Scheidungskindern helfen
„Als ich ungefähr drei Jahre alt war, kam mein Vater einmal, um mich abzuholen. Er ging mit mir in die Stadt und kaufte mir eine Puppe mit einem schönen roten Kleid. Dann fuhr er mich wieder nach Hause. Wir saßen noch eine Weile zusammen im Auto. Aber sobald meine Mutter herauskam, um mich zu holen, fingen mein Vater und sie an, lautstark durch das Autofenster zu streiten — und ich saß in der Mitte.
Plötzlich stieß mein Vater die Tür auf und schob mich aus dem Auto. Er fuhr mit quietschenden Reifen davon. Ich wußte überhaupt nicht, was los war. Meine Mutter ließ mich das Geschenk nicht einmal auspacken. Ich sah die Puppe nie wieder. Und meinen Vater sah ich auch nicht wieder, bis ich 19 Jahre alt war“ (Heidi).
„DIE Zeit heilt alle Wunden“, lautet ein altes Sprichwort. Ist das wirklich wahr? Oder erleiden Kinder durch eine Scheidung einen nicht wiedergutzumachenden Schaden?
Gemäß dem Journal of Social Issues kommt es sehr darauf an, wie das Leben nach der Scheidung aussieht. Es heißt darin: „Die familiären Beziehungen nach der Scheidung berühren Kinder genauso oder noch mehr als die Scheidung selbst.“
Heidis Probleme fingen nach der Scheidung ihrer Eltern erst an. Wie so oft, funktionierte die zweite Ehe der Mutter kaum besser als die erste, und bei der dritten war es das gleiche Spiel. Heidis Kindheit war wie eine Fahrt auf der Achterbahn. Hitzige Gefechte, bei denen die Fetzen flogen, wechselten sich ab mit einsamen Sommerabenden in der leeren Wohnung, an denen sie sich voller Angst fragte, wann ihre Mutter heimkommen würde — wenn überhaupt.
Eltern können ihren Kindern solche schlimmen Scheidungsfolgen ersparen. Denn schließlich beendet die Scheidung zwar die Ehe, nicht aber die Elternrolle.
Eltern — die entscheidende Rolle
„Durch den gemeinsamen Zeugungsakt haben Kinder sowohl Anspruch auf eine Mutter als auch auf einen Vater“, schrieben zwei Psychologen in der Zeitschrift Psychology Today. Diese Aussage klingt nach einer Binsenweisheit. Doch durch eine Scheidung wird ein Kind mit einem Schlag gewissermaßen beider Eltern beraubt.
Nehmen wir zum Beispiel die Vereinigten Staaten, die laut Statistik einen Scheidungsrekord aufgestellt haben. Dort leben mehr als 90 Prozent der Scheidungskinder bei der Mutter, während der Vater Besuchsrecht hat. Über die Hälfte der Kinder sehen ihren Vater weniger als einmal im Jahr. Und die Zeit, die die Mutter ihren Kindern widmet, erreicht nach der Scheidung ebenfalls einen Tiefstand; gemäß einer Studie sind es wöchentlich bis zu 21 Stunden weniger als zuvor.
Experten stimmen darin überein, daß Kinder weniger Anpassungsschwierigkeiten haben, wenn sie auch nach der Scheidung zu beiden Eltern ein gutes und stabiles Verhältnis haben. Falls das nicht möglich ist, kann zumindest ein gutes Verhältnis zu einem Elternteil den Scheidungsschock mildern. Aber wie können Eltern nach der Scheidung eine enge Beziehung zu ihren Kindern beibehalten?
Die Zeit nutzen
Für geschiedene Mütter ist es eine schwere Aufgabe, diese enge Beziehung aufrechtzuerhalten. Ihre Situation gilt in manchen Gesellschaften als doppeltes Stigma: Scheidung und Armut. Da sie unvorbereitet ins Berufsleben eintreten und sich meist schwertun, die unzuverlässigen oder unzureichenden Unterhaltszahlungen des Exmannes aufzuwiegen, haben sie oft das Gefühl, daß ihnen kaum Zeit für ihre Kinder bleibt.
