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  • Der Rhesusfaktor und seine Bedeutung
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Erwachet! 1994
g94 8. 12. S. 23-27

Der Rhesusfaktor und seine Bedeutung

GLÜCKLICH betrachtet der stolze Vater sein neugeborenes Kind, das friedlich in den Armen der Mutter schläft. Eine lange Nacht im Kreißsaal liegt hinter ihnen, doch das ist jetzt alles vorbei. Die Tür geht auf, und der Arzt kommt herein, um nach seinen Patienten zu schauen und allen zu gratulieren. „Da ist nur noch eine Sache“, sagt er, „nur eine Routineangelegenheit.“

Das Blut der Mutter ist rhesus-negativ, und eine Untersuchung ergab, daß das Blut des Kindes rhesus-positiv ist; deshalb wird die Mutter „geimpft“ werden müssen. „Dabei wird lediglich eine geringe Menge humaner Antikörper injiziert“, versichert der Arzt, „die aber sehr wichtig sind, um Komplikationen bei künftigen Schwangerschaften zu vermeiden.“

Auch wenn der Arzt diese Injektion als Routineangelegenheit betrachtet, läßt doch deren Erwähnung sowie das Andeuten möglicher „Komplikationen“ bei den besorgten Eltern eine Reihe von Fragen aufsteigen. Was bewirkt diese Injektion eigentlich? Wie notwendig ist sie? Was würde geschehen, wenn die Eltern sie ablehnten? Für Christen stellt sich noch eine weitere Frage. Kann ein Christ in Anbetracht des biblischen Gebotes, sich ‘von Blut zu enthalten’, die Injektion mit gutem Gewissen annehmen, da sie doch Antikörper aus dem Blut eines anderen Menschen enthält? (Apostelgeschichte 15:20, 29).

Die Geschichte der Rhesusunverträglichkeit

Vor etlichen Jahrzehnten entdeckten Wissenschaftler, daß im menschlichen Blut viele Blutgruppenmerkmale oder -antigene enthalten sind, weshalb das Blut eines jeden Menschen einzigartig ist. Mit der Zeit fand man heraus, daß zwei Antigensysteme auf den roten Blutkörperchen für die meisten Unverträglichkeitsreaktionen verantwortlich sind, die auftreten, wenn jemandes Blut mit dem Blut eines anderen in Verbindung gebracht wird. Eines dieser Antigensysteme wird als „ABNull-Blutgruppensystem“ bezeichnet, das andere als „Rhesus-System“. Ein kurzer Überblick über das Rhesus-System wird uns helfen, die wichtigen Fragen zu beantworten, die sich die besorgten Eltern — und vielleicht auch du — stellen.

Im Jahr 1939 veröffentlichten Ärzte den rätselhaften Fall einer 25jährigen Frau, deren zweites Kind während der Schwangerschaft starb. Nach der Geburt des toten Kindes erhielt die Frau Bluttransfusionen, wobei es zu schweren Unverträglichkeitsreaktionen kam, obwohl das Blut von ihrem Mann stammte und in bezug auf die AB0-Antigene eigentlich mit dem ihren hätte verträglich sein sollen. Die Ärzte vermuteten daraufhin, irgendein unbekannter Faktor sei vom Blut ihres ersten Kindes in ihr Blut gelangt und habe ihr Blut „sensibilisiert“, was sowohl die Unverträglichkeitsreaktionen auf das Blut ihres Mannes als auch den Verlust ihres zweiten Kindes verursacht habe.

Jener unbekannte Faktor wurde später anhand von Versuchen nachgewiesen, an denen Rhesusaffen beteiligt waren; daher die Bezeichnung „Rhesusfaktor“. In den 60er Jahren war diese Blutgruppeneigenschaft Gegenstand intensiver medizinischer Forschung, denn man fand heraus, daß sie die Ursache für die sogenannte fetale Erythroblastose ist, eine relativ verbreitete und oft tödlich verlaufende Krankheit Neugeborener. Je mehr die Ärzte über den Rhesusfaktor und die Krankheit herausfanden, desto interessanter wurde die Sache.

