wie der ältere Bruder im Gleichnis, der sich zuerst keineswegs freute, als er sah, wie sein abenteuerlicher Bruder empfangen wurde (Luk. 15:25-32). Wir sollten vielmehr Jehovas Beispiel des Erbarmens nachahmen und uns so ‘als Söhne unseres himmlischen Vaters erweisen’ (Matth. 5:44-48). Er, der Gott der Ewigkeit und der „Alte an Tagen“, ist der Hauptälteste, der große Hirte und der Aufseher unserer Seelen (1. Petr. 2:25). Wenn wir seinem Beispiel folgen, handeln wir stets richtig. Wir werden im Verlauf unserer Betrachtung noch sehen, inwiefern uns sein Beispiel in mancher Beziehung wegweisend sein kann (Ps. 77:7-9; 103:9, 10, 13).
WIE „EIN MENSCH VON DEN NATIONEN UND WIE EIN STEUEREINNEHMER“ BETRACHTET ZU WERDEN
14. Auf welche früheren Aufzeichnungen stützte sich der Apostel Paulus, als er Anweisungen über das Vorgehen bei Gemeinschaftsentzügen gab?
14 Als der Apostel Paulus den Korinthern schrieb, wie sie bei einem Gemeinschaftsentzug vorgehen sollten, stützte er sich auf früher aufgezeichnete inspirierte Anweisungen, die von Christus Jesus selbst stammten. Wir finden diese Anweisungen über die Behandlung von Sünden (und zwar nicht von geringfügigen Vergehen, sondern von wirklich schweren Sünden), die gegen jemand begangen wurden, in Matthäus 18:15-17. Jesus zeigte, daß ein Gemeinschaftsentzug vorgenommen werden könnte, sofern der Sünder keine Reue bekundet. Nachdem er geschildert hatte, welche Schritte unternommen werden sollten, um den Betreffenden zu gewinnen und ihn zu veranlassen, seine Sünde einzugestehen und zu bereuen, sagte er: „Wenn er auch nicht auf die Versammlung hört, so sei er für dich ebenso wie ein Mensch von den Nationen und wie ein Steuereinnehmer.“
15. (a) Auf welche „Versammlung“ nahm Jesus in seinen Worten, die wir in Matthäus 18:17 lesen, Bezug? (b) Warum sollten wir als Glieder der Christenversammlung an seinen Worten interessiert sein?
15 Da die Christenversammlung damals (32 u. Z.) noch nicht gegründet war, muß mit der „Versammlung“, von der Jesus sprach, die damals bestehende jüdische Ordnung mit ihren Ältestenschaften gemeint sein, zu denen an jedem Ort auch Männer gehörten, die als Richter dienten und die in dieser Eigenschaft die Versammlung vertraten (Esra 10:14; Luk. 7:3). Dennoch konnte aus diesen Anweisungen Jesu zweifellos ein Grundsatz abgeleitet werden, der der künftigen Christenversammlung eine Hilfe sein würde. Für uns ist es von besonderem Interesse zu wissen, was es bedeutet, daß der reuelose Sünder wie „ein Mensch von den Nationen und wie ein Steuereinnehmer“ betrachtet werden sollte. Um das zu erfahren, müssen wir feststellen, wie solche Menschen von der jüdischen Versammlung betrachtet wurden. Dann können wir auch die Anweisungen besser verstehen, die der Apostel Paulus gemäß 1. Korinther 5:11-13 Christen in bezug auf das Verhalten gegenüber Personen, denen die Gemeinschaft der Christenversammlung entzogen worden war, gab.
16. Warum dürfen wir uns, wenn wir die Einstellung der Juden gegenüber den Heiden kennenlernen möchten, nicht ausschließlich auf rabbinische Schriften verlassen?
16 Wenn wir die Einstellung der Juden gegenüber Angehörigen der Nationen kennenlernen möchten, dürfen wir uns nicht nur auf rabbinische Schriften stützen, die erst nach der Zeit Jesu abgefaßt wurden. Einige dieser Schriften bringen eine extreme Einstellung, Haß und Verachtung gegenüber den „Heiden“ oder Angehörigen der Nationen zum Ausdruck. Nach einigen dieser rabbinischen Schriften durfte ein Jude einem Heiden selbst dann nicht zu Hilfe kommen, wenn sich dieser in Todesgefahr befand (Maimonides, Rozeach. iv, 12; McClintock and Strong’s Cyclopædia, Bd. III, S. 789). Um zuverlässigen Aufschluß über die Einstellung der Juden des ersten Jahrhunderts zu erhalten, wenden wir uns daher besser den von Gott inspirierten Schriften zu.
17. Wie waren die Juden gemäß der Bibel im ersten Jahrhundert den „Menschen von den Nationen“ gegenüber eingestellt, und warum?
17 Als der Apostel Petrus nach Cäsarea in das Haus des Heiden Kornelius gesandt wurde, sagte er zu den dort Versammelten: „Ihr wißt wohl, daß es einem Juden nicht erlaubt ist, sich einem Menschen von einer anderen Rasse anzuschließen oder sich ihm zu nähern; und doch hat Gott mir gezeigt, daß ich keinen Menschen verunreinigt oder unrein nennen sollte“ (Apg. 10:27, 28). Als Petrus später nach Jerusalem ging, begannen Verfechter der Beschneidung in der dortigen Christenversammlung „mit ihm zu streiten, indem sie sagten, er sei in das Haus von Männern gegangen, die nicht beschnitten waren, und habe mit ihnen gegessen“ (Apg. 11:2, 3). Grundsätzlich durften die Juden mit den Heiden also keine Freundschaft pflegen. Die Heiden waren für sie in religiöser Hinsicht unrein, da sie ‘dem Staatswesen Israels entfremdet und gegenüber den Bündnissen der Verheißung Fremde waren’ und daher kein Verhältnis zu Jehova Gott hatten und nicht in seiner Gunst standen (Eph. 2:11, 12). Hätten die Juden mit ihnen Freundschaft gepflegt und mit ihnen in ihren Häusern gegessen, so hätten sie sich dadurch in religiöser Hinsicht verunreinigt. (Vergleiche Johannes 18:28; Galater 2:11-14.)
18. Was beweist, daß Jesus gegenüber den Heiden nicht die extreme Ansicht teilte, die in einigen rabbinischen Schriften zum Ausdruck kommt?
