„Wenn ich doch nur auch so gut spielen könnte!“
JON sitzt gemütlich am Klavier, und er scheint das Musikstück mit Leben zu erfüllen. Mit der rechten Hand spielt er die Diskantakkorde, die die Klangfülle der Melodie unterstreichen, während gut gesetzte Baßakkorde für Wohlklang und Tiefe sorgen. Seine Darbietung brilliert mit raffinierten Ausschmückungen und geschickt gespielten, feinfühligen Läufen. Adrian, Brian und Brett bringen mit ihren elektrischen Gitarren Schwung in die Sache, und Steve gibt dem Ganzen mit sanften Saxophontönen den letzten Schliff.
Solch beschwingte Musik regt die Zuhörer zu begeistertem, gefühlvollem Gesang an. Ja, derart geschmackvoll arrangierte und angenehme Musik läßt sie aus voller Brust singen. Kein Wunder, daß jemand sehnsüchtig ausruft: „Ach, wenn ich doch nur auch so gut spielen könnte!“
Hast du ebenfalls manchmal dieses Gefühl, wenn du jemand zuhörst, der gut spielen kann? Hast du vielleicht sogar geklagt: „Ich könnte nie so gut spielen.“? Doch woher willst du das wissen? Hast du je versucht, ein Instrument zu lernen?
Wer kann es lernen?
Manche Menschen sind von Natur aus musikalischer als andere. Aber eigentlich kann jeder, der lesen und schreiben lernen kann, auch lernen, wie man ein Musikinstrument spielt. Zunächst muß man jedoch den festen Wunsch haben, ein Instrument zu spielen und schöne Musik zu machen. Es darf nicht nur eine Laune sein. Man muß bereit sein, daran zu arbeiten.
Genausowenig wie alle gleich gut lesen und schreiben lernen, werden alle, die sich mit Musik beschäftigen, die gleiche Geschicklichkeit entwickeln oder die gleiche Fähigkeit, gefühlvoll und ausdrucksvoll zu spielen. Trotzdem kann jemand, der gern Musik hört, seinen Horizont immens erweitern, wenn er lernt, ein Instrument zu spielen. Zwischen dem Zuhören und dem Spielen besteht der gleiche Unterschied wie zwischen dem Zuschauen bei einem Spiel und dem Mitmachen.
Es gibt heutzutage zwei Methoden, das Spielen eines Instruments zu erlernen. Bei der einen wird Wert darauf gelegt, als Grundlage das Notenlesen zu lernen und Tonleitern zu üben. Viele Anfänger verlieren dabei aber die Lust. Die andere Methode besteht darin, dem Schüler zu helfen, einfache Melodien nach Gehör nachzuspielen und so mit dem Instrument vertraut zu werden. Das kann ein Ansporn für ihn sein, dann auch die Theorie und das Notenlesen zu erlernen.
Ist es zu spät, damit anzufangen?
„Ich würde liebend gern ein Instrument spielen“, sagt die 46jährige Roslyn, „aber in meinem Alter hat es keinen Zweck, mit dem Lernen anzufangen.“ Empfindest du genauso? Ist das wirklich wahr? Können nur junge Leute die Musik meistern? Eigentlich nicht. Genauso wie in allen anderen Tätigkeitsbereichen trifft auch für die Musik das Sprichwort zu: „Man ist nie zu alt zum Lernen.“
Es stimmt, daß junge Menschen bewegliche Finger und einen aufnahmebereiten und lernbegierigen Sinn haben. Beispielsweise gab das Wunderkind Frédéric Chopin sein erstes Klavierkonzert mit sieben Jahren. Der Geiger Yehudi Menuhin war ganze acht Jahre alt, als er in San Francisco zum ersten Mal öffentlich auftrat. Natürlich waren das Ausnahmen.
Jon, der anfangs erwähnte Klavierspieler, fing mit acht Jahren an, Klavierspielen zu lernen, aber er sagt: „Ich muß zugeben, daß nach wenigen Monaten der Reiz des Neuen verflogen war, und ich machte nur weiter, weil meine Mutter darauf bestand. Heute bin ich jedoch sehr froh darüber.“ Mit seiner Abneigung gegen das endlose Üben ist Jon allerdings nicht allein. Besonders in den ersten Monaten, wenn die jungen Schüler den Eindruck haben, sie kämen mit ihrem Unterricht nicht vom Fleck, ist das eine der größten Hürden.
Ältere Menschen sind andererseits oft entschlossener und motivierter. Das kommt ihnen bei dem unentbehrlichen Mittel zum Erfolg zugute: regelmäßiges tägliches Üben. Und wer denkt, er sei zu alt zum Lernen, dem sei die Bemerkung eines Professors eine Ermunterung: „Menschen, die ein sinnvolles Leben führen und nicht aufhören, ihre Talente zu nutzen, können ihre geistige Leistungsfähigkeit ständig verbessern, ungeachtet ihres Alters.“ Von Arturo Toscanini, der alle seine Konzerte aus dem Gedächtnis dirigierte, wird berichtet, daß er mit 85 Jahren noch die gesamte Partitur einer Oper auswendig lernte — jedes Wort, jede Note und jeden Einsatz für alle Sänger und Instrumente!