Rhesusfaktor, Genetik und kranke Neugeborene

Den meisten Menschen geht es sehr zu Herzen, wenn ein Neugeborenes ernsthaft erkrankt oder stirbt. Schon allein der Anblick eines kranken, sich quälenden Babys ist für viele schwer zu ertragen, und Ärzte bilden da keine Ausnahme. Es gibt aber noch zwei weitere Gründe, weshalb die für die Kinder tödliche Rhesusunverträglichkeit die Ärzte besonders beschäftigte.

Der erste Grund war, daß die Ärzte ein bestimmtes Krankheitsmuster erkennen konnten und zu verstehen begannen, welche Rolle der Rhesusfaktor bei der Krankheit und dem Tod von Kindern spielt. Bei 85 bis 95 Prozent aller Menschen — männlich wie weiblich — ist der Rhesusfaktor (Rh-Faktor) auf den roten Blutkörperchen vorhanden. Man bezeichnet sie als „rhesus-positiv“ (Rh-positiv). Die 5 bis 15 Prozent, denen er fehlt, nennt man „rhesus-negativ“ (Rh-negativ). Wird eine Rh-negative Person dem Blut eines Rh-positiven Menschen ausgesetzt, kann sie Moleküle (Antikörper) entwickeln, die bewirken, daß Rh-positive Blutkörperchen zerstört werden.

Die Bildung von Antikörpern ist eigentlich eine ganz normale Reaktion, bei der das Immunsystem körperfremde Substanzen abwehrt. Es kann allerdings schwierig werden, wenn eine Rh-negative Mutter ein Kind bekommt, das von seinem Vater Rh-positives Blut geerbt hat. Bei einer perfekt funktionierenden Plazenta ist das kein Problem, denn dann bleibt das Blut des Kindes von dem der Mutter getrennt. (Vergleiche Psalm 139:13.) Weil wir jedoch unvollkommen sind, kann manchmal eine geringe Menge des kindlichen Blutes durchsickern und in den Blutkreislauf der Mutter eingeschwemmt werden. Mitunter passiert das auch bei einem medizinischen Eingriff wie der Amniozentese (Entnahme von Fruchtwasser durch Punktion der Fruchtblase, in der sich das Kind entwickelt). Sogar bei der Geburt selbst kann Blut vom Kind mit dem Blut der Mutter in Kontakt kommen. Ungeachtet der Ursache kann die Mutter sensibilisiert werden und Antikörper gegen das Rh-positive Blut entwickeln.

Dadurch entsteht folgendes Problem: Haben sich bei der Mutter einmal solche Antikörper gebildet, ist jedes künftige Kind gefährdet, sofern es vom Vater Rh-positives Blut erbt. Der Grund dafür sind die nun vorhandenen Antikörper der Mutter gegen Rh-positives Blut.

Daß einige Antikörper die Plazentaschranke passieren, ist normal, ja es ist sehr vorteilhaft. So erlangt jedes Baby dank seiner Mutter eine gewisse natürliche Immunität für die erste Zeit nach der Geburt. Bei Rhesusunverträglichkeit jedoch passieren die Rhesus-Antikörper der sensibilisierten Mutter die Plazentaschranke und greifen das Rh-positive Blut des Kindes an. Das erste Kind einer Frau ist davon nur selten betroffen; häufiger trifft es die nachfolgenden Kinder. Die Krankheit, die auf diese Weise hervorgerufen wird, nennt man Morbus haemolyticus neonatorum (bei schwerem Verlauf auch fetale Rh-Erythroblastose).

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, diese Erkrankung zu behandeln, wenn auch häufig, wie wir noch sehen werden, mit begrenztem Erfolg. Betrachten wir jetzt einen medizinischen Aspekt des Problems etwas genauer — eine Möglichkeit zur Vorbeugung.

Ein Durchbruch bei der Vorbeugung

Vielleicht erinnern wir uns, daß diese Krankheit die Ärzte aus zweierlei Gründen besonders beschäftigte. Zunächst ging es darum, den Ablauf der Krankheit herauszufinden und zu verstehen. Was war die zweite Ursache?