Die Lösung: Entschlossenheit und ein Zeitplan. Geschiedene Mütter sollten jedes bißchen Zeit nutzen, das sie abknapsen können, und mit ihren Kindern planen, wie sie die Zeit zusammen verbringen möchten. Ihnen täglich nur ein wenig ungeteilte Aufmerksamkeit schenken zu können ist weit besser, als ihnen gar keine Zeit zu widmen. Auch durch das Planen eines gemeinsamen Ausflugs haben die Kinder etwas, worauf sie sich freuen können.
Kinder brauchen unbedingt religiöse Anleitung, Disziplin und Schulung. Ausreichend Zeit für diesen Zweck zu finden ist sicher nicht leicht. Daher rät die Bibel: „Du sollst sie [Gottes Gebote] deinem ... [Kind] einschärfen und davon reden, wenn du in deinem Haus sitzt und wenn du auf dem Weg gehst und wenn du dich niederlegst und wenn du aufstehst“ (5. Mose 6:7).
Eine geschiedene Mutter könnte sich fragen: Bin ich mit meinem Kind manchmal zusammen „auf dem Weg“, vielleicht im Auto oder in einem öffentlichen Verkehrsmittel? Was nimmt meine Aufmerksamkeit in Anspruch — mein Kind, die Zeitung oder das Autoradio? Wird bei den gemeinsamen Mahlzeiten jedes Gespräch vom Fernsehen übertönt, oder ist das Essen eine Zeit für ruhige Unterhaltungen? Gibt es Hausarbeiten, die ich mit meinem Kind gemeinsam erledigen kann, wie zum Beispiel Kochen oder Wäschewaschen?
Das heißt natürlich nicht, daß die Mutter ihrem Kind bei solchen Gelegenheiten eine Predigt halten sollte. Durch das Zusammensein und durch offene, herzliche Gespräche wird sie ihm zwangsläufig einige ihrer Werte vermitteln. Auch hat sie dann die ideale Möglichkeit, dem Kind die Geborgenheit zu geben, die es gerade jetzt bitter nötig hat. Manche Kinder fühlen sich insgeheim für die Trennung der Eltern verantwortlich. Andere fühlen sich von dem weggegangenen Elternteil zurückgewiesen. Wenn man ihnen immer wieder zeigt, daß man sie liebt, sie für ihre guten Eigenschaften und Leistungen lobt und ihnen so viel Geborgenheit vermittelt, daß sie sich offen und ehrlich äußern, wird der Scheidungsschock wesentlich gemildert.
Manche Eltern sind nach der Scheidung zu nachsichtig, oft aufgrund von Schuldgefühlen. Sie sagen sich anscheinend, ihr Kind habe es in letzter Zeit schwer genug gehabt. Aber Kinder tun zu lassen, was sie wollen, ist kein Zeichen von Liebe. Der Leiter eines Programms für Kinder und Jugendliche an einer psychiatrischen Klinik erklärte in der Zeitschrift The Washingtonian: „Die Kinder sagen mir häufig: ‚Meine Eltern lassen mich alles tun. Sie kümmern sich nicht um mich.‘“ In der Bibel heißt es: „Wer seinen Sohn nicht bestraft, liebt ihn nicht. Wer ihn liebt, wird ihn zurechtweisen“ (Sprüche 13:24, Today’s English Version).
Das Kind, das hin und her gerissen wird
Ein kleiner Junge, der in einer Beratungsstelle Bilder malen sollte, stellte sich selbst als Mittelpunkt im Tauziehen der streitenden Eltern dar; er hatte schon einen Riß und blutete. So kommen sich manche Scheidungskinder vor. Während das Kind beide Eltern liebt, möchte womöglich weder der Vater noch die Mutter, daß es den anderen Elternteil liebt.
Eltern fällt es sehr schwer, ihre Kinder aus den erbitterten Kämpfen herauszuhalten, die oft mit einer Scheidung einhergehen. Die Scheidungsforscherinnen Wallerstein und Kelly berichten in Verbindung mit ihrer Studie, daß zwei Drittel der Eltern offen um die Liebe und Loyalität ihrer Kinder konkurrierten. Nach Dr. Bienenfeld kann ein Kind, das im Mittelpunkt des elterlichen Tauziehens steht, Selbsthaß und Schuldgefühle entwickeln, und „seine Aussichten auf Glück, Erfüllung und Erfolg werden geschmälert“.