18 Jesus Christus hielt sich an diesen Grundsatz. Er pflegte keine Freundschaft mit Angehörigen der Nationen. Und in Verbindung mit den Anweisungen, die er seinen Jüngern für ihre Predigttätigkeit gab, sagte er: „Begebt euch nicht auf die Straße der Nationen [Heiden], und tretet nicht in eine samaritische Stadt ein, sondern geht statt dessen immer wieder zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel“ (Matth. 10:5, 6). Trotz alledem unterstützte oder teilte er die in den rabbinischen Schriften zum Ausdruck kommende extreme Ansicht nicht, nach der alle Heiden als Feinde galten, die verachtet werden sollten. Auch in seinem Verhalten gegenüber den Samaritern ließ er sich nicht von dieser Ansicht leiten (Joh. 4:4-40). Im Gegenteil, Jesus führte das prophetische Wort seines Vaters an, um zu zeigen, daß Angehörige der Nationen den Messias annehmen würden, daß der Tempel ein Haus des Gebets für alle Nationen sei und daß sich der Messias als ein Licht für die Nationen erweisen werde (Matth. 12:18, 21; Mark. 11:17; vergleiche Lukas 2:27-32; Apostelgeschichte 13:47). Als er von einem heidnischen Offizier, der den Juden viel Gutes erwiesen hatte, gebeten wurde, einen kranken Sklaven zu heilen, tat er es (Luk. 7:2-10). Obwohl Jesus der ernsten Ermahnung des mosaischen Gesetzes — mit Personen, die nicht zur Versammlung Gottes gehörten (mit Heiden), keine Freundschaft zu pflegen — nie zuwiderhandelte, war er nicht fanatisch, extrem oder übertrieben streng. Er war solchen Personen gegenüber durchaus nicht feindlich eingestellt. Er hatte die Grundsätze, auf denen die göttlichen Vorschriften beruhten, verstanden und ließ sich davon leiten.
19. (a) Wie betrachteten die Juden im allgemeinen die Steuereinnehmer? (b) Was zeigt, daß Jesus ihnen gegenüber einen ausgeglichenen Standpunkt einnahm?
19 So verhielt es sich auch mit den Steuereinnehmern, die gewöhnlich keine Heiden, sondern Juden waren. Da sie oft unehrlich waren, standen sie bei den Juden im allgemeinen in einem schlechten Ruf; sie wurden bekannten Sündern und Huren gleichgestellt (Matth. 9:10, 11; 21:31, 32). Obwohl Jesus ihre gesetzwidrigen Methoden nicht guthieß, zögerte er nicht, auch Steuereinnehmern zu helfen, sofern sie — wie beispielsweise Matthäus, Levi und Zachäus — eine Neigung zur Gerechtigkeit offenbarten. Da Jesus solchen Personen half, eine geistige Gesinnung zu entwickeln, wurde er zu Unrecht als ein „Freund von Steuereinnehmern und Sündern“ bezeichnet. Zwischen „Freundschaft pflegen“ und dem Bemühen Jesu, die geistig Kranken zu heilen und sie zu veranlassen, zu bereuen und auf dem Pfad der Gerechtigkeit zu wandeln, war ein Unterschied (Matth. 11:19; Luk. 5:27-36; 19:2-10).
20. Inwiefern hilft uns dieser Aufschluß über den eigentlichen Standpunkt der Juden gegenüber den ‘Menschen von den Nationen und den Steuereinnehmern’, die Anweisungen des Apostels über das Vorgehen bei Gemeinschaftsentzügen besser zu verstehen, und zu welchen Schlußfolgerungen kommen wir deshalb?
20 Wenn wir also dem Beispiel Jesu folgen, bewahren wir uns vor dem extremen Standpunkt gewisser rabbinischer Schriftsteller, wenn es darum geht, jemand wie ‘einen Menschen von den Nationen und wie einen Steuereinnehmer’ zu betrachten. Wir sehen auch eine große Ähnlichkeit zwischen der Art und Weise, wie diese Personen behandelt wurden, und der Art und Weise, wie nach den Anweisungen des Apostels Paulus diejenigen behandelt werden sollten, denen die Gemeinschaft der Christenversammlung entzogen worden war, mit denen Christen also ‘keinen Umgang haben und selbst nicht essen’ sollten (1. Kor. 5:11). Einen reuelosen Sünder wie ‘einen Menschen von den Nationen und wie einen Steuereinnehmer’ zu behandeln bedeutet demnach, mit ihm keine Freundschaft zu pflegen. Wie das Beispiel Jesu indes zeigt, bedeutet es nicht, daß man den Betreffenden als einen Feind betrachten müßte oder ihm nicht einmal die allgemein übliche Höflichkeit und Rücksichtnahme erweisen dürfe. Es bedeutet auch nicht, daß man Personen, die eine verkehrte Handlungsweise aufgeben möchten, um Gottes Gunst zu gewinnen oder wiederzugewinnen, nicht helfen dürfte.
DEN SINN VON 2. JOHANNES 9-11 ERFASSEN
21. Welche ermahnenden Worte des Apostels Johannes lesen wir in seinem zweiten Brief (9-11), und zu welchen Fragen geben sie Anlaß?
21 Im zweiten Brief des Apostels Johannes lesen wir die ermahnenden Worte: „Jeder, der vorausdrängt und nicht in der Lehre des Christus bleibt, hat Gott nicht [d. h. ist nicht in Gemeinschaft mit ihm, hat keinen Umgang mit ihm; vergleiche 1. Johannes 1:6]. Wer in dieser Lehre bleibt, der hat sowohl den Vater als auch den Sohn. Wenn jemand zu euch kommt und diese Lehre nicht bringt, so nehmt ihn niemals in euer Haus auf, noch entbietet ihm einen Gruß. Denn wer ihm einen Gruß entbietet, hat an seinen bösen Werken teil“ (2. Joh. 9-11). Sind diese Worte des Apostels unbedingt auf alle Personen anzuwenden, die wegen eines Unrechts aus der Versammlung ausgeschlossen werden? Bedeuten sie, daß mit einem Ausgeschlossenen weder ein Wort der Zurechtweisung noch ein Wort der Ermahnung gesprochen werden darf, um ihn zur Reue und zur Umkehr zu bewegen und ihm so zu helfen, wieder in die Versammlung aufgenommen zu werden? Wenn wir diese Worte des Apostels im Zusammenhang betrachten, können wir den Sinn seiner Ermahnung besser verstehen.
22. (a) Auf was für Personen nahm der Apostel Bezug, wie das aus dem Zusammenhang hervorgeht? (b) Warum wäre es nicht richtig, solche Personen zu grüßen? (c) Besteht ein Unterschied zwischen dem Verhalten gegenüber den Personen, die Johannes beschrieb, und der Einstellung, die die Juden im allgemeinen gegenüber ‘einem Menschen von den Nationen und einem Steuereinnehmer’ hatten?