Sie trat im Jahr 1968 in Erscheinung. Nach jahrelanger Forschung und enttäuschenden, weil nur begrenzt erfolgreichen Versuchen von Ärzten, diese sehr kranken Kinder zu behandeln, entwickelte man ein Antiserum, durch das dem Problem der Rhesusunverträglichkeit wirksam vorgebeugt werden kann. Das war eine gute Nachricht. Doch auf welche Weise wirkt dieses Antiserum?

Wie wir uns erinnern, tritt eine Rhesusunverträglichkeit (beim zweiten und bei den nachfolgenden Rh-positiven Babys) dann auf, wenn Blut des ersten Rh-positiven Babys in den Blutkreislauf der Rh-negativen Mutter gelangt ist und bei ihr die Produktion von Antikörpern ausgelöst hat. Gibt es eine Möglichkeit, die roten Blutkörperchen des Kindes im Kreislauf der Mutter abzufangen, bevor eine Sensibilisierung eintreten kann?

Man entwickelte die sogenannte Anti-D-Prophylaxe, eine Methode, bei der der Mutter vorbeugend Anti-Rhesus-(Anti-D-)Immunglobulin verabreicht wird (in manchen Ländern unter Markennamen wie RhoGAM oder Rhesonativ bekannta). Es setzt sich aus Antikörpern gegen das Rhesus-Antigen zusammen. Die genaue Wirkungsweise ist kompliziert und wird nicht in allen Einzelheiten verstanden. Im wesentlichen jedoch scheint dabei folgendes abzulaufen:

Muß man davon ausgehen, daß eine Rh-negative Mutter Rh-positivem Blut ausgesetzt war (beispielsweise nach der Geburt eines Rh-positiven Kindes), wird ihr Anti-Rhesus-Immunglobulin injiziert. Bevor die Mutter sensibilisiert werden kann, greifen die Antikörper unverzüglich in den Blutkreislauf eingeschwemmte Rh-positive rote Blutkörperchen des Kindes an und bewirken, daß sie abgebaut werden. Dadurch wird normalerweise eine Gefahr für das nächste Kind ausgeschaltet, da die Mutter keine Antikörper gegen Rh-positives Blut entwickelt. Als eigentlichen Vorteil sehen Ärzte die Tatsache an, daß man dadurch einer Erkrankung vorbeugen kann, statt sie behandeln zu müssen, nachdem sie aufgetreten ist.

Das hört sich in der Theorie gut an. Doch funktioniert es auch? Offensichtlich ja. In einem Land, den Vereinigten Staaten, ging die Häufigkeit von Morbus haemolyticus neonatorum in den 70er Jahren um 65 Prozent zurück. Das kann auf verschiedene Ursachen zurückzuführen sein, doch 60 bis 70 Prozent des Rückgangs werden dem Einsatz der Anti-D-Prophylaxe zugeschrieben. In einer kanadischen Provinz ging die Zahl der Todesfälle unter Neugeborenen wegen Morbus haemolyticus neonatorum von 29 im Jahr 1964 auf 1 in den Jahren 1974 und 1975 zurück. Das wurde in Medizinerkreisen als Bestätigung für die Regel „Vorbeugen ist besser als Heilen“ angesehen. Wenden wir uns mit diesem Hintergrundwissen nun einer Reihe spezifischer Fragen zu, die in Verbindung mit Rhesusunverträglichkeit häufig gestellt werden.

Wie groß ist das Risiko, daß während der Schwangerschaft Schwierigkeiten aufgrund von Rhesusunverträglichkeit auftreten?

Mittels eines einfachen Bluttests können die Rhesusblutgruppe der Mutter und die des Vaters ermittelt werden; grob geschätzt, ergibt sich in jeder siebten Ehe die Situation, daß die Mutter Rh-negativ und der Vater Rh-positiv ist. Bestimmte Konstellationen im Erbgut des Vaters reduzieren das Gesamtrisiko auf etwa 10 Prozent.b

Das sind allerdings allgemeine Bevölkerungsstatistiken. Bei einer Rh-negativen Frau, die mit einem Rh-positiven Mann verheiratet ist, beträgt die Wahrscheinlichkeit — je nach Erbgut ihres Mannes — entweder 50 oder 100 Prozent, daß sie ein Rh-positives Kind zur Welt bringt.c (Eine zuverlässige Methode, das Erbgut des Mannes zu ermitteln, existiert nicht; ebensowenig ist es zur Zeit möglich, auf unkomplizierte Weise herauszufinden, ob der Fetus Rh-positiv ist.)