Die Bibel gibt den weisen Rat: „Ihr Väter [oder Mütter], treibt eure Kinder nicht zum Groll, sondern belehrt sie und weist sie zurecht, wie es sich für eine christliche Erziehung gebührt“ (Epheser 6:4, The New English Bible). Ein Kind so weit zu treiben, daß es gegen den anderen Elternteil Groll hegt, ist bei einer christlichen Erziehung bestimmt nicht angebracht.
Jedes Kind hat zwei Eltern. Das kann sich durch den Tod ändern, nicht aber durch eine Scheidung. Und solange das Gericht einem Elternteil den Umgang mit den Kindern nicht verbietet (oder er sich vor seiner Verantwortung nicht drückt), sollten die geschiedenen Eltern bei der Erziehung der Kinder nicht gegeneinander arbeiten.
Man hat vielleicht berechtigten Grund zur Bitterkeit gegenüber seinem Expartner. Wenn jedoch die Kinder dafür herhalten müssen, es dem anderen heimzuzahlen, sind in Wirklichkeit sie die Leidtragenden. Dr. Bienenfeld rät, sich eine mögliche Teilverantwortung für die Eheprobleme ehrlich einzugestehen, um die Bitterkeit abzubauen. Die Zeitschrift Parents berichtet von einer Frau, die jedesmal für ihren Exmann zu beten versuchte, wenn sie negativen Gedanken über ihn nachhing. Sie stellte fest, daß sie sich aufgrund dieser Taktik besser fühlte, Selbstbeherrschung erlangte und aus ihrer „ständigen Kampfbereitschaft“ befreit wurde. (Vergleiche Matthäus 5:43-45.)
Können andere helfen?
Die Psychologen Julius und Zelda Segal schreiben in der Zeitschrift Parents, daß Kinder aus zerrütteten Familien nach der Scheidungskrise „ihren Halt nicht verlieren, wenn zumindest einige Bindungen völlig intakt bleiben“. Leider „gehen Nachbarn und Freunde gern auf Distanz“, sagen die beiden Psychologen, „und mitunter ist das auch bei den Großeltern der Fall, da sie zu sehr damit beschäftigt sind, in dem elterlichen Konflikt Partei zu ergreifen“.
Ja, eine Scheidung ist für die Kinder besonders grausam, wenn sich andere Verwandte ebenfalls zurückziehen. Dadurch wird das Gefühl des Verlassenseins noch verstärkt. Tanten, Onkel oder Großeltern von Scheidungskindern sollten sich deshalb darauf konzentrieren, ihnen die Geborgenheit zu geben, die sie gerade jetzt dringend brauchen, statt sich in den elterlichen Ehetumult einzumischen. Manchmal kann niemand die düstere Stimmung eines Kindes besser aufhellen als liebevolle Großeltern.
Heidi, die eingangs erwähnt wurde, erhielt keinen solchen Beistand. Dennoch ist es mit ihr gut ausgegangen. Heute, mit 26 Jahren, ist sie eine offene und fleißige, glücklich verheiratete junge Frau. Was hat zu ihrem Glück beigetragen?
Mit einem Wort: Freundschaften. Als Jugendliche begann Heidi, mit Zeugen Jehovas die Bibel zu studieren. Im Königreichssaal, wo sie die Zusammenkünfte besuchte, fand sie echte Freunde. „Früher hielt ich meine Lage für ziemlich hoffnungslos“, erinnert sie sich. „Aber es ist eine Hilfe, jemanden zu haben, mit dem man reden kann. Ich hatte eine Freundin, der ich alles sagen konnte. Sie merkte jedesmal, wenn mit mir etwas nicht stimmte, und schließlich rückte ich mit der Sprache heraus. Sie war wie eine Mutter für mich. Und es gab auch andere, mit denen ich etwas unternehmen konnte.“ Heidi kann Jesu Verheißung bestätigen, daß die Christenversammlung denen eine große Familie schenkt, die ihre eigene verloren haben (Markus 10:29, 30).
Doch Heidi ergriff bei diesen Freundschaften nicht die Initiative. „Die anderen gingen auf mich zu“, berichtet sie. Das kann man oft von Scheidungskindern in der Christenversammlung hören. Meg, eine junge Frau, erinnert sich zum Beispiel gern an ein Ehepaar, das sich nach der Trennung ihrer Eltern mit ihr anfreundete. Sie erzählt: „Sie wußten, daß ich sie brauchte, und sie waren für mich da. Man möchte einem anderen nicht sagen: ‚Hör mal, ich brauche dich. Ich bin jetzt auf deine Zuneigung angewiesen.‘“
Wie steht es mit uns als einzelnen? Könnten wir für Scheidungskinder wie ein Bruder, eine Schwester, eine Mutter, ein Vater, eine Oma oder ein Opa sein? Sie werden uns höchstwahrscheinlich nicht darum bitten, aber das bedeutet nicht, daß sie uns nicht brauchen.