22 Der Vers 7 dieses Briefes des Apostels Johannes lautet: „Viele Betrüger sind in die Welt ausgegangen, Personen, die das Kommen Jesu Christi im Fleische nicht bekennen. Dies ist der Betrüger und der Antichrist.“ Danach warnt Johannes davor, solche Personen aufzunehmen, denn sie sind eifrige Verkündiger falscher Lehren und betrügerische Verfechter unrechter Handlungen. Man sollte ihnen keine Gelegenheit geben, irgendwie Fuß zu fassen und ihren schlechten Einfluß geltend zu machen. Man sollte sie nicht einmal grüßen, damit man nicht an ihren bösen Werken teilhat. Hierzu sei bemerkt, daß der Gruß, der in apostolischen Zeiten unter den Juden üblich war, bedeutete: „Friede sei mit dir.“ Einem Menschen, der ein Betrüger und ein Antichrist ist, würde ein Christ bestimmt keinen Frieden wünschen. Wir haben aber keine Beweise dafür, daß Juden, die einen ausgeglichenen Standpunkt einnahmen und sich an die heiligen Schriften hielten, einen „Menschen von den Nationen“ oder einen Steuereinnehmer nicht gegrüßt hätten. Das, was Jesus über das Grüßen sagte, und seine Ermahnung, Gott nachzuahmen, der seine unverdiente Güte „Bösen und Guten“ erweist, hätte einer solch strengen Haltung widersprochen (Matth. 5:45-48).
23. Inwieweit oder unter welchen Umständen konnten die Worte aus 2. Johannes 9-11 mit Recht auf einen Ausgeschlossenen angewandt werden?
23 Sind aber alle Ausgeschlossenen mit denen zu vergleichen, die im zweiten Brief des Johannes beschrieben werden? Zu der Zeit, als ihnen die Gemeinschaft entzogen werden mußte, handelten sie offenbar so wie die oben beschriebenen Personen oder bekundeten mindestens eine ähnliche Gesinnung. In dem Buch Organisation zum Predigen des Königreiches und zum Jüngermachen heißt es auf Seite 173: „Jeder Getaufte, der bewußt den Lauf eines unsittlichen Wandels einschlägt, verwirft tatsächlich die Lehren der Bibel, und zwar ebenso wie jemand, der andere das Gegenteil dessen lehrt, was in der Heiligen Schrift darüber steht, wer Gott ist, über die Vorkehrung des Lösegeldes, über die Auferstehung usw. (Vergleiche Titus 3:10, 11; 2. Timotheus 2:16-19.)“ Würde jemand, nachdem ihm die Gemeinschaft entzogen wurde, seinen unsittlichen Wandel anderen gegenüber zu rechtfertigen und sie durch seine verkehrte Denkweise zu beeinflussen suchen, so würde die Beschreibung des Apostels Johannes in dessen zweitem Brief bestimmt auf ihn passen.
24, 25. (a) Was beweist, daß die Beschreibung in 2. Johannes 9-11 nicht auf alle Ausgeschlossenen zutrifft? (b) Welche Reaktion sollte dies bei uns auslösen, und welche wichtige Frage werden wir noch behandeln?
24 Doch nicht alle, denen die Gemeinschaft entzogen wird, handeln danach wie solche „Betrüger“ und „Antichristen“. Nicht alle fördern das Begehen von Unrecht, widersetzen sich der Wahrheit und bemühen sich, andere zu der Handlungsweise zu verleiten, die zu ihrem Gemeinschaftsentzug geführt hat. Das beweist die Zahl derer, die Reue bekundet und darum gebeten haben, wieder als anerkannte Glieder in die Versammlung aufgenommen zu werden, und deren Bitte entsprochen wurde. In den Vereinigten Staaten (wo es zur Zeit über eine halbe Million Zeugen Jehovas gibt) mußte in den Jahren 1963 bis 1973 36 671 Personen wegen verschiedener schwerer Vergehen die Gemeinschaft entzogen werden. Doch im gleichen Zeitraum wurden 14 508 Personen wieder in die Versammlung aufgenommen, weil sie aufrichtige Reue zeigten. Das sind nahezu 40 Prozent. Bestimmt sollten wir uns hier auf der Erde mit Jehova und seiner himmlischen Familie über diese Tatsache freuen (Luk. 15:7).
25 Wie — wenn überhaupt — kann noch weiteren, denen die Gemeinschaft entzogen wurde, die aber nicht so handeln wie die von Johannes beschriebenen „Antichristen“, geholfen werden, wieder in die Versammlung aufgenommen zu werden? Wir wollen sehen, wie die erwähnten biblischen Grundsätze praktisch angewandt werden können.
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Ausgeschlossenen gegenüber einen ausgeglichenen Standpunkt einnehmenDer Wachtturm 1974 | 1. November
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Ausgeschlossenen gegenüber einen ausgeglichenen Standpunkt einnehmen
1, 2. (a) Warum geht eine Christenversammlung mit Recht gegen jemand vor, der in ihrer Mitte einen unsittlichen Einfluß ausübt, und wer ist hierfür hauptsächlich verantwortlich? (b) Welche weitere Gefahr besteht in dieser Hinsicht noch?
EIN wenig Sauerteig kann eine ganze Teigmasse durchsäuern. Genauso kann auch der unsittliche Einfluß gewisser Personen eine ganze Versammlung durchsetzen und verderben. Die Versammlungen sollten sich daher vor einem solchen Einfluß schützen. Vor allem die Ältesten sollten darauf bedacht sein, dies zu tun (1. Kor. 5:6; Apg. 20:28-30).
2 Die Gefahr besteht, in dieser Hinsicht lax zu sein, wie es die Versammlung in Korinth war. Sie duldete in ihrer Mitte einen Missetäter und unternahm nichts, um seinen sauerteigähnlichen Einfluß zu verdrängen. Es besteht aber noch eine weitere Gefahr. Welche? Die Gefahr, ins andere Extrem zu fallen, das heißt zu streng und zu hart zu sein.
3, 4. Was bedeuten die Worte des Apostels Paulus aus 2. Korinther 2:11?
3 Der Apostel Paulus warnte vor dieser Gefahr in seinem zweiten Brief an die Korinther, offenbar (wie der Zusammenhang zeigt) in Verbindung mit dem Sünder, über den er in seinem ersten Brief geschrieben hatte und der ‘aus ihrer Mitte hatte entfernt werden’ müssen (1. Kor. 5:1-5, 13). Dieser Missetäter hatte anscheinend bereut. Nach der Aufforderung, dem Betreffenden zu vergeben, daß er in der ganzen Versammlung Traurigkeit verursacht hatte, fügte Paulus die Worte hinzu: „... damit wir nicht vom Satan überlistet werden, denn seine Anschläge sind uns nicht unbekannt“ (2. Kor. 2:5-11). Was meinte der Apostel damit?