Das Risiko einer Sensibilisierung mit einer entsprechenden Gefahr bei der nächsten Schwangerschaft liegt für eine Rh-negative Mutter mit einem Rh-positiven Kind im Bereich von 16 Prozent pro Schwangerschaft. Auch das ist natürlich nur ein Durchschnittswert. Bei dem erstgeborenen Kind einer Familie besteht gewöhnlich kein Risiko einer Rhesusunverträglichkeit, vorausgesetzt, die Mutter war weder durch eine Bluttransfusion noch anderweitig Fremdblut ausgesetzt. Welches Risiko bei weiteren Schwangerschaften besteht, läßt sich für den konkreten Einzelfall nur schwer vorhersagen. Während die eine Frau durch ihr erstes Rh-positives Kind sensibilisiert wurde, hat eine andere fünf oder mehr Rh-positive Kinder geboren und wurde nicht sensibilisiert. Wurde eine Mutter sensibilisiert, liegt das Sterberisiko für jeden weiteren Rh-positiven Fetus bei 30 Prozent, unabhängig davon, wie groß der zeitliche Abstand zwischen den Schwangerschaften ist. Man darf die Sache also keinesfalls auf die leichte Schulter nehmen.

Kann durch eine Laboruntersuchung festgestellt werden, ob das Kind im Mutterleib gefährdet ist?

Bis zu einem gewissen Grad ja. Der Gehalt an Antikörpern im mütterlichen Blut kann während der Schwangerschaft ermittelt werden, um festzustellen, ob sich Antikörper gegen das Blut des Kindes bilden. Eine Amniozentese kann außerdem Hinweise darauf geben, ob Blutzellen des Kindes zerstört werden und das Kind in Gefahr ist. Allerdings kann die Amniozentese ihrerseits manchmal zu Komplikationen führen, weshalb gut überlegt werden sollte, ob man sie durchführen läßt.

Hat das Anti-Rhesus-Immunglobulin Nebenwirkungen?

Über einen Einsatz während der Schwangerschaft herrscht zwar noch keine völlige Einigkeit, weil immunologische Schäden für den sich entwickelnden Embryo nicht ausgeschlossen werden können. Doch die meisten Experten halten die Rhesus-(Anti-D-)Prophylaxe sowohl für die Mutter als auch für das in ihrem Leib heranwachsende Kind für relativ unbedenklich.

Wie oft soll die Rhesus-(Anti-D-)Prophylaxe nach Ansicht der Ärzte durchgeführt werden?

Fachleute sagen, das Anti-Rhesus-Immunglobulin solle unverzüglich nach jedem Vorfall verabreicht werden, durch den Rh-positives Blut in den Blutkreislauf der Rh-negativen Frau gelangen konnte. Deshalb wird gegenwärtig empfohlen, Anti-Rhesus-Immunglobulin innerhalb von 72 Stunden nach der Geburt eines Kindes zu injizieren, bei dem die Blutgruppenbestimmung das Ergebnis „Rh-positiv“ erbracht hat. Die gleiche Empfehlung gilt im Fall einer Amniozentese oder einer Fehlgeburt.

Da Studien ergeben haben, daß auch während einer normalen Schwangerschaft eine geringe Menge des kindlichen Blutes in den mütterlichen Blutkreislauf gelangen kann, empfehlen einige Ärzte, in der 28. Schwangerschaftswoche Anti-Rhesus-Immunglobulin zu verabreichen, um einer Sensibilisierung vorzubeugen. Trotzdem wird nach der Geburt des Kindes eine weitere Anti-Rhesus-Immunglobulin-Injektion empfohlen.

Gibt es eine Behandlungsmethode für das Kind, wenn es an Morbus haemolyticus neonatorum erkrankt ist?