Das richtige Instrument auswählen
Der eingangs erwähnte Gitarrist Brett empfiehlt: „Mache dir nicht die Mühe, ein Instrument spielen zu wollen, das dir nicht wirklich gefällt. Nur wenn man ein Faible für ein Instrument hat, wird man mit ganzem Herzen bei der Sache sein und üben.“ Das ist ein guter Rat. Welches Instrument wirst du also unter all denen, die du bisher gehört hast, auswählen?
Wie Brett sind viele junge Leute von der Gitarre, sicherlich einem der populärsten Instrumente unserer Zeit, begeistert. Mit einer Gitarre kann man Gesang begleiten, im Zusammenspiel mit anderen Instrumenten für Rhythmus und Harmonie sorgen oder solo spielen. Ein weiterer Vorteil der Gitarre besteht darin, daß sie sich fast überallhin mitnehmen läßt. Die Grundakkorde und die Griffe sind relativ leicht zu erlernen, und eine einfache Gitarre ist nicht allzu teuer.
Tasteninstrumente wie Klavier und elektrische Orgel sind ebenfalls sehr beliebt. Man kann sie mit der Hilfe eines Lehrers oder eines der vielen leichtverständlichen Lehrbücher erlernen. Zwar läßt sich ein Klavier nicht ohne weiteres herumtragen, aber an vielen Orten steht eines zur Verfügung. Eine Gruppe von Freunden beim Singen zu begleiten ist nur eine der Freuden, die selbst ein Anfänger erleben kann. Es gibt darüber hinaus elektronische Orgeln mit eingebauten Rhythmusgeräten und speziellen Musikeffekten. Nicht zu vergessen ist das Akkordeon mit Knöpfen auf der linken Seite, auf denen die Baßakkorde gespielt werden. Gewöhnlich kann man auf diesen Instrumenten schon nach wenigen Unterrichtsstunden einfache Melodien spielen.
Neben den bekannteren Musikinstrumenten gibt es aber noch eine breite Palette anderer Instrumente. In der Regel werden sie in vier Gruppen unterteilt: Holzblas-, Blechblas-, Schlag- und Saiteninstrumente. Die bekanntesten Holzblasinstrumente sind Flöte, Pikkoloflöte, Oboe, Klarinette, Fagott und Saxophon. Zu den Blechblasinstrumenten gehören Trompete, Horn, Posaune und Tuba. Schlaginstrumente sind Schlagzeug, Becken, Xylophon, Tamburin und Pauke. Und zu den Saiteninstrumenten gehören schließlich Harfe, Mandoline und Gitarre sowie die Familie der Streichinstrumente: Geige, Bratsche, Violoncello und Kontrabaß.
Viele sind von schöner Streichmusik, insbesondere Geigenmusik, hingerissen. Das Erlernen des Geigenspiels oder des Spielens eines anderen Instruments aus derselben Familie setzt jedoch ein gutes musikalisches Gehör voraus, weil diese Instrumente keine Griffleisten oder Tasten haben wie etwa eine Gitarre oder ein Klavier. Wenn die Töne genau gespielt werden sollen, muß man die Finger exakt an der richtigen Stelle auf die Saiten setzen und sich auf sein Gehör verlassen können, um zu wissen, ob man den Ton getroffen hat.
Für die Blech- und Holzblasinstrumente braucht man eine starke, gesunde Lunge, die einen kontinuierlichen Luftstrom hervorbringt. Bei allen Blechblasinstrumenten erzeugt der Spieler den Ton, indem er seine Lippen auf dem Mundstück des Instruments vibrieren läßt. Will man Holzblasinstrumente spielen, muß man lernen, mit einer Anzahl Klappen oder Grifflöcher umzugehen und gleichzeitig eine gleichmäßige Menge Luft durch das Instrument zu blasen.
Die meisten Leute halten Becken, Trommel, Pauke, Baßtrommel usw. einfach für Instrumente, die für den richtigen Rhythmus sorgen oder den Takt angeben. Aber es gehört mehr dazu. Außer einem guten Rhythmusgefühl muß ein Spieler viel darüber lernen, wie man die verschiedenen Instrumente richtig handhabt. Ein geschickter, feinfühliger Schlagzeuger ist für jedes Orchester eine Bereicherung.
Wie hoch sollte man seine Ziele stecken?
Spielst du mit dem Gedanken, ein Instrument zu lernen? Steck deine Ziele nicht zu hoch, noch verbringe zuviel Zeit damit, perfekt werden zu wollen. Das könnte leicht dazu führen, daß du im Gebrauch deiner wertvollen Zeit unausgeglichen wirst.
Du kannst ein Instrument spielen lernen. Vielleicht nicht wie ein Virtuose und nicht unbedingt „auch so gut“, aber gut genug, daß es dir selbst und denen, die dir zuhören, Freude macht.
[Herausgestellter Text auf Seite 21]
„Menschen, die ... nicht aufhören, ihre Talente zu nutzen, können ihre geistige Leistungsfähigkeit ständig verbessern, ungeachtet ihres Alters“