4 Satans „Anschläge“ zielen darauf ab, so viele Diener Gottes wie möglich zu verschlingen, und um dieses Ziel zu erreichen, geht er „wie ein brüllender Löwe“ umher (1. Petr. 5:8). Der Mann, dem in Korinth die Gemeinschaft hatte entzogen werden müssen, war insofern dem Satan „übergeben“ worden, als er aus der Versammlung ausgeschlossen und dadurch in die von Satan beherrschte Welt hinausgestoßen worden war (1. Kor. 5:5; Apg. 26:18; 1. Joh. 5:19). Wie „ein wenig Sauerteig“ in einer Teigmasse wirkt, so hatte dieser Blutschänder in der Versammlung als das „Fleisch“ oder das fleischliche Element gewirkt, und dadurch, daß die geistiggesinnte Versammlung ihn aus ihrer Mitte entfernte, gab sie das „Fleisch“ der Vernichtung preis. Satans „Anschlag“ oder Ziel bestand nun darin, diese Beute so lange festzuhalten, bis er sie vollständig verschlungen, das heißt, bis er diesen Mann geistig vollständig zugrunde gerichtet hätte. Wenn die Versammlung — selbst in gutem Glauben — deshalb allzu vorsichtig gewesen wäre oder zu sehr gezögert hätte, den nun wahrhaft reumütigen Sünder wiederaufzunehmen, ja wenn sie seine Wiederaufnahme unnötig hinausgeschoben hätte, dann hätte sie den Absichten des Widersachers gedient. (Vergleiche 2. Korinther 2:7.) Andere Übersetzungen von 2. Korinther 2:11 lauten daher: „Der Satan soll uns nicht überlisten. Wir kennen seine Absichten nur zu gut“ (Die Gute Nachricht). „... damit wir nicht vom Satan überlistet werden; denn wir kennen seine Schliche [was er im Sinn hat, Luther] nur zu gut“ (Jerusalemer Bibel).
5, 6. (a) Vor welcher falschen Einstellung gegenüber Ausgeschlossenen müssen sich christliche Älteste und die Glieder einer Versammlung hüten? (b) Veranschauliche dies.
5 Sowohl die Ältesten als auch die einzelnen Glieder einer Versammlung sollten sich deshalb davor hüten, eine ähnliche Einstellung zu entwickeln, wie sie gewisse rabbinische Schriftsteller förderten, die die Heiden als ihre Feinde betrachteten. Es ist richtig, das Unrecht zu hassen, das eine Person, der die Gemeinschaft entzogen worden ist, begangen hat, aber es wäre verkehrt, die Person selbst zu hassen oder sie unmenschlich zu behandeln. Wie bereits erwähnt, sollte nach gewissen rabbinischen Schriften Heiden selbst dann keine Hilfe geleistet werden, wenn sie sich in Todesgefahr befänden. Nehmen wir also an, ein Christ, der auf einem See eine Bootsfahrt macht, sieht, wie ein anderes Boot, mit dem ein Ausgeschlossener fährt, kentert, wie der Betreffende hinausfällt und nun verzweifelt versucht, sich über Wasser zu halten. Dürfte der Christ nun für die Gefahr, in der sich der Ertrinkende befindet, blind sein und davonrudern in dem Gedanken, er würde sich dadurch vor Gott nicht schuldig machen, da der Ertrinkende ja ausgeschlossen und daher wie „ein Mensch von den Nationen“ zu betrachten sei? Bestimmt nicht. Das wäre grausam und unmenschlich. Wir können uns nicht vorstellen, daß sich Christus Jesus so verhalten hätte, und so hätte sich auch kein anderer vernünftig eingestellter Jude des ersten Jahrhunderts verhalten, wenn er einen Heiden oder einen Steuereinnehmer in einer solchen Lage gesehen hätte.
6 Betrachten wir aber einen weniger extremen Fall. Was sollte man tun, wenn eine Frau, der die Gemeinschaft entzogen wurde, nach dem Besuch einer Zusammenkunft der Versammlung beim Verlassen des Königreichssaales feststellt, daß bei ihrem Auto ein Reifen geplatzt ist? Sollten die Männer der Versammlung, die sie in ihrer Misere sehen, es ablehnen, ihr zu helfen, und es vielleicht darauf ankommen lassen, daß irgendein Weltmensch daherkommt und ihr hilft? Das wäre unnötig lieblos und unmenschlich. Doch solche Situationen entstanden manchmal. Vielleicht war gar keine böse Absicht dabei, sondern man nahm lediglich keinen ausgeglichenen Standpunkt ein.
7. Was können wir aus dem Beispiel lernen, das Jehova Gott in dieser Hinsicht selbst gegeben hat?
7 Wenn wir unseren himmlischen Vater nachahmen möchten, sollten wir daran denken, daß er sogar den ersten beiden Menschen gegenüber eine gewisse Rücksicht übte, indem er sie mit Kleidern versorgte, nachdem er ihnen in Eden die Gemeinschaft entzogen hatte (1. Mose 3:21). Dadurch erwies er ihnen unverdiente Güte. Jesus erinnerte seine Jünger daran, daß Jehova Gott „seine Sonne über Böse und Gute aufgehen und es über Gerechte und Ungerechte regnen läßt“ (Matth. 5:45). Der Apostel Paulus zeigte, daß Jehova Gott — obwohl sich die nichtjüdischen Nationen durch ihre unabhängige Handlungsweise seinen Wegen widersetzten — ‘sich nicht ohne Zeugnis gelassen hat, indem er Gutes tat, da er ihnen Regen vom Himmel und fruchtbare Zeiten gab und ihr Herz mit Speise und Fröhlichkeit erfüllte’ (Apg. 14:16, 17). Mit jemandem also „keinen Umgang ... zu haben“ oder ihn wie einen „Menschen von den Nationen“ zu behandeln hindert uns nicht, anständig, höflich, rücksichtsvoll und menschlich zu sein.
WAS UNTER GEISTIGER GEMEINSCHAFT ZU VERSTEHEN IST
8. (a) Was bedeutet das von Paulus in 1. Korinther 5:9, 11 gebrauchte griechische Wort, das mit dem Ausdruck „Umgang haben mit“ wiedergegeben wird? (b) Was bedeutet es, mit jemandem „Gemeinschaft“ zu haben? (c) Haben wir mit Übeltätern Gemeinschaft, wenn wir sie zur Reue ermahnen?