Ja. Obgleich Morbus haemolyticus neonatorum eine schwerwiegende Erkrankung ist, gibt es gutfundierte Behandlungsmethoden, bei denen auf Blutaustauschtransfusionen für das Kind verzichtet wird. Zu den gefürchtetsten Komplikationen dieser Krankheit gehört die Ansammlung einer Substanz namens Bilirubin, eines Stoffwechselproduktes, das entsteht, wenn rote Blutkörperchen abgebaut werden. Es ruft Gelbsucht hervor und kann in manchen Fällen die Organe des Kindes schädigen. (Nebenbei bemerkt, kann eine schwach ausgeprägte Gelbsucht auch durch eine AB0-Unverträglichkeit zwischen dem Blut der Mutter und dem des Kindes verursacht werden; sie ist aber in der Regel nicht so schwerwiegend.)

Einige Jahre lang betrachteten Ärzte einen bestimmten Bilirubinwert als Indikation für eine Blutaustauschtransfusion bei diesen Kindern, doch aufgrund weiterer Forschungen sind verschiedene andere Behandlungsmethoden entwickelt worden. Frühzeitige Entbindung oder Kaiserschnitt, Phototherapie (Blaulicht) und Medikamente wie Phenobarbital oder Aktivkohlepräparate sowie andere Behandlungsmethoden haben sich als hilfreich erwiesen und den Druck, zu Transfusionen zu greifen, drastisch reduziert. Tatsächlich ist in kürzlich erschienenen Berichten darauf hingewiesen worden, daß Blutaustauschtransfusionen bei Babys mit Morbus haemolyticus neonatorum nutzlos, ja sogar gefährlich sein können. (Siehe Kasten auf Seite 26.)

Allerdings gibt es extreme Fälle, in denen Ärzte nach wie vor auf Blutaustauschtransfusionen als einzig annehmbare Therapie bestehen. Daher sind manche Eltern der Auffassung, es sei besser, das ganze Problem mittels einer Rhesus-(Anti-D-)Prophylaxe zu vermeiden, die der Krankheit und damit auch der Gelbsucht vorbeugt.

Wird das Anti-Rhesus-Immunglobulin aus Blut gewonnen?

Ja. Die Antikörper, aus denen sich die Injektionslösung zusammensetzt, werden aus dem Blut von Personen gewonnen, bei denen eine Sensibilisierung gegen den Rhesusfaktor stattgefunden hat. In Zukunft werden möglicherweise gentechnologisch hergestellte Anti-Rhesus-Immunglobulin-Präparate erhältlich sein, die nicht aus Blut gewonnen werden.

Kann sich ein Christ mit gutem Gewissen Anti-Rhesus-Immunglobulin geben lassen?

Bei dieser Frage geht es um einen möglichen Mißbrauch von Blut. Die Bibel verbietet ganz ausdrücklich, Blut zu essen oder anderweitig zu mißbrauchen (3. Mose 17:11, 12; Apostelgeschichte 15:28, 29). Würde eine Christin angesichts des Umstandes, daß Anti-Rhesus-Immunglobulin aus Blut gewonnen wird, das biblische Gebot, sich von Blut zu enthalten, übertreten, wenn sie sich die Injektion geben ließe?

In der vorliegenden Zeitschrift sowie der Begleitzeitschrift Der Wachtturm ist stets übereinstimmend zu dieser Frage Stellung genommen worden.d Wir haben darauf hingewiesen, daß bei jeder Schwangerschaft Antikörper ungehindert die Plazentaschranke zwischen Mutter und Kind überschreiten. Aufgrund dessen sind manche Christen zu dem Schluß gekommen, daß sie es nicht als eine Übertretung des biblischen Gebotes betrachten würden, sich ein Antikörper enthaltendes Antiserum — wie Anti-Rhesus-Immunglobulin — geben zu lassen, da dies im Grunde genommen dem Vorgang nahekommt, der auch natürlicherweise abläuft.