Natürlich können wir ihnen keine intakte Familie ersetzen. Doch wir können ihnen ein Freund sein — ein guter, mitfühlender Zuhörer. Wir können Kindern und Jugendlichen auch helfen, ihr Verhältnis zu ihrem Schöpfer zu vertiefen — dem wahren „Vater von vaterlosen Knaben“ und dem besten Freund, den man sich denken kann (Psalm 68:5).
Können wir jedoch auf eine Zeit hoffen, wo Scheidungen der Vergangenheit angehören und Kinder die Sicherheit haben, in intakten, glücklichen Familien aufzuwachsen?
Eine Zeit intakter Familien
Wenn es von Menschen abhinge, würde die Antwort lauten: Nein, es gibt keine echte Hoffnung für die Kinder. Der Mensch kann die hoffnungslos entzweite Menschheitsfamilie kaum kitten, ganz zu schweigen von den unzähligen entzweiten Familien, aus denen sie sich zusammensetzt. Linda Bird Francke schrieb in ihrem Buch Growing Up Divorced: „Es hat sich zu vieles zu schnell abgespielt. Die Gerichte sehen keinen Ausweg. Die Schulen sind mit ihrem Latein am Ende. Die Familien wissen auch nicht weiter. In unserer Zeit der Massenehescheidungen weiß keiner, was er vom anderen zu erwarten hat, da es keine Regeln und keine Präzedenzfälle gibt.“
Der Erschaffer des Menschen ist hingegen nicht ratlos. Er weiß, was es mit unserer entzweiten Welt auf sich hat und daß es sinnlos ist, wenn menschliche „Fachleute“ daran herumbasteln. Sie muß ersetzt werden. Und er hat verheißen, genau das zu tun. Er hat denen, die seinen Willen tun, zugesichert, daß sie den Untergang des gegenwärtigen korrupten Systems überleben und die Wiederherstellung eines weltweiten Paradieses sehen werden (Lukas 23:43; 1. Johannes 2:17). Unter Gottes Herrschaft wird der Mensch dann von der Sünde befreit werden, die ihm anhaftet. Selbstsucht und Unvollkommenheit — die Ursachen für Entzweiung, Haß und Uneinigkeit — werden endlich beseitigt sein. Die Menschheitsfamilie wird intakt sein (Offenbarung 21:3, 4).
Und Ehescheidungen werden dann das Relikt einer fernen Vergangenheit sein.
[Kasten auf Seite 9]
Rat für geschiedene Eltern
◯ Streite dich mit deinem Expartner nicht vor den Kindern — weder telefonisch noch direkt.
◯ Kritisiere deinen früheren Ehepartner nicht vor den Kindern. Sollten sie den weggegangenen Elternteil kritisieren, dann bestärke sie nicht darin.
◯ Zwinge die Kinder nicht, zwischen Vater und Mutter zu entscheiden, und bringe sie nicht gegen den anderen auf.
◯ Laß dich von den Kindern nicht durch die Drohung einschüchtern, daß sie zu dem anderen Elternteil ziehen wollen. Eine solche Erpressung zu dulden ermutigt sie, die Eltern zu manipulieren, und kann sogar ihre moralische Entwicklung behindern.
◯ Laß die Kinder nicht deinen Expartner ausspionieren, indem du sie nach jedem Besuch aushorchst.
◯ Beauftrage die Kinder nicht, deinem geschiedenen Ehepartner gehässige Botschaften zu überbringen oder mit demütigenden Bitten um Geld an ihn heranzutreten.
◯ Mache ein Kind nicht schlecht, etwa mit der Bemerkung: „Du bist genauso wie dein Vater!“ Das Kind empfindet das nicht nur als Kritik am Vater, sondern fühlt sich vielleicht auch dazu verurteilt, die Fehler des anderen Elternteils zu wiederholen.