8 Mit dem Ausdruck „Umgang haben mit“ wird das von Paulus gebrauchte griechische Verb synanamígnymi wiedergegeben, das „zusammenmischen“ oder „vermengen mit“ bedeutet. Das betreffende Grundverb (mígnymi) erscheint in Matthäus 27:34, wo vom Vermischen von Wein mit Galle die Rede ist, und in Lukas 13:1, wo berichtet wird, daß Pilatus Blut mit Schlachtopfern vermischt habe. Es ist darunter also ein Vermischen oder Vermengen, ein Vereinigen zu einer Kombination oder Mischung zu verstehen. In diesem Sinne mit anderen „Umgang zu haben“ hieße also, mit ihnen Gemeinschaft zu haben. Das deutsche Wort „Gemeinschaft“ bedeutet unter anderem „innige Verbundenheit“, „Zustand des Gemeinsamseins“ oder „Gruppe von Personen, die durch gemeinsame Gedanken, Ideale u. ä. verbunden sind“. Mit jemandem Gemeinschaft zu haben bedeutet somit, ihn als ebenbürtig zu betrachten, an seinen Ansichten interessiert zu sein, sie zu teilen und sich offen dazu zu bekennen. Mit jemandem geistige Gemeinschaft zu pflegen würde demnach bedeuten, daß man sich mit ihm in freundschaftlicher Weise über geistige Dinge unterhält. Wenn wir aber jemand zur Reue ermahnen, pflegen wir keine Freundschaft mit ihm, wir unterstützen ihn nicht in seinen falschen Ansichten und Meinungen, sondern behandeln ihn wie jemand, der zurechtgewiesen werden muß.
9. (a) Was würde entscheiden, ob ein Ältester einer Versammlung mit einem Ausgeschlossenen, dem er zufällig begegnete, sprechen und ihn ermahnen würde? (b) Warum könnte ein Ältester einem Ausgeschlossenen, der nicht so handelt, wie dies in 2. Johannes 7-11 beschrieben wird, mit Recht zureden?
9 Was sollte ein Ältester einer Versammlung also tun, wenn er eines Tages zufällig — auf der Straße, bei seiner weltlichen Beschäftigung oder sonstwo — einem Ausgeschlossenen begegnete? Würde er dem von der Versammlung vorgenommenen Gemeinschaftsentzug zuwiderhandeln, wenn er den Betreffenden anspräche und ihn anspornte, „umzukehren“ und sich zu bemühen, mit seinem himmlischen Vater wieder versöhnt zu werden? Es käme auf die Umstände an. Wenn der Ausgeschlossene so handelte wie die in 2. Johannes 7-11 beschriebenen Verfechter und Verkündiger falscher Lehren, wenn er andere also zu falschen Glaubensansichten oder zu unsittlichen Handlungen zu verleiten suchte, würde der Älteste natürlich nichts mit ihm zu tun haben wollen. Doch nicht alle, die auf den Weg der Sünde geraten, werden zu „Betrügern“ oder „Antichristen“. Wäre in einem Fall, in dem der Ausgeschlossene nicht zu dieser Klasse gehört, der Älteste aufgrund des Beispiels, das Jehova Gott selbst gegeben hat, nicht berechtigt, mit dem Ausgeschlossenen zu sprechen und ihn zu ermuntern, sich zu bemühen, Gottes Gunst wiederzuerlangen? Durch ein solches Zureden würde der Älteste dem Gemeinschaftsentzug nicht zuwiderhandeln, sondern vielmehr zeigen, daß er damit einverstanden ist und ihn unterstützt.
10—12. (a) Behalten alle Ausgeschlossenen die Merkmale oder die Handlungsweise bei, durch die sie wie „Sauerteig“ geworden sind? Führe ein Beispiel an. (b) Welche Umstände müssen daher gebührend in Betracht gezogen werden, um festzustellen, wie man sich diesen Ausgeschlossenen gegenüber verhalten sollte? (c) Wie wird dies durch das Gleichnis vom verlorenen Sohn veranschaulicht?
10 Wir sollten auch beachten, daß uns der Apostel durch seine Worte aus 1. Korinther 5:11 davor warnt, Umgang mit jemandem zu haben, der ein Hurer oder irgendein anderer Übeltäter „ist“. Was aber, wenn jemand, dem aus einem solchen Grund die Gemeinschaft entzogen wurde, kurz danach oder später überzeugende Beweise dafür liefert, daß er seine verkehrte Handlungsweise aufgegeben hat? Kann gesagt werden, daß er immer noch ein Hurer oder der Übeltäter „ist“, der in der Versammlung wie „Sauerteig“ gewirkt hat?
11 Zum Beispiel mag ein junger Mann, dem wegen Hurerei die Gemeinschaft entzogen wurde, später heiraten und ein anständiges Leben führen. Oder jemand, dem wegen Trunksucht die Gemeinschaft entzogen wurde, mag dieses Laster aufgeben und — wenn überhaupt — nur noch mäßig trinken. Durch diese Änderungen mögen sich die Betreffenden wieder die Achtung der Allgemeinheit erworben haben. Sie haben sich aber vielleicht noch nicht an die Versammlung gewandt und noch nicht offiziell um die Wiederaufnahme gebeten. Besteht zwischen diesen und denjenigen, die die unrechten Handlungen, derentwegen ihnen die Gemeinschaft entzogen wurde, weiter verüben, nicht ein augenfälliger Unterschied? Diejenigen, die die unrechte Handlungsweise aufgegeben haben, mögen immer noch eine gewisse Wertschätzung für die christliche Wahrheit bekunden, ja sie mögen sogar die wahre Christenversammlung verteidigen, wenn sie verleumdet wird. Sollten diese Umstände nicht gebührend berücksichtigt werden, und sollten sie die Einstellung, die wir als Glieder der Versammlung solchen Personen gegenüber haben, nicht beeinflussen?
12 Wenn der in Jesu Gleichnis erwähnte verlorene Sohn betrunken nach Hause gekommen wäre und vielleicht noch eine seiner Hurenfreundinnen mitgebracht hätte, dann hätte der Vater bestimmt anders reagiert. Der Vater konnte aber mit Recht annehmen, daß sein Sohn aus den richtigen Beweggründen zurückkehrte. Statt das Schlimmste zu befürchten, hoffte er das Beste und ging seinem Sohn entgegen, der auf Abwege geraten war.
13. (a) Auf welche Weise kann man gemäß den Aussprüchen Johannes’ des Täufers und des Apostels Paulus seine Reue besser beweisen als durch Worte? (b) Wie trifft dieser Grundsatz auf einen Ausgeschlossenen zu?
