Bietet dir das Leben, was du davon erwartest?
DER Mensch ist das einzige Lebewesen auf der Erde, das planen kann. Pflanzen, die weder denken noch sehen können, vermögen nicht zu planen. Die Tiere werden vom Instinkt geleitet. Wenn sie für ihre Jungen ein Nest oder eine Höhle bauen, geschieht das instinktmäßig. Nur der Mensch denkt ernsthaft über die Zukunft nach, befaßt sich damit und arbeitet dafür.
Nur der Mensch hat Ziele, die über das hinausgehen, sich am Leben zu erhalten und sich fortzupflanzen. Er strebt nach Idealen, er sucht Pläne zu verwirklichen. Die Fähigkeiten und Möglichkeiten des Menschen übertreffen die der Tiere um mehr als das Tausendfache. Um seine Ziele zu erreichen, benötigt der Mensch Zeit, deshalb ist nur er sich der Tatsache bewußt, daß die Zeit vergeht. Schildkröten und Bäume haben kein Interesse an Uhren oder Kalendern.
Wie weit in die Zukunft hast du geplant? Was hoffst du in deinem Leben zu erreichen? Hast du das Gefühl, deine Fähigkeiten würden voll ausgenützt oder würden je voll ausgenützt werden? Wie vieles möchtest du tun, Dinge, zu denen du dich befähigt fühlst — sofern du Zeit hättest?
Vielleicht möchtest du dein musikalisches Talent entwickeln oder dein Talent zum Malen oder Schriftstellern, oder du möchtest Sprachen lernen oder das Tischlern, Schlossern oder Bauzeichnen, oder vielleicht möchtest du Baukunst, Geschichte, Biologie, Astronomie oder Mathematik studieren oder gewisse Pflanzen oder Tiere züchten. Es kann auch sein, daß du den Wunsch hast, Reisen zu unternehmen und Menschen in anderen Ländern kennenzulernen, neue Freundschaften zu schließen und deinen Gesichtskreis zu erweitern. Viele möchten nicht nur eines dieser Dinge, sondern eine ganze Reihe davon tun. Doch da das Leben so kurz ist, können sie nur einen kleinen Teil ihrer Pläne ausführen. Der Wunsch ist vorhanden, aber es fehlt an der Zeit.
Lernvermögen und schöpferische Kraft schwinden langsamer als die körperlichen Kräfte
Es gibt viele Gründe, warum ein längeres Leben wünschenswert wäre. Doch allgemein herrscht die Auffassung, daß der Mensch, wenn er ein bestimmtes Alter erreiche, nichts Sinnvolles mehr zu leisten vermöge und ein längeres Leben daher kaum einen Wert oder Zweck habe. Stimmt es, daß die Fähigkeit, zu lernen, zu denken und schöpferisch tätig zu sein, naturgemäß mit der Erreichung eines bestimmten Alters schwindet? Nein, die Tatsachen widerlegen diese Auffassung.
Tizian, ein berühmter Maler, hatte noch im hohen Alter eine „unvergleichlich sichere Hand“ und schuf herrliche Kunstwerke. Oliver Wendell Holmes, ehemals Mitglied des Obersten Bundesgerichts der Vereinigten Staaten, begann im Alter von neunzig Jahren, Griechisch zu lernen. Der Orchesterdirigent Arturo Toscanini konnte im Alter von fünfundachtzig Jahren noch die ganze Partitur einer Oper auswendig lernen. Waren diese Männer „verbraucht“? „Warteten“ sie auf den „Tod“? Hätten sie das getan, dann bestimmt nicht deshalb, weil sie nicht mehr imstande gewesen wären, Dinge zu tun, die ihnen Freude bereiteten und ihren Mitmenschen zugute kamen oder diese beglückten.
Wie groß die Fähigkeit des Menschen ist zu lernen, geht aus folgender Äußerung Joseph C. Buckleys hervor, die wir in seinem Buch The Retirement Handbook (Handbuch für die Pensionierung) lesen: „Die Lernfähigkeit läßt so allmählich nach, daß wir im Alter von achtzig Jahren noch soviel zu lernen vermögen wie mit zwölf Jahren.“
Diese Auffassung wird gestützt durch die Ergebnisse einer Untersuchung der Wirkung, die das Altern auf die geistigen Fähigkeiten hat. Den Bericht über diese Ergebnisse findet man in dem Artikel „Geisteskräfte nehmen mit dem Alter zu“, der in der Zeitschrift The American Weekly veröffentlicht und in gekürzter Form in Das Beste aus Reader’s Digest vom März 1959 wiedergegeben wurde. Einer Gruppe von 127 Personen, die sich als Studenten des ersten Semesters im Jahre 1919 einer Intelligenzprüfung unterzogen hatten, wurden mehr als dreißig Jahre später dieselben Testfragen nochmals vorgelegt. Nicht nur bei den Fragen auf dem Gebiet der Allgemeinbildung lagen die erreichten Punktzahlen höher, sondern auch bei den Fragen, bei denen es auf klares, logisches Denken ankam. Als man mit Personen, deren Intelligenz in der Vergangenheit nur durchschnittlich gewesen war, „Begriffsbeherrschungs-Tests“ anstellte, zeigten einige als Siebziger und Achtziger steigende Leistungen. Untersuchungen, die an der Universität von Michigan durchgeführt wurden, ergaben, daß Fähigkeiten wie Gedächtnis und Lernvermögen im Alter nicht mehr abnehmen als die Gesamtintelligenz.
