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  • Die Präriehundestädte im amerikanischen Westen

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  • Die Präriehundestädte im amerikanischen Westen
  • Erwachet! 1970
  • Zwischentitel
  • Den Präriehund kennenlernen
  • Das Stadthaus des Präriehundes
  • Ein neuer Nachbar zieht ein
  • Einkaufen und Geselligkeit
  • Ihr Verschwinden — Vor- oder Nachteil?
Erwachet! 1970
g70 22. 1. S. 13-16

Die Präriehundestädte im amerikanischen Westen

IST es nicht merkwürdig, daß es Tiere gibt, die Städte bauen und das gesellige Leben dem Alleinsein vorziehen. Aber noch merkwürdiger ist es, daß sie Bestimmungen über den Wohnungsbau haben, ferner einen Polizeidienst, Amtsbezirke und ein beträchtliches Maß von Bürgerstolz. Doch es ergeht diesen Tieren wie den Indianern und den Büffeln: Sie verschwinden immer mehr aus dem Präriegebiet des amerikanischen Westens. Wen meinen wir wohl? Ja, wir sprechen von den Präriehunden, die man jetzt fast nur noch in Naturschutzgebieten sieht.

Früher gab es viele und sehr große Präriehundestädte. Eine solche Stadt im wüstenhaften Tafelland des westlichen Texas, „Staked Plain“ genannt, hatte etwa eine Breite von 1 600 Kilometern und eine Länge von 400 Kilometern und war von schätzungsweise 400 000 000 Präriehunden bewohnt. Doch als die Viehfarmer mit ihren riesigen Herden in diesem Gebiet auftauchten, erklärten sie den Präriehundestädten den Krieg — Krieg bis aufs Messer. In seinem Vernichtungskampf schreckte der Mensch auch vor der Anwendung von Giftgas nicht zurück. Alles wurde unbarmherzig ausgerottet: junge und alte Tiere, männliche und weibliche.

Diesen Kampf gegen die Präriehunde suchte man mit der Behauptung zu rechtfertigen die Prärie könne nicht Millionen Präriehunde und die sich rasch vergrößernden Herden der Viehzüchter ernähren. Es hieß, 256 Präriehunde würden soviel Gras fressen wie eine Kuh und 32 soviel wie ein Schaf. Und bildeten die Baue der Präriehunde nicht auch eine Gefahr für das Vieh — waren sie nicht die Ursache von manchem Beinbruch? Daher wurde der Kampf fortgesetzt, ohne die Möglichkeit zu erwägen, daß die Präriehunde für das Land nützlich sein könnten.

Den Präriehund kennenlernen

Du erlebst eine Überraschung, wenn du den Präriehund kennenlernst, denn er ist gar kein Hund. Er ist ein sandgelbbraunes Nagetier, dreißig bis vierzig Zentimeter lang, an den Schultern etwa dreizehn Zentimeter hoch, mit gedrungenem Leib und kurzen Beinen, und mit seinem Stummelschwanz wedelt er nicht hin und her, sondern auf und ab. Er sieht eher aus wie ein Waldkaninchen, allerdings ohne die langen Ohren, denn die Ohren des Präriehundes sind klein und rund und liegen eng an, so daß er etwas flachköpfig erscheint. Er wiegt anderthalb bis drei Pfund.

Ein weiteres Merkmal dieses Tieres sind seine Vorderpfoten. Sie sind mit langen Krallen bewehrt und eignen sich vorzüglich zum Graben. Es hat auch ungewöhnliche Augen: Sie sind mit orangefarbenen Linsen versehen, die ihm als Filter dienen und die Augen vor dem grellen Sonnenlicht schützen. Sie liegen ziemlich weit vorn am Kopf und sind das erste, was über dem Erdboden erscheint, wenn das Tier aus seinem Bau hervorkommt.

Junge Präriehunde sind sehr verspielt. Aber auch ein erwachsenes Tier kläfft, wenn es aufgeregt ist. Vielleicht verstehst du jetzt langsam, warum dieses kleine Nagetier den Namen „Präriehund“ erhalten hat; sein Bellen und Schwanzwedeln sowie andere Merkmale erinnern einen an junge Hunde von gelblicher Farbe. In zoologischen Kreisen führt er jedoch einen Namen, der „Hundemaus“ bedeutet.