13 Auch wir sollten heute daran denken, daß nicht irgendwelche förmlich geäußerten Worte, sondern Taten der beste Beweis der Reue sind. (Vergleiche 1. Johannes 3:18.) Als gewisse Leute zu Johannes dem Täufer kamen (dessen Taufe ein Symbol der Reue zur Vergebung von Sünden war), zeigte er ihnen, daß er ihr formelles Handeln nicht als den wichtigsten Faktor oder als alles, was nötig war, betrachtete. Er forderte sie vielmehr auf, hinzugehen und ‘Früchte hervorzubringen, die der Reue entsprächen’, und führte dann Beispiele solcher Früchte oder guter Werke an, nämlich barmherzig und freigebig zu sein, niemand mehr zu betrügen oder zu erpressen und andere nicht mehr zu belästigen oder gegen sie falsches Zeugnis abzulegen (Matth. 3:7, 8; Luk. 3:7-14). Auch der Apostel Paulus sagte zu den Menschen, sie sollten „bereuen und zu Gott umkehren ..., indem sie Werke verrichten, die der Reue entsprechen“ (Apg. 26:20). Wenn also ein Ausgeschlossener die unrechte Handlungsweise, derentwegen die Versammlung ihn als „Sauerteig“ aus ihrer Mitte entfernt hatte, aufgibt, kann diese Änderung mindestens als ein gewisses Anzeichen dafür betrachtet werden, daß er „umgekehrt“ ist und seine frühere Handlungsweise bereut (Apg. 3:19).
14. Welche weitere Möglichkeit hat ein Ausgeschlossener ‘die Frucht, die der Reue entspricht’, hervorzubringen, und unter welchen Umständen mag es ein Ältester für gut halten, einen solchen anzusprechen?
14 Der Ausgeschlossene kann auch durch den Besuch der christlichen Zusammenkünfte, die der Öffentlichkeit zugänglich sind, einen gewissen Beweis dafür erbringen, daß er ‘Frucht hervorbringt, die der Reue entspricht’. Würde er aber diese Gelegenheiten dazu benutzen, eine unrechte Handlungsweise zu verteidigen oder zu entschuldigen und andere für eine schriftwidrige Ansicht zu gewinnen, so würde die Beschreibung in 2. Johannes 7-11 auf ihn zutreffen. Tut er dies aber nicht, so verstößt ein Ältester nicht gegen den Rat der Bibel, wenn er (vielleicht nachdem er ihn schon bei mehreren Zusammenkünften gesehen hat) zu ihm hingeht und einige ermunternde Worte mit ihm spricht, um auf seine geistige Heilung und seine völlige Wiederherstellung als anerkanntes Glied der Versammlung hinzuwirken (Jak. 5:19, 20).
15. Was könnte man tun, wenn einem Ausgeschlossenen, der die Zusammenkünfte besuchen möchte, ernstliche Hindernisse im Wege stehen?
15 Es mag Fälle geben, in denen es einem Ausgeschlossenen jedoch nicht möglich ist, die christlichen Zusammenkünfte zu besuchen, obwohl er dies tun möchte. Der Versammlungsort mag ziemlich weit entfernt und mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht erreichbar sein. Oder vielleicht hindern die persönlichen Verhältnisse oder der Gesundheitszustand den Betreffenden am Besuch der Zusammenkünfte. In einem solchen Fall bezahlte eine Frau acht Dollar für das Taxi, um eine Zusammenkunft zu besuchen. Sie teilte den Ältesten mit, sie möchte die Zusammenkünfte gern besuchen, aber sie könne unmöglich jedesmal so viel Geld ausgeben. Sie bewies die Aufrichtigkeit ihres Wunsches sogar dadurch, daß sie eines Sonntags die ganze Strecke zu Fuß zurücklegte. Angenommen, Glieder der Versammlung würden eine solche Person auf ihrem langen Weg zum Versammlungsort sehen und hätten noch Platz in ihrem Wagen, wäre es dann nicht menschlich, sie mitzunehmen?
16. Warum ist Vorsicht geboten, wenn solche Vorkehrungen getroffen werden, und wer sollte deshalb zu Rate gezogen werden?
16 Wenn natürlich die Beweise für die „Früchte ..., die der Reue entsprechen“, fehlen und bekannt ist, daß der Betreffende immer noch einen unsittlichen Wandel führt, wäre die Situation anders. In einem solchen Fall könnte die Versammlung in einen schlechten Ruf kommen, wenn der Betreffende mitgenommen oder ihm sonst irgendwie regelmäßig geholfen würde. Es wäre daher gut, wenn Versammlungsglieder, die einen Ausgeschlossenen kennen, der offensichtlich Hilfe benötigt, um die Zusammenkünfte zu besuchen, und der wünscht, daß ihm geholfen wird, zuerst die Ältesten der Versammlung um Rat fragen würden, bevor sie selbst irgendwelche Abmachungen treffen (1. Petr. 2:12; 3:16).
IN DER FAMILIE
17. Welche biblischen Verpflichtungen und welche Bande bleiben trotz eines Gemeinschaftsentzuges bestehen?
17 Da durch einen Gemeinschaftsentzug der Versammlung weder verwandtschaftliche Bande noch die Ehegemeinschaft aufgelöst wird, fordert die Situation, die dadurch in einer Familie entsteht, besondere Aufmerksamkeit. Eine Frau, deren Mann ausgeschlossen werden mußte, ist von der biblischen Verpflichtung, ihn als Haupt zu respektieren, nicht befreit; nur der Tod oder eine schriftgemäße Scheidung kann sie von dieser Verpflichtung befreien (Röm. 7:1-3; Mark. 10:11, 12). Auch ein Mann ist von der Verpflichtung, seine Frau, mit der er „ein Fleisch“ ist, zu lieben, nicht befreit, selbst wenn ihr die Gemeinschaft entzogen worden ist (Matth. 19:5, 6; Eph. 5:28-31). Ebenso stehen Eltern weiterhin unter dem Gebot, ‘ihre Kinder in der Zucht und in der ernsten Ermahnung Jehovas aufzuziehen’, selbst wenn einem Sohn oder einer Tochter, die getauft, aber noch minderjährig ist, die Gemeinschaft entzogen werden mußte (Eph. 6:4). Und Söhne und Töchter jeden Alters sind weiterhin verpflichtet, ‘Vater und Mutter zu ehren’, selbst wenn einem oder beiden Elternteilen die Gemeinschaft entzogen wurde (Matth. 15:4; Eph. 6:2). Das ist nicht schwer zu verstehen, wenn man bedenkt, daß Christen nach der Bibel verpflichtet sind, sogar die Staatsbeamten dieser Welt gebührend zu ehren (Röm. 13:1, 7).
18. Wie können Eltern der Verpflichtung, ihre Kinder in der Zucht und in der Ermahnung Jehovas aufzuziehen, nachkommen und dennoch den von der Versammlung vorgenommenen Gemeinschaftsentzug beachten?