Das alles zeigt deutlich, daß der Mensch viel mehr tun könnte, würde das Nachlassen der Körperkräfte und Krankheit ihn nicht daran hindern und würde der Tod seinem Schaffen und Wirken nicht so früh ein Ende setzen. Häufig sterben die Menschen, wenn sie eben begonnen haben, ein Talent richtig zu entwickeln, oder wenn sie eben angefangen haben, etwas richtig zu verstehen.
Vielleicht liegt dir wenig daran, dich in irgendeiner Weise weiterzubilden — ein gewisses Talent oder eine bestimmte Fähigkeit zu entwickeln —, aber wie steht es mit deinem Interesse an anderen Menschen, an Menschen, die du liebst, an deinen Angehörigen, an deinen Freunden oder ganz allgemein an deinen Mitmenschen? Hast du das Gefühl, daß du an deinem Lebensende alles für sie getan haben wirst, was du für sie tun wolltest?
Wer von uns wäre bereit, festzulegen, in welchem Jahr und an welchem Tag wir die letzte Stunde mit unserem Ehepartner, unserem Sohn oder unserer Tochter verbringen oder ihnen den letzten Kuß geben möchten? Könntest du das? Oder man könnte auch fragen: Wann möchtest du gemeinsam mit ihnen zum letztenmal einen lieblichen Frühlingstag erleben, einen warmen, sonnigen Sommertag, einen goldenen Herbst oder die stille Schönheit des Winters? Oder wann möchtest du zum letztenmal gemeinsam mit ihnen einen Sonnenunter- oder -aufgang genießen? Daran möchtest du nicht denken, nicht wahr? Jedenfalls nicht, wenn du deine Angehörigen und Freunde wirklich liebst, wenn sie dir etwas bedeuten. Denn dann könntest du dich nicht ohne weiteres damit abfinden, daß der Tod dich daran hindert, zu ihrem Glück beizusteuern, ihnen Liebesdienste zu erweisen, ihnen Gutes zu tun. Wie schön wäre es, wie erstrebenswert, wenn du viel länger leben konntest, als es heute den Menschen möglich ist!
Interesse an der Zukunft des Menschen
Zu deinen Lebzeiten ist es den Menschen möglich geworden, Raketen auf den Mond zu schießen und auf dem Mond spazierenzugehen. Heute ist es dem Menschen aber nicht möglich, unbekümmert, gefahrlos, ohne sich vor Verbrechern oder gewalttätigen Elementen fürchten zu müssen, auf der Erde spazierenzugehen. Möchtest du eine Änderung dieser Situation erleben? Möchtest du in einer Zeit leben, in der jeder Mensch anständig, rücksichtsvoll, liebevoll, hilfreich und an seinem Nächsten aufrichtig interessiert ist? Diese Änderung muß kommen, soll nicht die ganze Menschheit zugrunde gehen, weil sie von ihrer selbstzerstörerischen Handlungsweise nicht läßt. Die Erde, auf der alle Voraussetzungen für Leben vorhanden sind, soll bestimmt kein riesiger Friedhof werden und das dann ewig bleiben.
Du lebst im Zeitalter des Automobils, des Düsenflugzeugs, der industriellen Massenfertigung. Aber du lebst auch im Zeitalter übervölkerter Städte, die im Verkehr ersticken und langsam sterben; im Zeitalter des Smog, der Luft-, Boden- und Wasserverschmutzung. Möchtest du es erleben, daß das Wasser der Bäche, Flüsse und Seen wieder kristallklar wird, daß die Felder und Wälder wieder ihre natürliche Schönheit zurückerlangen, daß man wieder frische, reine und würzige Luft atmen kann? Auch das muß kommen, und heute nimmt die Verschmutzung derart überhand, daß diese Änderung bald kommen muß, soll die Menschheit vor dem Untergang bewahrt werden.
Du lebst im Zeitalter der Herztransplantationen, der künstlichen Herzen und Nieren, im Zeitalter der Antibiotika. Doch die Krankheiten wüten weiter, angefangen von Migräne und Krebs bis zu den Herzleiden. Möchtest du den Tag erleben, an dem nicht nur die Krankheiten tatsächlich besiegt werden, sogar die gefürchteten Krankheiten, gegen die wir heute machtlos sind, sondern an dem auch die Ursache des Alterns und des Todes beseitigt wird?
Angenommen, du wohntest als gesunder Mensch in einer friedlichen, schönen Umgebung, hättest eine befriedigende, interessante Arbeit sowie die Gelegenheit, dein Wissen nach Herzenslust zu bereichern, und wärest nur von selbstlosen und gebildeten Menschen umgeben, würdest du dann sterben wollen?
Wie in der Folge noch gezeigt werden wird, haben wir allen Grund, zu glauben, daß Männer und Frauen von heute hoffen können, einmal unter solchen Verhältnissen zu leben, daß sie hoffen können, nicht nur einige Jahre, sondern viel, viel länger zu leben als der heutige Mensch. Wieso wird das möglich sein? Ist eine solche Hoffnung vernünftig? Ist sie in Übereinstimmung mit bekannten wissenschaftlich erwiesenen Tatsachen?
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Es gibt so vieles, was man für seine Angehörigen tun möchte. Wie schön wäre es, wenn das Leben länger wäre!