Das Stadthaus des Präriehundes

Der Präriehund wohnt in einem unterirdischen Bau, in dem auch die Jungen zur Welt kommen. Sein Bau ist nicht nur ein Loch im Boden, sondern ein regelrechtes Meisterwerk. Das vierzehn bis zwanzig Zentimeter breite Eingangsloch liegt in der Mitte eines Miniaturvulkankraters. Er hat nämlich das Loch mit einem dreißig bis sechzig Zentimeter hohen und ungefähr dreieinhalb bis vier Meter langen Wall umgeben. Auf einem Hektar Land mögen über vierzig solcher Baue sein. Durch das Eingangsloch gelangt man in einen etwa vier Meter senkrecht in die Tiefe führenden Schacht; dieser macht am tiefsten Punkt einen scharfen Knick, verläuft dann eine Zeitlang waagrecht und schließlich schräg aufwärts. Da er wenige Zentimeter unter der Erdoberfläche endet, kann der Präriehund ihn als Notausgang benutzen, wenn Gefahr droht.

Der Hauptgang weist mehrere kurze Abzweigungen nach rechts oder nach links auf. Eine solche Abzweigung, unweit vom Eingang entfernt, ist offenbar eine Art Wachraum oder Horchraum sowie ein Wendeplatz, wo sich das flüchtende Tier umdrehen und zurückschauen kann, ob ein Eindringling es verfolgt. In den anderen Gängen befinden sich Schlafgemächer. In einem davon kommen die Jungen — in einem Wurf sind es etwa fünf — zur Welt. Die ungefähr fünfzehn Gramm schweren Tierchen sind bei ihrer Geburt blind und nackt und haben auch noch keine Stimme. Doch vier Wochen später sind sie bereits schön behaart; in der fünften Woche werden sie sehend und beginnen zu bellen, doch vorerst nur schwach; in der sechsten Woche sind sie dann fähig, mit der Mutter den ersten Ausflug an die Erdoberfläche zu unternehmen.

Ein neuer Nachbar zieht ein

Wenn ein Präriehund die Kindheit hinter sich gebracht hat und er der Meinung ist, eine eigene Wohnung zu benötigen, wählt er sich zuerst den Platz dafür aus; dann beginnt er mit seinen scharfen Krallen zu graben, wobei er die lockere Erde unter dem Leib durchschiebt und mit den Hinterbeinen rückwärts wirft. Manchmal schiebt er aber auch mit den starken Vorderpfoten das lockere Erdreich vor sich her, oder er kommt rückwärts aus dem Loch und schleudert die Erde mit den Hinterbeinen energisch nach hinten. Wenn ein jüngeres Tier neugierig in das Loch guckt, fliegt ihm plötzlich eine Ladung Erde entgegen, so daß es erschrocken zurückweicht.

Die lockere Erde, die das Tierchen zuerst herausschafft, benutzt es für den Wall rings um das Eingangsloch. Es befördert Massen feuchter Erde an den gewünschten Ort und drückt sie mit seiner flachen Nase fest. Es arbeitet dabei mit nach vorn gebeugten Schultern, so daß der ganze Körper wie ein mächtiger Stampfer wirkt, wobei die hammerähnliche Schnauze in die Erde eindringt. Wenn der Präriehund mit seinem Bau fertig ist, hat er ungefähr eine Wagenladung Erde an die Oberfläche befördert.

Der Wall schützt den Bau, wenn die Prärie zufolge ungewöhnlich starker Regenfälle überschwemmt wird. Der unvollendete Notausgang ist auch sehr nützlich. Der Präriehund kann sich dahin flüchten, wenn ein Feind ihn bis in seinen Bau verfolgt, aber es bildet sich dort auch eine Lufttasche, in der sich das Tierchen bei einer Überschwemmung aufhalten kann, bis sie sich verlaufen hat. Der Hügel mit dem Eingangsloch dient dem Präriehund als Ausguck, aber von diesem Hügel aus läßt es sich auch vorzüglich mit den Nachbarn plaudern.

