Dein schlimmster Feind — Bist du es?
DIE Nachbarn bezeichneten Peter als einen „netten jungen Mann ..., der ein begeisterter Läufer war und leidenschaftlich gern Tennis spielte“. Obschon er erst 33 Jahre alt war, hatte er es bereits zu einer angesehenen Stellung gebracht und genoß als Amateurleichtathlet einen gewissen Ruhm. Eines Morgens jedoch erwürgte er seinen Vater. Was hatte ihn dazu provoziert? Nach einer Meldung der Daily News soll er ausgerufen haben: „Der Teufel hat mich dazu angetrieben!“
Verbrecher, die sich mit der Behauptung, der Teufel habe sie zu ihrer Tat angetrieben, verteidigen, werden selten freigesprochen. Viel öfter werden sie zur Begutachtung ihrer Zurechnungsfähigkeit dem Psychiater vorgeführt. Und in gewissen Kreisen gilt man schon als nicht ganz richtig im Kopf, wenn man lediglich bemerkt, man glaube an den Teufel. „Ein schemenhaftes Wesen, das die Menschen zu Mord und Metzeleien anstiftet? Lächerlich!“ sagen viele. Als noch einigermaßen annehmbar gilt die Auffassung, der Teufel versinnbilde das Böse im Menschen.
Natürlich hat der unvollkommene Mensch Böses in sich. „Die Neigung des Menschenherzens [ist] böse ... von seiner Jugend an“, heißt es in der Bibel (1. Mose 8:21). Aber obschon seit Jahrzehnten psychologische Forschungen betrieben werden, um den „Teufel im Menschen“ zu finden, liegen lediglich widersprüchliche Theorien vor, vielfach voller Ungereimtheiten und beladen mit Schwierigkeiten. (Siehe Kasten.)
Ein Beispiel ist die Auffassung, daß die Gewalttätigkeit des Menschen ein Erbe seiner angeblichen Entwicklung aus dem Tier sei. In seinem Buch Anatomie der menschlichen Destruktivität behauptet Erich Fromm, daß das Tier entgegen der allgemein herrschenden Auffassung auf die Bedrohung seiner Existenz nicht nur mit Angriff reagiere: „Der Impuls, zu fliehen, spielt ... die gleiche, wenn nicht eine größere Rolle beim Verhalten des Tieres als der Impuls, zu kämpfen“ (S. 88). Selbst wenn man also die problematische Evolutionstheorie akzeptieren würde, müßte man die Auffassung, daß der Mensch eine gewalttätige, tierische Natur besitzt, anzweifeln. Ist aber der Mensch nicht selbst sein schlimmster Feind, wer ist es dann?
[Kasten auf Seite 3]
Das Forschen nach dem „Teufel im Menschen“
Viele haben versucht, zu beweisen, daß das Böse allein vom Menschen ausgeht. Der Psychoanalytiker Sigmund Freud postulierte als Antrieb des menschlichen Verhaltens zwei starke Triebe: den Lebenstrieb und den Todes- oder Destruktionstrieb. Carl Jung dagegen, einer von Freuds Schülern, der sich später von ihm trennte, sah den „Teufel im Menschen“ für einen „Schatten“ an oder als eine tierische Disposition, die hervortritt, wenn der Mensch das Böse in sich zu unterdrücken sucht. Konrad Lorenz sagte, daß die Aggressivität dem Menschen angeboren sei, ein Überbleibsel aus der Zeit seiner stammesgeschichtlichen Entwicklung. Viele Biologen halten dafür, daß möglicherweise genetische oder organische Anomalien die Auslöser für das aggressive Verhalten des Menschen sind. Noch verwirrender wird das Bild durch die Behauptung der Behavioristen (Behavior bedeutet Verhalten, Benehmen), die sagen, für den „Teufel im Menschen“ sei nicht seine Natur verantwortlich, sondern die Erziehung. Damit meinen sie, daß das Böse durch Umweltfaktoren wie Familie und Freunde entstehe.