18 Familienglieder können diesen biblischen Verpflichtungen nachkommen, ohne der Maßnahme, durch die die Versammlung einem ihrer Angehörigen die Gemeinschaft entzogen hat, zuwiderzuhandeln, sofern sie mit dem Betreffenden keine geistige Gemeinschaft pflegen. Doch wie können Eltern dem Gebot gehorchen, ihre Kinder gemäß dem Worte Gottes in Zucht zu nehmen, wenn einem davon die Gemeinschaft entzogen worden ist? Sie können bei der Erziehung des betreffenden Kindes trotzdem das Wort Gottes oder irgendwelche bibelerklärende Schriften verwenden, nur tun sie es in diesem Fall nicht, um mit dem Kind geistige Gemeinschaft zu pflegen, wie sie es mit den anderen Kindern tun, sondern um es zurechtzuweisen. Wie die Eltern dabei vorgehen, müssen sie selbst entscheiden. Sie brauchen deswegen nicht lieblos zu sein; sie unterhalten zu dem ausgeschlossenen Sohn oder der ausgeschlossenen Tochter lediglich nicht das gleiche geistige Verhältnis wie zu den anderen Kindern. Der ausgeschlossene Sohn oder die ausgeschlossene Tochter sollte ermuntert werden, dem Familienbibelstudium beizuwohnen, um aus der „ernsten Ermahnung Jehovas“ Nutzen zu ziehen.
19. Wie kann ein verheirateter Christ dazu beitragen, daß sein ausgeschlossener Ehegefährte wiederaufgenommen wird, ohne dem von der Versammlung vorgenommenen Gemeinschaftsentzug zuwiderzuhandeln?
19 Ähnlich verhält es sich bei einem Ehepaar, wenn ein Partner ausgeschlossen wird. Sein Ehegefährte, der mit ihm „ein Fleisch“ ist, darf mit Recht alles tun, was möglich ist, um dem Ausgeschlossenen auf dem Weg zur Reue und zur Wiederaufnahme in die Versammlung zu helfen. Mit ihm keine geistige Gemeinschaft zu pflegen würde den Gebrauch der Bibel oder bibelerklärender Schriften nicht ausschließen, denn wie wir gesehen haben, ist unter „Gemeinschaft“ eine durch gleiche Gedanken und Ideale bewirkte Gemeinsamkeit zu verstehen, eine freundschaftliche Verbundenheit. Würde der unschuldige Ehegefährte also Gottes Wort oder biblische Schriften lediglich dazu gebrauchen, den Ausgeschlossenen zurechtzuweisen oder ihm zur geistigen Wiederherstellung zu verhelfen, so würde er mit ihm keine solche Gemeinschaft pflegen. So könnte ein Mann, der irgendwelchen biblischen Stoff lesen möchte, seine ausgeschlossene Frau ermuntern, ihm zuzuhören, während er ihr vorliest. Oder eine Frau, deren Mann ausgeschlossen ist, könnte diesen fragen, ob sie ihm etwas vorlesen dürfe. Natürlich mag eine solche Vorlesung zu einer Diskussion führen. Wenn ja, dann kann man es vermeiden, mit dem Ausgeschlossenen in geistigem Sinne Gemeinschaft zu haben, indem man sich davor hütet, dessen Ansichten oder Meinungen zu teilen oder die unrechte Handlung, die zu seinem Gemeinschaftsentzug geführt hat, irgendwie gutzuheißen. (Siehe Organisation zum Predigen des Königreiches und zum Jüngermachen, Seite 174.)
20. (a) Müßte ein Vater, der einem ausgeschlossenen minderjährigen Sohn (oder einer Tochter) gestattet, wieder heimzukommen, unbedingt von einer verantwortlichen Stellung in der Versammlung entbunden werden? Wovon hinge dies ab? (b) In welchem Fall wäre es nicht ratsam, ihn in dieser Stellung zu belassen?
20 Hin und wieder kommt es vor, daß ein minderjähriger Sohn oder eine minderjährige Tochter, die wegen Unsittlichkeit ausgeschlossen worden ist, das Elternhaus verläßt, später aber zur Besinnung kommt und darum bittet, wieder nach Hause zurückkehren zu dürfen. Es liegt bei den Eltern — vor allem beim Vater —, dies zu gestatten. Wenn der Sohn oder die Tochter bereit ist, die elterliche Autorität zu respektieren, kann der Vater die Rückkehr gestatten und sie als eine Möglichkeit benutzen, dem Sohn oder der Tochter zu helfen, geistig wieder gesund zu werden. Ist der Vater ein Ältester oder ein Dienstamtgehilfe, so braucht er nicht notwendigerweise von seinem Amt entbunden zu werden, sofern er weiterhin die Achtung der Versammlung genießt. Würde der Sohn oder die Tochter natürlich heimkommen wollen, ohne bereit zu sein, die unsittliche Handlungsweise, die zum Gemeinschaftsentzug geführt hatte, aufzugeben, dann wäre der Vater nicht am geistigen Wohl seiner Familie interessiert, wenn er dem Betreffenden gestattete, als eine solche Quelle geistiger Verschmutzung in seine Familie zurückzukehren. Dadurch würden seine Fähigkeiten, die er aufweisen muß, um eine verantwortliche Stellung in der Versammlung einzunehmen, mit Recht in Frage gezogen (1. Tim. 3:4, 5, 12).
21. Wer hat das Recht zu entscheiden, in welchem Ausmaß jemand mit einem ausgeschlossenen Familienangehörigen verkehren darf, der außerhalb des Hauses wohnt? Wann nur würden die Ältesten der Versammlung eingreifen?
21 Was ausgeschlossene Familienangehörige (keine minderjährigen) betrifft, die außerhalb des Hauses wohnen, so muß jede Familie selbst entscheiden, in welchem Ausmaß sie mit solchen Umgang haben möchte. Es ist nicht Sache der Ältesten der Versammlung, darüber zu entscheiden. Die Ältesten sind vor allem darauf bedacht, zu verhüten, daß durch die geistige Gemeinschaft mit Personen, die als „Sauerteig“ entfernt werden mußten, nicht wieder „Sauerteig“ in die Versammlung hereingebracht wird. Wenn daher ein Vater, dem die Gemeinschaft entzogen worden ist, einen Sohn, eine Tochter oder seine Enkelkinder besucht und von seinen christlichen Angehörigen aufgenommen wird, sollten sich die Ältesten deswegen keine Gedanken machen. Der Vater hat ein natürliches Recht, seine nächsten Verwandten und seine Kinder zu besuchen. Auch wenn Söhne oder Töchter — obwohl sie ausgeschlossen sind — ihre Eltern ehren, indem sie sie besuchen, um zu sehen, wie es ihnen gesundheitlich geht und ob sie etwas benötigen, so pflegen sie dadurch noch keine geistige Gemeinschaft.