Jeder Bewohner einer Präriehundestadt ist Angehöriger eines Klans oder einer „Koterie“. Jede „Koterie“ lebt in einem bestimmten Bezirk der Stadt, und die Hunde eines anderen Klans sind dort nicht willkommen. Nähert sich ein fremder Präriehund, so richtet sich der erste Präriehund, der ihn bemerkt, unvermittelt auf, hebt die Vorderpfoten in die Luft und stößt einen schrillen Pfiff aus. Das ist eine Warnung für den ganzen Bezirk, und sofort hört man von allen umliegenden Hügeln als Antwort Proteste gegen den Eindringling. Die zu der gleichen „Koterie“ gehörenden Präriehunde dagegen benutzen die Baue voneinander, halten sich gegenseitig das Fell in Ordnung und spielen ständig miteinander.

Während der Mittagshitze ziehen sich die Tierchen in ihren Bau zurück, um Siesta zu halten. Aber am frühen Morgen und späten Nachmittag ist die ganze Stadt voller Leben. Dutzende von Hunden liegen ausgestreckt im Gras, während ihre Gefährten ihnen den Pelz säubern und striegeln. Andere wälzen sich im Staub, um Flöhe oder Zecken loszuwerden. Jungtiere spielen miteinander. Eines jagt das andere wie beim Fußball. Wenn es das andere erreicht hat, wird gewechselt: Das Tierchen, das vorher gejagt wurde, jagt jetzt das andere.

Es sind immer Wachen aufgestellt; der Präriehund, der Wache hält, sitzt aufrecht da und sucht mit seinen Perlaugen die Erde und dann den Himmel ab. Sobald er etwas Ungewöhnliches sieht oder hört, warnt er die übrigen. Ein zweimaliges kurzes Kläffen, und jeder Präriehund in Hörweite stürzt zu seinem Hügel und setzt sich aufrecht hin. Sobald die Tierchen den Feind kommen sehen, verschwinden sie in ihren Bau. Nicht nur der Mensch ist ihr Feind, sondern auch der Dachs, der Steppenwolf, der Fuchs, der Schwarzfußiltis, die Klapperschlange und die Höhleneule; alle diese Tiere dringen gelegentlich in ihren Bau ein. Adler und Falken stoßen auf Bewohner der Präriehundestadt herab, die sich zu weit von zu Hause entfernt haben.

Man weiß, daß Präriehunde die Gänge der Baue verstopfen, wenn eine Schlange eindringt. Sie ergreifen auch Vorsichtsmaßnahmen gegen Feinde, die im Gras auf sie lauern: Sie sorgen dafür, daß das Gras vor dem Eingang zu ihrem Bau im Umkreis von vielen Metern immer kurz ist; dadurch verhindern sie, daß sich ungebetene Gäste darin verstecken können.

Einkaufen und Geselligkeit

Der Präriehund geht auf Futtersuche, wenn er hungrig ist, und frißt soviel, bis er satt ist. Er frißt fast nur Pflanzen, doch ganz verschiedene. Ihm schmecken Quecke, Trespe, Grammagras, Salzkraut, Beifuß, Feigenkaktus und Melde. Er vermag in seinem Körper durch Umwandlung von Kohlehydraten Flüssigkeit zu erzeugen — darin gleicht er vielen anderen Wüstenbewohnern. Eine kleine Form der Seidenpflanze und eine kleine Malve, „Cowboy’s Delight“ genannt, sind besondere Leckerbissen. Der schwarzschwänzige Präriehund verzehrt auch Feldheuschrecken, und zwar besonders dann, wenn diese so viel fressen, daß Futtermangel droht. Der weißschwänzige Präriehund frißt Raupen, Käfer, Larven der Nachtfalter und Schmetterlinge. Die Hauptnahrung bilden jedoch Sträucher, Unkräuter, Gräser und Samen.

Der Präriehund ist kein eigentlicher Winterschläfer, doch den Winter bringt er größtenteils in seinem Bau zu. Aber an einem sonnigen Tag, die Temperatur mag so um minus achtzehn Grad Celsius sein, unterbricht er den Schlaf und kommt aus dem Bau heraus, um etwas Abwechslung zu haben. Im Winter zehren die Präriehunde vom Fett, das sie im Sommer und Herbst angesetzt haben. Manche Tiere werden so dick, daß ihr Fell an der Seite aussieht wie Wellpappe, wenn sie über die Schultern zurückblicken.