Letztendlich muß jedoch die Entscheidung, ob man sich Anti-Rhesus-Immunglobulin geben läßt, von jedem christlichen Ehepaar nach dem eigenen Gewissen getroffen werden. Wenn allerdings ein Mann und seine Frau, die sich mit dem Problem der Rhesusunverträglichkeit konfrontiert sehen, beschließen, Anti-Rhesus-Immunglobulin abzulehnen, obwohl es medizinisch angezeigt wäre, müssen sie auch bereit sein, das Risiko auf sich zu nehmen, daß ein künftiges Kind schwer durch eine Krankheit in Mitleidenschaft gezogen wird, die möglicherweise hätte verhindert werden können. Unter diesen Umständen würden sie womöglich sogar entscheiden, daß es weise wäre, besondere Vorsichtsmaßnahmen zu treffen, um keine weiteren Kinder zu bekommen und sich nicht einer möglichen derart tragischen Situation auszusetzen. Verantwortungsbewußte christliche Eltern sollten unter Gebet alle Gesichtspunkte abwägen, bevor sie Entscheidungen von solcher Tragweite treffen.

[Fußnoten]

a In Deutschland als Rhesogam und Rhesonativ 300 sowie Partobulin s bekannt.

b Die Statistiken unterscheiden sich je nach Rassenzugehörigkeit. Unter den Weißen sind 15 Prozent der Bevölkerung Rh-negativ; unter dunkelhäutigen Amerikanern 7 bis 8 Prozent, unter Indoeurasiern etwa 2 Prozent; unter asiatischen Chinesen und Japanern nahe null Prozent (Transfusion Medicine Reviews, September 1988, Seite 130).

c Einige solche Frauen haben mehrere Kinder bekommen, die alle Rh-negativ waren, so daß die Mutter nicht sensibilisiert wurde. In anderen Fällen hingegen war bereits das erste Kind Rh-positiv, und die Mutter wurde sensibilisiert.

d Siehe Wachtturm vom 1. Juni 1990, Seite 30, 31; 1. Oktober 1978, Seite 31 und Wie kann Blut dein Leben retten?, herausgegeben von der Wachtturm-Gesellschaft.

[Kasten auf Seite 26]

Machen erhöhte Bilirubinwerte eine Bluttransfusion notwendig?

Seit langem fürchten Ärzte die Folgen erhöhter Bilirubinwerte bei Neugeborenen, und zwar so sehr, daß viele Ärzte bei einem Anstieg des Bilirubins — insbesondere in die Nähe eines Wertes von 20 mg/100 ml — auf einer Blutaustauschtransfusion bestehen, „um einen Hirnschaden zu verhindern“ (Kernikterus). Sind ihre Befürchtungen gerechtfertigt, und bringen Bluttransfusionen wirklich einen Nutzen?

Dr. Anthony Dixon bemerkt: „In mehreren Studien an solchen Säuglingen konnten irgendwelche Folgen — ob kurz- oder langfristig — eines Bilirubinwertes zwischen 18 mg und 51 mg pro 100 ml nicht festgestellt werden.“ Weiter äußert sich Dr. Dixon zu dem Problem „Vigintiphobie — die Furcht vor der 20“. Ein Vorteil durch die Behandlung dieser erhöhten Bilirubinwerte konnte nicht nachgewiesen werden; dennoch kommt Dr. Dixon zu dem Schluß: „Das Dilemma liegt auf der Hand: Eine aggressive Behandlung erhöhter Serumbilirubinwerte ist gegenwärtig medizinischer Standard. Einen medizinischen Standard sollte man nicht in Frage stellen, es sei denn, er habe sich als falsch erwiesen, aber jeglicher Versuch, nachzuweisen, daß er falsch ist, gilt als unmoralisch“ (Canadian Family Physician, Oktober 1984, Seite 1981).

Demgegenüber hat eine italienische Expertin, Dr. Ersilia Garbagnati, eine Abhandlung verfaßt über eine eventuell schützende Wirkung des Bilirubins und die „möglichen unerwarteten Gefahren unangebracht niedriger Serumbilirubinwerte“ (Pediatrics, März 1990, Seite 380; Kursivschrift von uns). Noch einen Schritt weiter geht Dr. Joan Hodgman, wenn sie im Western Journal of Medicine schreibt: „Blutaustauschtransfusionen verhindern die bilirubinbedingte Gelbfärbung des Gehirns bei niedrigen Bilirubinwerten nicht und können in Anbetracht der oben genannten Forschungsergebnisse in Wirklichkeit sogar schädlich sein“ (Juni 1984, Seite 933).

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