22. Warum könnten außer minderjährigen Söhnen und Töchtern auch noch andere ausgeschlossene Angehörige von ihrer Familie aufgenommen werden, und bei wem liegt in einem solche Fall die Entscheidung?
22 In Fällen, in denen ein ausgeschlossener Vater oder eine ausgeschlossene Mutter schon alt oder krank und pflegebedürftig ist, mag ein Sohn (oder eine Tochter) es für ratsam halten, den Vater oder die Mutter zu sich zu nehmen, um seinen Sohnespflichten richtig nachzukommen. Ebenso könnten sich christliche Eltern dazu entschließen, einen erwachsenen Sohn (oder eine Tochter), der ausgeschlossen ist, zu sich zu nehmen, weil er sehr krank oder zufolge eines Unfalls arbeitsunfähig geworden ist oder sich in einer finanziellen Notlage befindet. Das sind menschliche Entscheidungen, die christliche Familien treffen müssen, und die Ältesten der Versammlung brauchen dagegen nichts zu unternehmen, solange keine stichhaltigen Beweise dafür vorliegen, daß die Versammlung dadurch wieder einem verderblichen Einfluß ausgesetzt würde.
23. Unter welchen Umständen würde eine christliche Familie selbst einem ihrer Angehörigen mit Recht den Zutritt zu ihrer Wohnung verwehren?
23 Sollte aber ein Verwandter, dem die Gemeinschaft entzogen worden ist, die verwandtschaftlichen Bande dazu benutzen, so zu handeln, wie dies in 2. Johannes 7-11 beschrieben wird, dann verwehren ihm seine christlichen Verwandten mit Recht den Zutritt zu ihrer Wohnung, indem sie ihm zu verstehen geben, daß er nicht willkommen ist, weil sein Besuch der Verbreitung von Irrlehren oder der Befürwortung einer unrechten Handlungsweise gilt (Jud. 3, 4; vergleiche 5. Mose 13:6-8).
24. Wem sollten es die Glieder der Versammlung überlassen, Ausgeschlossenen zur geistigen Wiederherstellung zu verhelfen, sofern es sich nicht um Verwandte handelt?
24 In Fällen, in denen es sich nicht um Verwandte handelt, sollten es die Glieder der Versammlung hauptsächlich den Ältesten als den Hirten der Herde überlassen, Ausgeschlossene, die erkennen lassen, daß sie den richtigen Weg gehen möchten, obwohl sie in einem gewissen Sinne „noch weit weg“ sind wie der zurückkehrende verlorene Sohn, zu ermahnen und ihnen zur geistigen Wiederherstellung zu verhelfen. In gewissen Fällen mögen es die Ältesten für gut halten, wenn eine bestimmte Person einem Ausgeschlossenen zur geistigen Wiederherstellung verhilft, vielleicht die, die ihm ursprünglich geholfen hat, zur Erkenntnis der biblischen Wahrheit zu kommen.
WIE SICH EIN AUSGEGLICHENER STANDPUNKT AUSWIRKT
25. (a) Was hilft uns, Ausgeschlossenen gegenüber einen ausgeglichenen Standpunkt einzunehmen? (b) Wie wird jemand gemäß 1. Korinther 5:5 ‘zur Vernichtung des Fleisches dem Satan übergeben, damit der Geist gerettet werde’?
25 Wenn wir uns an die Bibel halten — wenn wir ihre Worte nicht bagatellisieren und auch nichts hineinlesen, was nicht darin steht —, fällt es uns nicht schwer, Ausgeschlossenen gegenüber einen ausgeglichenen Standpunkt einzunehmen. Wir denken dann stets daran, daß ein Gemeinschaftsentzug vorgenommen wird, um die Versammlung rein und gottgefällig zu erhalten und sie vor verderblichen Einflüssen zu bewahren. Solcher „Sauerteig“ würde die ganze „Masse“, die Versammlung, in geistiger Hinsicht „durchsäuern“. Deshalb „vernichtet“ die Versammlung gewissermaßen diesen sündigen, fleischlichen Einfluß, indem sie den reuelosen Missetäter aus ihrer Mitte entfernt und ihn der von Satan beherrschten Welt übergibt, um so den „Geist“ — die vorherrschende Einstellung, Gesinnung und Triebkraft — der Versammlung zu erhalten oder zu retten (1. Kor. 5:5).
26. (a) Was können die Glieder der Versammlung aufgrund eines ausgeglichenen Standpunktes widerspiegeln, und wieso kann das Personen, die den Wunsch haben, wieder in die Versammlung aufgenommen zu werden, ermuntern und günstig beeinflussen? (b) Was mögen Älteste in bezug auf gewisse Ausgeschlossene in ihrem Versammlungsgebiet für gut halten?
26 Ein ausgeglichener Standpunkt hilft uns auch, in wohltuendem Maße die göttlichen Eigenschaften unseres himmlischen Vaters widerzuspiegeln, der sowohl gerecht als auch barmherzig ist. Ausgeschlossene, die von Herzen den Wunsch haben zurückzukommen, brauchen dann nicht zu zögern oder darüber im Zweifel zu sein, wie ihre Bemühungen aufgenommen werden. Sie brauchen nicht zu befürchten, daß sie auf kühle Ablehnung oder auf Gleichgültigkeit stoßen. Sie erkennen, daß ihre Lage nicht hoffnungslos ist, sondern daß die Ältesten der Versammlung bereit sind, ihnen zu zeigen, was sie tun müssen, um von der Versammlung Gottes wieder anerkannt zu werden und aus all ihren Vorkehrungen wieder vollen Nutzen zu ziehen. Wenn Älteste Grund haben anzunehmen, daß Ausgeschlossene in ihrem Versammlungsgebiet von dieser Möglichkeit nichts wissen, mögen sie es für gut halten, sie davon in Kenntnis zu setzen.
27. (a) Was ist erforderlich, damit jemand von der Versammlung wieder anerkannt wird? (b) Warum sollten sich Personen, die den Wunsch haben, geistig wiederhergestellt zu werden, veranlaßt fühlen, diese Eigenschaft zu bekunden, und zur Freude der ganzen Familie Gottes im Himmel und auf der Erde die nötigen Schritte unternehmen?
27 Um von der Versammlung wieder anerkannt zu werden, müssen Ausgeschlossene echte Demut bekunden (Jes. 57:15; Jak. 4:8-10). Da es aber um ihr Leben geht und sich
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