● Sei ein guter Zuhörer, und laß die Kinder ihre Gedanken äußern, selbst wenn du damit nicht einiggehst.
● Teile dich ihnen klar, ungezwungen und offen mit. Bewahre sie jedoch vor Einzelheiten, die sie nicht zu wissen brauchen. Dein Sohn oder deine Tochter scheint vielleicht die ideale Vertrauensperson zu sein. Vergiß aber nicht, daß ein Kind weder ein kleiner Erwachsener noch ein Ersatzehepartner ist, auch wenn es einen noch so reifen Eindruck macht.
● Tröste deine Kinder, und versichere ihnen, daß sie weder die Scheidung verursacht haben noch die Ehe retten können.
● Überschütte die Kinder mit aufrichtiger, herzlicher Zuneigung. Sie befürchten vielleicht, daß Eltern, die aufhören, sich gegenseitig zu lieben, eines Tages ebensogut aufhören könnten, ihre Kinder zu lieben.
● Einige dich mit deinem Expartner darauf, die Kinder aus euren Streitigkeiten herauszuhalten.
● Bemühe dich um ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Loben und Zurechtweisen; ziehe faire Grenzen, und setze realistische Ziele.
● Gib ein gutes Beispiel, indem du dich selbst an die moralischen Regeln hältst, die du für sie aufstellst.
● Verbringe so viel Freizeit wie möglich mit den Kindern.
[Kasten auf Seite 11]
Bist du ein Vater oder eine Mutter mit Besuchsrecht?
WENN ja, dann kann die Versuchung groß sein, einfach von der Bildfläche zu verschwinden. Einen Besuch zu vereinbaren sieht vielleicht so aus, als müßtest du deinen Expartner um Erlaubnis bitten, deine Kinder zu sehen. Oder die Kinder haben einen Stiefvater oder eine Stiefmutter, und du kommst dir überflüssig vor.
Aber du bist nicht überflüssig. Die Bibel mahnt: „Ihr Väter, verbittert eure Kinder nicht“ (Epheser 6:4, Pfäfflin). Wenn du aus dem Leben deiner Kinder verschwindest, verbitterst du sie nicht nur, sondern untergräbst auch ihr Selbstwertgefühl, da sie sich ungeliebt und hassenswert vorkommen. Ein begrenztes Verhältnis zu den Kindern ist immerhin besser als gar keins.
Offenbar ist die Länge der Besuche wichtiger als die Häufigkeit. Je länger ein Besuch dauert, um so eher wird das Kind schöne Erinnerungen an die Zeit mit dir haben. Miriam Galper Cohen, selbst eine Mutter mit Besuchsrecht, schreibt in ihrem Buch über dieses Thema, daß es kein besonderer Ausflug sein muß. Zuweilen sind die schönsten Erinnerungen ein ruhiger Spaziergang oder ein gemeinsames Essen.
Auch durch häufige Telefongespräche zu fest vereinbarten Zeiten bleibst du mit deinem Kind in engem Kontakt. Eine weitere Möglichkeit wäre, deinem Kind auf Kassette eine Geschichte vorzulesen oder von deiner eigenen Kindheit zu erzählen. Abgesehen von Kassetten und Briefen könntest du ihm Fotos, Zeichnungen, Bildergeschichten oder Zeitschriftenartikel schicken, die du lustig oder interessant findest. Die Autorin regt außerdem an, herauszufinden, welche Bücher oder Fernsehsendungen das Kind mag, sie dann selbst zu lesen bzw. anzuschauen und sie brieflich oder telefonisch mit dem Kind zu besprechen.
Sie erklärt: „Besuchsrecht zu haben ist die am wenigsten wünschenswerte Möglichkeit gegenüber anderen Sorgerechtsregelungen, und sie läuft fast darauf hinaus, die Kinder überhaupt nicht zu sehen.“ Doch es gibt sicher Möglichkeiten, dem Kind mit einer gewissen Regelmäßigkeit deine anhaltende Liebe und Sorge bewußtzumachen. Selbst die kleinste liebevolle Geste kann deinem Kind großes Leid ersparen.
[Bild auf Seite 7]
Kann ich mit meinem Kind verschiedenes gemeinsam tun? Die Scheidung beendet die Ehe, nicht aber die Elternrolle.
[Bild auf Seite 10]
Kenne ich Scheidungskinder, denen eine Freundschaft guttun würde?