Wenn sich zwei Präriehunde während der Futtersuche treffen, bleiben sie stehen und begrüßen einander, indem sie sich mit der Nase berühren, als würden sie sich küssen; sie streicheln und tätscheln einander, und manchmal setzen sie sich sogar auf die Keulen und legen sich gegenseitig die Vorderpfoten auf die Schultern. Man hat einmal zwei Präriehunde beobachtet, die die Vorderpfoten gegeneinanderlegten, als würden sie „Backe, backe Kuchen“ spielen, sich dann auf alle viere fallen ließen und die Nasen aneinanderrieben. Kannst du dir vorstellen, worüber sie bei solchen Gelegenheiten plaudern?

Es gibt Fachleute, die behaupten, die Präriehunde würden auf diese Weise ermitteln, ob ein Hund aus dem eigenen Bezirk oder aus einem fremden Bezirk stamme. Es ist faszinierend, den Präriehunden zuzuschauen, ganz gleich, was diese Bewegungen auch bedeuten mögen. Jemand beobachtete einmal zwei Präriehundeweibchen, die sich bei der Futtersuche trafen. Sie verneigten sich zuerst, dann richteten sie sich auf und berührten sich mit den Vorderpfoten. Auch legten sie die Schnauzen gegeneinander, als würden sie sich küssen. Begegnen sich aber zwei alte Männchen, dann suchen sie einander mit aufgewirbeltem Dreck zu bewerfen.

Ihr Verschwinden — Vor- oder Nachteil?

Früher gab es in dem fünfhundert bis sechshundert Kilometer breiten Präriegürtel zwischen Kanada und Mexiko zahlreiche Präriehundestädte. In dieser hügeligen, baumlosen Halbwüste wimmelte es einst von Millionen spielenden und geschäftigen Präriehunden. Jetzt herrscht hier eine tiefe Stille. Nur in Naturschutzgebieten kann man noch den schrillen Pfiff aufgeregter Präriehunde hören oder diese Tierchen beim Spielen und bei der Futtersuche beobachten, aber aus dem Gebiet, das sich für ihre Lebensweise so gut eignete, sind sie vertrieben.

Der Mensch hat offenbar wie in anderen Dingen auch in bezug auf den Präriehund kurzsichtig gehandelt; diejenigen, die für seine Ausrottung eingetreten sind, haben allem Anschein nach die Möglichkeit gar nicht erwogen, daß dieses Tierchen für den Menschen nützlich sein könnte. Erst 1939 — vielleicht zu spät — veröffentlichte das amerikanische Landwirtschaftsministerium einen Bericht über dieses Thema. Stimmt es, daß diese Tierchen dem Vieh das Futter wegfressen? Weder das Salzkraut noch die Goldaster eignet sich als Viehfutter, den Präriehunden aber schmecken diese Pflanzen vorzüglich. Im Magen eines Präriehundes fand man 20 000 Samen des giftigen Wasserpfeffers. In Montana stellte man fest, daß 70 Prozent des Futters, das die Präriehunde verzehren, aus Narrenkraut besteht, eine für das Vieh gefährliche Giftpflanze. Und in 14 von 20 Mägen, die im Monat Mai untersucht wurden, fand man Raupen eines Eulenfalters — 35 Prozent des verzehrten Futters.

Aber der Präriehund ist nicht nur einzigartig auf dem Gebiet der Vertilgung giftiger Unkräuter, sondern er ist auch für den Boden, in dem er sein vom Instinkt geleitetes Leben führt, von großem Nutzen. Dadurch, daß er die vielen Baue anlegt, wird die Erde gewendet und aufgewühlt. Das bewirkt, daß sie gelüftet wird und daß das Wasser abfließen kann, was verhindert, daß der Boden sauer wird. In anderen Worten, er wird für den Anbau durch den Menschen vorbereitet.

Der Mensch verfährt mit diesem kleinen Verwandten des Eichhörnchens unmenschlich. Das Verhalten des Präriehundes aber erinnert in vielem an den unvollkommenen Menschen: das Plaudern vor der Haustür, der Geselligkeitstrieb, das Erfüllen bürgerlicher Aufgaben und Vorurteile gegen Bewohner anderer Gemeinwesen, das „Sich-auf-die-Hinterbeine-Stellen“, das „Sich-mit-Schmutz-Bewerfen“ usw. Dennoch ist es bedauerlich, daß dieses kleine Geschöpf, das während der acht Jahre seines Lebens vor Daseinsfreude übersprudelt, seiner Ausrottung entgegengeht.

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